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Popkultur

Die musikalische DNA von 30 Seconds to Mars

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Gibt es eigentlich etwas Schlimmeres als Musiker, die sich unbedingt als Hollywood-Stars versuchen wollen? Ja, gibt es! Nämlich Schauspieler, die eine Gitarre zur Hand nehmen. Gut, dass Jared Leto da in jeder erdenklichen Hinsicht die Ausnahme macht. Tatsächlich verbat sich der Requiem For A Dream-Darsteller stets, dass sein Ruhm im Showgeschäft dazu missbraucht wird, seine Band zu bewerben. Denn die ist genau das: Eine Band, ein kleines Kollektiv von drei musikalischen Querköpfen, die mit einer gemeinsamen Vision zusammen losrocken. Leto gründete 30 Seconds To Mars mit seinem Bruder, dem Multiinstrumentalisten Shannon. Seitdem hat sich der Bandkern nach Stippvisiten des Gitarristen Solon Bixler und dem Bassisten Matt Wachter um den Gitarristen Tomo Miličević erweitert und die drei sind zu einem fest eingespielten Team geworden.

Was 30 Seconds To Mars ausmacht, ist eine einzigartige Mischung aus traditionellen Prog Rock-Elementen, harten Metal-Einflüssen und einer stilistischen Offenheit, die sich auch auf Electronica und klassische Elemente erstreckt. Das alles wird in konzeptuell ausgearbeitete Gesamtwerke eingepackt, die immer auf dem Boden der Tatsachen bleiben: Das politische Engagement der Band in insbesondere ökologischen Fragen ist weitreichend bekannt. Was die drei Musiker in künstlerischer Hinsicht geprägt hat, das erfahren wir mit Blick auf ihre musikalische DNA. Die ist selbstverständlich genauso vielschichtig wie ihr eigener Sound.


Hör dir hier einen Vorgeschmack der musikalischen DNA von 30 Seconds to Mars an, zur ganzen Playlist gelangst du über den “Listen”-Button:


1. Pink Floyd – Comfortably Numb

Als es sich 30 Seconds To Mars drei Jahre nach Bandgründung in der Einöde des US-amerikanischen Bundesstaats Wyoming gemütlich machten, um an ihrem Debütalbum zu arbeiten, bekamen sie dabei prominente Unterstützung: Brian Virtue hatte unter anderem mit Alternative Rock-Helden wie Puddle Of Mudd und Jane’s Addiction zusammengearbeitet, Bob Ezrin konnte sogar auf eine noch verdienstvollere Karriere zurückblicken. Lou Reed, Alice Cooper, Peter Gabriel und andere gehörten zu Klienten des Superproduzenten.

Vor allem aber wegen seiner Arbeit mit einer ganz bestimmten Band fragten die Leto-Brüder Ezrin an: Pink Floyd. Bei Überalben wie The Wall, A Momentary Lapse Of Reason und Division Bell war er an der Produktion beteiligt. Musik, mit denen die Kinder einer Hippie-Mutter aufgewachsen waren und die sie innig liebten. Es war eine denkbar günstige Zusammenarbeit, denn wie die Floyds vorhin gaben sich 30 Seconds To Mars nicht mit konventionellem Rock zufrieden, sondern wollten höher hinaus. Viel höher!


2. Led Zeppelin – Whole Lotta Love

Obwohl Jared als Sänger und Gitarrist häufig im Vordergrund steht, so kann ihm sein älterer Bruder Shannon in jeder Hinsicht das Wasser reichen. Seitdem er mit zehn Jahren sein erstes Drumkit bekam, hatte der Multiinstrumentalist einen Stil perfektioniert, der gleichermaßen versiert wie druckvoll ist. Vor allem taten es ihm „die großen Konzeptbands an“, wie er einmal sagte. „Bands mit Tiefe! Bands, die dynamisch sind!“

Das ist mehr oder minder die perfekte Umschreibung für Led Zeppelin. Von dessen tragisch früh verstorbenem Drummer John Bonham wird sich der Jungspund sicherlich ein paar Tricks abgeschaut haben. Doch, so betont Shannon immer wieder, ging es ihm nie nur um Schlagzeuger, sondern um das musikalische Gesamtbild als solches. Das aber stimmte bei Led Zeppelin sowieso. In einem Fernsehfeature konnten sich alle drei 30 Seconds To Mars-Mitglieder auch auf ihr Lieblingsalbum von Led Zep einigen: II, sagte Jared, hätte ihn und seinen Bruder nicht allein musikalisch, sondern auch visuell enorm geprägt.


