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Popkultur

70 Gründe, warum Bruce Springsteen der Boss ist

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Foto: Sam Tabone/WireImage/GettyImage

Der große US-amerikanische Sänger und Songschreiber Bruce Springsteen feiert am 23. September seinen 70. Geburtstag. Wir huldigen dem Boss mit einer ganz besonderen Liste. Ohne Anspruch auf Vollständigkeit und thematisch wie auch chronologisch quer durchs Gemüsebeet: Hier sind 70 Gründe, warum Bruce Springsteen der Boss ist.

von Markus Brandstetter

1. Wir verdanken ihm Born To Run

Aufbruch, Hoffnungen, Träume, die letzte Chance, aus der Stadt rauszukommen und es doch noch irgendwie zu schaffen: Mit Born To Run gelang Springsteen eines der größten Alben der Rockgeschichte. Vom Aufbruchsepos Thunder Road bis zum hymnischen Closer Jungleland mit dem imposanten Saxophon-Solo des Big Man: Born To Run hat auch Jahrzehnte später nichts von seiner Strahl- und Anziehungskraft verloren.

2. … und Darkness On The Edge Of Town

Aufbruch, Hoffnungen, Träume, die letzte Chance, aus der Stadt rauszukommen und es doch noch irgendwie zu schaffen: Mit Born To Run gelang Springsteen eines der größten Alben der Rockgeschichte. Vom Aufbruchsepos Thunder Road bis zum hymnischen Closer Jungleland mit dem imposanten Saxophon-Solo des Big Man: Born To Run hat auch Jahrzehnte später nichts von seiner Strahl- und Anziehungskraft verloren.

Was soll man nach einem Wurf wie Born To Run noch nachlegen? Springsteen legte Darkness On The Edge Of Town nach. Während das Vorgängeralbum mit Thunder Road noch episch, langsam aufbauend die Geschichte erzählte, ist der Wagen bei Badlands” am Laufen, Springsteen ist getrieben, am Höhepunkt … und zehn Songs lang unschlagbar.

3. … und einen Dekaden umfassenden Backkatalog

Von seinem Debüt-Album Greetings from Asbury Park, N.J. aus dem Jahr 1973 über das atmosphärische Akustikalbum Nebraska bis hin zum aktuellen Album Western Stars: Springsteen hat bis heute 19 Studioalben veröffentlicht, zu denen die meisten längst Klassiker sind.

4. Seine Freundschaft mit Clarence Clemons aka: Die Geschichte von Scooter und dem Big Man

Wie außergewöhnlich die Freundschaft zwischen Bruce Springsteen und seinem Saxophonisten Clarence Clemons alias dem Big Man war, daran ließen weder Springsteen noch Clemons je Zweifel. Schon auf dem Stück Tenth Avenue Freeze Out setzte er seinem Freund ein Denkmal:

„When the change was made uptown and the Big Man joined the band / From the coastline to the city, all the little pretties raise their hands / I’m gonna sit back right easy and laugh / When Scooter and the Big Man bust this city in half /With the Tenth Avenue freeze-out”.

Wenn Springsteen heute diese Zeilen singt, denkt er und das ganze Stadion an Clemons zurück: Der Big Man verstarb 2011. Besonders emotional erinnert sich Bruce auch auf dem Live-Album/Netflix-Special Springsteen On Broadway an seinen Freund:

„The Big Man was big. Everything about him. His personality, his size, his laugh, the sound of his saxophone. When I first heard it I thought it was the biggest sound I ever heard. And it was. His heart, his problems – they were big. But he was elemental in my life. And losing him was like losing the rain. If I were a mystic, if I were a mystic, I guess Clarence and mine’s friendship would lead me to believe that we, we stood together in other older times, you know and in other lives, along other rivers, in other ancient cities, in other fields, workin’ side by side, with the sun settin’, doin’ our modest version of God’s work. I’ll see you in the next life Big Man“.

