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Popkultur

Zeitsprung: Am 10.6.1910 kommt Howlin’ Wolf zur Welt.

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Foto: Michael Ochs Archives/Getty Images

Anekdoten, Jubiläen und wilde Geschichten: Was an diesem Tag in der Welt der Musik passiert ist, lest ihr täglich in unserem Zeitsprung. Heute: 10.6.1910.

von Timon Menge und Christof Leim

1,91 Meter Körpergröße, 130 Kilo Kampfgewicht und eine Reibeisenstimme, die bis heute nachhallt: Howlin’ Wolf war kein Bluessänger, sondern eine Naturgewalt. Werfen wir zu seinem Geburtstag einen Blick auf seine Biografie, angefangen mit seiner schwierigen Kindheit, bis hin zu seinem Tod als Legende des Chicago Blues.

Hier könnt ihr euch die besten Songs von Howlin’ Wolf anhören:

Das Licht der Welt erblickt Chester Arthur Burnett am 10. Juni 1910 in White Station, Mississippi. Doch sein Geburtsname wird in seinem Leben keine große Rolle spielen. So nennt seine Familie ihn schnell „The Wolf“, weil sein Opa ihn davor warnt, dass der kleine Chester von den Wölfen geholt werde, wenn er den Hühnern seiner Großmutter etwas antue. Später erhält er wegen seiner Größe von 1,91 Metern und seinem Gewicht von mehr als 130 Kilo weitere Spitznamen wie „Big Foot Chester“ oder „Bull Cow“. 

„The Wolf“ sucht ein Zuhause

Burnetts Kindheit verläuft nicht einfach. Als er ein Jahr alt ist, trennen sich seine Eltern. Gemeinsam mit seiner Mutter Gertrude Jones zieht er nach Gibson, Mississippi, wo er mit ihr im Kirchenchor singt. Eines Winters schmeißt Jones ihren Sohn aus nicht näher bekannten Gründen raus. Der zieht zunächst zu seinem Onkel, der ihn nicht gut behandelt und den kleinen Jungen den Haushalt erledigen lässt, statt ihn in die Schule zu schicken. Erst bei seinem Vater Leon Burnett findet „The Wolf“ ein Zuhause. 

1930 lernt Burnett eine Blueslegende des Mississippi Delta kennen: Charley Patton. Burnett lauscht Pattons Musik vor einem Club, von ihm lernt er das Gitarrenspiel. Auch Bühnenluft schnuppert er und schaut sich so einiges bei Patton ab: „Er hat seine Gitarre beim Spielen vor und zurück geworfen, sie über die Schulter, zwischen die Beine und in die Luft.“ Burnett übernimmt diese Einlagen und wird sie sein ganzes Leben lang einbauen. Das Mundharmonikaspiel lernt er von niemand Geringerem als Sonny Boy Williamson II. 

„Er singt mit seiner verdammten Seele.“

Die musikalische Karriere des „Howlin’ Wolf“ beginnt im Süden der USA, wo er mit Robert Johnson, Son House und Willie Johnson auftritt. Gegen Ende der Dreißiger hat er sich einen Namen erspielt, doch 1941 kommt ihm seine Einberufung in die US-Armee in die Quere. Mit seinem neuen Arbeitgeber kann er sich nicht anfreunden, weshalb er 1943 schon wieder vor die Tür gesetzt wird. Das ebnet den Weg für zwei wichtige Schritte in Burnetts Leben: 1948 gründet er seine erste Band. Und 1951 macht er Bekanntschaft mit Ike Turner…

Die allererste Single von „The Howlin’ Wolf“

Turner arbeitet zu jener Zeit als Talentscout und schleppt den jungen Howlin’ Wolf zu einem Herrn namens Sam Philips. Der arbeitet in einer kleinen Plattenschmiede namens Memphis Recording Service, die man später unter dem Namen Sun Records kennen wird. Als Philips den Nachwuchs sieht und hört, kriegt er sich kaum ein: „Gott, wie toll es wäre, wenn man seine Leidenschaft beim Singen auf Film bannen könnte. Seine Augen werden hell, man sieht die Adern an seinem Hals, und er denkt an nichts anderes als an seinen Song. Er singt mit seiner verdammten Seele.“ Noch im selben Jahr veröffentlicht Howlin’ Wolf seine ersten Singles auf unterschiedlichen Labels. Den finalen Zuschlag erhält Chess Records, Burnett zieht nach Chicago. Und startet richtig durch.

