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Popkultur

Zeitsprung: Am 20.8.2005 lässt Sharon Osbourne Iron Maiden mit Eiern bewerfen.

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Bruce Dickinson ist nicht gut gelaunt beim Ozzfest in San Bernardino 2005. Nicht im Bild: Fluggeschosse - Foto: Karl Walter/Getty Images

Anekdoten, Jubiläen und wilde Geschichten: Was an diesem Tag in der Welt der Musik passiert ist, lest ihr täglich in unserem Zeitsprung. Heute: 20.8.2005."

von Matthias Breusch und Christof Leim

Ozzy Osbournes Ehefrau Sharon gilt als knallharte Managerin. Wer sich mit ihr anlegt, schreit nach Peitschenhieben. Als Bruce Dickinson von Iron Maiden auf der Ozzfest-Tour 2005 zu viel schimpft und nörgelt, fliegen am 20. August die Eier…

Hier könnt ihr Iron Maiden live im Jahr 2005 hören:

Der Abend dürfte in die Metal-Geschichte eingehen, allerdings nicht wegen geiler Riffs, sondern wegen einer unschönen Anekdote, die später als “Eggfest” die Runde macht. An dem Abend macht das Ozzfest, der reisende Festivalzirkus, den Frau Osbourne seit 1996 mit Ehemann Ozzy als Zugpferd in den USA veranstaltet, einen Stopp im kalifornischen San Bernardino. Während des Auftritts von Iron Maiden kommt es zu, sagen wir, Unterbrechungen.

Eiswürfel mit Erdnussbutter

Schon während des ganzen Tages hatten Sharon Osbourne und ihre Tochter Kelly hinter der Bühne allerlei Bandmitglieder und Gäste dazu animiert, an einer „lustigen Bestrafung“ von Iron Maiden teilzunehmen. Darüber hinaus hat Sharon rund 200 Leutchen organisiert, darunter eine Gruppe aus der Surferszene von Malibu, die speziell für diesen Einsatz eingeladen und mit VIP-Pässen ausgestattet worden sind.

Als Iron Maiden ihren Auftritt beginnen, sind Cheerleader-Kelly und ihre Kohorte mit allerlei Wurfgeschossen direkt vor der Bühne einsatzbereit. Während der einstündigen Maiden-Show fliegen den Musikern rohe Eier, Kronkorken, Eiswürfel, klebrige Erdnussbutterhäppchen und Bierbecher um die Ohren. Ein Spezialist hat die Aufgabe übernommen, Bruce Dickinson immer dann anzuspucken, wenn der Frontmann der Briten vorne an der Bühnenkante auftaucht – was dessen Aktionsradius spürbar einengt. Die Ozzfest-Security sieht keinerlei Anlass zum Eingreifen.

Rührei in der Trommelzone

Drummer Nicko McBrain bittet schon nach dem ersten Song um eine kurze Pause, weil er erst mal das Rührei von seinem Schlagzeug abwischen muss. Bei mindestens drei Nummern fällt außerdem ganz zufällig die Beschallungsanlage aus, so dass Maiden nicht mehr zu hören sind. Schon vor der Show konnten die Fans „Ozzy, Ozzy“-Sprechchöre über die PA hören, auch während des Gigs passiert das.„Maiden, Maiden“-Rufe halten dagegen. 

Das schlachterprobte Sextett lässt sich davon nicht ernsthaft aus dem Konzept bringen und ballert sein Programm mit der gewohnten Leidenschaft durch. Mehr noch: Die widrigen Umstände stacheln die Musiker erst richtig an, alles zu geben. Allerdings kommt Maskottchen Eddie erst mit Verspätung zum Dienst: Der beliebte Untote wird von Leuten aus dem Osbourne-Team beim Betreten der Bühne aufgehalten. Offenbar kann er keinen gültigen Pass vorweisen.

Manchmal muss man einfach draufhauen

Nach dem Auftritt entert die Chefin höchstpersönlich die Bretter. Sie erzählt den 45.000 Anwesenden, es täte ihr echt total leid wegen der furchtbar netten Kerle von Iron Maiden, aber Bruce Dickinson sei nun mal ein „prick“. Das kann man an sonnigen Tagen freundlich mit „Schniepel“ übersetzen. Sie wird ausgebuht. Anschließend leert sich das Gelände. Black Sabbath spielen ihren Gig nur noch vor etwa der Hälfte der Fans.

