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Popkultur

„Killers“: Wie Iron Maiden 1981 ohne Pause voranpreschen.

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Foto: Cover

Immer Vollgas, immer vorwärts: Weniger als ein Jahr nach ihrem Debüt veröffentlichen Iron Maiden am 2. Februar 1981 mit Killers einen manchmal übersehenen Klassiker. Und mal ernsthaft: Gibt es ein geileres Metal-Artwork als Eddie mit der Axt?

von Christof Leim

Hier könnt ihr Killers hören:

Bei Iron Maiden geht es in den Anfangsjahren Schlag auf Schlag. Die Aufregung um das bahnbrechende Debüt vom April 1980 hat sich noch nicht gelegt, da stehen die Burschen nur ein halbes Jahr später schon wieder im Studio. Ihre Ohren dürften da noch klingeln von rund hundert Konzerten, unter anderem der ersten Europareise im Vorprogramm von Kiss, zu deren Abschluss im Oktober Gitarrist Dennis Stratton umgehend entlassen wird. An seine Stelle tritt Adrian Smith, ein Kindheitskumpel von Maiden-Hauptklampfer Dave Murray. Smith wird mit einer kurzen Tour durch England eingeweiht, dann geht es schon in die Battery Studios in London.

Iron Maiden 1981: Steve Harris, Clive Burr, Paul Di’Anno, Adrian Smith, Dave Murray. Foto: Robert Ellis/Hulton Archive/Getty Images

Diesmal können Iron Maiden einen großen Namen und anerkannten Könner für den Produzentenjob verpflichten: Martin Birch, der bis dahin mit Deep Purple, Whitesnake, Rainbow und Black Sabbath ein paar Klassiker des Genres hinlegen konnte. Birch hat die neuen Helden seinerseits längst im Blick, nachdem Ritchie Blackmore höchstselbst ihm das Maiden-Debüt vorgespielt und empfohlen hatte, wie er in der offiziellen Bandbiografie Run To The Hills erzählt.

Harris macht alles

Die Songs für die zweite Platte hat der zielstrebige Bandboss Steve Harris da schon zum größten Teil in der Schublade. Alle Songs bis auf zwei stammen komplett aus seiner Feder; nicht wenige davon fanden sich bereits auf den Setlisten der Konzerte. Das einleitende Instrumental The Ides Of March etwa entstand schon 1977, als der spätere Samson-Drummer Barry „Thunderstick“ Parkis kurzzeitig zur Truppe gehörte. Interessanterweise findet sich auf deren Album Head On, veröffentlicht ein Dreivierteljahr vor Killers, eine Nummer namens Thunderburst, die fast genauso klingt und offiziell von Harris mitkomponiert wurde.

Der Hit von Killers heißt Wrathchild, eine knackige Drei-Minuten-Nummer mit markanter Basslinie, heute ein Klassiker im Maiden-Kanon. Die Hardcore-Fans damals kennen das Stück schon in einer frühen Version von der Compilation Metal For Muthas. Das brandneue Murders In The Rue Morgue basiert wie so oft im Schaffen von Harris auf einer Romanvorlage, in diesem Fall von Edgar Allen Poe. Sänger Paul Di’Anno wirkt am dramatischen Titelstück Killers mit, Murray steuert Riffs zum rockigen Twilight Zone bei, das vorab als Single veröffentlicht wird und auf der ursprünglichen europäischen Version des Albums fehlt.

Stilistisch setzen Iron Maiden den Weg der ersten Platte fort: Forsch vorpreschender Früh-Heavy-Metal mit dominantem Bass und cleveren Arrangements. Interessanterweise klingen diesmal statt punkigen Spurenelementen mehr Siebziger-Einflüsse durch, etwa in dem leicht psychedelischen Prodigal Son oder dem Shuffle-Groove in Drifter. Di’Anno glänzt über die ganze Länge sowohl mit Kraft als auch Melodie, spitze Schreie eingeschlossen, Clive Burr trommelt hyperaktiv und treibend. Alles in allem hört man hier eine Band, die mit Macht nach vorne strebt – musikalisch wie strategisch.

An Dampf verloren?

Als die Platte am 2. Februar 1981 in Europa erscheint (die USA folgen erst ein halbes Jahr später), erreicht sie Platz zwölf der UK-Charts. Das wirkt nach dem überraschenden Platz vier des Debüts wie ein Rückschritt, dazu erhält die Scheibe keinesfalls nur Jubelkritiken. Tatsächlich gehört heutzutage eigentlich nur noch Wrathchild zur Standardausstattung des Liveprogramms. Immerhin machen sich Iron Maiden mit Killers ein bisschen in Europa breit und schaffen etwa die Top 20 in Skandinavien und einen sauberen zehnten Platz in Deutschland.

Außerdem dürfte das Artwork eines der ikonischsten, besten Cover der Geschichte sein:  Wir sehen Band-Maskottchen Eddie böse grinsend mit blutiger Axt vor bedrohlichem Nachthimmel, die Hände seines Opfers krallen sich von unten ins Shirt. Klischee hin oder her, mehr Metal geht nicht. Die Straßenszene im Hintergrund hat Zeichner Derek Riggs übrigens seinem eigenen Zuhause nachempfunden; hinter den grauen Vorhängen liegt seine damalige Wohnung, auf der Fensterbank sitzt – wie so oft bei Riggs – eine Katze. Hinter der Aufschrift „Ruskin“ unten links steckt eine Referenz an den Londoner Ruskin Arms Pub, in dem Maiden einige ihrer wichtigen frühen Gigs absolvierten.

Auch die Hüllen der Singles können sich sehen lassen: Auf Twilight Zone erscheint ein offensichtlich gestorbener Eddie im Spiegel seiner Geliebten Charlotte, auf Purgatory geht das Antlitz des Teufels in bester Salvador-Dali-Manier in Eddie über. In einem Buch über seine Arbeiten namens Run For Cover – The Art Of Derek Riggs sagt der Künstler dazu: „Ich hatte die Idee, dass Eddie dort, wo das Licht auf den Teufel trifft, in dessen Schatten erscheint. Eddie steht praktisch auf der dunklen Seite des Teufels – eine ziemlich heftige Aussage, oder?“ Sicher, aber dafür lieben wir das Monsterlein ja auch.

Natürlich geht es für das Quintett umgehend für 131 Konzerte von Februar bis Dezember 1981 auf die Killer World Tour. Zum ersten Mal beackern Maiden neben Europa Nordamerika, insbesondere als Vorgruppe für ihre Landsmänner Judas Priest, und auch nach Japan setzen sie über. Dann stehen wieder grundlegende Veränderungen an: Am 10. September 1981 singt Paul Di’Anno in Kopenhagen sein letztes Konzert mit der Band, denn seine Unzuverlässigkeit und sein unsteter Lebenswandel vertragen sich nicht mit der professionellen Marschorder von Kapitän Harris. Schon am 26. Oktober 1981 stehen Iron Maiden in Bologna mit einem neuen Sänger namens Bruce Dickinson auf der Bühne. Da geht die Welteroberung erst richtig los mit Alben, die Killers in ihrer Wirkung übertreffen werden…

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Zeitsprung: Am 12.2.1982 veröffentlichen Iron Maiden die Single „Run To The Hills“.

 

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