Popkultur
Zeitsprung: Am 7.8.1958 schreit Bruce Dickinson von Iron Maiden zum ersten Mal los.
Anekdoten, Jubiläen und wilde Geschichten: Was an diesem Tag in der Welt der Musik passiert ist, lest ihr täglich in unserem Zeitsprung. Heute: 7.8.1958.
von Christof Leim
Bruce Dickinson ist ein Phänomen: Als Sänger der mächtigen Iron Maiden gehört er zu den ganz Großen, daneben brilliert er als Solokünstler, Pilot, Fechter, Buchautor, Bierbrauer, Radiomoderator, Geschäftsmann und Filmemacher. Wie genau man das alles in einem Leben unterkriegt, wissen wir nicht, aber zu seinem Geburtstag versuchen wir uns an einem Überblick.
Hört hier in die besten Iron-Maiden-Songs rein:
Paul Bruce Dickinson kommt am 7. August 1958 in Worksop, Nottinghamshire zur Welt. Zunächst ziehen ihn Oma und Opa auf, ab seinem sechsten Lebensjahr lebt er wieder bei seinen noch jungen Eltern in Sheffield. Kurz vorher wird seine jüngere Schwester geboren, die (mittlerweile deutsche) Springreiterin Helena Stormanns, auch bekannt als Helena Weinberg. Zu den ersten musikalischen Erfahrungen des kleinen Bruce gehört es, zu Chubby Checkers The Twist im Wohnzimmer seiner Großeltern zu tanzen, natürlich haben auch die Beatles einen großen Einfluss, speziell die Single She Loves You.
Anfangs erstmal Ärger
Während der Schulzeit auf einem Internat in Oundle wecken Deep Purple dann das Interesse des jungen Dickinson an Rockmusik, seine erste selbstgekaufte Platte ist In Rock (1970). Zunächst will er Drummer werden, doch bei einer Probe mit Kumpels stellt sich raus, dass er eine gute Singstimme besitzt. Kurz danach fliegt er vom Internat, weil er dem Direktor ins Essen pinkelt (kein Witz). Also geht es zurück nach Sheffield, und da kann Bruce endlich mal eine richtige Band gründen: Paradox, später umbenannt in Styx. Noch steht die Rockwelt nicht in Flammen, aber immerhin schaffen es die Jungspunde in die Zeitung, weil ein durch den Krach aufgeweckter Schichtarbeiter droht, das Schlagzeug zu zerstören. Nach der Schulzeit mit Abschlüssen in Englisch, Geschichte und Wirtschaft sowie einem sechsmonatigen Abstecher in die Armee schreibt sich Bruce an einer Londoner Universität für Geschichte ein. Sein wahres Interesse gilt allerdings dem Rock’n’Roll.
Die nächste Band-Station heißt Speed (wegen schneller Tempi, nicht wegen Drogen), hier lernt er drei Akkorde auf der Gitarre und beginnt, eigene Songs zu schreiben. Zudem bewirbt er sich bei einer Band namens Shots mit einer Kassettenaufnahme und kommentiert auf einem Zettel: „Wenn euch der Gesang nicht gefällt: Auf die andere Seite habe ich John Cleese aufgenommen.“ Mit Shots nimmt Bruce Dickinson zum ersten Mal einen Song auf, er heißt Dracula. Der nächste Schritt zur Weltherrschaft ist getan. Allerdings fliegt er zu der Zeit fast von der Universität und muss, um seinen Abschluss zu retten, die Hausarbeiten von sechs Monaten in zwei Wochen schreiben. Dekaden später, am 19. Juli 2011, erhält er von der gleichen Lehranstalt die Ehrendoktorwürde für seine Beiträge zur Musik.
Wer ist Bruce Bruce?
Zum ersten Mal professionell wird es erst 1979, als Bruce mit 21 Jahren der Band Samson beitritt. Unter dem, sind wir mal ehrlich, bescheuerten Namen Bruce Bruce nimmt er sein erstes Album auf: Head On (1980). Bei einem Samson-Konzert fällt ihm die Vorgruppe auf, ihr Name: Iron Maiden. Später sagt er dazu: „Sie waren wirklich verdammt gut. Mir war damals schon klar: Eines Tages werde ich in dieser Band singen. Das bin ich, nicht Samson.“ 1981 erscheint aber erstmal ein weiteres Album mit Samson namens Shock Tactics, aber mit der Truppe geht es nicht voran; vor allem die unprofessionelle Arbeitseinstellung stößt dem Sänger auf.