3. Deftones – Passenger (feat. Maynard James Keenan)

Die progressiven Eskapaden von Pink Floyd hier, die stadiongerechten Exzesse von Led Zeppelin dort: 30 Seconds To Mars mögen ihren Rock gerne ausgefallen. Derweil andere einflussreiche Prog-Dinosaurier wie Rush weiterhin Album um Album herausbrachten, mangelte es jedoch ab den achtziger Jahren zunehmend an Nachwuchs. Tool gehören zu den wenigen, die den alten Helden die Stirn bieten konnten und wurden auch für die Leto-Brüder zu Idolen.

Tool-Sänger Maynard James Keenan ließ sich sogar für den Song Fallen vom 30 Seconds To Mars-Debüt ins Studio bitten. Nicht sein einziger Gastauftritt zu dieser Zeit, auch bei den Deftones schaute er vorbei, um deren einzigartige Synthese aus Hardcore, Metal und wavigen Untertönen mit seinen Gesangsleistungen zu veredeln. Der Song Passenger setzt ähnlich wie Fallen auf eine gleichermaßen nervöse und epische Grundstimmung, die zarte Momente mit gewaltigen Riffs kombinierte. So klang aufregende Rock- und Metal-Musik im Geiste von Tool Anfang des Jahrtausends – und 30 Seconds To Mars hatten daran ihren Löwenanteil!


4. Pantera – Walk

À propos Metal: Als Tomo Miličević 2003 zur Band stieß, brachte er einen heftigen Gitarrensound mit. Wie die Letos hatte der geborene Bosnier die aufregende Musik von Jimi Hendrix, Pink Floyd oder Led Zep inhaliert und interessierte sich schon früh für die reichhaltige Tradition der Blues-Musik. In seiner Teenagerzeit aber sattelte der 1979 geborene Musiker auf Alternative Rock und Metal um. Slayer, Metallica, Nirvana, The Smashing Pumpkins: Nein, fröhliche Musik war aus dem Jugendzimmer des angehenden Gitarristen kaum zu hören.

Insbesondere hatte es ihm die Band Pantera mit ihrem Album Vulgar Display Of Power angetan. In einem Interview, an dem auch das damalige 30 Seconds To Mars-Mitglied Matt Wachter teilnahm, sprachen die beiden über die heilende Kraft von Musik. „Die Platten, die mein Leben verändert haben, haben mich vor echt schlimmen Zeiten bewahrt“, sagte Wachter und Miličević stimmte dem zu. „Ich kann ganz ernsthaft sagen, dass Vulgar Display Of Power diejenige Platte ist, die mich davon überzeugt hat, Musiker zu werden.“ Der unwiderstehliche Groove von Pantera-Gitarrist Dimebag Darrell hallt auch heute noch in seinen fetten Riffs nach.


5. Linkin Park – One Step Closer

30 Seconds To Mars’ Gründung erfolgte in einer Zeit, als im Metal-Genre eine neue Ära anbrach. In den neunziger Jahren verdichtete sich der sogenannte Crossover-Sound immer mehr zu dem, was wir heute als Nu Metal kennen. Linkin Park gründeten sich 1996 und veröffentlichten im Jahr 2000 ihr Debütalbum Hybrid Theory, das mit seinem Titel an das spannende Stilgemisch aus elektronischen Elementen, Rap und Metal anspielte. 30 Seconds To Mars sollten bald nachlegen, die befreundete Band um Leadsänger Chester Bennington jedoch schien ihnen kommerziell gesehen immer einen Schritt voraus.

All das heißt natürlich nicht, dass die Bands in Konkurrenz gestanden hätten – im Gegenteil. Vielmehr hegten sie eine enge Freundschaft und gingen 2014 sogar auf eine ausgiebige Tour zusammen. Als Jared Leto im August 2017 allerdings bei den MTV Music Awards die Bühne betrat, war Bennington nicht mehr am Leben. Er hatte den Kampf gegen die Depressionen, die auch in vielen Linkin Park-Texten zum Thema wurden, verloren. „Chester war mein Freund und an seinem Leben teilzuhaben, hat mir viele wichtige Dinge beigebracht“, sagte ein sichtlich bewegter Jared in seiner Gedenkrede.


