------------

Popkultur

Von Versace bis Bowie: Die nennenswertesten Queen-Kollaborationen

Published on

Foto: Michael Putland/Getty Images

Gerade in der ersten Hälfte ihrer beinahe 50 Jahre zählenden Karriere zeigen sich Queen äußerst wählerisch, wenn es um musikalische Partner geht. Die ausgesuchten Kollaborationen, die die Band im Laufe der Zeit durchführt, hauen uns dafür umso mehr vom Hocker. Schauen wir uns die spektakulärsten Exemplare an.

von Victoria Schaffrath

Hört hier in Queens vergessene Tracks aus Queen Forever rein:

Als Verantwortliche für das erfolgreichste britische Album aller Zeiten und einen der wichtigsten Live-Auftritte überhaupt können Queen sich schon länger aussuchen, mit wem sie zusammenarbeiten wollen. Zu Ehren des 2018 veröffentlichten Freddie Mercury-Biopics Bohemian Rhapsody gibt es sogar ein ganzes Feuerwerk an Kollaborationen: Neu-Interpretationen durch Nachwuchskünstler wie Shawn Mendes und Troye Sivan bis hin zu Kollektionen mit Wrangler und Bademoden-Hersteller Vilebrequin halten für jeden Fan etwas bereit.


Jetzt in unserem Store erhältlich:

Freddie Mercury - Never Boring
Freddie Mercury
Never Boring
(Deluxe Box, LP, CD)

HIER BESTELLEN


Davor geht es etwas ausgewählter zu, wodurch die wenigen Kooperationen zu absoluten Glanzpunkten geraten:

1. David Bowie

Wenige Songs definieren die frühen Achtzigerjahre besser als Under Pressure von Queen und David Bowie. Die Leser des Rolling Stone wählen ihn gar auf Platz zwei der besten musikalischen Gruppenarbeiten. Die Entstehungsgeschichte hat mehr Versionen als David Bowie Alter Egos, zuletzt erzählt Brian May sie 2016 anlässlich des Ablebens des „thin white duke“.

Queen und Bowie, zu dem Zeitpunkt bereits vage bekannt, treffen sich in Montreux zum Musikmachen. Aus der Session kristallisiert sich schnell eine Melodie, als John Deacon als Antwort auf ein Riff von Brian May die berühmte Bassspur vorschlägt. Als er diese nach einem feucht-fröhlichen Mittagessen beinahe vergisst, muss Bowie nachhelfen. Auf Geheiß des Rotschopfs nutzt das Gespann dann eine experimentelle Methode, um weitere Elemente des Songs zusammenzutragen, hier entstehen die „De Dah Day“s von Mercury. Das Ergebnis soll für Queen die zweite, für Bowie die dritte Nummer-eins-Single in UK und ein weltweiter Erfolg werden, der unzählige Coverversionen inspiriert.

2. Montserrat Caballé

Zugegeben, ursprünglich erscheint Barcelona 1987 im Rahmen von Mercurys gleichnamigen Album mit der Katalanin Caballé. Die Stadt Barcelona hatte die Sängerin beauftragt, für die 1992 anstehenden Olympischen Spiele einen Song zu produzieren, für den sie sich die Unterstützung des Briten sichert. Die Zusammenarbeit läuft so gut, dass das Duo sie gleich auf einen ganzen Langspieler ausweitet. Die Präsentation des Songs bei der Eröffnungsfeier der Spiele erlebt Mercury leider nicht mehr, er erliegt im Jahr zuvor seiner AIDS-Erkrankung.

Als eines der anspruchsvollsten und erfolgreichsten Crossover-Projekte geht die orchestrale Single in die Musikgeschichte ein; spätestens als Queen sie 1999 auf dem Album Greatest Hits III neu veröffentlichen, gehört sie auch fest in den Katalog der Jahrhundertband.

3. Michael Jackson

Bevor alle Queen-Fans stirnrunzelnd vor ihre Plattensammlung treten: Nein, es gab zu Lebzeiten der übergroßen Stimmwunder Jackson und Mercury keine gemeinsame Single. An Versuchen mangelt es zwar nicht; der „King of Pop“ und Mercury hatten sich Anfang der Achtziger angefreundet und entschieden, gemeinsam Musik zu machen. Die Fertigstellung eines solchen Duetts scheitert letztlich an den Eigenheiten der beiden Exzentriker. Jackson sieht sich nicht in der Lage, ohne sein zahmes Lama im Studio aufzunehmen, Mercury lässt sich daraufhin von Manager Jim „Miami“ Beach rausboxen: „Miami, Liebling, du musst mich hier rausholen. Ich stehe mit einem Lama im Studio.“

Jackson ist’s recht, der findet nämlich nicht gerade Gefallen an den Koks-Resten, die Mercury auf seinem Wohnzimmertisch hinterlässt. So kommt die Öffentlichkeit zunächst nicht in den Genuss der drei Songs There Must Be More To Life Than This, State Of Shock und Victory. Letzterer bleibt bis heute unveröffentlicht, State Of Shock nehmen die Jacksons später mit Mick Jagger auf. There Must Be More erscheint immerhin als Mercury-Solo auf dessen Debütalbum Mr. Bad Guy. 2014 erhalten May und Roger Taylor dann die Rechte für den Jackson-/Mercury-Mix, sodass sie ihn auf dem Album Queen Forever veröffentlichen.