Gleichzeitig werden Iron Maiden immer mehr zum ganz heißen Eisen: Gegründet und bis heute mit eiserner Entschlossenheit geführt von Bassist Steve Harris, hatte die Band am 1. Mai 1976 ihr erstes Konzert gespielt, aber noch ein paar Jahre gebraucht, um das Line-up zu festigen. Doch dann geht es ab: Das Debüt Iron Maiden erscheint 1980, schafft es bis auf Platz vier in Großbritannien und gilt als Meilenstein nicht nur in der „New Wave Of British Heavy Metal“, sondern in der Welt des klassischen Heavy Metal an sich. 1981 folgt Killers, aber gerade als Maiden zur Weltkarriere ansetzen, zeichnen sich Schwierigkeiten mit Sänger Paul Di’Anno ab. Iron Maiden laden Bruce Dickinson deshalb im September 1981 zu einem Vorsingen ein, kurz darauf gehört er zur Band. Der Rest ist Premium-Metal-Geschichte….
Weltherrschaft
Schon im Februar 1982 erscheint mit der Single Run To The Hills das erste Lebenszeichen von Maiden mit ihrem neuen Sänger, das aller Welt sofort klar macht: Hier kommt Großes. Obwohl er nie Unterricht genommen hat, verfügt Dickinson über eine außergewöhnliche Stimme mit klassischem, fast opernhaften Klang und einem Umfang von über vier Oktaven. Ihr durchdringender Ton verschafft dem Sänger zudem den Spitznamen „Air Raid Siren“, also „Luftschutzsirene“. Was wie ein Kompliment klingt, entsprang allerdings der Beschwerde eines Fans.
Die neue Stimme ermöglicht der Band nun ganz anderes Songwriting, zumal Bruce von Anfang an klar macht, dass er kein Mitläufer sein, sondern kreativ beteiligt werden will. Sein Albumeinstand The Number Of The Beast erreicht 1982 prompt die Nummer eins in Großbritannien und gilt bis heute als Heavy-Metal-Referenzwerk, das so gut ist, dass Kinder davon in der Schule hören sollten. Aus vertraglichen Gründen taucht Dickinson in den Credits nicht auf, später lässt er durchblicken, an The Prisoner, Children Of The Damned und Run To The Hills beteiligt gewesen zu sein. Legendär sind die endlos langgezogenen Gesangszeilen am Anfang von Hallowed Be Thy Name und das Intro von The Number Of The Beast, das Bruce auf Anforderung von Produzent Martin Birch so oft singen muss, dass er irgendwann Mobiliar durchs Studio wirft.
Fechtsport gegen Überlastung
Aber die Grundlagen sind gelegt. Ab jetzt macht der Maiden-Zug keine Pause und rollt immer weiter: Album, Welttour, zwei Wochen Pause, wieder von vorne. Und Iron Maiden touren hart, das Arbeitspensum ist beeindruckend, 1983 schon erscheint Piece Of Mind, 1984 Powerslave. Die anschließenden World Slavery-Tour bringt zwar den legendären Konzertmitschnitt Live After Death hervor, der 1985 veröffentlicht wird und wirklich in jeden Metal-Haushalt gehört. Allerdings geraten die Musiker an ihre Grenzen, vor allem Dickinson ist ausgebrannt und fühlt sich nach eigenen Aussagen irgendwann „wie ein Teil der Lichttraverse“. Um nicht völlig durchzudrehen, fängt er mit Fechtsport an. Er trainiert tagsüber in leeren Konzerthallen, besucht Lehrgänge – und macht keine halben Sachen. Irgendwann ist er so gut, dass er professionelle Kämpfe bestreitet und Rang sieben in Großbritannien erreicht. Später gründet er eine Firma für Fechtausrüstung namens Duellist, benannt nach einem Song von Powerslave.
