Soul-Sensation: Wer sind eigentlich diese Teskey Brothers?

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Spätestens seit ihrem zweiten Album Run Home Slow redet die ganze Welt über die australischen Soul-Emporkömmlinge The Teskey Brothers. Aber wo kommen die überhaupt so plötzlich her? Eine Annäherung.

von Björn Springorum

Man bringt Australien mit vielen signifikanten Dingen in Verbindung. Mit allzu coolen Surfer-Dudes, viel zu vielen tödlichen Tieren, Aborigines und endlosen Stränden. Mit Musik eher weniger. Und wenn, dann natürlich mit der Hard-Rock-Dampflok AC/DC oder dem Gothic-Grandseigneur Nick Cave. Eher weniger mit althergebrachtem Sixties-Soul. Ich korrigiere mich: Bislang eher weniger.

Denn mit den Teskey Brothers hat sich eine Clique alter Freunde aus Down Under aufgemacht, der Welt eines unmissverständlich klarzumachen: Für diese Musik muss man nicht zwingend in Memphis, Detroit oder Nashville gestrandet sein. Man muss Memphis, Detroit oder Nashville einfach nur dicht am Herzen tragen. Und diese Liebe ausdrücken können.

Hört hier in Half Mile Harvest von The Teskey Brothers rein

Josh Teskey tut das. Und kann das. Seine Stimme klingt im besten Sinne wie aus der Zeit herausgestürzt, erinnert in seinem leicht kratzigen Timbre an Sam Cooke, Wilson Pickett, Otis Redding. Klar, auch ein moderner Soulman wie Michael Kiwanuka dürfte Eindruck bei dem jungen Australier hinterlassen haben; vor allem aber ist es der alte Soul, der alte Blues, der alte R&B, der es Teskey angetan hat.

Schon früh entdeckt er seine außergewöhnliche Stimme, der Überlieferung nach soll er seinem Vater schon als Kind vorgesungen und danach gesagt haben: „Hör mal, ich kann singen wie ein Bluesmann!“ Ganz ohne Schnaps, Kippen und Weltschmerz, wohlgemerkt.

Heilbringer über Nacht

Natürlich ist The Teskey Brothers nicht nur die alte Stimme eines jungen Mannes. Neben Joshs Bruder Sam an der Gitarre sorgen auch Brendon Love (Bass) und Liam Gough (Schlagzeug) dafür, dass diese Band so erhebend klingt, so raumfüllend. Seit zwölf Jahren spielen die Kindheitsfreunde aus Melbourne zusammen; erst für sich, auf Straßen und Märkten. Dann immer öfter in immer größeren Clubs.

Irgendwann, nach fast zehn Jahren, nahm man eben mal ein Album auf. Weil man das ja auch mal so macht als Band – und nicht etwa, um reich und berühmt zu werden. Doch wie das nun mal so ist mit ungewöhnlich guter Musik, wird ihr Debüt Half Mile Harvest schnell zum absoluten Geheimtipp. In ihrer Heimat werden sie über Nacht zu den gefeierten Heilsbringern, auf die man so lange gewartet hat. Und wenig später verkaufen die Australier Clubs in ganz Amerika aus.

Plötzlich sind die jungen Talente mit Erwartungen konfrontiert, wo es zuvor nur eine Bande aus Freunden mit grundehrlichen Handwerkerjobs und einem kleinen Proberaum gab. Doch The Teskey Brothers wurden eben nicht über Nacht vom Ruhm überrumpelt. Sie spielten schon lange zusammen, kannten sich, wussten, was sie können. Und legen mit Run Home Slow eine ebenso hinreißende Soul-Platte vor, die das Musikjahr 2019 vor allem mit der sechsminütigen Offenbarung Paint My Heart merklich bereichert.

Wunderbar warm, nostalgisch und surrend produziert von Paul Butler (Michael Kiwanuka), heißen die Australier diesmal auch Gospel in ihrem satten, vollen Sound Willkommen. Das Resultat sind Songs, die klingen, als wären sie schon immer da gewesen. Ehrensache: Die Typografie ist natürlich wieder an Neil Youngs Harvest Moon angelehnt. Man kann sich bei schlechteren Vorbildern bedienen.

Sie lassen es immer noch langsam angehen, geben ihren Stücken Zeit, um sie dann genussvoll in triumphierende Crescendi aus dringlichen Chören, schwelenden Orgeln, jubilierenden Gitarren und Josh Teskeys Ausnahmestimme gipfeln zu lassen. Charles Bradley mag leider von uns gegangen sein; dieser Knabe hier ist mehr als bereit, die Fackel weiterzutragen. Fragt nur mal Hollywood-Star Chris Hemsworth, den nach eigenen Aussagen größten Fan dieser Band. Ich meine, wer würde Thor schon widersprechen?

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