Auch Clemons sprach stets begeistert von der Beziehung der beiden, wie in diesem Interview:

5. Bruce Springsteen ist die Stimme des Working-Class-Amerikas

„And all our little victories and glories, have turned into parking lots”, singt Springsteen. Er singt aus der Sicht der enttäuschten, strauchelnden Arbeiter*innen, der Blue Collar Worker, der Vergessenen. Er singt über geschlossene Fabriken und prekäre Verhältnisse, über kaputte Träume und die Hoffnung auf besseren Zeiten. Über Städte, die bessere Zeiten gesehen haben, über Orte der kleinen, persönlichen Triumphe, die zu Parkplätzen betoniert wurden. Bring den Wrecking Ball!

6. Er spielt Drei-Stunden-Plus-Shows

Bruce zeigt gerade bei Stadionshows seinen Blue-Collar-Ethos: Seine Shows dauern meist länger als drei Stunden. Er geht spontan auf Zuschauerwünsche ein, schiebt schon mal eine ungeplante Nummer dazwischen, die die Band seit Jahrzehnten nicht mehr gespielt hat – und wenn es die Situation hergibt, holt er auch Fans zum Tanz auf die Bühne.

7. DIESE Piano-Version von Thunder Road

2012 spielte Bruce am Hard-Rock-Calling-Festival in London eine reduzierte und unfassbar tolle Version von Thunder Road als Opener.

8. Weil Little Steven nicht touren konnte, holte er sich Tom Morello an Bord

Als Little Steven 2013 nicht mit auf Tour gehen konnte, weil er gerade mit den Dreharbeiten für die Serie Lilyhammer beschäftigt war, holte sich der Boss den ehemaligen Rage-Against-The-Machine-Gitarristen Tom Morello ins Boot. Wie gut die beiden harmonieren, zeigt sich bei dieser Version des Stücks The Ghost Of Tom Joad, bei dem Morello nicht nur mitsingt, sondern auch ein bemerkenswertes Gitarrensolo hinlegt – seine Signature-Tricks inklusive.

9. Er zollte Little Stevens Rolle als untergetauchter Mafioso in Lilyhammer bei einer Show Tribut

Das wussten besonders Lilyhammer-Fans zu schätzen: Während einer Show in Oslo erklärte Bruce 2013, Norwegen hätte Little Steven gekidnappt … und holte Frankie „The Fixer” Tagliano auf die Bühne. Der sang den aus “Lilyhammer” bekannten Song My Kind Of Town.

10. …und spielte auch mit

Bevor er seinen alten Mitstreiter aber wieder mit offenen Armen in der E Street Band empfing, spielte Bruce auch eine Gastrolle in Lilyhammer… als Leichenbestatter.

11. Er persifliert sich auch mal selbst

In der Late Night Show von Talkmaster Jimmy Fallon verkleidete er sich als Retro-Springsteen, sang mit dem als Neil Young verkleideten Komiker das Willow-Smith-Stück „Whip My Hair” und zeigte, dass er auch über sich selbst lachen kann.

12. The Seeger Sessions

2006 veröffentlichte Springsteen Songs aus dem Katalog von Folklegende Pete Seeger – ein Album, das heute noch großen Spaß macht. Auch die Band hatte Spaß, wie in den Videos zur Platte zu sehen ist.

13. Springsteen On Broadway

Er wollte ein paar Solo-Shows auf dem Broadway spielen – und es wurden 236. Nachhören kann man das auf dem Release Springsteen On Broadway, der Springsteen als grandiosen Geschichtenerzählter zeigt.

14. Seine Laudatio auf U2 in der Rock and Roll Hall Of Fame

15. Seine Dankesrede bei den 2010 Ellis Island Family Heritage Awards

Der Boss hat seine Wurzeln nicht vergessen. Das zeigte er einmal mehr, als er bei der Dankesrede seine Mutter und seine Tanten auf die Bühne holte.

16. Das ikonische Cover von Born In The USA

 

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17. …und der ikonische, oft falsch verstandene Song Born In The USA

18. Seine Protagonisten in Songs, die er namentlich nennt

Terry in Backstreets, Mary in Thunder Road, Bobby in Devils & Dust, Candy in Candy’s Room, Bobby Jean in… nun, Bobby Jean.

19. Apropos Mary in Thunder Road.

Die Textzeile „You ain’t a beauty, but hey you’re alright” ist nicht besonders charmant, aber Springsteen kommt irgendwie damit durch.