An der Spitze

Er macht die Clubs der Stadt unsicher und entwickelt sich zu einem zentralen Akteur der Chicago-Bluesszene. Er muss sich allerdings auch mit Konkurrenz abfinden. So entsteht zwischen ihm und Muddy Waters eine starke Rivalität. So stark, dass Howlin’ Wolf seinen Hauptsongschreiber Willie Dixon eines Tages anmeckert: „Du hast doch diesen Song für Muddy geschrieben. Warum schreibst du sowas nicht für mich?“ Dixon weiß damit umzugehen und erklärt: „Wenn ich solche Songs für Wolf geschrieben habe, mochte er sie nicht.“ Deshalb wendet Dixon umgekehrte Psychologie an und sagt Burnett bei einigen Stücken einfach, dass er sie eigentlich für Waters geschrieben habe. 

In den Fünfzigern landet Howlin’ Wolf mehrere Charterfolge und spielt eine Show nach der anderen. Das legt sich in den Sechzigern ein wenig, obwohl zu jener Zeit seine bekanntesten Songs entstehen, etwa Wang Dang Doodle, Back Door Man oder Spoonful. Auf dem Zenit seiner Karriere besucht Burnett noch einmal seine Mutter und bietet ihr Geld an, doch die will davon nichts wissen. Er verdanke seinen Reichtum der „Musik des Teufels“. Später wittert Burnett einen Trend: Die Bluesmusik kommt in der weißen Bevölkerung an. Er tourt durch Europa und landet 1965 sogar im Fernsehen, weil die Rolling Stones darauf bestehen. Die haben mit dem Howlin’-Wolf-Song Little Red Rooster nämlich einen Nummer-eins-Hit gelandet und möchten ihrem Vorbild Tribut zollen.

Ohne Howlin’ Wolf keine Rockmusik

1973 erscheint mit The Back Door Wolf das letzte Album von Burnett. Es handelt sich um seine kürzeste Platte, weil sein gesundheitlicher Zustand bereits stark zu wünschen übrig lässt. So erleidet der Musiker Ende der Sechziger mehrere Herzinfarkte, 1970 verletzt er sich bei einem Autounfall an den Nieren. Die kosten ihn am 10. Januar 1976 auch das Leben. Bei einer Nierenoperation kommt es zu Komplikationen, Burnett wird 65 Jahre alt. Er hinterlässt seine Frau Lillie, mit der er jahrzehntelang verheiratet war, sowie die Stieftöcher Betty und Barbara.

Man kann sich heute kaum noch vorstellen, was Howlin’ Wolf als wichtiger Akteur des Chicago Blues geleistet hat, sowohl für sein eigenes Genre als auch für die Rockmusik. Ob Chuck Berry, die britische Beatszene, Cream oder die Allman Brothers Band: Sie alle haben geschaut, was im Chicago Blues passiert, und diese Musik weiterentwickelt. Es ist also fast egal, welche Rockmusik wir heute hören: Es steckt immer auch ein bisschen Howlin’ Wolf darin. Rest In Peace!

Zeitsprung: Am 14.5.2015 stirbt Blueslegende B.B. King.

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„Atomic City“: Neuer U2-Song feiert die Post-Punk-Jahre

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U2 HEADER
Foto: Jason Kempin/Getty Images

Und plötzlich ist ein brandneuer Song von U2 gelandet: Auf Atomic City schwelgen die Iren im Sound früherer Jahre und läuten zugleich eine furiose neue Ära ein. Hier bei uns gibt es Song samt Video!

