Popkultur
Zeitsprung: Am 21.12.1983 erscheint „Jump“ von Van Halen.
Anekdoten, Jubiläen und wilde Geschichten: Was an diesem Tag in der Welt der Musik passiert ist, lest ihr täglich in unserem Zeitsprung. Heute: 21.12.1983.
von Christof Leim
Selbst wer noch nie von Van Halen gehört hat, kennt Jump. Mit diesem wahnwitzig eingängigen Lied landet die kalifornische Hard Rock-Institution am 21. Dezember 1983 den größten Hit ihrer Karriere. Darauf spielt der größte Gitarrengott seiner Generation vor allem Keyboards, und genau deshalb wäre aus der Nummer fast nichts geworden…
Hört hier in das großartige 1984 rein:
Klickt auf „Listen“ für das ganze Album.
Schon 1981 spielt Eddie Van Halen mit einer kleinen Idee auf dem Synthesizer herum, die ihm gut gefällt. Doch der Rest der Band hält wenig davon: Keyboards auf einer Van Halen-Platte? Wo kommen wir denn da hin? Schließlich bietet das Quartett seit dem sagenhaften Debüt von 1978 schnörkellosen Rock’n’Roll nur mit Gitarre, Bass, Schlagzeug und Gesang. Zwar gab es bereits Synthies in Songs wie One Foot Out The Door und Dancing In The Street als Unterfütterung der Gitarre, aber nie als führendes Instrument. Bei Eddies neuem Einfall sieht das anders aus. (Die Inspiration dafür fand er übrigens im Song Kiss On My List des Pop-Duos Hall & Oates. Das zumindest behauptet Daryl Oates.)
„Gewisse Leute wollten nicht, dass ich Keyboards spiele“, erklärt Eddie später gegenüber Guitar World. „Ich sollte nur ein Gitarrenheld sein. Aber ich spiele auch eine bayrische Käseflöte, wenn ich das gut kann – was immer das sein mag.“ Ein Bandmitglied soll sogar gesagt haben: „Wir brauchen so einen Scheiß nicht.“
Weil die kleine Idee sich aber als hartnäckig und äußerst eingängig erweist, nimmt Eddie eines nachts mit dem Toningenieur Donn Landee ein Demo des Stückes auf. Produzent Ted Templeman bittet Dave Lee Roth am folgenden Tag, nochmal ein Ohr zu riskieren; der wiederum schnappt sich das Band und macht sich auf die Suche nach lyrischer Inspiration. Das funktioniert damals so: Roth legt sich auf den Rücksitz seines Cabrios, lässt sich von seinem Roadie Larry Hostler durch Los Angeles fahren und hört dabei die Songideen.
Diesmal erinnert sich der Sänger an einen Nachrichtenbeitrag über einen Mann, der sich von einem Gebäude in den Tod stürzen wollte. Dem Musiker geht durch den Kopf, dass von den Zuschauern einer solchen Szene bestimmt mindestens einer „Spring doch!“ rufen würde (auf Englisch: „Go ahead and jump!“). Die Phrase gefällt ihm, und auch Hostler findet sie gut. Also schreibt Roth einen Text dazu, lässt allerdings das Thema Suizid komplett außen vor. Stattdessen geht es wieder mal um Männlein und Weiblein und die Aufforderung, das Wagnis einzugehen und, nun ja, zu Potte zu kommen. Später spricht Roth seinem Chauffeur im Magazin Musician sogar das Hauptverdienst für die Textidee zu.
Die vier Vollblutmusiker fackeln darauf nicht lange und nehmen den Song an einem einzigen Tag fertig auf, den Mix eingeschlossen. Damit wird Jump zum zweiten Song überhaupt, der in Eddies legendärem Studio 5150 eingespielt wird, nach einem Cover von Wilson Pickets In The Midnight Hour, das bis heute nicht veröffentlicht wurde. Der Rest des Albums entsteht an gleicher Stelle.
Jump erscheint am 21. Dezember 1983 als Vorbote zum sechsten Van Halen-Opus 1984. Auf dieser Platte „darf“ sich Eddie an mehreren Stelle am Synthesizer austoben, etwa im grandiosen Poprocker I’ll Wait und beim instrumentalen Intro 1984. David Lee Roth widmet das Stück seinem Kampfsporttrainer Benny Urquidez. (Mit dem trainieren später auch Dave Mustaine von Megadeth und Duff McKagan von Guns N’ Roses.)