Etwas Gutes bewirkt die Zusammenarbeit jedoch schon zu Beginn der Achtziger: Ohne die Ermutigung von „Jacko“ wäre Another One Bites The Dust nie als Single erschienen.

4. Versace & Béjart

Freddie Mercury sagte einst, Queen habe „mehr mit Liza Minelli gemein als mit Led Zeppelin“. Wir stimmen zu: Ihre opulenten Balladen, theatralische Rock-Nummern und nicht zuletzt ihr Sinn für Bühnenauftritte machen aus der Band ein inspirierendes Gesamtkunstwerk, das durch die Geschichte ihres Sängers auch eine dramatische Seite bekommt. Der legendäre Choreograf Maurice Béjart macht aus dieser Mischung ein Ballett, das das Leben Mercurys und seines ebenfalls an AIDS verstorbenen Tänzers Jorge Donn feiern soll. Fehlt nur noch Gianni Versace, der die beeindruckenden Kostüme beisteuert und den Sinnesrausch perfekt macht.

Ballet For Life feiert 1997 in Paris Premiere und erscheint dieses Jahr als DVD, Blu-Ray, Digitalversion und Deluxe-Boxset inklusive Fotobuch. Zu Wort kommen neben Mercury, Béjart und Versace auch Tanz-Ikonen wie Arlene Phillips und Gil Roman.


Jetzt in unserem Store erhältlich:

Queen - Ballet For Life
Queen
Ballet For Life
(Ltd. Deluxe Edition DVD & BluRay)

HIER BESTELLEN


5. The Freddie Mercury Tribute Concert & Party At The Palace

Nach dem tragischen Tod Freddie Mercurys stellen die drei hinterbliebenen Königinnen ein Benefiz-Konzert auf die Beine, das sich gewaschen hat. Am 20. April 1992 treten May, Deacon und Taylor im Wembley-Stadium gemeinsam mit den größten Künstlern ihrer Zeit auf: Metallica, U2, Guns N’ Roses, Roger Daltrey, Zucchero, Robert Plant, George Michael, David Bowie und mehr lassen es sich nicht nehmen, Mercury Tribut zu zollen und nebenher eine stattliche Spendensumme für AIDS-Einrichtungen zu sammeln. Besonders im Gedächtnis bleiben die emotionalen Ansprachen der Gäste und die Bohemian Rhapsody-Version mit Elton John und Axl Rose.

Auch 2002 versammelt sich auf einer Bühne in Großbritannien alles, was Rang und Namen hat, dieses Mal jedoch aus freudigerem Anlass: Die Queen feiert fünfzigjähriges Thronjubiläum und Queen macht mit. Für eine Version von Radio Ga Ga überlässt Roger Taylor das Schlagzeug Phil Collins und macht es sich kurzzeitig am Mikrofon bequem, bevor er dieses für We Will Rock You an Brian May weiterreicht. Bohemian Rhapsody bestreiten sie mit den Darstellern des Queen-Musicals We Will Rock You und versammeln sich schließlich mit Sir Paul McCartney, Joe Cocker, Ozzy Osbourne und anderen teilnehmenden Künstlern für All You Need Is Love und Hey Jude von den Beatles. Den absoluten Gänsehaut-Moment liefert May jedoch, als er auf dem Dach des Buckingham Palace das Konzert mit God Save The Queen eröffnet.

6. Adam Lambert

Nachdem Queen 1997 bei der Uraufführung von Ballet For Live mit Elton John am Mikrofon auf der Bühne stehen, zieht John Deacon einen persönlichen Schlussstrich unter die Bandgeschichte und setzt sich zur Ruhe. Der Gastsänger hingegen stachelt May und Taylor immer wieder an: „Ihr Jungs müsst wieder spielen. Das ist ja, als hätte man einen Ferrari in der Garage und würde nur auf einen Fahrer warten.“ Über die Jahre entwickelt sich die Idee, Mercury nicht etwa zu ersetzen, das Lineup der Band aber durch unterschiedliche Sänger zu ergänzen. So gehen May und Taylor 2005 erstmals als „Queen +“ auf Tour und teilen sich bis 2009 regelmäßig mit Paul Rodgers die Bühne.

Freddie Mercury: Neues Greatest-Hits-Album „Never Boring“ zelebriert die Solokarriere des Queen-Frontmanns

Im selben Jahr treffen sie auf Adam Labert. Der junge Amerikaner kommt aus dem Musical-Bereich und tritt gerade bei American Idol an. Bereits beim Casting singt er Bohemian Rhapsody, ein Traum wird wahr, als er im Finale mit May und Taylor We Are The Champions einem Millionenpublikum präsentiert. Den Briten gefällt, was sie hören: 2011 macht man einen Deckel drauf, seitdem sind Queen + Adam Lambert unterwegs und bei Publikum und Kritikern so beliebt, dass sie 2019 gar die Academy Awards eröffnen.