U2 fahren die Motoren langsam hoch. Kürzlich erst gaben sie einen Überraschungsauftritt mitten auf dem Strip in Las Vegas, um ihre furiose Residence im Sphere zu bewerben. Die startet am heutigen Freitag und verspricht ein revolutionäres Konzerterlebnis: 160.000 Lautsprecher und 260 Millionen Videopixel läuten dieses Wochenende eine neue Ära in Sachen Livemusik ein.

Hommage an Las Vegas

Passend dazu erscheint heute die brandneue Single Atomic City. Produziert wurde der Song von Jacknife Lee und Steve Lillywhite und ist als Hommage an Las Vegas zu verstehen – die Stadt wurde in den fünfziger Jahren als Atomic City bezeichnet. Musikalisch ist der Song ein Kniefall vor dem magnetischen Geist des Post-Punk der Siebziger und Bands wie Blondie oder The Clash, die U2 beide stark beeinflussten. Hier gibt es die starke Nummer zu hören:

Aufgenommen wurde die Single in Los Angeles und erscheint passend vor den anstehenden Terminen der Band im Sphere in Las Vegas, wo sie ihr bahnbrechendes Album Achtung Baby aus dem Jahr 1991 zelebrieren. Der Frontmann Bono selbst sagt über die Single: „Es ist ein Liebeslied an unser Publikum: Where you are is where I’ll be.“ Das dazugehörige Musikvideo wurde unter der Regie von Ben Kutchins gedreht und zeigt U2s nächtlichen Überraschungsauftritt des Songs in Downtown Las Vegas letzter Woche. Da hat sich mal jemand mit Schnitt und Post-Production beeilt.

Jetzt können wir nur noch warten und morgen schon die Bilder dieser grandiosen neuen Show mit Ersatzschlagzeuger Bram van den Berg bestaunen. Oder doch vielleicht eher gleich Flüge buchen?

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U2: Alle Alben im Ranking

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Popkultur

„Monsters Of California“: Alles über den UFO-Film von Blink-182-Sänger Tom DeLonge

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Foto: Christopher Polk/Getty Images

Blink-182-Fans wissen: Frontmann Tom DeLonge hat nicht nur ein Faible für Rock, sondern auch für Roswell. Schon seit vielen Jahren interessiert er sich für UFOs, außerirdische Lebensformen und alles, was damit zu tun hat. Mit Monsters Of California bringt er bald seinen ersten Film raus. Und darin geht es natürlich um …

von Timon Menge

Hier könnt ihr euch Nine von Blink-182 anhören:

… genau. In Monsters Of California hängt der Teenager Dallas Edwards am liebsten mit seinen verpeilten Freund*innen herum. Eines Tages findet die südkalifornische Clique zufällig einige Unterlagen von Dallas’ Vater, die darauf schließen lassen, dass er beruflich mit mysteriösen und paranormalen Ereignissen zu tun hat. Die Jugendlichen verknüpfen ihre Erkenntnisse miteinander, stellen Theorien auf — und werden auf einmal von uniformierten Männern mit Maschinengewehren umstellt. Spätestens jetzt wissen sie, dass etwas Großem auf der Spur sind. Doch sie haben natürlich noch keine Ahnung, wie groß ihre Entdeckung wirklich ist …

Tom DeLonge: Pop-Punk-Ikone und UFO-Fan

Die meisten kennen Tom DeLonge als Sänger und Gitarrist der erfolgreichen Pop-Punks Blink-182. Doch der Kalifornier ist auch ein ausgewiesener Alien-Fan, der sich in seiner Freizeit ausgiebig mit UFO-Sichtungen, Area-51-Theorien, außerirdischen Lebensformen und paranormalen Aktivitäten beschäftigt. (Mit dem Song Aliens Exist vom Blink-182-Album Enema Of The State brachte er DeLonge beiden Leidenschaften 1999 unter einen Hut — und genau diese Nummer ist natürlich auch im Trailer von Monsters Of California zu hören.) Immer wieder hinterfragt und forscht er im Namen der Wissenschaft nach Aliens und sucht Erklärungen für diverse Verschwörungstheorien. Schräg, oder?