Zur Single drehen Van Halen natürlich ein Video, das den Gute-Laune-Faktor der Kalifornier hervorragend einfängt. Man sieht die vier Rockstars, die den Song wie auf einer Bühne darbieten, Blödsinn machen und dabei meistens grinsen. Natürlich zieht Chefgockel Dave Lee Roth sämtliche Register und wirft sich in alle Posen, die der Rock’n’Roll so hergibt. In Zeiten, in denen Trockeneisnebel und undurchschaubare Rahmenhandlungen zum Standard bei Musikvideos gehören, wirkt das erfrischend einfach. Angeblich kostet das Ganze auch nur 600 US-Dollar, wie Roth behauptet, aber dem widersprechen die Macher später. Allerdings haben alleine die Pizzas am Set von Hot For Teacher mehr Geld gekostet als der gesamte Jump-Clip.
Produzent Robert Lombard und Regisseur Pete Angelus erzählen im Buch I Want My MTV, dass damals bereits Spannungen zwischen dem Sänger und seinen Kollegen in der Luft liegen. Auf Drängen von „Diamond Dave“ werden für den Clip jede Menge Einstellungen mit tanzenden Mädels und Sportwagen gedreht, doch die Verantwortlichen schneiden sie raus. Das Filmchen soll einfach bleiben. Robert Lombard lässt sich genau das von Eddie und Alex Van Halen bestätigen – und wird zwei Tage später gefeuert. „Man spricht nichts ab hinter dem Rücken von Dave“, sagt der Manager dazu. Der Jump-Clip bleibt trotzdem wie er ist, was sich als gute Entscheidung erweist: Er wird für drei MTV Video Music Awards nominiert und gewinnt “Best Stage Performance“. Die Klischeeszenen finden später Verwendung im Video zu Panama.
Mit Jump landen Van Halen den größten Hit ihrer Karriere. Am 25. Februar 1984 kickt die Nummer Karma Chameleon von Culture Club von Platz eins der US-Charts und hält sich dort für fünf Wochen bis Footloose von Kenny Loggins übernimmt. Bis heute verkauft sich die Single über eine Million Mal, in Deutschland steigt sie bis auf Platz vier. Das dazugehörige Album 1984 erscheint am 9. Januar und erweist sich ebenfalls als Platinerfolg.
Heute gehört die Nummer zur Standardausstattung sogar im Mainstream-Radio und läuft ständig bei Sportveranstaltungen. Tausende Bands spielen das Stück nach, scheitern dabei aber nicht selten, wenngleich verzeihlicherweise am Gitarrensolo, das Eddie aus zwei Takes zusammengesetzt hat und zu seinen liebsten Soli zählt.
Natürlich gehen Van Halen in allen Inkarnationen ihrer Band ohne Jump nicht von der Bühne, auch David Lee Roth spielt die Nummer mit seiner Solotruppe und nimmt sogar eine abgedrehte Bluegrass-Version auf. Sein Nachfolger Sammy Hagar möchte Jump zunächst nicht selber singen und holt auf der Tour zu 5150 deshalb Fans ans Mikro, findet das später aber selber albern. Und Eddie schreibt in der Folgezeit ganz unbeschwert Songs auf dem Keyboard, wie Why Can’t This Be Love? und große Teile von OU812 zeigen. Aber das sind wieder mal andere Geschichten…
Zeitsprung: Am 22.2.1959 reisen die Van Halens mit dem Schiff nach Amerika.

Popkultur
Zeitsprung: Am 1.4.2008 feuern Velvet Revolver ihren Sänger Scott Weiland.
Anekdoten, Jubiläen und wilde Geschichten: Was an diesem Tag in der Welt der Musik passiert ist, lest ihr täglich in unserem Zeitsprung. Heute: 1.4.2008.
von Christof Leim
Das sah schon nach „Supergroup“ aus, was sich da 2002 zusammenbraute: Drei Musiker von Guns N’ Roses und der Sänger von den Stone Temple Pilots gründen Velvet Revolver. Doch sechs Jahre später ist der Ofen aus und Scott Weiland raus. Vorher gab es noch eine lahme Platte, Streit im Internet und die ganz kalte Schulter.
Hört euch hier das Velvet-Revolver-Debüt Contraband an:
Natürlich hat die ganze Welt mit Spannung zugehört, als Slash, Duff McKagan und Matt Sorum zusammen mit dem Gitarristen Dave Kushner und dem Frontmann der Stone Temple Pilots, Scott Weiland, eine Band gründen. Beim Debüt Contraband von 2004 kommen nicht ganz unerwartet zwei musikalisch benachbarte Welten zusammen: Classic Rock und alternative-lastiger Grunge-Sound. Die Scheibe wird zum Erfolg, doch der Nachfolger Libertad bleibt 2007 weit hinter den Erwartungen zurück.
