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Popkultur

Thelonious Monk: zum Todestag der Jazz-Legende

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Titelfoto: Michael Ochs Archives/Getty Images

Jazz-Legende, Stil-Ikone, Grenzgänger: Thelonious Monk lebte eine bewegte Biografie geprägt von Musik, Krankheit und Drogen. Ein Einblick.

von Timon Menge

Hier könnt ihr euch einige der wichtigsten Songs von Thelonious Monk anhören:

Die einen verstehen ihn nicht, die anderen lieben ihn: Thelonious Monk eckte mit seiner eigenwilligen Herangehensweise an den Jazz durchaus an. Ob sein perkussives Klavierspiel, seine plötzlichen Tonartwechsel oder die überraschenden Pausen: Unter „Easy Listening“ fällt der Pianist eher nicht. Trotzdem hat Monk Millionen Menschen begeistert, den Bebop mitentwickelt und Jazz-Geschichte geschrieben. Werfen wir einen Blick auf sein intensives Leben, das zum Schluss von starker Krankheit geprägt war.

Über die Klassik zum Jazz

Zur Welt kam Thelonious Sphere Monk am 10. Oktober 1917 in Rocky Mount (North Carolina). Vor seinem fünften Geburtstag siedelt seine Familie nach New York City um, mit sechs entdeckt er das Klavier für sich. Eine Nachbarin gibt ihm Unterricht, außerdem begleitet der kleine Monk seine singende Mutter in der Kirche. Nach seinem zehnten Geburtstag erreicht sein Spiel ein neues Level: Zwei Jahre lang erhält er Unterricht von einem Herrn namens Simon Wolf, der beim ersten Konzertmeister des New York Philarmonic-Orchesters gelernt hat. Monk kommt mit Bach, Beethoven und Mozart in Berührung, doch er merkt schnell: Seine große Leidenschaft ist der Jazz.

Als Jugendlicher tourt Monk als Orgelspieler umher, später heuert er als Hauspianist im New Yorker Club Minton’s Playhouse an. Dort manifestiert sich sein Stil, der sich stark am Stride-Piano orientiert, einer Art improvisierten Variante des Ragtime, der auch als „Amerikas klassische Musik“ bezeichnet wird. Monk tritt in Duellen gegen andere Musiker*innen an und nimmt eine zentrale Rolle in der Entstehung des Bebop ein, zu dem auch Künstler wie Dizzy Gillespie, Charlie Parker und Miles Davis eine Menge beitragen.

Hitmaschine Monk

Trotz aller Virtuosität schrieb Monk zahlreiche eingängige Hits, die sich zu Jazz-Standards entwickelten, wie zum Beispiel Round Midnight und Blue Monk. „Monk ist der perfekte Avant-Garde-Typ, weil man zu seiner Musik tanzen kann“, findet auch US-Jazzmusiker Ethan Iverson. „Deine Kinder können zu seiner Musik mitsingen. Wie schreibt man einen Hit? Ich weiß es nicht. Das ist eine mystische Angelegenheit, ob bei Franz Schubert oder Lennon-McCartney. Monk hat 60 geschrieben. Er hat 60 Hits geschrieben, die in irgendeiner Form mit der Avant-Garde zu tun haben.“

Thelonious Monk, der Showman

Thelonious Monk erregte nicht nur als herausragender Musiker Aufsehen, sondern auch durch sein Stilbewusstsein. Anzug, Sonnenbrille, verrückter Hut: Monk wusste sich zu kleiden. Auch seine Performances auf der Bühne bleiben unvergessen. So saß er nicht stur am Klavier, sondern stand zwischendurch auch mal auf, tanzte ein wenig und spielte dann erst weiter. Manchmal verließ er sogar mitten im Konzert den Club und kehrte erst zurück, wenn es ihm beliebte. Filmemacher Michael Blackwood begleitete Monk monatelang für die Dokumentation Thelonious Monk: Straight, No Chaser und ist sich sicher, dass der Jazzmusiker ein ausgeprägtes Bewusstsein dafür hatte, wann eine Kamera auf ihn gerichtet war. Er habe genau gewusst, warum die Leute ihn sehen wollten und habe dem Publikum genau das gegeben.

Das Ende seiner Karriere und sein viel zu früher Tod

Ab Anfang der Siebziger zog sich Monk langsam aus dem Leben als aktiver Musiker zurück. Über seine letzte Tour im Jahr 1971 berichtet sein langjähriger Weggefährte Al McKibbon: „Monk hat auf der ganzen Tour etwa zwei Worte gesagt. Ich meine buchstäblich zwei Worte. Er sagte nicht ‚Guten Morgen‘, nicht ‚Gute Nacht‘, fragte nicht, wie spät es ist, nichts. Warum, weiß ich auch nicht. Als die Tour vorbei war, schrieb er, dass der Grund dafür sei, dass er nicht kommunizieren oder spielen konnte, darin lag, dass Art Blakey und ich so hässlich waren.“ In der Dokumentation Thelonious Monk: Straight, No Chaser wird Monks Verhalten auf eine mentale Krankheit zurückgeführt, die nie genau diagnostiziert wurde. So beschreibt Monks Sohn T. S. Monk in dem Film, dass sein Vater ihn manchmal nicht erkannt habe und mehrfach ins Krankenhaus eingeliefert wurde. Auch Drogen waren in Thelonious Monks Leben ein zentrales Thema, von Alkohol über Speed bis hin zu Heroin.

Weil sich sein Gesundheitszustand immer weiter verschlechterte, verbrachte Monk die letzten sechs Jahre seines Lebens bei seiner engen Freundin Pannonica de Koenigswarter, die ihn hegte und pflegte, genau wie seine Ehefrau Nellie. Klavier spielte Monk in seinen letzten Jahren nicht mehr. Am 17. Februar 1982 starb er mit nur 64 Jahren an einem Schlaganfall.

„Wenn er dich nicht beeinflusst hat, bist du kein Jazzmusiker.“

In der Jazzwelt stellte Monk ein Unikum dar. Er bevorzugte langsamere Tempi, seine Virtuosität stellte er ungern zur Schau. Das führte dazu, dass sich seine Kolleg*innen zwar einerseits bei seinen Kompositionen bedienten, andererseits hinterfragten sie sein Können. Heute zweifelt kaum noch jemand an Monks Genie. Jazzmusiker Kamasi Washington stellte in einem Interview Folgendes klar: „Wenn du Jazzmusiker bist und denkst, dass Thelonious Monk dich nicht beeinflusst hat, bist du entweder kein Jazzmusiker oder er hat dich beeinflusst.“ Ruhe in Frieden, Monk.

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