Das nächste Album lässt jedoch nicht lange auf sich warten: Zu Somewhere In Time (1986) steuert unser Mann keine Lieder bei, vor allem, weil seine Idee, jetzt mal eine Akustikplatte zu machen, von der Band rundheraus abgelehnt wird. Also gönnt sich Dickinson eine kreative Pause und erfreut sich daran, „nur der Sänger“ zu sein. Für Seventh Son Of A Seventh Son (1988) sind die Batterien dann wieder aufgeladen, und Maiden legen einen vorläufigen Höhepunkt ihrer Karriere hin. Man kann sogar sagen: Bis 1988 haben Iron Maiden nichts falsch gemacht und reihenweise Klassiker rausgehauen, die den Kanon der Headbangerei bis heute definieren. Nach der obligatorischen Tour nimmt sich die Band sogar mal ein Jahr frei.
Zeit für Veränderung
Mit No Prayer For The Dying geht es 1990 weiter, im gleichen Jahr erscheint Dickinsons erstes Soloalbum Tattooed Millionaire mit dem späteren Maiden-Gitarristen Janick Gers an der Axt. Nach Fear Of The Dark (1992) allerdings folgt der Knall: Bruce Dickinson verlässt die Band. Der Sänger will sich kreativ austoben und hat keine Lust auf Nummer-sicher-Erfolge im immer gleichen Stil. Zudem haben sich die Zeiten im harten Rock geändert, Grunge und Crossover begeistern, und der traditionelle Heavy Metal verliert für eine Weile an Strahlkraft.
Konsequenterweise experimentiert Bruce in seiner Solokarriere mit schrägen Alternative Rock und testet Grenzen aus: 1994 erscheint Balls To Picasso mit Tribe Of Gypsies als Begleitband, auf der Tour spielt er sogar im belagerten Sarajevo. Für Skunkworks (1996) heuert er schließlich Nirvana-Produzent Jack Endino an, doch das Ergebnis „interessiert niemanden“, wie er selbst sagt. Vermutlich klingen Accident Of Birth (1997) und The Chemical Wedding (1998) deshalb wieder nach kraftvollem Heavy Metal, und sogar der mittlerweile bei Maiden ausgestiegene Gitarrist Adrian Smith spielt mit.
Über den Wolken…
Doch Musik ist nicht alles: Dickinson macht einen Flugschein und stürzt sich auch hier so sehr rein, dass er irgendwann als Pilot für die kommerzielle Airline Astraeus arbeitet und dicke Boeings durch die Welt fliegt. Er ist es auch, der das legendäre Maiden-Flugzeug Ed Force One steuert. 2011 gründet Dickinson zudem eine Firma für Flugzeugwartung in Wales. Wegen seiner geschäftlichen Aktivitäten wird er regelmäßig weltweit zu Konferenzen vor allem, aber nicht nur zum Thema Luftfahrt eingeladen.
Bruce Dickinson 2008 in Costa Rica. Credit: Adels
Während einer Welttour 1986/1987 beginnt Bruce mit dem Schreiben und verfasst den abgedrehten satirischen Roman The Adventures Of Lord Iffy Boatrace, der sehr an die Werke von Tom Sharpe erinnert. 1992 erscheint der Nachfolger The Missionary Position, auch das Skript zum Film Chemical Wedding (2008) stammt aus der Feder von Bruce Dickinson. Das Schreiben scheint ihm zu gefallen, denn im Oktober 2017 erscheint seine lesenswerte Autobiografie What Does This Button Do?, die er ohne Ghostwriter und handschriftlich (!) verfasst. Und weil das alles nicht reicht, betätigt er sich noch ein paar Jahre (2002-2010) als Radiomoderator bei der BBC. 2013 entwickelt er außerdem mit der Robinsons Brewery in England das Bier Trooper, benannt nach einem ikonischen Maiden-Song von 1983. Auch hieraus entwickelt sich eine Erfolgsgeschichte.