Ein Bild aus besseren Zeiten: Velvet Revolver live 2007. Foto: Kreepin Deth/Wiki Commons.
Den weltweiten Touren der Band tut das keinen Abbruch, diverse Aufenthalte in Entzugskliniken, Visa-Probleme und kurzzeitige Verhaftungen durchkreuzen einige Pläne allerdings schon. Als Velvet Revolver im Januar 2008 ihre Rock’n’Roll As It Should Be-Tour durch Europa starten, hängt der Haussegen bereits schief. Am 20. März 2008 verkündet Weiland sogar auf offener Bühne in Glasgow: „Ihr seht hier etwas Besonderes: Die letzte Tour von Velvet Revolver.“
Längt beschlossene Sache
Was er nicht weiß: Seine Kollegen haben da längst beschlossen, ohne ihn weiterzumachen, wie Slash später in einem Interview eröffnet. Das liegt unter anderem daran, dass Weiland ständig die Fans ewig lang warten lässt, und das können die Guns N’ Roses-Jungs nach dem Dauerdrama mit dem notorisch verspäteten Axl Rose nicht mehr akzeptieren. Slash, der zottelhaarige Gitarrengott, berichtet auch, dass die Bandmitglieder während der UK-Shows so gut wie kein Wort mit ihrem Sänger wechseln. „Wir haben ihm die kalte Schulter gezeigt, dass es nur so eine Art hatte.“
Kein einfacher Zeitgenosse: Scott Weiland. Credit: CRL.
Nach dem Debakel von Glasgow, das in einer halbherzigen Performance gipfelte, tragen die Musiker zudem ihren Zank in die Öffentlichkeit: Drummer Matt Sorum veröffentlicht ein Statement, das ohne Namen zu nennen deutlich mit dem Finger auf Weiland zeigt. Der wird in seiner Antwort ein gutes Stück bissiger und ziemlich persönlich. Dass das alles nicht weitergehen kann, liegt auf der Hand. Am 1. April 2008 schließlich verkünden Velvet Revolver offiziell, dass Scott Weiland nicht mehr zur Band gehört.
Wie sich rausstellt, endet damit auch die Geschichte dieser Supergroup, sieht man von einer einmaligen Live-Reunion am 12. Januar 2012 bei einem Benefizkonzert ab. Denn leider können die Herren jahrelang keinen geeigneten Nachfolger finden, obwohl Könner wie Myles Kennedy von Slashs Soloband und Alter Bridge, Sebastian Bach (ehemals Skid Row), Lenny Kravitz und Chester Bennington (Linkin Park) als Kandidaten gehandelt werden. Slash und McKagan kehren schließlich zu Guns N’ Roses zurück, während Weiland bis 2013 bei den Stone Temple Pilots singt und anschließend mit seiner eigenen Band The Wildabouts unterwegs ist. Am 3. Dezember 2015 wird er tot in deren Tourbus gefunden. Rest in peace.
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Zeitsprung: Am 15.5.1995 klicken bei Scott Weiland zum ersten Mal die Handschellen.
Popkultur
„The Record“: Was kann das Debüt der Supergroup Boygenius?
Supergroups kennt man ja eher von Männern. Phoebe Bridgers, Julien Baker und Lucy Dacus, die drei prominenten Damen hinter Boygenius, ändern das. Ihr Debüt The Record klingt zumeist sanft, verträumt, melancholisch, bricht aber manchmal wie entfesselt los. Indie-Album des Jahres? Gut möglich.
von Björn Springorum
Hier könnt ihr euch The Record anhören:
Phoebe Bridgers, Julien Baker und Lucy Dacus sind jede für sich Ikonen, einflussreiche Künstlerinnen, die es mit unter 30 zu prominenten Figuren gebracht haben. Bei Boygenius bündeln die drei ihr kreatives Genie in einem Trio, das es in der Indie-Welt so noch nicht gegeben hat – und das ist angenehmerweise mal keine hohle PR-Übertreibung. Jede von ihnen kann als Stimme ihrer Generation gewertet werden, jede von ihnen gehört zu einer neuen Ära von selbstbestimmten Künstlerinnen, die auf ihre Weise den Boys-Club der Rockmusik unterwandern, aushöhlen, obsolet machen wollen.