6. U2 – Where The Streets Have No Name

Der Einfluss von Bands wie Linkin Park zeigte sich vor allem auf dem zweiten 30 Seconds To Mars-Album A Beautiful Lie, das viele geshoutete Passagen enthielt und deren Texte ungleich persönlicher waren als die des Vorgängers. Nachdem sie sich für ihr Debüt mit Bob Ezrin zusammengetan hatten, saß diesmal John Abraham hinter den Reglern, der für welche andere Band als Produzent gearbeitet hatte? Genau, ebenfalls Linkin Park. Einen zweiten kleinen Produzententraum erfüllten sich die Letos und Miličević dann mit Love, Lust, Faith and Dreams aus dem Jahr 2013. Neben Jared saß diesmal Steven Lillywhite mit im Studio an der Konsole.

Lillywhite ist mit Sicherheit einer der umtriebigsten Rock-Produzenten aller Zeiten. Vor allem ist er durch seine Zusammenarbeit mit U2 bekannt, deren Debüt Boy er genauso produzierte wie October und War. Vergleiche mit dem stadionkompatiblen, hymnischen U2-Sound mussten sich 30 Seconds To Mars dementsprechend oft gefallen lassen. Obwohl, was heißt hier gefallen lassen: Es dürfte sie freuen! Bei ihrer MTV Unplugged-Session coverten sie sogar den Song Where The Streets Have No Name der irischen Stars.


7. The Cure – Fascination Street

Rockmusik wird gerne als eine Art transatlantischer Austausch zwischen den USA und Großbritannien dargestellt und auf den ersten Blick scheint das auch die musikalische DNA von 30 Seconds To Mars zu bestätigen. Denn klar, U2 sind keine Briten, aber neben Pink Floyd und Led Zeppelin finden sich einige englische Platten im Regal der Leto-Brüder und ihrem Mitstreiter. Sie alle drei können sich insbesondere auf The Cure einigen, deren Song The Only One Jared im Jahr 2008 für eine Remix-EP sogar neu zusammenmischte.

The Cure sind eine der wundersamsten Bands, die Ende der siebziger Jahre aus der britischen Post-Punk-Ursuppe entstiegen. Keine andere Gruppe durchlebte dermaßen viele Line-Up-Wechsel und stilistische Brüche wie die Truppe um Robert Smith. 30 Seconds To Mars scheinen sich vor allem zum melancholischen und dennoch treibenden Sound des Überalbums Disintegration hingezogen zu fühlen, wie auch ihre gelegentlichen Live-Covers von Fascination Street beweisen.


8. Depeche Mode – Personal Jesus

Von The Cure ist es nicht weit zu Depeche Mode. Auch die stehen für eine eher dunkelbunte Stimmungspalette. Musikalisch aber bringen sie noch viel mehr elektronische Elemente mit. Wie sich das auf 30 Seconds To Mars ausgewirkt hat, ist unschwer zu erkennen. Das elektronische Drumming allein ist der beste Beweis. Abgesehen davon, dass die Band auch gerne mal Hits wie Personal Jesus der Synth Pop-Helden live spielt, gibt es da noch eine andere Querverbindung zwischen beiden Bands…

Habt ihr je das Video zu Closer To The Edge gesehen? Darin kommt eine Reihe von 30 Seconds To Mars-Fans zu Wort. Bei Minute 1.47 und 4.50 ist darunter auch eine 14-jährige, deren Vater nicht unbekannt ist: Ava Lee Gore, Tochter von Martin Lee Gore. “Alle drehen heutzutage total durch“, sagt sie. „Es fühlt sich an wie das Ende der Welt…“ Sehr existenzialistische Töne von einer Teenagerin. Aber bei dem Vater wohl kein Wunder.