DeLonges Engagement geht so weit, dass er am 18. Februar 2017 zum Beispiel den „UFO Researcher of the Year Award“ von OpenMindTV verliehen bekam. 2015 erzählte er in einem Interview von einer mutmaßlichen Begegnung mit Außerirdischen — während eines Camping-Trips nahe der sagenumwobenen Area 51. „Mein ganzer Körper hat sich angefühlt, als sei er statisch aufgeladen gewesen“, versicherte der Sänger. Auch Freunde von ihm könnten über Begegnungen mit Aliens berichten. Außerdem verfüge er über Regierungsquellen und auch sein Telefon sei aufgrund seiner Forschungen schon abgehört worden. Wenn er meint …

Monsters Of California: Wann startet der erste Film von Tom DeLonge?

In den USA läuft Monsters Of California am 6. Oktober 2023 an, doch wann der Streifen in Deutschland erscheinen soll, ist bisher nicht klar. So oder so: Der Trailer verspricht mindestens einen unterhaltsamen Kinobesuch — nicht nur für Blink-182-Fans.

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blink-182: Alle Studioalben im Ranking

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Popkultur

Zeitsprung: Am 29.9.1986 trumpfen Iron Maiden erneut auf mit „Somewhere In Time“.

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Foto: Cover

Anekdoten, Jubiläen und wilde Geschichten: Was an diesem Tag in der Welt der Musik passiert ist, lest ihr täglich in unserem Zeitsprung. Heute: 29.9.1986.

von Christof Leim

In den Achtzigern stürmen Iron Maiden von einem Triumph zum nächsten. Dabei reiben sie sich fast bis zur Überlastung auf, halten aber konsequent Kurs und Niveau und entdecken neue Sounds. Am 29. September 1986 erscheint Somewhere In Time – und Eddie wird zum Cyborg.

Hier könnt ihr das Album hören:

Die Geschichte von Somewhere In Time beginnt mit völliger Erschöpfung. Kann nach einer Welteroberung schon mal passieren: 1984 hatten die fünf Briten auf der World Slavery Tour elf Monate lang in 28 Ländern auf vier Kontinenten gespielt – und zwar satte 193 Shows vor geschätzten 3,5 Millionen Fans. Der Preis: Bruce Dickinson (Gesang), Steve Harris (Bass), Dave Murray (Gitarre), Adrian Smith (Gitarre) und Nicko McBrain (Schlagzeug) sind fix und fertig. Deshalb fordern die Musiker sechs Monate Pause. Daraus werden zwar nur vier, doch zum allerersten Mal seit Jahren steht die Maiden-Maschine ein Weilchen still. 

Neues Spielzeug

Die Konsequenzen hört man: Harris, Smith und Murray experimentieren mit Gitarrensynthesizern, mit denen sich Keyboardsounds über die Gitarre und den Bass erzeugen lassen. Dickinson indes zweifelt an seiner Motivation und will musikalisch in eine andere Richtung. Er komponiert vor allem akustisches (also stromloses, ruhiges) Material, das von den Kollegen und dem Produzenten aber abgelehnt wird. Der Sänger zeigt sich verletzt, freut sich aber darüber, für eine Weile „nur“  singen zu müssen. Für ihn springt Adrian Smith in die Bresche und liefert im Alleingang mehrere fertige Tracks, die auf einhellige Begeisterung stoßen und Somewhere In Time maßgeblich prägen sollten.