Wie einst Nirvana
Das tun Boygenius auf ihrem Debüt The Record nicht etwa laut, schrill, wütend. Sondern mit Sanftmut, melancholischer Ruhe und bockstarken Songs. Ist doch eh cleverer und nachhaltiger, das geballte Talent sprechen zu lassen, das die drei Künstlerinnen auch im Verbund auf wundersame Weise zu kanalisieren wissen. Und dann sind da eben noch die subtilen kleinen Spitzen, die Hinweise: Auf dem Cover ihrer ersten EP, die bereits 2018 erschien und ein langes Schweigen einläutete, sitzen sie genau so da wie Crosby, Stills & Nash auf ihrem Debüt. Und auf dem Rolling-Stones-Cover Anfang des Jahres stellen sie die Pose des Nirvana-Covershoots von 1994 nach. Kurt Cobain hätte das gefallen.
Warum wir eine reine Girl-Supergroup gebracht haben, wird schnell klar: Wo männliche Supergroups dann eben doch irgendwann an den exorbitanten Alpha-Male-Egos zerschellen wie Hagelkörner auf Asphalt, gehen Bridgers, Baker und Dacus die Sache beeindruckend egalitär und basisdemokratisch an. Niemand drängt sich in den Vordergrund, weil alle gleichberechtigt sind. Keine Frontfrau, keine Divaallüren. „Wir ziehen uns gegenseitig hoch“, so sagte Bridgers damals dem Rolling Stone. „Wir sind alle Leadsängerinnen und feiern uns gegenseitig dafür.“ Männer bekommen das eben irgendwie deutlich schlechter hin, ist einfach so.
Die Avengers der Indie-Welt
Das alles wäre natürlich nicht viel wert, wenn The Record nicht alle hohen Erwartungen spielend überflügeln würde. Es ist ein Album, um es kurz zu machen, das einem den Glauben an die Zukunft der Gitarrenmusik zurückbringt. Es ist mal laut, mal ahnungsvoll, mal zart, mal ruppig. Vor allem aber ist es ein homogenes, reifes Werk, das in seiner Lässigkeit die Jahrzehnte transzendiert. Offenkundig sind die Einflüsse der „Avegners der Indie-Welt“, wie eine enge Freundin der Band das mal auf den Punkt brachte: Classic Rock, die Laurel-Canyon-Szene, Grunge, der Folk von Crosby, Stills & Nash, von denen sie gleich auch die verschiedenen Gesangsharmonien haben.
Eins der ganz großen Highlights ist $20, ein furioser Rocker mit schroffer Lo-Fi-Gitarre, der sich plötzlich öffnet und von allen drei Stimmen ins Ziel getragen wird. Die Mehrheit des Materials ist ruhig, verträumt, am ehesten trifft es wohl lakonisch. Emily I’m Sorry etwa oder das kurze Leonard Cohen, inspiriert von einer unfreiwilligen Geisterfahrt der Drei auf einer kalifornischen Interstate. Die Ausbrüche wie Anti-Curse, in denen Baker von einer Nahtoderffahrung im Pazifik singt, läuten deswegen umso lauter, dringlicher. Dynamik ist König, das wissen die drei. Oder besser Königin.
Musste Rick Rubin draußen bleiben?
Sie wissen eh sehr viel. Wie schwer sie es haben würden, zum Beispiel. So kamen sie überhaupt erst auf ihren Namen Boygenius: Nach zahlreichen schlechten Erfahrungen mit vor Selbstbewusstsein nur so strotzenden männlichen Kollaborateuren, die von der ganzen Welt gefeiert werden, nannten sie sich selbst so, um sich Mut zuzusprechen. Ob das auch für Rick Rubin gilt? Aufgenommen haben sie zumindest in dessen Shangri-La Studio in Malibu. Aber er hat keinen Recording Credit und durfte vielleicht nur kiffend im Garten sitzen. Vorstellbar.
The Record ist ein geniales Debüt. Es ist aber mehr, ein Instant-Klassiker, ein Album, das sich einreiht in die großen Singer/Songwriter-Momente der letzten 50 Jahre. Es ist radikal ehrlich, direkt, ungefiltert, unaufgesetzt und das Testament großen Willens. Alle Songs hätten auch auf den jeweiligen nächsten Alben der drei Solitärinnen auftauchen können. Aber dann würde ihnen etwas fehlen. The Record ist ein Album voller Risse, durch die das Licht hineingelangt, um bei Leonard Cohen zu bleiben. Ein heilsames Stück Musik, durchwirkt von Insider-Jokes, kleinen Hieben geben das Patriarchat und jeder Menge Beweise für diese besondere Freundschaft. Das wird Grammys hageln.
