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Popkultur

Zeitsprung: Am 10.2.1978 erscheint das bahnbrechende Debüt von Van Halen.

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Anekdoten, Jubiläen und wilde Geschichten: Was an diesem Tag in der Welt der Musik passiert ist, lest ihr täglich in unserem Zeitsprung. Heute: 10.2.1978.

von Christof Leim

Am 10. Februar 1978 erscheint ein Meilenstein: Mit Van Halen I schafft die Band aus dem Stand einen Klassiker mit ungestümem Rock’n’Roll, der in Zeiten von Punk und Disco vor allem eines ist, nämlich aufregend. Hier scheint die Sonne Kaliforniens aus jedem Song, getragen von Hormonen, Whiskey und Zigaretten, befeuert durch einen unfassbaren Gitarristen und einen Frontmann mit großem Ego und noch größerer Libido. Da haben in der folgenden Dekade alle, wirklich alle im Hard Rock ganz genau zugehört.

Zur weiteren Lektüre gibt’s das Van Halen-Debüt hier:

Ein schönes Zitat zur Einordnung von Van Halen I findet sich auf Ultimate Classic Rock: „Van Halen haben eine neue Welle des Hard Rock losgetreten. Alle Elemente, die diese Musik in den Siebzigern geprägt haben, sind immer doch da: leichtgewichtige Texte, eine eingehende Beschäftigung mit Sex und die anerkannte Lebensphilosophie, dass man einfach über alles hinwegwalzen muss, wenn es mal hart wird. Van Halen liefern einfach nur mehr davon.“

Offene Münder 

Sicher, partykompatible Hochoktan-Spaßmusik gibt es schon länger. Bestes Beispiel sind Kiss, die Ende der Siebziger (noch) ein ganz großes Ding vor allem in den USA sind. Doch so feurig wie Van Halen klingt damals eigentlich niemand. Die Band um die Brüder Eddie (Gitarre) und Alex (Schlagzeug) Van Halen, Bassist Michael Anthony und Chefgockel David Lee Roth (Gesang) spielt sich damals die Finger wund und sorgt für offene Münder. Kiss-Schlabberzunge Gene Simmons wird schließlich aufmerksam, steckt das Quartett ins Studio und will mit den Demos einen Plattendeal besorgen. Leider aber muss er mit Kiss schon wieder Tour. Glücklicherweise legen Van Halen im Starwood Club in Hollywood eine dermaßen heiße Show aufs Parkett, dass der Branchenriese Warner zuschlägt. Der Rest ist – und wir freuen über diesen Satz immer wieder – Geschichte…

Ein Klassiker nach dem anderen

In nur drei Wochen nagelt die bestens eingespielte Combo im Oktober 1977 die elf Songs auf Band, und das sogar weitestgehend live. Gleich mehrere Hymnen sind am Start, die heute zur Standardausstattung jeder Hard-Rock-Sammlung gehören. Ehrlich jetzt: Wer an Runnin’ With The Devil und Ain’t Talkin’ ‘Bout Love etwas auszusetzen hat, sollte mit ausgemusterten New-Wave-Alben beschmissen werden. Das Kinks-Cover You Really Got Me besitzt so einen Schwung, dass es das einflussreiche Original quasi ultrahocherhitzt und sich bald solcher Beliebtheit erfreut, dass Kinks-Sänger Ray Davies es live gerne mal angekündigt hat mit „Wir spielen jetzt eine Van-Halen-Nummer“.

Auch Jamie’s Cryin’, Atomic Punk und I’m The One darf man als Klassiker bezeichnen. Dabei ist Van Halen I nicht perfekt wie etwa (doch, doch) Appetite For Destruction von Guns N’ Roses. Gegen Ende hängt die eine oder andere Nummer definitiv schon mal durch, etwa als „Diamond“ Dave Lee Roth in Ice Cream Man seinen inneren Frank Sinatra sucht und wie noch öfter in den nächsten Jahren nie so ganz findet. Geschenkt. Alleine die hitzige und clevere Gitarrenarbeit haut einiges raus.