Futuristische Fahrzeuge, klassische Patronengurte: Iron Maiden auf dem Pressefoto für „Somewhere In Time“ – Foto: Aaron Rapoport/Promo

Erst im Januar 1986 geht es zurück ins Studio, genauer: in mehrere Studios. Drums und Bass nehmen Iron Maiden in den Compass Point Studios auf den Bahamas auf, in dem auch AC/DC Back In Black eingespielt hatten. Gitarren und Gesänge bringen die Musiker in den Wisseloord Studios im niederländischen Hilversum auf Band, abgemischt wird schließlich in den Electric Lady Studios in New York. Damit wird Somewhere In Time nicht nur zum teuersten Album der bisherigen Bandkarriere, sondern auch zum technisch ambitioniertesten. Wie für die Beständigkeit in der Maiden-Welt der Achtziger typisch, ändert sich an der sonstigen Formel wenig. Die Produktion übernimmt ein weiteres Mal Stammproduzent Martin Birch.

Fünf Minuten mindestens

Somewhere In Time erscheint am 29. September 1986 und steigt in Großbritannien auf Platz drei ein. In den USA schafft die Band mit Platz elf ihre bis dato beste Platzierung. Auf dem Cover prangt natürlich das unvergleichliche Iron Maiden-Monster Eddie in einem aufwändigen Science-Fiction-Gemälde. Schon im Intro der ersten Nummer, dem vom Film Blade Runner inspirierten Quasi-Titelstück Caught Somewhere In Time aus der Feder von Steve Harris, hören die Fans die besagten Gitarren-Synthesizer. Doch am grundsätzlichen Stil von Iron Maiden hat sich nichts geändert. Es galoppiert der Bass, wie es sich gehört, die Gitarren riffen, und Dickinson lässt seine Sirenenstimme aufheulen. Wo Iron Maiden drauf steht, ist Heavy Metal drin, vermutlich bis ans Ende aller Tage. Allerdings klingt Somewhere In Time insgesamt weniger rau, sondern bei gleichem Energieniveau erwachsener, vielschichtiger und, wenn mal so will, futuristischer.

Von den acht Songs fällt keiner kürzer aus als fünf Minuten aus, das Gros stammt von Steve Harris, drei Beiträge kommen von Adrian Smith. Dazu gehört die erste Single Wasted Years, in der Maiden so eingängig klingen wie es nur geht, ohne ihren eigenen Sound zu verlieren. Der Text erzählt von Heimatlosigkeit und Entfremdung – ein klarer Kommentar zur endlosen World Slavery Tour. Als Wasted Years drei Wochen vor dem Album als Single ausgekoppelt wird, sieht man auf dem Cover das Cockpit einer Zeitmaschine, in deren Armaturenbrett sich der Kopf von Eddie spiegelt. Der Grund: Sein neues Aussehen sollte nicht vor Erscheinen des Albums verraten werden, schließlich hat das Maskottchen mittlerweile Kultstatus erreicht.

Auf der Vorabsingle durfte Eddie sich noch nicht ganz zeigen…

Filme und Bücher als Inspiration

Das folgende Sea Of Madness, ein dramatischer Uptempo-Banger, stammt ebenfalls von Smith, setzt aber keine besonderen Akzente. Für Heaven Can Wait, einen Harris-Song über eine Nahtoderfahrung, rekrutieren Maiden die Gäste einer Kneipe, um die „Oh-Oh“ -Fußballchöre im Mittelteil einsingen zu lassen.

Das ebenso harte wie vertrackte The Loneliness Of The Long Distance Runner basiert nicht nur im Titel auf einer Kurzgeschichte des britischen Autoren Alan Sillitoe. Stranger In A Strange Land hingegen geht direkt ins Ohr und wird deshalb als zweite Single ausgekoppelt. Inspiriert wurde Adrian Smith hierfür durch ein Gespräch mit einem Arktisforscher, der einen gefrorenen Körper im Eis gefunden hatte. Vom gleichnamigen Science-Fiction-Roman von Robert A. Heinlein hingegen leiht sich Smith lediglich den Titel. 