20. Konzerte wie jenes am 20.September 1978 im Capitol Theatre in Passaic, New Jersey

21. Sein Tribut an seinen verstorbenen Freund und persönlichen Assistenten Frank „Terry“ Magovern

Terry’s Song erschien als nachträglich zugefügter Track des 2007 veröffentlichten Albums Magic.

22. Das Video zu Glory Days

Amerikanischer geht’s nicht.

23. Springsteens Songs über (zerbrochene) Freundschaft/Liebe Teil 1: Bobby Jean

Man sagt, Springsteen habe Bobby Jean über Steven Van Zandt geschrieben, als dieser die E Street Band verließ. „Now, you hung with me when all the others /Turned away, turned up their nose / We liked the same music, we liked the same bands. We liked the same clothes“, singt Springsteen. Und wen es am Schluss bei der Zeile „And I’m just calling you one more time / Not to change your mind, but just to say I miss you, baby / Good luck, goodbye, Bobby Jean“, nicht ein wenig in der Seele sticht, der… dürfte zumindest kein Springsteen-Fan sein.

24. Springsteens Songs über (zerbrochene) Freundschaft/Liebe Teil 2: Backstreets

Auch im vierten Song von Born To Run ist der Protagonist ordentlich enttäuscht über eine zerbrochene Freundschaft oder Liebe (was macht das schon für einen Unterschied?): „When the breakdown hit at midnight, there was nothing to say. But I hated him, and I hated you when you went away.”

25. Springsteens Perspektive in seinen Stücken

Springsteens Stücke beschönigen nichts. Sie handeln oft von der Realität zerfallener, krisengebeutelter Städte, prekärer Lebenslagen – sind aber nie hoffnungslos. Springsteen selbst formulierte es so: „Pessimism and optimism are slammed up against each other in my records, the tension between them is where it’s all at, it’s what lights the fire.“

26. Bob Dylan coverte ihn.

27. …und lud ihn auf die Bühne ein.

28. Er gab Patti Smith das Stück „Because The Night” und bescherte ihr damit ihren ersten und größten Hit.

29. Er schenkte Mickey Rourke einen Song für dessen Hollywood-Comeback

Rourke und Springsteen kannten sich von früher, hatten aber seit längerem keinen Kontakt mehr gehabt. Rourke, der sich in einigen Jahren nicht gerade überall beliebt gemacht hatte, schrieb Springsteen einen langen Brief, in dem er über den Film sprach, der ihn später aus einer langen Karriereflaute befreien sollte. Springsteen rief Rourke mitten in der Nacht an und sagte ihm, dass er gerade auf Tour in Europa sei – aber versuchen werde, etwas zu schreiben. Heraus kam das Stück The Wrestler, das er Rourke und dem Regisseur Darren Aronofsky schenkte.

 30.Sein Auftritt bei der Super Bowl Halftime Show

Was ist so amerikanisch wie der Boss? Genau, die Super Bowl. 2009 spielte Springsteen die Halftime Show des Großevents. Tenth Avenue Freeze-Out, Born to Run, sowie Working on a Dream (partial) und Glory Days. (Partial)

31. Er hat auch mit Anfang 70 einen großen Output

Vor kurzem erschien mit Western Stars sein neues Solo-Album, das Springsteen in ganz ungewohntem Gewand zeigt. Ein neues Album mit der E Street Band soll 2020 folgen.

32. Sein Auftritt bei VH1 Storytellers

Besonders in Erinnerung bleibt die Version von Thunder Road samt der Erläuterung zum Song.

33. Das Album Magic

Ja, der Mix des 2007 erschienenen Albums mag fragwürdig sein und dem tobenden Loudness War geschuldet sein. Von Radio Nowhere über Girls In Their Summer Clothes über Long Walk Home hat das Album aber unzählige sehr, sehr gute Stücke.

34. Sein Prince-Tribute vier Tage nach dessen Tod

Seine Show in Philadelphia am 25. April 2016 – vier Tage nach dem Tod der Musiklegende Prince – eröffnete Bruce Springsteen mit dem wohl größten Hit des Musikers, Purple Rain.

35. Seine Band. Seine Band ist verdammt noch mal die E Street Band

Nils Lofgren. Steve Van Zandt. Max Weinberg. Roy Bittan. Garry Talent. Patti Scialfa.