Gitarrenwahnsinn

Denn da gibt es noch Eruption, das nicht mal zweiminütige Instrumental nach dem ersten Song: Hier lässt Eddie Van Halen ein Feuerwerk vom Stapel, dass es bis dahin schlicht nicht gegeben hat. Der gerade mal Dreiundzwanzigjährige knallt alles raus, von laserflinken Läufe und sportlichen Legato-Licks über gnadenlose Dive-Bombs bis epischem Two-Hand-Tapping. Weltweit klappen in Proberäumen, Studios und vor Stereoanlagen Kinnladen zu Boden. Dabei hatte sich Eddie Eruption eigentlich nur für Liveshows zurechtgelegt und wollte es gar nicht aufnehmen…

Für die Gitarren-Muggel unter uns: Beim Tapping werden mit der rechten Hand, die sonst die Saiten anschlägt, ebenfalls Töne auf dem Griffbrett gegriffen. Das ergibt ganz andere Intervalle und wahnsinnige Geschwindigkeiten. King Eddie war nicht der erste, der sowas machte und damit diesen typischen orchestralen Klang produzierte, aber der erste, der es nicht als Trick, sondern als Teil seines Spiels benutzt hat. Millionen an Gitarristen pfeifen alleine wegen dieser ikonischen Passage auf langsames Lernen mit Bluesskalen und wollen gleich Eruption abfeuern. Die Minions sind da keine Ausnahme.

Zudem lässt Eddie mit seinem hyperaktiven Spiel die Grenzen zwischen Lead- und Rhythmusgitarre verschwinden und feuert Licks ab, die noch Dekaden später begeistern. Eddie Van Halen gilt in der Rockwelt ohne viel Zweifel als einflussreichster Gitarrist einer ganzen Generation.

By Carl Lender (Flickr: Eddie Van Halen) [CC BY 2.0 (http://creativecommons.org/licenses/by/2.0)], via Wikimedia Commons

Als Van Halen I (genaugenommen einfach: Van Halen) am 10. Februar 1978 erscheint, fallen die Reaktionen der Kritik zunächst eher negativ aus, aber schon bald stürzen sich die Fans auf das Ding. Im Mai schon bekommt die Platte Goldstatus für 500.000 verkaufte Exemplare, im Oktober gibt es Platin für eine Million. Van Halen sind Stars und gehen erstmal auf Nordamerika-Tour im Vorprogramm von Journey. Auf der Konzertreise mit Black Sabbath durch Europa und die USA blasen sie die Headliner, die sich damals in einem desolaten Zustand befinden, regelmäßig von der Bühne. Heute liegt die Verkaufsmarke über zehn Millionen alleine in den USA. Dafür erhalten Van Halen einen Diamond Award und sind eine von nur fünf Rock-Bands, die sich diese Auszeichnung gleich zweimal in den Schrank stellen können. (Die andere kommt für 1984, die Platte mit Jump.)

By Carl Lender (Flickr: Diamond Dave) [CC BY 2.0 (http://creativecommons.org/licenses/by/2.0)], via Wikimedia Commons

Abgesehen davon, dass die Scheibe, die Songs und die Licks Fantastillionen an Rockfreaks beeinflusst haben, zeigt Van Halen I sogar heute noch Wirkung bei der nächsten Generation der Krachmacherei: 2017 haben die Schüler und Schülerinnen der Los Rios Rock School in San Juan Capistrano, Kalifornien mit Hilfe eines Produzententeam alle elf Songs in einem Tag neu eingespielt, und zwar auf Original-Equipment. Welcher Teenager da auch immer die Klampfe bedient hat, sollte sich schon mal die Haare wachsen lassen…

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Zeitsprung: Am 21.12.1983 erscheint „Jump“ von Van Halen.

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