Zu Iron Maiden kehrt Dickinson 1999 zurück, seitdem ist die Band sogar erfolgreicher als während der „goldenen Achtziger“. Es erscheinen regelmäßig weitere Studioalben, die ebenso regelmäßig die Charts in etlichen Ländern anführen, 2005 gibt es ein weiteres Dickinson-Soloalbum namens Tyranny Of Souls. Die Briten touren weiter um die ganze Welt und erweisen sich nach wie vor als Live-Macht. Iron Maiden haben sich ihren Platz als eine der drei wichtigsten Metal-Bands aller Zeiten längst gesichert, die mächtige Stimme Dickinsons lässt sich nicht wegdenken. Eine Ende der Gruppe zeichnet sich nirgends ab, ihr Frontmann scheint ohnehin keine Pausen zu kennen. 2015 übersteht er sogar eine Krebserkrankung.
Wie viele Stunden hat sein Tag?
Wir sehen also: Der Mann ist beschäftigt, vielseitig interessiert und ruht sich in keiner Nische, schon gar nicht auf dem Status eines Rockstars aus. Irgendwer hat mal gesagt: „Womöglich will er auch noch Papst werden.“ Vater dreier Kinder ist er außerdem. Wo der Mann die Zeit hernimmt oder ob er in einem physikalisch anders gearteten Eigenuniversum lebt, würden wir sehr gerne wissen. Bis wir das rausfinden, sagen wir einfach: „Alles Gute zum Geburtstag!“ und „Up the irons!“
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Zeitsprung: Am 20.8.2005 lässt Sharon Osbourne Iron Maiden mit Eiern bewerfen.

Popkultur
Zeitsprung: Am 27.3.1970 veröffentlicht Alice Cooper „Easy Action“.
Anekdoten, Jubiläen und wilde Geschichten: Was an diesem Tag in der Welt der Musik passiert ist, lest ihr täglich in unserem Zeitsprung. Heute: 27.3.1970.
von Bolle Selke und Christof Leim
Die Rock’n’Roll-Welt steht nicht gerade in Flammen für die Alice Cooper Band, als sie am 27. März 1970 ihr zweites Album Easy Action veröffentlicht. Das könnte nicht zuletzt an der lustlosen Produktion liegen. Trotzdem bietet sich hier ein perfektes Zeitdokument einer sich entwickelnden Band, das man fast als Vorproduktion für den Meilenstein Love It To Death im folgenden Jahr ansehen könnte.
Hier könnt ihr euch Easy Action anhören:
Geneigte Fans und Hardrock-Aficionados wissen vermutlich, dass Alice Cooper für eine Band steht, die sich 1975 auflösen wird. Erst danach adaptiert deren Sänger Vincent Furnier den Namen und wird so zu einem hochgeschätzten Heavy-Metal-Entertainer und Gottvater des Shock Rock.
Psychedelische Scheißmusik
1970 allerdings stehen solche Superlative noch in weiter Ferne. Die Truppe schraubt an ihrem zweiten Album, das ebenso wie der Vorgänger Pretties For You bei Frank Zappas Plattenfirma Straight erscheinen soll. An den Reglern sitzt David Briggs, der heutzutage vor allem bekannt dafür ist, mehr als ein Dutzend Neil-Young-Alben produziert zu haben. Schlagzeuger Neal Smith sagt später über Briggs: „David hasste unsere Musik und uns. Ich erinnere mich, dass unsere Song für ihn ‚psychedelischer Scheiß‘ waren. Wenn man mich fragt, klang Easy Action zu trocken, eher wie eine TV- oder Radiowerbung. Er half in keiner Weise beim Arrangement der Lieder oder lieferte irgendwelchen positiven Input.“ Und so wird kein einziges der Stücke von Easy Action nach der Love It To Death-Tour jemals wieder live von Cooper aufgeführt.
Nichtsdestotrotz bezeichnen manche gerade diese Scheibe als das „große unentdeckte“ Cooper-Album. Während Pretties for You eine schwierige Platte ist und Love It to Death ein Klassiker, könnte man Easy Action als das perfekte Bild einer sich entwickelnden Band ansehen. Beim ersten Stück Mr. And Misdemeanor lässt sich zum Beispiel miterleben, wie Sänger Furnier seinen bösartig klingenden Gesangsstil definiert. Alice Cooper steht später für drei Minuten lange Hits mit eingängigen Melodien und negativen Themen, welche dann gegen Ende der Alben durch längere Stücke ergänzt werden. So gesehen liefern die Rocker mit Easy Action also fast eine Vorproduktion für Love It to Death, obwohl die Band auf ersterem mehr Erfindergeist zeigt.