Zuvor hat auch Bruce leicht erregt klare Worte gefunden. Er empfiehlt tatkräftigen Maiden-Maniacs, allen, die Zeug auf die Bühne werfen, am besten die Arme zu brechen. Gewaltexzesse bleiben allerdings aus, weil sich die Täter und Täterinnen im abgezäunten Areal für Premium-Promis aufhalten, zu dem normale Menschen keinen Zugang haben. Der eigentliche Fan-Bereich beginnt erst zehn Meter weiter hinten.

Ozzy Osbournes Lesebrille

Unter anderem diese Aufteilung sorgte ursprünglich für den Zwist zwischen Dickinson und dem Ozzy-Lager. Bruce stört sich während der gesamten Tour an der „Firmenveranstaltung“, die aus seiner Sicht wenig mit einem fanfreundlichen Konzert gemeinsam hat, kritisiert, das „Abzocken der kleineren Bands, die dafür zahlen, dass sie mitspielen dürfen“, und nutzt so manche Gelegenheit, spitze Bemerkungen über mediengeile Reality-TV-Stars in seine „Moderation“ einzubauen – womit er wohl auf The Osbournes abzielt, Sharons und Ozzys Fernsehformat, das von 2002 bis 2005 lief. Hinzu kommt ein schäbiger Seitenhieb auf Ozzys Bühnen-„Lesebrille“ – einen Teleprompter – in einem Interview mit dem Branchenfachblatt Kerrang!. Familie O. zeigt sich natürlich so gar nicht begeistert.

Auf der Ozzfest-Website erscheint am folgenden Tag eine lange Erklärung, in der darauf hingewiesen wird, dass Dickinson vom ersten Tag an so viel geschimpft und genörgelt habe, dass so Maiden-Boss Steve Harris höchstselbst sich bei Ozzy für seinen Sänger entschuldigt habe. Iron Maiden bleiben in ihrem Statement britisch-zurückhaltend: „Alle konnten sehen, dass es eine ‚Reihe an unglücklichen Zwischenfällen‘ gegeben hat. Das machte es uns schwer, das Energieniveau zu halten, aber eure unglaubliche Unterstützung hat uns dabei geholfen. Alles in allem ergab das wohl einen denkwürdigen Gig.“ Rod Smallwood, Manager des NWoHM-Schlachtschiffes, wird allerdings auch mit folgenden Worten zitiert: „So etwas Niederträchtiges und Unprofessionelles hab ich in 30 Jahren im Musikgeschäft nicht erlebt“

Demut ist der neue Protz

Acht Monate später legen Sharon und Ozzy als Gäste von Randale-Radiomann Howard Stern noch mal nach. Als Erster holt Ozzy aus: „Ich hab’s gleich gesagt: Buch’ sie nicht für die Tour, Sharon. Mit diesen Leuten gibt’s nur Ärger. Riesenärger. Aber keiner wollte auf mich hören.“ Wie habe das alles denn passieren können, will Stern wissen. Sharon weiß es ganz genau: Bruce sei eifersüchtig und grün vor Neid auf den weltberühmten Ozzy: „Wer würde den schon erkennen, wenn er jetzt gerade durchs Bild läuft?“

Für die Sabotage des Maiden-Auftritts („Wir haben sie gedemütigt!“) wird sie von Howard Stern gelobt: „Dafür muss ich euch applaudieren.“ Sharon sagt danke: „Fünf Wochen lang haben wir uns jeden Abend angehört, was der kleine Mann gegen Ozzy abgelassen hat. Aber ich wusste: Wir kriegen dich. Du wirst dafür bezahlen.“ Nun, genau genommen haben die Fans an diesem Abend bezahlt. Ab 150 Dollar pro Ticket aufwärts. Dafür darf man schon mal eine halbwegs störungsfreie Veranstaltung erwarten. Vorausgesetzt, die Veranstalterin heißt nicht Sharon Osbourne …

Zeitsprung: Am 18.5.2004 bekommen Ozzy & Sharon Osbourne ihre eigene Eiscreme.


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