36. Sein London-Calling-Opener vom Hard Rock Calling 2009 in London

37. Und sein Gastauftritt bei The Gaslight Anthem auf demselben Festival

38. Sein Gastauftritt auf dem Mike-Ness-Album Cheating At Solitaire

39. Sein Gastauftritt bei The Rolling Stones 2012.

40. Seine Autobiographie Born To Run

41. Er war die Zukunft des Rock’n’Roll.

Das fand sein heutiger Manager Jon Landau, als er Springsteen das erste Mal sah. Landau, damals Musikjournalist, schrieb: „I saw rock and roll future and its name is Bruce Springsteen“. Ein legendärer Satz, der sich bewahrheiten sollte.

42. Springsteen in eigenen Worten

„I have spent my life judging the distance between American reality and the American dream…“

43. The River

Was für ein Song.

44. My City Of Ruins

Auch wenn jeder diesen Song mittlerweile mit New York City und den Terroranschlägen vom 11. September 2001 verbindet: Springsteen schrieb das Stück eigentlich über und für seine Heimatstadt New Jersey – und zwar anlässlich einer Charity-Veranstaltung im Asbury Park, die Geld für die Revitalisierung der Stadt sammeln sollte.

45. Sein Bezug zu seiner Heimatstadt New Jersey

…und sein Engagement für die Stadt mit zahlreichen Charity-Organisationen.

46. Seine Akustik-Alben: Nebraska, aber auch The Ghost Of Tom Joad und Devils And Dust.

47. Springsteens interessante Auswahl von Coversongs, Teil 1: Royals von Lorde

„You can call me King Bee and baby I rule I rule I rule in my Phantasy“

48. Springsteens interessante Auswahl von Coversongs, Teil 2: Stayin’ Alive von Bee Gees

49. Sein Auftritt auf dem New Orleans Jazz & Heritage Festival im Jahr 2006

50. Springsteen in seinen eigenen Worten, Teil 2

„If they had told me I was the janitor and would have to mop up and clean the toilets after the show in order to play, I probably would have done it“.

51. Seine Version von We Shall Overcome

52. Textzeilen wie „We learned more from a three-minute record, baby

/ Than we ever learned in school“ (aus: No Surrender).

53. Seine Duette mit Ehefrau und Bandkollegin Patti Scialfa.

54. Seine Auftritte in Talkshows – wie hier bei Stephen Colbert:

55. Sein Beitrag auf Warren Zevons letztem Album The Wind.

56. Und sein Tribut an Zevon nach dessen Tod.

57. Dancing In The Dark – der Song, das Video, der Tanz mit einer damals noch unbekannten Courteney Cox.

58. Streets Of Philadelphia

Springsteens Beitrag für den Kinofilm Philadelphia, das sich als erster Mainstream-Hollywoodfilm mit der HIV/Aids-Thematik beschäftigte

59. Er holte 2012 im Londoner Hyde Park Paul McCartney für zwei Songs auf die Bühne

„Ich möchte keinen großen Deal draus machen, aber darauf habe ich fünfzig Jahre gewartet“, so Springsteen, dem die Freude am prominenten Gast deutlich anzusehen war. Die strenge Curfew machte dem Gastauftritt einen Strich durch die Rechnung.

60. Sein Auftritt mit The Wallflowers 1997 bei den VMAs

Passte ja auch: One Headlight, der große Hit der Band von Bob Dylans Sohn Jakob, klingt auch viel mehr nach dem Boss als nach Jakobs berühmten Vater.

61. Western Stars

Auf seinem 2019 erschienenen Longplayer Western Stars kanalisierte Springsteen den kalifornischen Pop der späten 1960er und 1970er Jahre. Einflüsse wie Burt Bacharach, Harry Nilsson und Glen Campbell sind deutlich hörbar. Springsteen bettet seine Songs in üppige, orchestrale Klanglandschaften und steckt dabei seine eigene Landkarte einmal mehr neu ab.