Unisex, roh und gewalttätig
Hinter dem Albumtitel steckt eine Zeile aus einem Lieblingsfilm von Furnier und Bassist Dennis Dunaway, dem Musical West Side Story mit der Musik von Leonard Bernstein. Zitate daraus wie „got a rocket in your pocket“ und „when you’re a Jet, you’re a Jet all the way“ werden auch bei dem Song Still No Air verwendet. Das Motiv der halbstarken Gang aus West Side Story wird auch an anderen Stellen von Alice Copper aufgegriffen. Auf dem Cover wendet sich die Band von der Kamera ab, deren unbedeckte Rücken sind nur durch ihr langes Haar bedeckt. Eine Radiowerbung von 1970 pries die Band dann auch als „unisex, roh, miteinander und gewalttätig – genau wie ihr, amerikanische Mitbürger“.
Als ob die Band den fehlenden kommerziellen Erfolg von Easy Action geahnt hätte, beginnt der letzte Song, das psychedelisch abgedrehte Lay Down And Die, Goodbye, mit den Worten des Komikers Tom Smothers: „Ihr seid der einzige Zensor. Wenn euch das, was ich sage, nicht gefällt, habt ihr die Wahl: Ihr könnt mich ausschalten.“
Die Kritiker zerreißen das Album hauptsächlich. Robert Christgau bezeichnet es im Magazin The Village Voice als „unmelodisches Singen, unmelodisches Musizieren, unmelodische Melodien und pseudomusikalischen Beton“. Erst bei Love It To Death entdeckt die Band mithilfe von Produzent Bob Ezrin den Sound für den Alice Cooper heutzutage geliebt wird…
Zeitsprung: Am 5.6.1977 gibt es einen Todesfall bei Alice Cooper – wegen einer Ratte.
Popkultur
Der Beginn einer Weltkarriere: Das ABBA-Debüt „Ring Ring“
Auch wenn es 150 Millionen verkaufte Alben später kaum noch vorstellbar ist: ABBA waren nicht immer so erfolgreich wie heute. So landete die Gruppe mit ihrem Debüt Ring Ring im Jahr 1973 noch keinen allzu großen Hit. Ein Jahr später klingelten allerdings tatsächlich die Telefone — und bescherten ABBA den Durchbruch.
von Timon Menge
Hier könnt ihr euch Ring Ring von ABBA anhören:
Als ABBA zu Beginn der Siebziger zusammenfinden, haben die vier Mitglieder der Gruppe schon einiges an musikalischer Erfahrung auf dem Buckel. Benny Andersson konnte bereits große Erfolge mit The Hep Stars feiern, Björn Ulvaeus verdiente sich seine Sporen bei den Hootenanny Singers. Anni-Frid „Frida“ Lyngstad singt damals schwedische Schlager, ebenso wie Agnetha Fältskog. Doch durch die Irrungen und Wirrungen des Musikgeschäfts finden die vier Talente Stück für Stück zusammen, zunächst als Paare, dann als Pop-Quartett. Im April 1970 treten ABBA zum ersten Mal gemeinsam auf, und zwar ganz spontan am Strand von Zypern. Die Chemie stimmt. Deshalb dauert es auch nicht lange, bis die ersten gemeinsamen Songs entstehen.
Ring Ring: Wie ABBA ihre Identität fanden
Es sind vor allem Benny und Björn, die für ABBA komponieren. Dabei entstehen zunächst schwedische Stücke wie Hej, gamle man und Det kan ingen doktor hjälpa. Polar-Music-Chef Stig Anderson glaubt fest an das kreative Doppel und prophezeit: „Eines Tages werdet ihr einen Song schreiben, der zum weltweiten Hit wird.“ Vermutlich ahnt damals noch niemand, wie sehr er recht behalten wird. Bereits im März 1972 landen Benny und Björn mit She’s My Kind Of Girl überraschend einen Top-Ten-Hit in Japan; nur ein Vorbote auf die Erfolge der nächsten Jahrzehnte. Ab Mitte 1972 rücken ABBA ihre Frauenstimmen stärker in den Vordergrund. Im Juni erscheint die Single People Need Love — erstmals unter dem Namen Björn & Benny, Agnetha & Anni-Frid.
