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Popkultur

Aretha Franklin – Das Leben und die Musik der „First Lady of Soul”

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Der Soul hat seine Königin verloren: Am 16. August 2018 erliegt Aretha Franklin ihrem langjährigen Krebsleiden. Sie wird 76 Jahre alt.

von Timon Menge

Aretha Franklin kommt am 25. März 1942 in Memphis zur Welt und wächst in Detroit auf. Ihr Vater Clarence LaVaughn Franklin bringt sie schon früh mit Musik in Berührung. Er ist ein bekannter Baptistenprediger, und Aretha singt mit ihren Schwestern Carolyn und Erma im Chor seiner “New Bethel Baptist Church”. Auch die Mutter der Schwestern ist Gospelsängerin. Zu den Gottesdiensten erscheinen unter anderem Sam Cooke und Mahalia Jackson.


Hör hier in die größten musikalischen Momente der Soul-Königin rein:

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Später wird Arethas Vater ihr Manager und verhilft seiner Tochter zu ihrem ersten Plattenvertrag mit J.V.B. Records. Ihre erste LP Songs Of Faith erscheint 1956. Wie der Titel vermuten lässt, handelt es sich um ein reines Gospelalbum. Popmusik nimmt sie erst im Alter von 18 Jahren auf, ein Jahr später bringt Columbia Records sie auf den Markt. Zu dieser Zeit ist sie bereits zweifache Mutter und lässt ihre Kinder bei der Großmutter zurück, um nach New York zu ziehen. Zwar bleibt das Album Aretha: With The Ray Bryant Combo kommerziell erfolglos, ermöglicht ihr aber zahlreiche Auftritte als Clubsängerin.



Als ihre Karriere bei Columbia jahrelang nicht in Gang kommt, wechselt sie im Jahr 1967 zu Atlantic Records – wo sich die erste Single I Never Loved A Man (The Way I Love You) gleich eine Million Mal verkauft. Der Durchbruch ist geschafft. Noch im selben Jahr erscheint der Aretha-Franklin-Song, den wohl jeder schon einmal gehört hat: Respect. Damit gibt die “First Lady of Soul” der afroamerikanischen Bevölkerung während des Befreiungskampfes eine Hymne, und auch in der Frauenbewegung kommt dem Soul-Hit eine ganz besondere Bedeutung zu. “R-E-S-P-E-C-T” – selten wurde eine Buchstabenkette mit so viel Nachdruck vorgetragen.

Nicht ganz ohne Ironie: Ihr größter Hit ist eine Coverversion. Eigentlich stammt Respect aus der Feder von Otis Redding, geschrieben aus der Sicht eines Mannes, der seine Frau um etwas mehr Respekt bittet. Doch Franklin dreht die Bedeutung um und veröffentlicht ihre ganz eigene, feministisch interpretierte Version. Später wird Redding bedauern, den Song an Aretha „verloren“ zu haben — allerdings mit einem Augenzwinkern.



Nach dem Mord an ihrem Vater im Jahr 1979 wechselt Aretha Franklin zu Arista Records, wo sie mit weiteren Nummer-eins-Hits und zahlreichen Grammys an ihre bisherigen Erfolge anknüpfen kann. Jump To It, Who’s Zoomin’ Who und A Rose Is Still A Rose heißen ihre erfolgreichsten Alben. Unvergessen bleibt auch ihr Auftritt in der Musikkomödie The Blues Brothers von 1980, wo sie neben John Lee Hooker, James Brown, Cab Calloway und Ray Charles zu sehen und vor allem zu hören ist.

Während der Arista-Jahre singt Aretha Franklin viele Duette, zum Beispiel mit George Michael, Annie Lennox von den Eurythmics, James Brown und Elton John. 1986 erscheint auf dem Album Aretha eine Version des Rolling Stones-Songs Jumpin’ Jack Flash, die sie mit Keith Richards aufnimmt. 1998 springt sie sogar für Opernsänger Luciano Pavarotti ein und singt Puccinis Arie Nessun Dorma ein vielgelobter Auftritt.

2003 verlässt Franklin Arista Records und gründet ihr eigenes Label Aretha, auf dem wenig später ihr erstes Weihnachtsalbum This Christmas Aretha erscheint. Nach einer weiteren Eigenveröffentlichung im Jahr 2011 (Aretha: A Woman Falling Out Of Love) kehrt sie zu einer großen Plattenfirma zurück und veröffentlicht mit RCA Records das Coveralbum Aretha Franklin Sings Them Great Diva Classics.

Im Jahr 2008 singt Aretha Franklin bei der Amtseinführung von Barack Obama vor etwa zwei Millionen Menschen — ein Auftritt, der ihre Bedeutung für die Geschichte der afroamerikanischen Popkultur nachdrücklich unterstreicht.



Im Jahr 2010 erhält sie die Diagnose, die sie acht Jahre später das Leben kosten soll: Bauchspeicheldrüsenkrebs. Zum letzten Mal öffentlich auf einer Bühne steht im August 2017 in Philadelphia. Kurz zuvor hatte sie bekanntgegeben, dass sie ihre Karriere im Jahr 2019 beenden möchte. Ihr allerletzter Auftritt findet im November vor geschlossener Gesellschaft statt: für die Elton John AIDS Foundation in New York. Franklin arbeitet vor ihrem Tod noch an einem letzten Album, das zum Teil Stevie Wonder produziert. Leider erliegt sie ihrer Krankheit, bevor es fertiggestellt werden kann.



Während ihrer Karriere gewinnt Aretha Franklin 18 Grammy Awards und verkauft weltweit mehr als 75 Millionen Platten. 1987 ist sie die erste Frau, die in die Rock and Roll Hall of Fame aufgenommen wird. Die politische Dimension ihres Schaffens lässt sich nicht in Zahlen fassen. Spricht man vor Aretha Franklin noch von „Black Music“, durchbricht sie diese Barriere. Kein Wunder, denn ihre Leitmotive sind universal: Glaube und Liebe. Mit einer Stimmgewalt von fünf Oktaven verschafft sie sich Gehör und singt gegen die Unterdrückung der afroamerikanischen Bevölkerung und der Frauen an.

Am 16. August 2018 stirbt sie dort, wo ihre Karriere begann, in Anwesenheit der Menschen, die von Anfang an dabei waren: im Kreis ihrer Familie in „Motown“ Detroit. Was bleibt, ist ihr Erbe: menschlich, musikalisch, politisch.


Header-Bild: David Gahr/Getty Images

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