9. Björk – Hunter

Das Interesse des Trios für elektronische Musik endet allerdings nicht bei Depeche Mode. Auch von Björk ließen sich 30 Seconds To Mars beeinflussen, wie ihre atemberaubende Coverversion von deren Song Hunter bewies, die auf A Beautiful Lie zu hören war. Es muss selbst für einen begabten Sänger wie Jared schwierig gewesen sein, das Stück zu performen. „Björk ist eine großartige Künstlerin“, schwärmte er von ihr. „Sie hat eine der reinsten Stimmen, die ich je gehört habe.“

So gab er auch bei einer Twitter-Fanfragerunde im Jahr 2012 auf die Frage, mit welchen Artists er gerne für das nächste 30 Seconds To Mars-Album zusammenarbeiten würde, eine klare Antwort: „Eminem wäre irre. Auch toll wären Björk und Sigur Rós.“ Wir sind nicht ganz sicher, ob wir uns die drei gemeinsam mit Jareds Band auf einem Song oder gar einem Album vorstellen können, aber… Na, lassen wir uns einfach mal überraschen.


10. Vitamin String Quartet – A Beautiful Lie

Von Prog Rock in allen seinen Facetten über Metal hin zu wavigen Sounds und der experimentellen Electronica einer Björk reicht die Bandbreite von Musik, von der sich 30 Seconds To Mars inspirieren lassen. Das allerdings ist natürlich noch nicht alles. Tatsächlich erstrecken sich die Leidenschaften der drei Kernmitglieder auch auf klassische Musik. Neben dem Einsatz von Streichern und anderen der Klassik hinzu gerechneten Instrumenten sind es auch die komplexen Strukturen traditioneller Kompositionskunst, die für Miličević und die Leto-Brüder von Interesse sind.

Aber was, wenn der Spieß mal umgedreht wird? Just das tat das Vitamin String Quartet, einem – der Name sagt es bereits – Streicherquartett aus Los Angeles, das schon zahlreichen Rock- und Pop-Bands die Ehre erwies ihre Songs in einem minimalen Setting neu aufzunehmen. 2008 waren auch 30 Seconds To Mars an der Reihe. Der Band schien die ungewöhnliche Interpretation von Hits wie A Beautiful Lie bestens zu gefallen, luden sie die vier Musiker doch glatt als Backing Band für ihren MTV Unplugged-Auftritt ein. Es kam zusammen, was zusammen gehörte.


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Zeitsprung: Am 1.4.2008 feuern Velvet Revolver ihren Sänger Scott Weiland.

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Header-Bild Credit: Kreepin Deth/Wiki Commons

Anekdoten, Jubiläen und wilde Geschichten: Was an diesem Tag in der Welt der Musik passiert ist, lest ihr täglich in unserem Zeitsprung. Heute: 1.4.2008.

von Christof Leim

Das sah schon nach „Supergroup“ aus, was sich da 2002 zusammenbraute: Drei Musiker von Guns N’ Roses und der Sänger von den Stone Temple Pilots gründen Velvet Revolver. Doch sechs Jahre später ist der Ofen aus und Scott Weiland raus. Vorher gab es noch eine lahme Platte, Streit im Internet und die ganz kalte Schulter.

Hört euch hier das Velvet-Revolver-Debüt Contraband an:

Natürlich hat die ganze Welt mit Spannung zugehört, als Slash, Duff McKagan und Matt Sorum zusammen mit dem Gitarristen Dave Kushner und dem Frontmann der Stone Temple Pilots, Scott Weiland, eine Band gründen. Beim Debüt Contraband von 2004 kommen nicht ganz unerwartet zwei musikalisch benachbarte Welten zusammen: Classic Rock und alternative-lastiger Grunge-Sound. Die Scheibe wird zum Erfolg, doch der Nachfolger Libertad bleibt 2007 weit hinter den Erwartungen zurück.

Ein Bild aus besseren Zeiten: Velvet Revolver live 2007. Foto: Kreepin Deth/Wiki Commons.