Egal, wo und wann: Eddie ist immer cool

Die Credits für Deja-Vu teilt sich Harris mit Dave Murray, der im Schnitt für jedes zweite Album einen Song beisteuert. Alexander The Great stammt vom Bassisten alleine und reiht sich mit einer Spielzeit von achteinhalb Minuten in den Reigen der großen Maiden-Epen ein, diesmal mit explizit historischem Bezug.

Ein Cover wie ein Bildband

Ein sicherer Hit ist zweifelsfrei das Artwork der Platte: Hier steht Eddie als Weltraum-Terminator mit Cyborg-Auge und Laserpistolen in einer futuristischen Stadt, die vor Details nur so überquillt. Der Künstler Derek Riggs, der Künstler hinter diesem Werk, erinnert sich an den Arbeitsauftrag: „Wir haben uns eigens in Amsterdam getroffen und drei Tage lang über das Cover gesprochen. Sie wollten eine Kulisse wie in Blade Runner, eine Science-Fiction-Stadt.“ Um das zu erreichen, erschafft Riggs eine Skyline mit Werbeslogans und Firmennamen, die er größtenteils erfindet, um Copyright-Probleme zu vermeiden. Dabei dreht er richtig auf und auch ein wenig durch. 

Immense Detailfülle und jede Menge versteckte Späßchen: Das Artwork aus der Feder von Derek Riggs

Wer genau hinguckt, kann unter anderem erkennen: den Sensenmann und die Katze mit Heiligenschein von Live After Death, den abstürzenden Himmelsstürmer aus Flight Of Icarus, ein Flugzeug über der „Aces High Bar“ , das „Ancient Mariner Seafood Restaurant“, ein Straßenschild zur „Acacia Avenue“ , ein Konzertposter mit dem Ur-Eddie, die Dame aus Charlotte The Harlot, die Tardis aus Doctor Who, Batman, eine Uhr, die zwei Minuten vor Mitternacht anzeigt, das „Phantom Opera House“ , den Ruskin Arms Pub (eine der ersten Spielstätten der Band) sowie die exakt gleiche Straßenlaterne wie auf dem Cover des Debüts. Irgendwo steht sogar auf Japanisch „Pickelcreme“ , auf Russisch „Joghurt“  und in Spiegelschrift „Dies ist ein sehr langweiliges Gemälde“. Drei Monate sitzt Derek Riggs an dem Werk, mitgezählt eine mehrwöchige Zwangspause, weil er irgendwann Halluzinationen bekommt und aussetzen muss. Kurzum: Das Cover ist Wahnsinn. Und absolut großartig.

…und die Rückseite ist genauso bombastisch.

Auf die Straße. Natürlich.

Natürlich geht es für die fünf Musiker umgehend auf Konzertreise: Der Somewhere On Tour getaufte Trek zieht von September 1986 bis Mai 1987 um die Welt, mit dabei ein überdimensionaler Cyborg-Eddie, der über die Bühne spaziert, zwei riesige Podeste rechts und links in Form von Monsterkrallen, eine aufwändige, sehr helle Lightshow sowie ein pulsierendes Leuchtherz als Teil von Bruces Bühnenoutfit. 

Somewhere On Tour: Dave Murray schreddert, Eddie guckt kritisch – Foto: Ebet Roberts/Redferns/Getty Images

So stressig und geradezu selbstmörderisch wie zwei Jahre zuvor auf der World Slavery Tour sollte es jedoch nicht mehr werden, auch die Zeiten, in denen Iron Maiden jedes Jahr ein Album und eine Welttour hinlegen, sind mit Somewhere In Time vorbei. Doch die Metal-Weltherrschaft der Achtziger haben Iron Maiden da längst inne.

Zeitsprung: Am 28.4.1988 starten Iron Maiden ihre Welttournee in einem Kölner Club.

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