Mit der Single springen die Musiker*innen auf Platz 17 der schwedischen Charts und merken, dass sie zusammen funktionieren. In den USA landen sie immerhin auf Platz 114 und steigen zum ersten Mal in die Hitparade jenseits des großen Teichs ein. Nachdem sich Benny und Björn zuvor schon einmal beim schwedischen Vorentscheid für den Eurovision Song Contest beworben hatten, startet die Gruppe diesbezüglich einen neuen Versuch. 1973 reichen die Vier den Song Ring, Ring ein, in der Hoffnung, mit dem Stück für Schweden beim Wettbewerb antreten zu dürfen. Das klappt zwar noch nicht ganz, doch einmal mehr gelingt ABBA mit ihrer Musik ein voller Erfolg. Am 26. März 1973 erscheint ihr Debütalbum Ring Ring und legt viele wichtige Grundsteine.
Wie zahlreiche klingelnde Telefone ABBA zum Durchbruch verhalfen
Die ganz großen ABBA-Hits enthält Ring Ring noch nicht. Auch die Performance in den Charts und die Verkaufszahlen lösen noch keine Begeisterungsstürme aus. Zwar erreicht das Quartett in Schweden den zweiten Platz der Hitparade und in Norwegen einen soliden zehnten Platz, ebenso wie in Australien. Doch woanders auf der Welt interessiert man sich noch nicht so sehr für die vier Schwed*innen. Zu Unrecht: Mit dem Titeltrack, People Need Love und She’s My Kind Of Girl enthält das ABBA-Debüt einige echt starke Songs. Auch die unbekannteren Stücke Disillusion und Love Isn’t Easy (But It Sure Is Hard Enough) können sich mehr als nur hören lassen. Bis zum großen Erfolg von ABBA soll es trotzdem noch ein paar Monate dauern.
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Ab Oktober 1973 nimmt das schwedische Musikmärchen langsam Form an. Zum ersten Mal bezeichnet sich die Gruppe selbst als ABBA. Wenig später melden sich die Vier ein weiteres Mal zum schwedischen Vorentscheid für den Eurovision Song Contest an. Der Glam Rock erobert inzwischen die Welt und ABBA passen sich an. Mit der recht rockigen Nummer Waterloo können die Vier ihr Heimatland überzeugen. Am 6. April 1974 dürfen ABBA für Schweden antreten. Und nicht nur das: Sie gewinnen den Wettbewerb, weil die Telefone klingeln. „Ring, Ring“, quasi. Belgien, Dänemark, Großbritannien, Deutschland, Finnland, Irland, Niederlande, Südafrika, Schweiz: Überall landet Waterloo auf dem ersten Platz der Singlecharts. Doch das ist eine andere schwedische Erfolgsgeschichte.
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Ola Brunkert: Der langjährige ABBA-Schlagzeuger, den kaum jemand kennt
Popkultur
Eins der letzten großen Rockalben: „Meteora“ von Linkin Park
Geht man nach den Verkaufszahlen, sind Linkin Park die bisher letzte große Rockband der Musikgeschichte. Besonders von 2000 bis 2003 führte kaum ein Weg an den Kaliforniern vorbei. Am 25. März 2003 veröffentlichte die Band ihr zweites Album Meteora — und schlug dafür einen anderen Weg ein als zuvor.