Den weltweiten Touren der Band tut das keinen Abbruch, diverse Aufenthalte in Entzugskliniken, Visa-Probleme und kurzzeitige Verhaftungen durchkreuzen einige Pläne allerdings schon. Als Velvet Revolver im Januar 2008 ihre Rock’n’Roll As It Should Be-Tour durch Europa starten, hängt der Haussegen bereits schief. Am 20. März 2008 verkündet Weiland sogar auf offener Bühne in Glasgow: „Ihr seht hier etwas Besonderes: Die letzte Tour von Velvet Revolver.“

Längt beschlossene Sache

Was er nicht weiß: Seine Kollegen haben da längst beschlossen, ohne ihn weiterzumachen, wie Slash später in einem Interview eröffnet. Das liegt unter anderem daran, dass Weiland ständig die Fans ewig lang warten lässt, und das können die Guns N’ Roses-Jungs nach dem Dauerdrama mit dem notorisch verspäteten Axl Rose nicht mehr akzeptieren. Slash, der zottelhaarige Gitarrengott, berichtet auch, dass die Bandmitglieder während der UK-Shows so gut wie kein Wort mit ihrem Sänger wechseln. „Wir haben ihm die kalte Schulter gezeigt, dass es nur so eine Art hatte.“

Kein einfacher Zeitgenosse: Scott Weiland. Credit: CRL.

Nach dem Debakel von Glasgow, das in einer halbherzigen Performance gipfelte, tragen die Musiker zudem ihren Zank in die Öffentlichkeit: Drummer Matt Sorum veröffentlicht ein Statement, das ohne Namen zu nennen deutlich mit dem Finger auf Weiland zeigt. Der wird in seiner Antwort ein gutes Stück bissiger und ziemlich persönlich. Dass das alles nicht weitergehen kann, liegt auf der Hand. Am 1. April 2008 schließlich verkünden Velvet Revolver offiziell, dass Scott Weiland nicht mehr zur Band gehört.

Wie sich rausstellt, endet damit auch die Geschichte dieser Supergroup, sieht man von einer einmaligen Live-Reunion am 12. Januar 2012 bei einem Benefizkonzert ab. Denn leider können die Herren jahrelang keinen geeigneten Nachfolger finden, obwohl Könner wie Myles Kennedy von Slashs Soloband und Alter Bridge, Sebastian Bach (ehemals Skid Row), Lenny Kravitz und Chester Bennington (Linkin Park) als Kandidaten gehandelt werden. Slash und McKagan kehren schließlich zu Guns N’ Roses zurück, während Weiland bis 2013 bei den Stone Temple Pilots singt und anschließend mit seiner eigenen Band The Wildabouts unterwegs ist. Am 3. Dezember 2015 wird er tot in deren Tourbus gefunden. Rest in peace.

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Zeitsprung: Am 15.5.1995 klicken bei Scott Weiland zum ersten Mal die Handschellen.

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Popkultur

„The Record“: Was kann das Debüt der Supergroup Boygenius?

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Foto: Noam Galai/Getty Images

Supergroups kennt man ja eher von Männern. Phoebe Bridgers, Julien Baker und Lucy Dacus, die drei prominenten Damen hinter Boygenius, ändern das. Ihr Debüt The Record klingt zumeist sanft, verträumt, melancholisch, bricht aber manchmal wie entfesselt los. Indie-Album des Jahres? Gut möglich.

von Björn Springorum

Hier könnt ihr euch The Record anhören:

Phoebe Bridgers, Julien Baker und Lucy Dacus sind jede für sich Ikonen, einflussreiche Künstlerinnen, die es mit unter 30 zu prominenten Figuren gebracht haben. Bei Boygenius bündeln die drei ihr kreatives Genie in einem Trio, das es in der Indie-Welt so noch nicht gegeben hat – und das ist angenehmerweise mal keine hohle PR-Übertreibung. Jede von ihnen kann als Stimme ihrer Generation gewertet werden, jede von ihnen gehört zu einer neuen Ära von selbstbestimmten Künstlerinnen, die auf ihre Weise den Boys-Club der Rockmusik unterwandern, aushöhlen, obsolet machen wollen.

Wie einst Nirvana

Das tun Boygenius auf ihrem Debüt The Record nicht etwa laut, schrill, wütend. Sondern mit Sanftmut, melancholischer Ruhe und bockstarken Songs. Ist doch eh cleverer und nachhaltiger, das geballte Talent sprechen zu lassen, das die drei Künstlerinnen auch im Verbund auf wundersame Weise zu kanalisieren wissen. Und dann sind da eben noch die subtilen kleinen Spitzen, die Hinweise: Auf dem Cover ihrer ersten EP, die bereits 2018 erschien und ein langes Schweigen einläutete, sitzen sie genau so da wie Crosby, Stills & Nash auf ihrem Debüt. Und auf dem Rolling-Stones-Cover Anfang des Jahres stellen sie die Pose des Nirvana-Covershoots von 1994 nach. Kurt Cobain hätte das gefallen.