„Western Stars“ von Bruce Springsteen: Die Rückkehr des Boss

 62. Die Lyrics seines Debütalbums Greetings from Asbury Park, N.J.

Man hört es auf Springsteens Debüt genau. Hier platzt jemand vor Ideen und Ambitionen, will alles und das am besten zugleich. Gerade in der Bilderflut des Openers Blinded By The Light meint man, den Einfluss Bob Dylans deutlich rauszuhören: „Madman drummers bummers and Indians in the summer with a teenage diplomat/

In the dumps with the mumps as the adolescent pumps his way into his hat/

With a boulder on my shoulder, feelin’ kinda older, I tripped the merry-go-round/

With this very unpleasing sneezing and wheezing, the calliope crashed to the ground“

63. Drive All Night im Göteborger Lichtermeer.

64. He’s on fire

 65. Das Stück Death To My Hometown vom Longplayer Wrecking Ball

Ein wütender, desillusionierter, aber kämpferischer hoffnungsvoller Folk-Rock-Song: „Well, no cannon ball did fly, no rifles cut us down / No bombs fell from the sky, no blood soaked the ground / No powder flash blinded the eye / No deathly thunder sounded / But just as sure as the hand of God / They brought death to my hometown.“

66. … und das kraftvolle Fazit desselben Stücks:

„So, listen up my sonny boy, be ready when they come/For they’ll be returning sure as the rising sun / Now get yourself a song to sing / And sing it ’til you’re done

Sing it hard and sing it well / Send the robber barons straight to hell

The greedy thieves who came around / And ate the flesh of everything they found / Whose crimes have gone unpunished now /Who walk the streets as free men now“

67. Seine Laudatio auf Bob Dylan anlässlich dessen Aufnahme in die Rock and Roll Hall Of Fame 1988

„Ein Typ, der den Mut hatte, die ganze Welt zu erobern und mir das Gefühl gab, dass ich das auch tun konnte. Und vielleicht verstanden es einige Leute falsch und dachten, dass diese Stimme uns sagte, dass sie das für uns erledigen könnte […] Heute bin ich hier, um dir zu danken und dir zu sagen, dass ich ohne dich nicht hier wäre“, sagte Springsteen damals – und sagte den legendären Satz: „Genau so wie Elvis die Körper befreit hatte, befreite Dylan den Geist”.

68. Sein Überraschungsauftritt mit Little Steven & The Disciples Of Soul im Asbury Park 2019

69. Er hatte eine letzte Chance… und nutzte sie

 Als Springsteen 1974 mit den Arbeiten an Born To Run begann, war der Druck groß. Die ersten beiden Alben hatten sich nicht verkauft. Einmal noch stellte ihm Columbia Records – Springsteen, damals Mitte Zwanzig – ein großes Budget zur Verfügung. Es musste der große Wurf werden. Größer als der Druck waren nur die Ambitionen der Band. Born To Run war wahrlich keine leichte Geburt – viel mehr ein „last chance power drive”. Ein Album, das den Aufbruch heraufbeschwor… und zu einem Meilenstein der Musikgeschichte wurde.

70. Das ewige Credo: Tramps like us, baby, we were born to run.

Popkultur

Als Led Zeppelin facettenreicher wurden: „Houses Of The Holy“

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Led Zeppelin HEADER
Titelfoto: Evening Standard/Hulton Archive/Getty Images

Vier durchnummerierte Platten brauchten Led Zeppelin, um die Spitze des Rockolymp zu erklimmen. Auf ihrer fünften Veröffentlichung Houses Of The Holy schlugen die Briten experimentierfreudigere Pfade ein — mit großem Erfolg. Den Titeltrack mussten sie allerdings auf das nächste Album verschieben.

von Timon Menge

Hier könnt ihr euch Houses Of The Holy von Led Zeppelin anhören:

Pause? Für Led Zeppelin ist das zu Beginn ihrer Karriere ein Fremdwort. In gerade einmal drei Jahren veröffentlichen die Briten vier legendäre Alben, touren mehrfach um den Globus und spielen weltweit vor ausverkauften Häusern. Großbritannien, Nordamerika, Japan, Australien — und wieder von vorn. Ein wenig zur Ruhe kommen Led Zeppelin erst 1972, als sie mit der Aufnahme ihres fünften Albums Houses Of The Holy beginnen. Die Gruppe schlägt darauf experimentellere Wege ein und setzt auf aufwändige Arrangements und neue Einflüsse statt auf schnodderigen Hardrock-Sound. Doch wie genau kam es zu dieser Typveränderung — und hatten auch die Fans Freude an den neuen Led Zeppelin?