von Timon Menge
Hier könnt ihr euch Meteora von Linkin Park anhören:
Der blitzartige Raketenstart gelingt Linkin Park schon mit ihrem Debütalbum Hybrid Theory (2000). Mehr als 30 Millionen verkaufte Exemplare, Top-5-Platzierungen in den USA, Großbritannien und Deutschland sowie 12-faches Platin: Es wirkt damals fast, als hätte die globale Musikwelt bloß auf die kalifornische Gruppe und ihre einzigartige Rock-Hip-Hop-Mischung gewartet. Doch mit ihrem Einstand legen Linkin Park nur den Grundstein für eine jahrelange Erfolgsgeschichte. Das zweite Kapitel der Story: Meteora. Als die Platte am 25. März 2003 erscheint, brechen einmal mehr alle Dämme. Diesmal gelingt sowohl in den USA als auch in Großbritannien und Deutschland der erste Platz der Albumcharts. Entstanden ist der Nachfolger ein wenig anders als das Debüt.
Meteora von Linkin Park: Mehr Einfluss am Mischpult
Um das zweite Linkin-Park-Album zu verstehen, müssen wir zunächst einen kleinen Haken schlagen. Zwischen Hybrid Theory und Meteora bringen Linkin Park im Jahr 2002 nämlich noch die Remix-Platte Reanimation raus. Darauf verpasst die Gruppe den Songs von ihrem Debüt eine Frischzellenkur und interpretiert das Material von Hybrid Theory noch einmal völlig neu. Ein wichtiger Unterschied zwischen den beiden Veröffentlichungen: Während das erste Linkin-Park-Album vollständig von Produzent Don Gilmore betreut wird, legt für die Remixe vor allem Linkin-Park-Rapper und Multi-Instrumentalist Mike Shinoda Hand an das Mischpult. Linkin Park stellen fest, dass ihnen das Produzieren liegt — und machen deshalb genau so weiter.
Zwar setzen die Kalifornier auch für ihr zweites Album auf die Dienste von Gilmore. Doch diesmal möchten Linkin Park stärker mitreden und mehr experimentelle Ideen in ihren Sound einfließen lassen. „Wir wussten was wir wollten, und bis zu einem gewissen Grad wussten wir auch, wie wir das umsetzen konnten“, verrät Linkin-Park-Frontmann Chester Bennington in einem Interview. „Wir haben einfach losgelegt.“ Die Songs von Meteora entstehen sowohl im Heimstudio von Shinoda als auch während der finalen Produktion. Die Band arbeitet damals paarweise; lediglich Shinoda weiß jederzeit über alles Bescheid. Im Dezember 2002 stellen Linkin Park ihr zweites Album schließlich fertig — und damit auch einige ihrer größten Hits.
Das zweite Album von Linkin Park: Die letzten großen Rock-Hits?
Ob Somewhere I Belong, Faint, Numb oder Breaking The Habit: Meteora strotzt nur so vor einigen der größten Linkin-Park-Songs, genau wie zuvor Hybrid Theory. Inhaltlich beschäftigen sich die Stücke auf Album zwei mit Themen wie Depressionen und Wut, aber auch mit Besserung und Hoffnung. „Wir sprechen in unseren Texten nicht über Situationen, sondern über die Gefühle hinter Situationen“, erklärt Sänger Bennington in einem Interview mit MTV. „Mike und ich sind zwei verschiedene Menschen und können deshalb nicht über dieselben Dinge singen, aber wir kennen beide Frustration und Wut und Einsamkeit und Liebe und Glück. Auf diesen Ebenen können wir uns aufeinander beziehen.“
Im Nachhinein muss man sagen: Mit Meteora legen Linkin Park im Jahr 2002 eins der bisher letzten großen Rockalben vor. Bloß American Idiot (2004) von Green Day und A Rush Of Blood To The Head (2002) von Coldplay gehen ähnlich häufig über die Ladentheke; in ihrer eigenen Diskografie fahren Linkin Park nur mit ihrem Debüt Hybrid Theory noch größere Erfolge ein. Nicht nur das: Ihren Aufstieg verdanken Chester Bennington und Co. nicht zuletzt der Tatsache, dass sie eben keinen lupenreinen Rock spielen, sondern das Genre organisch mit den Hip-Hop-Sounds des 21. Jahrhunderts vermischen. Ob es noch einmal Alben dieser Größenordnung geben wird? Vermutlich schon. Ob es Rockalben sein werden, darf allerdings angezweifelt werden.
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