Warum wir eine reine Girl-Supergroup gebracht haben, wird schnell klar: Wo männliche Supergroups dann eben doch irgendwann an den exorbitanten Alpha-Male-Egos zerschellen wie Hagelkörner auf Asphalt, gehen Bridgers, Baker und Dacus die Sache beeindruckend egalitär und basisdemokratisch an. Niemand drängt sich in den Vordergrund, weil alle gleichberechtigt sind. Keine Frontfrau, keine Divaallüren. „Wir ziehen uns gegenseitig hoch“, so sagte Bridgers damals dem Rolling Stone. „Wir sind alle Leadsängerinnen und feiern uns gegenseitig dafür.“ Männer bekommen das eben irgendwie deutlich schlechter hin, ist einfach so.

Die Avengers der Indie-Welt

Das alles wäre natürlich nicht viel wert, wenn The Record nicht alle hohen Erwartungen spielend überflügeln würde. Es ist ein Album, um es kurz zu machen, das einem den Glauben an die Zukunft der Gitarrenmusik zurückbringt. Es ist mal laut, mal ahnungsvoll, mal zart, mal ruppig. Vor allem aber ist es ein homogenes, reifes Werk, das in seiner Lässigkeit die Jahrzehnte transzendiert. Offenkundig sind die Einflüsse der „Avegners der Indie-Welt“, wie eine enge Freundin der Band das mal auf den Punkt brachte: Classic Rock, die Laurel-Canyon-Szene, Grunge, der Folk von Crosby, Stills & Nash, von denen sie gleich auch die verschiedenen Gesangsharmonien haben.

Eins der ganz großen Highlights ist $20, ein furioser Rocker mit schroffer Lo-Fi-Gitarre, der sich plötzlich öffnet und von allen drei Stimmen ins Ziel getragen wird. Die Mehrheit des Materials ist ruhig, verträumt, am ehesten trifft es wohl lakonisch. Emily I’m Sorry etwa oder das kurze Leonard Cohen, inspiriert von einer unfreiwilligen Geisterfahrt der Drei auf einer kalifornischen Interstate. Die Ausbrüche wie Anti-Curse, in denen Baker von einer Nahtoderffahrung im Pazifik singt, läuten deswegen umso lauter, dringlicher. Dynamik ist König, das wissen die drei. Oder besser Königin.

Musste Rick Rubin draußen bleiben?

Sie wissen eh sehr viel. Wie schwer sie es haben würden, zum Beispiel. So kamen sie überhaupt erst auf ihren Namen Boygenius: Nach zahlreichen schlechten Erfahrungen mit vor Selbstbewusstsein nur so strotzenden männlichen Kollaborateuren, die von der ganzen Welt gefeiert werden, nannten sie sich selbst so, um sich Mut zuzusprechen. Ob das auch für Rick Rubin gilt? Aufgenommen haben sie zumindest in dessen Shangri-La Studio in Malibu. Aber er hat keinen Recording Credit und durfte vielleicht nur kiffend im Garten sitzen. Vorstellbar.

The Record ist ein geniales Debüt. Es ist aber mehr, ein Instant-Klassiker, ein Album, das sich einreiht in die großen Singer/Songwriter-Momente der letzten 50 Jahre. Es ist radikal ehrlich, direkt, ungefiltert, unaufgesetzt und das Testament großen Willens. Alle Songs hätten auch auf den jeweiligen nächsten Alben der drei Solitärinnen auftauchen können. Aber dann würde ihnen etwas fehlen. The Record ist ein Album voller Risse, durch die das Licht hineingelangt, um bei Leonard Cohen zu bleiben. Ein heilsames Stück Musik, durchwirkt von Insider-Jokes, kleinen Hieben geben das Patriarchat und jeder Menge Beweise für diese besondere Freundschaft. Das wird Grammys hageln.

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boygenius: Wer steckt hinter der Indie-Supergroup?

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Zeitsprung: Am 31.3.1958 veröffentlicht Chuck Berry „Johnny B. Goode“.

