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Popkultur

Willie Nelsons Gitarre Trigger: Löcher, Knarzen und viel Seele

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Foto: Theo Wargo/Getty Images for Blackbird

Sie hat ein riesiges Loch im Holz, sieht mitgenommen aus, krächzt und schnarrt – und doch schwört Willie Nelson seit Jahrzehnten auf seine Gitarre Trigger. Genau wie Willie selbst hat Trigger schon jede Menge Meilen auf der Straße gesammelt – und ist eine der legendären Gitarren der Musikgeschichte.

von Markus Brandstetter

Willie Nelson könnte sich ohne Frage jede Gitarre leisten. Aber anstatt wie einige seiner Kollegen ein ganzes Arsenal an Sechssaitigen mit auf Tour zu nehmen, hält der 86-Jährige seit fünf Jahrzehnten Trigger die Treue – einer optisch wie klanglich schon ziemlich mitgenommenen Gitarre. Trigger ist ein Instrument, das mittlerweile, genau wie ihr Besitzer, längst US-amerikanisches Kulturgut ist.

Die Geschichte von Trigger

1969 wurde Willie Nelson, genau wie andere zu jener Zeit angesagte Nashville-Musiker wie Jerry Reed oder Chet Atkins, von der Firma Baldwin mit einer Akustikgitarre mit Tonabnehmer samt Verstärkersystem ausgestattet. Beim Tonabnehmer handelte es sich dabei um einen sogenannten Prismatone-Pickup – der, in Kombination mit dem Verstärker, eine der ersten wirklich vernünftig klingenden Lösungen für elektrifizierte Akusikgitarren sein sollte. Willie, der zu der Zeit immer wieder von Herstellern Instrumente zum Probieren bekam, testete das System auf Herz und Nieren. Allerdings fand die 800 C, so die Modellbezeichnung der Gitarre, nach einem Auftritt von Willie ihr jähes Ende: Ein Betrunkener stolperte über sie – Totalschaden.

 

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Die Gitarre wurde zur Reparatur zu einem Mann namens Shot Jackson in dessen Shop nach Nashville geschickt. Der erklärte Nelson aber, dass mit der 800 C nichts mehr zu machen sei. Jackson hatte aber einen Vorschlag: Nämlich den Prismatone-Pickup und die Brücke auf eine Martin N-20-Klassikgitarre mit Nylon-Saiten zu installieren. Willie willigte ein – und Trigger war geboren. In den nächsten Jahren sollte Trigger mehr und mehr den Sound Nelsons prägen – mittlerweile ist die Martin-Gitarre nicht mehr aus dem Leben und Schaffen Nelsons wegzudenken.

Gitarre mit Loch

Das auffälligste an Trigger ist das riesengroße Loch, das sich zwischen Schallloch und Brücke erstreckt. Dieses Loch resultiert von Nelsons kraftvollen Spielstil mit seiner rechten Hand – einerseits von seinen Fingernägeln, andererseits wohl auch durch den Gebrauch von Plektren. Auch die Bundstäbchen sind schon extrem mitgenommen und wellen sich. Allerdings weigert sich Nelson rigoros, diese zu ersetzen. Für ihn kommt es nicht in Frage, an Trigger groß etwas zu ändern – auch wenn die Gitarre für alle Menschen außer Nelson sicher alles andere als optimal zu bespielen ist. Für Nelsons Team gilt das Credo: Trigger muss am Leben und am Laufen gehalten werden.

Wie Gitarrenbauer und Restaurateur Mark Erlewine, der seit vielen Jahren Trigger einmal im Jahr zum Service bekommt, in einem zweiteiligen Youtube-Video erzählt, denkt Willie nicht einmal daran, Trigger zu ersetzen. Ein nahezu identisches Modell, das Willies Team für ihn besorgte, rührte Willie nur kurz an – und legte es dann desinteressiert zur Seite. Einzig in Sachen Gurt ließ Nelson, der seinen Gurt Mariachi-Style (also die Gurthalterung ans Schallloch angeknipst) trägt, einmal eine Änderung zu – nämlich als er mit Rückenschmerzen zu kämpfen hatte. Es wurde ein Gurtknopf installiert. Allerdings orderte Nelson kurz darauf, diesen schnell wieder zu entfernen und kehrte zur Mariachi-Trageweise zurück.

Legendär sind auch die Unterschriften auf Trigger, auch wenn viele mittlerweile gar nicht mehr zu sehen sind. Diese Tradition entstand, als Willie von dem 2016 verstorbenen Songwriter Leon Russell gebeten wurde, seinen Namen in seine Gitarre mit einem Kugelschreiber einzuritzen. Willie bestand im Gegenzug ebenfalls auf eine Unterschrift. Und so war Russell die erste Signatur, die auf Trigger geritzt wurde. Viele weitere folgten – unter anderem von prominenten Musikerkollegen. Aber viele der Unterschriften sind heute nicht mehr zu sehen.

Foto: Rich Fury/Getty Images for The Recording Academy

Solange Trigger spielt, wird auch Willie spielen

Trigger hat viel mitgemacht. Sie überlebte einen Brand von Nelsons Ranch und sie wurde, als der Musiker Probleme mit der Finanzbehörde hatte, sogar versteckt, um nicht zwangsversteigert zu werden. Willie Nelsons Sound und Person ist längst untrennbar mit Trigger verbunden. Solange es Trigger gibt, wird auch er weitermachen. So oder so ähnlich hat das Nelson im Laufe der Jahre immer wieder mal erwähnt. In anderen Worten: Wenn es Trigger nicht mehr gibt, wird es auch ihn nicht mehr geben. Bis dahin – und das ist hoffentlich lange – wird man Willie Nelson und Trigger, dieses langlebige und unbeirrbare Duo, dort finden, wo sie hingehören: on the road.

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