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Popkultur

„Sun City“: Wie Little Steven die Aufmerksamkeit der Weltöffentlichkeit auf das Apartheid-Problem lenkte

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Foto: Jo Lopez, courtesy of the artist

Der südafrikanische Freizeitkomplex Sun City eröffnete vor exakt 40 Jahren und wurde zur Zeit der Apartheid heftig kritisiert: Als Produkt des Apartheid-Regimes verdeutlichte der Vergnügungs- und Glücksspiel-Standort wie kein anderer die Doppelmoral der damaligen südafrikanischen Politik. Von der Regierung Bophuthatswanas wurde Glücksspiel im Gegensatz zur Regierung des „weißen“ Südafrikas geduldet – was Sun City gewissermaßen zum Las Vegas der Region machte. Schon kurz nach der Eröffnung riefen daher unter anderem die Vereinten Nationen zum Kulturboykott Südafrikas auf.

von Martin Chilton

Steven Van Zandt, besser bekannt als Little Steven, wurde erstmals auf das Problem der Rassentrennung in Südafrika aufmerksam, als er Peter Gabriels Protestsong Biko hörte. Im Jahr 2019 kommentierte der Gitarrist, Sänger und Songwriter gegenüber uDiscover Music: „Das Stück, das mich auf dieses Thema brachte, war Biko von Peter Gabriel. Ich hörte den Song zum ersten Mal in einem unabhängigen kleinen Theater in Los Angeles. Das war für mich der entscheidende Moment, mit dem dieses ganze Südafrika-Ding ins Rollen kam.“

Danny Schecter, ein Journalist, der für ABC News arbeitete, schlug Steven vor, doch einen Song über Sun City zu schreiben – jenen Ort, der zum Teil astronomische Gagen zahlte, um internationale Künstler*innen zu Auftritten auf der 90 Millionen US-Dollar teuren Konzertbühne zu verpflichten. Am gleichnamigen Song, der unter dem programmatischen Projektnamen Artists United Against Apartheid erscheinen sollte, arbeiteten viele der größten Künstler*innen jener Tage mit: Das Mikrofon teilten sich unter anderem Bruce Springsteen, Jackson Browne, Jimmy Cliff, Bono, Peter Gabriel, Bob Dylan, Miles Davis und Linton Kwesi Johnson. Besonders stolz war Little Steven darauf, auch den Jazztrompeter Miles Davis für sein Projekt gewonnen zu haben – eine Legende, die er im besagten Interview als „Vorbild für jeden Künstler“ bezeichnen sollte.

„Als die Single erschien, sollte das sehr vielen Menschen die Augen öffnen“

Die Message der Protestsingle wurde selbstverständlich kontrovers diskutiert – nicht zuletzt, weil sich Joey Ramone ganz offen gegen US-Präsident Reagans Politik des „konstruktiven Engagements“ mit der von Rassisten geführten südafrikanischen Regierung aussprach. Der Refrain war ein unmissverständliches Boykottversprechen: „I, I, I, I, I ain’t gonna play Sun City!“

Sun City erschien am 25. Oktober 1985 und landete direkt in den US-Top-40 (Platz 38). Und das, obwohl ein Großteil der US-amerikanischen Radiosender die Kampagne nicht unterstützte und sich weigerte, das Stück im Programm zu spielen. Weniger überraschend: Auch in Südafrika landete die Single auf dem Index. Den größten Erfolg verzeichneten Little Steven und seine Mitstreiter in Großbritannien. Dort stieg Sun City auf Platz 21 in die Singlecharts ein.

Steven Van Zandt: Frühwerk des E-Street-Gitarristen als Box-Set

An der Aufnahme beteiligt war auch Hip-Hop-Pionier Kurtis Blow, der hinterher viel Lob für Little Stevens Initiative übrig hatte: „Stevie ruft mich also an und sagt: ‘Hey, ich möchte, dass du bei diesem Song über die Misere in Südafrika mitmachst. Wir wollen Sun City boykottieren, und ich will dafür sorgen, dass die ganze Welt von dem Unrecht erfährt, das dort geschieht.’ Und natürlich haben wir da sofort zugesagt! Das Thema war einfach zu wichtig, das konnte man doch gar nicht ablehnen. Und dann bringt auch noch dieser weiße Typ das alles ins Rollen. Aber genau das zeichnet die USA aus und als die Single schließlich erschien, sollte das sehr vielen Menschen die Augen öffnen.“

Ein ganzes Album mit Protestsongs

Little Steven hatte noch längst nicht alles zu dem Thema gesagt. So fasste er den Entschluss, ein ganzes Album mit Protestsongs zu machen: Das dazugehörige Sun-City-Album, zu dessen Gästen auch Gil Scott-Heron, Herbie Hancock, Keith Richards und Ronnie Wood zählten, erschien daraufhin im Dezember 1985. Der gesamte Erlös aus dem Verkauf, insgesamt mehr als eine Million US-Dollar, wurde gespendet. Er kam unterschiedlichen Anti-Apartheid-Projekten zugute.

„Es war ein voller Erfolg. Das ist bei Veröffentlichungen, die auf spezielle Themen zugeschnitten sind, ja doch eher selten der Fall“, kommentierte Little Steven. Der Sänger war zuletzt mit seiner neuen Band The Disciples Of Soul unterwegs und integrierte dabei auch den Song Sun City in seine Liveshows.

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