Houses Of The Holy: Ein Album unter anderen Umständen

Anfang der Siebziger ist das Bankkonto von Led Zeppelin bereits gut gefüllt — so gut, dass sich Gitarrist Jimmy Page und Bassist John Paul Jones ihre eigenen Heimstudios einrichten. Zum ersten Mal können die beiden Musiker ihre Ideen in aller Ruhe aufnehmen, noch einmal hören, bearbeiten und ergänzen. Dadurch werden die Songs ausgeklügelter als sonst — weg vom Bluesrock, hin zum AOR, wenn man so möchte. Als Led Zeppelin mit den offiziellen Aufnahmen von Houses Of The Holy beginnen, sind die vier Musiker deutlich besser vorbereitet als bei ihren vorherigen vier Alben. Zu gut, wie es scheint, denn die Band spielt mehr Songs ein als auf die Platte passen.

Während der Sessions zu Houses Of The Holy sammeln Led Zeppelin so viel Material, dass sie ein paar ihrer neuen Kompositionen für später aufbewahren müssen. Das betrifft zum Beispiel den Song Walter’s Walk, der erst 1982 auf der Zusammenstellung Coda erscheint. The Rover und Black Country Woman packen die Briten auf ihr sechstes Album Physical Graffiti (1975). Besonders kurios: Sogar den Titeltrack verschieben Led Zeppelin auf später, sodass der Song Houses Of The Holy nun nicht auf dem Album Houses Of The Holy zu finden ist, sondern ebenfalls auf dem Nachfolger Physical Graffiti. Trotzdem klingt Houses Of The Holy stimmig — auch wenn „Led Zep“ darauf einige Experimente wagen.

Da wäre zum Beispiel die Funk-lastige Nummer The Crunge, die man den Briten vorher wohl nicht unbedingt zugetraut hätte. Auch das Reggae-beeinflusste Stück D’yer Mak’er klingt nicht wie ein typischer Led-Zeppelin-Song. Genau das war das Ziel, wie Gitarrist Jimmy Page in dem Buch Light & Shade: Conversations With Jimmy Page erklärt: „Auch wenn alle ein zweites Led Zeppelin IV wollten: Es ist sehr gefährlich, sich selbst zu kopieren. Ich werde keine Namen nennen, aber jeder kennt Bands, die sich ewig wiederholen. Nach vier oder fünf Alben sind sie ausgebrannt. Bei uns hingegen wusste man nie, was als nächstes kommt.“

Eine Tour der Superlative — und der anschließende Burnout

Das gilt auch für die Tour zu Houses Of The Holy, mit der Led Zeppelin einmal mehr neue Live-Show-Maßstäbe setzen. Laser, Discokugeln, aufwändige Outfits, Pyrotechnik: Die britischen Rocker lassen sich nicht lumpen und feuern auf ihrer insgesamt dreimonatigen Tour aus allen Rohren. 55 Konzerte geben Led Zeppelin, darunter auch in Nürnberg, München, West-Berlin, Hamburg, Essen und Offenburg. Überall feiert wird die Band gefeiert; später ist sogar die Rede davon, dass die Tour der technische Höhepunkt der Gruppe gewesen sein muss. Doch der Preis ist hoch: Nach der Konzertreise sind Led Zeppelin so fertig, dass sie eine fast zweijährige Pause einlegen.

Was die Verkaufszahlen und den Erfolg von Houses Of The Holy betrifft, geht die Platte im Vergleich zum direkten Vorgänger Led Zeppelin IV beinahe unter. „Nur“ elffaches Platin gelingt den Briten bis heute mit dem Album; bei Led Zeppelin IV ist es mehr als doppelt so viel und auch der Houses Of The Holy-Nachfolger Physical Graffiti kann insgesamt 16 US-Platinveredelungen abräumen. Dennoch: Led Zeppelin zeigen sich auf Houses Of The Holy von ihrer erwachsenen Seite und das kommt an. Drei Alben bringen die Briten anschließend noch raus, bis der Tod von Schlagzeuger John Bonham die Karriere der Gruppe im Jahr 1980 beendet. Doch das ist wieder einmal eine andere Geschichte.

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Popkultur

Zeitsprung: Am 28.3.1985 tritt Alicia Keys zum ersten Mal im TV auf. Sie ist 4.

