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Popkultur

Zeitsprung: Am 26.7.1973 veröffentlichen ZZ Top ihr Durchbruchsalbum „Tres Hombres“.

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"Anekdoten, Jubiläen und wilde Geschichten: Was an diesem Tag in der Welt der Musik passiert ist, lest ihr täglich in unserem Zeitsprung. Heute: 26.7.1973.

von Christof Leim und Tom Küppers

Anfangs will sich der Erfolg nicht so recht einstellen: Weder das augenzwinkernd ZZ Top’s First Album getaufte Debüt noch der zweite Versuch Rio Grande Mud bringen die drei Texaner in den Jahren 1971 und 1972 nennenswert nach vorne. Die Verkäufe schleppen sich dahin, im Radio existiert die Band de facto nicht, und die Eintrittskarten sind nicht wirklich heiß begehrt. Kurz gesagt: Andere hätten die Flinte längst ins Korn geworfen. Doch dank des am 26. Juli 1973 veröffentlichten Tres Hombres wird die „Little Ol’ Band from Texas“ (wie sich die Herren gerne selbstironisch bezeichnen) auch außerhalb ihres Heimatstaates zur großen Nummer.

Hier könnt ihr in Tres Hombres reinhören:

Als Bassist Dusty Hill, Schlagzeuger Frank Beard und Gitarrist Billy Gibbons – damals übrigens noch bartlos – mit den Aufnahmen zu ihrem dritten Album loslegen, sind sie bis in die Haarspitzen motiviert. Zwar waren die Hallen bei der letzten US-Tour nur bis zur Hälfte gefüllt, aber dank ihrer „Uns doch egal“-Einstellung haben die drei ihre Mixtur aus Texas Blues, Boogie und Hard Rock soweit perfektioniert, dass man inzwischen von einem eigenen Rezept sprechen kann. Anders gesagt: Tres Hombres definiert den „klassischen“ ZZ Top-Sound ganz eindeutig. Zumindest für eine Dekade: In den Achtzigern erfindet sich die Band mit Hilfe eines roten Autos neu und steigt in die Riege der Weltstars auf, aber das ist mal wieder eine andere Geschichte.

Mehr laute Klampfen

Zurück in die Siebziger: Auch wenn sich das Trio grundsätzlich als tief im Blues verwurzelt sieht, sprechen die Bühnenshows eine andere Sprache. „Live standen die lauten Gitarren klar im Vordergrund, was wir auf Tres Hombres erstmals recht gut eingefangen haben“, erklärt Billy Gibbons dem Houston Chronicle. Songs wie Beer Drinkers & Hell Raisers und das famose Move Me On Down The Line sind deutlich rockiger ausgefallen, womit die Texaner den herrschenden Zeitgeist treffen.

Während andere die Welt retten wollen, widmet sich Tres Hombres den hedonistischen Aspekten des Lebens: Spaß mit Motoren (Master Of Sparks), gutes Essen und noch besserer Sex (Precious And Grace). Gibbons behauptet übrigens steif und fest, die hier besungene Geschichte um die beiden Anhalterinnen sei ihm und Kollege Hill genau so passiert. Und die Damen sind nicht die einzigen zwielichtigen Charaktere, die uns in den Songs begegnen.

Das berühmte Innencover feiert die Tex-Mex-Küche

Die Single „La Grange“ über ein real existierendes Bordell

Da wäre beispielsweise der Typ, der in La Grange über das legendäre und real existierende Freudenhaus Chicken Shack nahe des texanischen Örtchens, natürlich, La Grange berichtet. Achtung, Nerd-Wissen Kategorie B: Das gleiche Etablissement steht für ein Broadway-Stück und einen Film namens Das schönste Freudenhaus in Texas Pate. La Grange gehört heute zu den unverrückbaren Bestandteilen einer ZZ-Top-Setlist, genau wie der unvergleichliche Doppelschlag am Albumanfang aus Waitin’ For The Bus und Jesus Just Left Chicago.

Es gibt gleich zwei Begründungen, warum diese beiden Songs – einer im rockig-poppigen Viervierteltakt, der andere im bluesigen 6/8-Shuffle – nahtlos ineinander übergehen. Lange Jahre glaubt man, das Ganze basiere auf einem Fehler des damaligen Tontechnikers Terry Manning. Seinerzeit ist Tonband das gängige Aufnahmemedium, weshalb man fertigen Aufnahmen tatsächlich mit Rasierklingen den letzten Schliff verleihen muss. Das heißt, Manning habe sich schlicht und einfach verschnitten.

Absichtlich verbunden

Im Sommer 2017 verweist der Gescholtene diese Geschichte allerdings nach jahrelangem Schweigen energisch in das Reich der Legenden: „Das war kein Unfall, und ich habe es satt, dass sich diese ganzen blöden Musiknerds immer wieder so einen Mist zurecht fabulieren“, verliert er in einem Expertenforum kurzzeitig die Contenance. Gerade die Übergänge zwischen einzelnen Titeln und die Frage, wie diese am besten zusammenpassen, seien ihm bei seiner Arbeit immer extrem wichtig gewesen. Auch bei diesen Songs probiert er damals herum, bis ihm die Idee kommt, beide Lieder gnadenlos hintereinander zu nageln, damit sie wie eines wirken. „Als Billy das zum ersten Mal in dieser Fassung gehört hat, ist er direkt aus seinem Sitz gesprungen“, erzählt Manning. „Nach ein paar Durchgängen war allen klar, dass beide Songs gar nicht mehr für sich existieren können.“ Und wie recht er hat: Man beachte bitte den spontan aufbrandenden Jubel, wenn in einer späteren Live-Version der Wechsel kommt.

Solche Reaktionen unterstreichen, was für ein zeitloser Klassiker den Texanern mit Tres Hombres gelungen ist. In den USA erreicht das Album 1973 die Top Ten, die Single La Grange schafft es ebenfalls in die Hitparaden. Natürlich sollten noch weitere Knalleralben folgen, aber so entspannt gerockt wie auf diesem Album haben Gibbons, Beard und Hill nie wieder.

Die „Tres Hombres“ heute

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