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Popkultur

Zeitsprung: Am 3.11.2009 erscheint „World Painted Blood“ von Slayer.

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Anekdoten, Jubiläen und wilde Geschichten: Was an diesem Tag in der Welt der Musik passiert ist, lest ihr täglich in unserem Zeitsprung. Heute: 3.11.2009.

von Peter Hesse und Christof Leim

Mit „World Painted Blood“ erschien am 3. November 2009 das elfte Studioalbum der US-Thrash-Metal-Institution Slayer. Hier ballert zum letzten Mal die Originalbesetzung mit Jeff Hanneman und Dave Lombardo. Warum die Platte dennoch nicht zu den Meilenstein in der Slayer-Historie gehört, klären wir im Zeitsprung.

Hier könnt ihr World Painted Blood anhören:

„Kill! Destroy! Die!“ Auf World Painted Blood behandeln Slayer die für sie typische Themen. So geht es in einigen der Texte natürlich um Tod, Zerstörung und Apokalypse, daneben kritisiert das legendäre Thrash-Quartett Religion, Staat und Medien. Das kommt zwar textlich ordentlich bösartig rüber, doch leider hapert es bei den Kompositionen. Stücke wie Hate Worldwide, Human Strain und Not Of This God klingen leider nur wie Platzhalter, die es sicher nicht auf ihre drei legendären Alben Reign In Blood (1986), South Of Heaven (1988) und Seasons In The Abyss (1990) geschafft hätten.

Entscheidende Prozentpunkte fehlen 

Zu oft denken die beiden Gitarristen Kerry King und Jeff Hanneman in Schablonen. Gerade Hanneman, der sechs der elf Stücke komponiert, scheint „Dienst nach Vorschrift“ zu leisten: Er gibt zwar mit seinen Riffs das Tempo und die Song-Architektur vor, aber die Stücke klingen nicht so gefährlich, angsteinflößend oder höllisch wie sonst. Nein, in entscheidenden Momenten kitzelt der Blondschopf einfach nicht genug aus seinen künstlerischen Ausdrucksmöglichkeiten heraus. 

Slayer 2009: Zum letzten Mal in Urbesetzung auf einer Studioplatte – Foto: Sony/Promo

Wer die Hanneman-Komposition Psychopathy Red genauer betrachtet, stellt fest: Dave Lombardo trommelt immer noch mit einem präziseren Timing als die Atomuhr in Braunschweig, und Tom Araya spuckt die lyrischen Verse über den russischen Serienmörder Andrei Romanowitsch Tschikatilo so hasserfüllt und zornig ins Mikro, als müsse er ein zynisches Exempel statuieren. Passt auch: Der Verbrecher Tschikatilo hatte zugegeben, 56 Menschen brutal umgebracht zu haben. Der Sound und die Produktion klingen perfekt – aber verglichen mit Kompositionen wie Raining Blood oder Silent Scream fehlen entscheidende Prozentpunkte, was kompositorische Unberechenbarkeit angeht oder schlicht Raffinesse, Intensität, Bösartigkeit und „Spookyness“. Das Ganze klingt zu oft so, als hätten Slayer ihr eigenes hochprozentiges Bier mit Leitungswasser vermengt. 

Versteckte Melodien und punkige Grooves 

Dennoch: Selbst ein zweitklassiges Slayer-Album klingt immer noch urgewaltiger als so mancher Thrash-Output aus der der zweiten Liga. Das liegt vor allem an der satten Produktion. Der alte Verbündete Rick Rubin agiert als übergeordneter Betreuer („Executive Producer“), als zweiten Produzenten nimmt man Greg Fidelman zum ersten (und letzten Mal) ins Boot. Heute betreut Fidelmann sämtliche Metallica-Veröffentlichungen, angefangen bei Death Magnetic (2008). Daneben betreten Slayer mit World Painted Blood noch mehr Neuland, weil ein Großteil des Materials erst im Studio geschrieben und fertig ausgearbeitet wurde. 

Sänger Tom Araya lobt die Zusammenarbeit an diesem Werk: „Slayer lebt vor allem von zwei Dingen: Kerry und Jeff! Die beiden haben immer wieder eine perfekte Kombination aus Geschwindigkeit und Schwere erzeugt, die sich nach meiner Wahrnehmung richtig ergänzt hat. Wo Kerry auf Aggression und Schnelligkeit setzt, hatte Jeff immer noch versteckte Melodien und punkige Grooves in seinen Stücken. Als dieses Album entstanden ist, hatten wir vier die gleiche Vision von dem, was Slayer ausmacht: von den Songideen bis hin zum Artwork stimmt hier einfach alles. Wenn wir uns als Band treffen, passiert es. Nichts wird erfunden, es wird auch nicht um die Ecke gedacht. Nein, wir tun es einfach, und dann fließt es in die richtige Richtung.“

Virtuos zersägt

Kommerziell geht die Rechnung auf: World Painted Blood verkauft sich bestens. Gleich in der ersten Woche findet das Album in den USA 41.000 Mal ein neues Zuhause und landet damit auf Platz zwölf der Billboard Charts. In Deutschland erreicht das Album Rang sieben, und selbst Der Spiegel lobt die Platte mit großen Worten: „Nur der Teufel weiß, wie Drummer Dave Lombardo während des Songs Unit 731 ein dritter Arm gewachsen ist und wie Kerry Kings Gitarre das erst kriechende, dann besinnungslos rasende Beauty Through Order virtuos zersägt.“

Nach World Painted Blood zersägt der Teufel allerdings tatsächlich das musikalische Leben der Totschläger: Das folgende Album Repentless kommt erst sechs Jahre später im Anschluss an eine schwere Phase für die Band. Drummer Dave Lombardo hat sich wegen seiner unzureichenden Tourbezahlung beschwert, worauf ihn die Kollegen im Frühjahr 2013 vor die Tür setzen. Jeff Hanneman stirbt wenige Wochen später, am 2. Mai 2013, an Leberversagen nach jahrelangem Alkoholmissbrauch. Damit ballert die legendäre Urbesetzung von Slayer auf World Painted Blood zum letzten Mal.

Auf „World Painted Blood“ noch dabei: Trommeltier Dave Lombardo und Riffschmied Jeff Hanneman. – Foto: Sony/Promo

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