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Alicia Keys
Paola Kudacki/Sony Music

Anekdoten, Jubiläen und wilde Geschichten: Was an diesem Tag in der Welt der Musik passiert ist, lest ihr täglich in unserem Zeitsprung. Heute: 28.3.1985.

von Timon Menge und Christof Leim

Mehr als 150 Preise gewinnt Alicia Keys im Lauf ihrer Karriere, darunter 15 Grammys. Ihre Premiere im Showgeschäft feiert sie allerdings am 28. März 1985 in einer TV-Serie – mit vier Jahren.

Hier könnt ihr euch Here anhören:

Übernachtungsparty! Die kleine Tochter der Familie hat ihre Freunde und Freundinnen eingeladen, alle sind bestens gelaunt, vor allem als sie reihum mit dem Herrn Papa Rodeo spielen. Die Regeln: Wer sitzen bleibt, gewinnt. Ein Mädchen mit Lockenkopf kann sich trotz wildester Bewegungen halten und geht als Siegerin hervor. Vier Jahre alt ist die junge Schauspielerin in dieser Szene der Bill Cosby Show, ihr Name lautet Alicia Cook. Damals kennt sie niemand, heute schon…

In den Achtzigern kann man sich ein Fernsehprogramm ohne die Familie Huxtable kaum vorstellen. In acht Staffeln thematisiert die Sitcom das Leben einer afroamerikanischen Familie aus der Mittelschicht, die sich mit alltäglichen Situationen und Problemen auseinandersetzt. Dass dieses Format auch bei der weißen Bevölkerung gut ankommt, ist zu jener Zeit noch nicht selbstverständlich. Den Familienvater Dr. Heathcliff Huxtable gibt Schauspieler Bill Cosby, nach dem die Sendung auch benannt ist. (Heute ist Cosby weltweit und zurecht in Ungnade gefallen, weil er wegen dreifachen sexuellen Missbrauchs zu mehreren Jahren Haft verurteilt wird. Aber das ist eine andere, unschöne Geschichte.)

Wer ist Alicia Cook?

Diese kleine Alicia Cook, die da einen Gast der Übernachtungsparty der kleinsten Huxtable-Tochter Rudy spielt, lernen wir Jahrzehnte später unter einem anderen Namen kennen: Alicia Keys. Mit dem Auftritt in der Show feiert sie sozusagen ihren Einstand im Showgeschäft. Hier könnt ihr euch den Ausschnitt mit ihr angucken:

In einem späteren Interview mit der Teleschau erzählt Keys: „Ich erinnere mich vor allem daran, dass es ein wahnsinnig langer Tag war. Bis das alles abgedreht war, war es später Abend – und ich und die anderen Kinder waren so müde, dass wir irgendwann einfach auf dem Sofa eingeschlafen sind. Aber ich erinnere mich auch daran, dass es extrem witzig war. Bill Cosby war super. Und hey, immerhin habe ich beim Reite-Spiel auf seinem Knie gewonnen.“

Nur der Anfang

Gewinnen wird Keys nachher noch so einiges, nämlich mehr als 150 Auszeichnungen und 14 Platinschallplatten (allein in den USA). Mit Alben wie Songs In A Minor (2001), The Diary Of Alicia Keys (2003), As I Am (2007) und The Element Of Freedom (2009) räumt sie in den 2000er Jahren wirklich alles ab. Wer hätte 1985 gedacht, dass aus der kleinen Alicia Cook einer der größten Popstars des 21. Jahrhunderts wird?

Zeitsprung: Am 7.9.1984 sind die Jacksons auf Tour und Janet brennt durch.

 

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Popkultur

Zeitsprung: Am 27.3.1970 veröffentlicht Alice Cooper „Easy Action“.

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Alice Cooper Easy Action Cover

"Anekdoten, Jubiläen und wilde Geschichten: Was an diesem Tag in der Welt der Musik passiert ist, lest ihr täglich in unserem Zeitsprung. Heute: 27.3.1970.

von Bolle Selke und Christof Leim

Die Rock’n’Roll-Welt steht nicht gerade in Flammen für die Alice Cooper Band, als sie am 27. März 1970 ihr zweites Album Easy Action veröffentlicht. Das könnte nicht zuletzt an der lustlosen Produktion liegen. Trotzdem bietet sich hier ein perfektes Zeitdokument einer sich entwickelnden Band, das man fast als Vorproduktion für den Meilenstein Love It To Death im folgenden Jahr ansehen könnte.

