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Popkultur

Sinatra, gebrochene Herzen und Raumfahrt: Vor 50 Jahren erschien David Bowies Meisterwerk „Life On Mars?“ als Single 

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Foto: Koh Hasebe/Shinko Music/Getty Images

Mit Life On Mars? veröffentlichte David Bowie am 22. Juni 1973 eines seiner großartigsten Stücke als Single — und, seien wir mal ehrlich: einen der besten Songs aller Zeiten. Das haben wir unter anderem Frank Sinatra zu verdanken… zumindest so halb.

von Markus Brandstetter

1968 trat David Bowies Publizist David Platz an seinen Künstler mit einer besonderen Anfrage heran: Der französische Song Comme d’habitute sollte ins Englische übertragen werden, dafür werde ein Autor gesucht. Bowie bejahte,  knöpfte sich das Stück — komponiert von Claude François und Jacques Revaux — an. Even A Fool Learns To Love nannte Bowie das Stück. Er nahm eine Demo auf, es wurde den französischen Rechteinhabern vorgespielt — und die lehnten ab, Bowie war damals offenbar noch nicht prominent genug. Comme d’habitude sollte kurz darauf von Paul Anka bearbeitet und von Frank Sinatra gesungen werden und Geschichte schreiben. Der Titel des Stücks: Richtig, My Way.

Bowie war sauer — und beschloss, Rache zu nehmen. Er wollte einen Song schreiben, der noch größer war als My Way. Er nahm Comme d’habitude als Fundament her und entwickelte ein Stück, das einige Ähnlichkeiten in der Akkordstruktur aufweist. Um das zu veranschaulichen, hören wir uns zunächst weder Bowies Original noch Frank Sinatras My Way an — sondern eine Version des Ukulele Orchester of Great Britain, die auf die Ähnlichkeiten hinweisen

„Jung zu sein war einfach“

Für Bowie war das Schreiben des Songs ein Kinderspiel. „Dieser Song war so einfach. Jung zu sein war einfach. Ein wirklich schöner Tag im Park, auf den Stufen des Musikpavillons sitzend. ‘Matrosen bap-bap-bap-bap-baaa-bap.’ Eine anomische (nicht ‘gnomische’) Heldin. Mittelklasse-Ekstase“, erzählte er einmal. „Ich spazierte zur Beckenham High Street, um einen Bus nach Lewisham zu erwischen, um Schuhe und Hemden zu kaufen, aber das Riff ging mir nicht aus dem Kopf.“

Aus der Idee, My Way eins auszuwischen, wurde etwas, das das Original transzendiert. Einer der größten Popsongs aller Zeiten, das die Brillanz von Bowie zeigt. Sein Können als Texter, Komponist, Sänger. Im Studio passierte ebenfalls Magie: Gitarrist Mick Ronson übernahm die Streicherarrangements, spielte auch Flöte und natürlich E-Gitarre. Bowie hatte den Song auf dem Klavier geschrieben — das Piano auf der Aufnahme spielte aber nicht er, sondern Rick Wakeman, der bereits auf Bowies selbstbetitelten Album Mellotron gespielt hatte. Der Song wurde an einem Tag in den Trident Studios aufgenommen — dem 8. Juni 1971. Alle anderen Songs für Hunky Dory waren bereits im Kasten, man hob sich das Beste bis zum Schluss auf. „Ich weiß noch, wie ich [das Studio] verließ und zu ein paar Freunden, die ich an diesem Abend in einer örtlichen Kneipe traf, sagte, dass ich gerade an dem besten Song mitgewirkt hatte, an dem ich je arbeiten durfte“, erinnerte sich Wakeman einmal. Ebenfalls mit dabei: Bassist Trevor Bolder und der Schlagzeuger Mick Woodmansey.

Wer ist „the girl with the mousy hair“?

Wovon Life On Mars? eigentlich handelt? Bowie selbst nannte es einmal „die Reaktion eines sensiblen jungen Mädchens auf die Medien“. „Ich glaube, sie ist von der Realität enttäuscht … dass ihr, obwohl sie in der Tristesse der Realität lebt, gesagt wird, dass es irgendwo ein viel größeres Leben gibt, und sie ist bitter enttäuscht, dass sie keinen Zugang dazu hat“, erklärte er in einem anderen Interview. Wer aber ist “the girl with the mousy hair”, der Hauptcharakter des Songs? Der allgemeinen Geschichtsschreibung nach soll die Protagonistin auf Bowies Ex-Freundin Hermione Farthingale basieren, mit der 1968 zusammen war, und die ihm  das erzählt er in einer Doku namens David Bowie: Finding Fame das Herz ordentlich gebrochen hat. „Ich war Hals über Kopf in sie verliebt und die Trennung hat mich zerstört. Es brachte mich auf das ganze Space-Oddity-Ding“, so Bowie einst.

Warum eigentlich erst 1973?

Life On Mars? erschien auf dem Album Hunky Dory — am 17. Dezember 1971. Als erste Single wurde im Januar 1972 Changes/Andy Warhol auserkoren. Und jetzt die zeitliche Diskrepanz: Als Life On Mars anderthalb Jahre später als Single erschien, hatte Bowie bereits ein neues Album draußen, nämlich The Rise and Fall of Ziggy Stardust. Damit erreichte Bowie mit seiner ikonischen Bühnenpersona Ziggy Stardust nicht nur einen kreativen, sondern auch einen kommerziellen Höhepunkt. Folgerichtig entschied die Plattenfirma, Life On Mars? als Single zu veröffentlichen — es passte ja auch perfekt zu Ziggy Stardusts extraterristrischem Image. Erst dadurch wurde auch Hunky Dory zum kommerziellen Erfolg. Eine richtige Entscheidung.

Dass Frank Sinatra einen kleinen Anteil an Life On Mars hatte, hielt Bowie übrigens auch für Ewigkeit fest. Im Booklet von Hunky Dory liest man die Worte: Inspired by Frankie.

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