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Chuck Berry Johnny B Goode Cover

Anekdoten, Jubiläen und wilde Geschichten: Was an diesem Tag in der Welt der Musik passiert ist, lest ihr täglich in unserem Zeitsprung. Heute: 31.3.1958.

von Christof Leim

Das sind die Grundlagen des Rock’n’Roll, liebe Brüder und Schwestern. Hier kommt viel der großartigen Krachmusik her, die wir im Zeitsprung feiern: Am 31. März 1958 veröffentlicht Chuck Berry den Klassiker Johnny B. Goode. Keine drei Minuten lang ist das Ding, Bluesschema in A, dazu ein flotter Backbeat und eine heiße Leadgitarre, und ab geht die Revolution. Bei Songs wie diesem haben sie alle zugehört, die Beatles, die Stones und AC/DC.

Geschrieben hatte Chuck Berry die Nummer bereits 1955 über einen „country boy“, einen Jungen vom Lande, der nicht richtig lesen und schreiben kann, aber so mühelos Gitarre spielt, als müsse er nur eine Glocke läuten. Und eines Tages wird sein Name auf allen Plakaten stehen… Wie sich später herausstellt, singt Berry hier über sich selbst. Darauf weist alleine schon der Titel hin, denn der Musiker wurde in der Goode Avenue in St. Louis geboren. Nur anfangs diente sein Pianist Johnnie Johnson als Namenspate für den Song. Der spielt jedoch nicht mal mit; bei den Aufnahmen am 6. Januar 1958 in den Chess Studios in Chicago haut Lafayette Leake in die Tasten. Den Bass bedient der nicht ganz unbekannte Blueser Willie Dixon. Das markante Eingangslick leiht sich Chuck Berry vermutlich bei Ain’t That Just Like A Woman, einer Nummer von Louis Jordan aus dem Jahr 1946, und zwar Note für Note, wie man hier hören kann. Die Originalversion der Single samt Text findet ihr hier.

Urvater des Rock’n’Roll: Chuck Berry

Aus dem Stand ein Hit

Johnny B. Goode wird zum Hit beim Publikum, und zwar unabhängig von der Hautfarbe, was Ende der Fünfziger keinesfalls als selbstverständlich gesehen werden kann. Der Track erreicht Platz zwei in den Billboard Hot R&B Sides Charts und Platz acht in den Hot 100 Charts. Wo der Unterschied zwischen diesen Hitparaden liegt, wissen wir nicht, aber fest steht: Mit der Nummer ging was. Um das zu erreichen, muss Berry eine kleine Änderung im Text vornehmen: Ursprünglich singt er von einem „little coloured boy“, ändert das aber in „little country boy“, um auch im Radio gespielt zu werden. Keine einfachen Zeiten für einen Schwarzen als Rockstar.

Die Goldene Schallplatte an Bord der Raumsonde Voyager. Johnny fliegt mit.

Heute gilt Johnny B. Goode als der wichtigste Chuck-Berry-Song. Er wird mit Preisen geehrt und in Bestenlisten aufgenommen, nicht zuletzt wird er 1977 mit der Voyager in den Weltraum geschossen. An Bord dieser Raumsonde befindet sich nämlich eine goldene Schallplatte mit Audioaufnahmen von der Erde, etwa der Stimme eines Kindes, Klassik von Johann Sebastian Bach – und eben Rock’n’Roll von Chuck Berry.

Da kommt noch mehr

Vier weitere Stück schreibt der Sänger und Gitarrist im Laufe der Jahre über den Charakter Johnny B. Goode: Bye Bye Johnny, Go Go Go, Johnny B. Blues und Lady B. Goode. Außerdem nennt er ein Album und dessen 19-minütiges instrumentales Titelstück danach: Concerto In B. Goode. Einen weiteren Popularitätsschub erhält das Lied 1985 durch Film Zurück in die Zukunft mit Michael J. Fox.

Die Liste der Coverversionen ist endlos und streift alle möglichen Genres, sie reicht von Jimi Hendrix, AC/DC und Judas Priest über NOFX und LL Cool J bis zu Motörhead und Peter Tosh. Und vermutlich fetzt noch heute irgendwo eine halbstarke Nachwuchskapelle bei ihrer dritten Probe durch das Bluesschema in A.

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Zeitsprung: Am 7.9.1955 macht Chuck Berry den „Duck Walk“. Später freut sich Angus.

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