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Popkultur
Zeitsprung: Am 31.3.1958 veröffentlicht Chuck Berry „Johnny B. Goode“.
Anekdoten, Jubiläen und wilde Geschichten: Was an diesem Tag in der Welt der Musik passiert ist, lest ihr täglich in unserem Zeitsprung. Heute: 31.3.1958.
von Christof Leim
Das sind die Grundlagen des Rock’n’Roll, liebe Brüder und Schwestern. Hier kommt viel der großartigen Krachmusik her, die wir im Zeitsprung feiern: Am 31. März 1958 veröffentlicht Chuck Berry den Klassiker Johnny B. Goode. Keine drei Minuten lang ist das Ding, Bluesschema in A, dazu ein flotter Backbeat und eine heiße Leadgitarre, und ab geht die Revolution. Bei Songs wie diesem haben sie alle zugehört, die Beatles, die Stones und AC/DC.
Geschrieben hatte Chuck Berry die Nummer bereits 1955 über einen „country boy“, einen Jungen vom Lande, der nicht richtig lesen und schreiben kann, aber so mühelos Gitarre spielt, als müsse er nur eine Glocke läuten. Und eines Tages wird sein Name auf allen Plakaten stehen… Wie sich später herausstellt, singt Berry hier über sich selbst. Darauf weist alleine schon der Titel hin, denn der Musiker wurde in der Goode Avenue in St. Louis geboren. Nur anfangs diente sein Pianist Johnnie Johnson als Namenspate für den Song. Der spielt jedoch nicht mal mit; bei den Aufnahmen am 6. Januar 1958 in den Chess Studios in Chicago haut Lafayette Leake in die Tasten. Den Bass bedient der nicht ganz unbekannte Blueser Willie Dixon. Das markante Eingangslick leiht sich Chuck Berry vermutlich bei Ain’t That Just Like A Woman, einer Nummer von Louis Jordan aus dem Jahr 1946, und zwar Note für Note, wie man hier hören kann. Die Originalversion der Single samt Text findet ihr hier.
Urvater des Rock’n’Roll: Chuck Berry
Aus dem Stand ein Hit
Johnny B. Goode wird zum Hit beim Publikum, und zwar unabhängig von der Hautfarbe, was Ende der Fünfziger keinesfalls als selbstverständlich gesehen werden kann. Der Track erreicht Platz zwei in den Billboard Hot R&B Sides Charts und Platz acht in den Hot 100 Charts. Wo der Unterschied zwischen diesen Hitparaden liegt, wissen wir nicht, aber fest steht: Mit der Nummer ging was. Um das zu erreichen, muss Berry eine kleine Änderung im Text vornehmen: Ursprünglich singt er von einem „little coloured boy“, ändert das aber in „little country boy“, um auch im Radio gespielt zu werden. Keine einfachen Zeiten für einen Schwarzen als Rockstar.
Die Goldene Schallplatte an Bord der Raumsonde Voyager. Johnny fliegt mit.
Heute gilt Johnny B. Goode als der wichtigste Chuck-Berry-Song. Er wird mit Preisen geehrt und in Bestenlisten aufgenommen, nicht zuletzt wird er 1977 mit der Voyager in den Weltraum geschossen. An Bord dieser Raumsonde befindet sich nämlich eine goldene Schallplatte mit Audioaufnahmen von der Erde, etwa der Stimme eines Kindes, Klassik von Johann Sebastian Bach – und eben Rock’n’Roll von Chuck Berry.
Da kommt noch mehr
Vier weitere Stück schreibt der Sänger und Gitarrist im Laufe der Jahre über den Charakter Johnny B. Goode: Bye Bye Johnny, Go Go Go, Johnny B. Blues und Lady B. Goode. Außerdem nennt er ein Album und dessen 19-minütiges instrumentales Titelstück danach: Concerto In B. Goode. Einen weiteren Popularitätsschub erhält das Lied 1985 durch Film Zurück in die Zukunft mit Michael J. Fox.
Die Liste der Coverversionen ist endlos und streift alle möglichen Genres, sie reicht von Jimi Hendrix, AC/DC und Judas Priest über NOFX und LL Cool J bis zu Motörhead und Peter Tosh. Und vermutlich fetzt noch heute irgendwo eine halbstarke Nachwuchskapelle bei ihrer dritten Probe durch das Bluesschema in A.
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Zeitsprung: Am 7.9.1955 macht Chuck Berry den „Duck Walk“. Später freut sich Angus.
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