Hier könnt ihr euch Easy Action anhören:

Geneigte Fans und Hardrock-Aficionados wissen vermutlich, dass Alice Cooper für eine Band steht, die sich 1975 auflösen wird. Erst danach adaptiert deren Sänger Vincent Furnier den Namen und wird so zu einem hochgeschätzten Heavy-Metal-Entertainer und Gottvater des Shock Rock.

Psychedelische Scheißmusik

1970 allerdings stehen solche Superlative noch in weiter Ferne. Die Truppe schraubt an ihrem zweiten Album, das ebenso wie der Vorgänger Pretties For You bei Frank Zappas Plattenfirma Straight erscheinen soll. An den Reglern sitzt David Briggs, der heutzutage vor allem bekannt dafür ist, mehr als ein Dutzend Neil-Young-Alben produziert zu haben. Schlagzeuger Neal Smith sagt später über Briggs: „David hasste unsere Musik und uns. Ich erinnere mich, dass unsere Song für ihn ‚psychedelischer Scheiß‘ waren. Wenn man mich fragt, klang Easy Action zu trocken, eher wie eine TV- oder Radiowerbung. Er half in keiner Weise beim Arrangement der Lieder oder lieferte irgendwelchen positiven Input.“ Und so wird kein einziges der Stücke von Easy Action nach der Love It To Death-Tour jemals wieder live von Cooper aufgeführt.

Nichtsdestotrotz bezeichnen manche gerade diese Scheibe als das „große unentdeckte“ Cooper-Album. Während Pretties for You eine schwierige Platte ist und Love It to Death ein Klassiker, könnte man Easy Action als das perfekte Bild einer sich entwickelnden Band ansehen. Beim ersten Stück Mr. And Misdemeanor lässt sich zum Beispiel miterleben, wie Sänger Furnier seinen bösartig klingenden Gesangsstil definiert. Alice Cooper steht später für drei Minuten lange Hits mit eingängigen Melodien und negativen Themen, welche dann gegen Ende der Alben durch längere Stücke ergänzt werden. So gesehen liefern die Rocker mit Easy Action also fast eine Vorproduktion für Love It to Death, obwohl die Band auf ersterem mehr Erfindergeist zeigt.

Unisex, roh und gewalttätig

Hinter dem Albumtitel steckt eine Zeile aus einem Lieblingsfilm von Furnier und Bassist Dennis Dunaway, dem Musical West Side Story mit der Musik von Leonard Bernstein. Zitate daraus wie „got a rocket in your pocket“ und „when you’re a Jet, you’re a Jet all the way“ werden auch bei dem Song Still No Air verwendet. Das Motiv der halbstarken Gang aus West Side Story wird auch an anderen Stellen von Alice Copper aufgegriffen. Auf dem Cover wendet sich die Band von der Kamera ab, deren unbedeckte Rücken sind nur durch ihr langes Haar bedeckt. Eine Radiowerbung von 1970 pries die Band dann auch als „unisex, roh, miteinander und gewalttätig – genau wie ihr, amerikanische Mitbürger“.

Easy, Action!

Als ob die Band den fehlenden kommerziellen Erfolg von Easy Action geahnt hätte, beginnt der letzte Song, das psychedelisch abgedrehte Lay Down And Die, Goodbye, mit den Worten des Komikers Tom Smothers: „Ihr seid der einzige Zensor. Wenn euch das, was ich sage, nicht gefällt, habt ihr die Wahl: Ihr könnt mich ausschalten.“

Die Kritiker zerreißen das Album hauptsächlich. Robert Christgau bezeichnet es im Magazin The Village Voice als „unmelodisches Singen, unmelodisches Musizieren, unmelodische Melodien und pseudomusikalischen Beton“. Erst bei Love It To Death entdeckt die Band mithilfe von Produzent Bob Ezrin den Sound für den Alice Cooper heutzutage geliebt wird…

Zeitsprung: Am 5.6.1977 gibt es einen Todesfall bei Alice Cooper – wegen einer Ratte.

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