Popkultur

Zeitsprung: Am 23.9.1930 wird der Hohepriester des Soul geboren: Ray Charles.

Published on

Ray Charles
Ray Charles auf der Bühne, 1988 - Foto: Rita Barros/Getty Images

Anekdoten, Jubiläen und wilde Geschichten: Was an diesem Tag in der Welt der Musik passiert ist, lest ihr täglich in unserem Zeitsprung. Heute: 23.9.1930.

von Jana Böhm und Christof Leim

Am 23. September 1930 erblickt Raymond Charles Robinson das Licht der Welt, bis es für ihn im Alter von sieben Jahren durch eine Glaukom-Erkrankung für immer erlischt. Seine Mutter hält ihn zur Unabhängigkeit an, denn als blinder Schwarzer Mensch ist man im Amerika der Dreißiger Jahre verloren. Ray verinnerlicht die Worte seiner Mutter. Der Multiinstrumentalist wird zum Hohepriester des Soul und sein musikalischer Einfluss prägend für Blues, Country und Soul-Musik. Blicken wir auf sein beeindruckendes Leben zurück.

Hört euch hier Ray Charles’ Greatest Hits an: 

Als Raymond Charles Robinson im September 1930 in Albany, Georgia auf die Welt kommt, ist der Staat von der Rassentrennung zerfurcht. Die Schwarze Bevölkerung hat wenig Rechte und lebt in meist sehr ärmlichen Verhältnissen. Ray und seine Mutter Aretha ziehen bald nach Greenville in Florida, dort wächst er dann zusammen mit seinem jüngeren Bruder George auf. 

Das Schicksal schlägt zu

Mit Rays fünftem Lebensjahr legt sich ein Schatten über sein Leben, der bald zu tiefster Dunkelheit wird. Durch ein angeborenes Glaukom, auch Grüner Star genannt, beginnt er, sein Augenlicht zu verlieren. Im selben Jahr muss Ray hilflos mit ansehen, wie sein jüngerer Bruder George ertrinkt. Trotz der Armut und herben Schicksalsschlägen drängt seine Mutter ihn zur Selbstständigkeit, denn ihr ist sehr wohl bewusst, dass man schwarz, blind und hilflos in diesem Land kaum eine Chance hat. „Lass dich durch nichts und niemandem zu einem Krüppel machen“, impft sie ihm immer wieder ein. Mit sieben Jahren ist Ray Charles vollständig erblindet.

Die Musik gibt dem jungen Ray Charles Halt. Beim Singen von Gospels in der Kirche fühlt er sich sicher. An einem alten Klavier im Red Wing Café eröffnet ihm der Besitzer, der alte Wylie Pitman, eine neue Welt. Ray lernt schnell, selbst zu spielen. „Klavierspielen kann man lernen, aber nicht das Gefühl dafür. Das ist da oder nicht. Ich glaube, dass ich damit geboren wurde“, erzählt er Jahrzehnte später. Eine umfassende musikalische Ausbildung wird ihm an der St.-Augustine-Schule für Gehörlose und Blinde zuteil. Ray lernt, Musik zu lesen und Frederic Chopin, Ludwig van Beethoven und Johann Strauss zu spielen. Er besucht die Schule bis zum Tod seiner Mutter. Ihr Tod bringt Ray seelisch ins Wanken.

Der eigene Stil

Als er fünfzehn Jahre alt ist, verlässt der Junge die Schule. Er will professioneller Musiker werden. Zuerst macht er sich im nahegelegenen Jacksonville einen Namen, dann in Orlando, Florida. Ray gilt als ein vielseitiger Arrangeur, Pianist und Saxofonist, der neben Blues, Jazz, Boogie-Woogie und Swing auch Hillbilly drauf hat. Charles imitiert den sanften Gesang von Größen wie Nat King Cole und Charles Brown. Einen eigenen Gesangsstil entwickelt er erst über ein Jahrzehnt später.

1947 zieht Ray Charles nach Seattle, er verspricht sich bessere Karrierechancen an der Westküste. In der neuen Heimat beginnt Raymond Charles Robinson an seiner Show Business-Persönlichkeit zu feilen. Um nicht mit dem Boxer „Sugar“ Ray Robinson verwechselt zu werden, nennt er sich fortan nur Ray Charles und beginnt, stets eine schwarze Sonnenbrille zu tragen, die zu seinem Markenzeichen wird. Außerdem und viel wichtiger: Als Mitglied des Maxin Trios nimmt er seine erste Schallplatte auf. Die Single Confession Blues erreicht 1949 Platz zwei der Rhythm & Blues-Hitparade. Im selben Jahr ändert die Band ihren Namen in Ray Charles Trio und mausert sich ein Jahr später zum Ray Charles Orchestra.

Der Durchbruch

1952 erhält der aufstrebende Musiker einen Vertrag bei Atlantic Records, dem bis dato größten Rhythm & Blues-Label. Mit seiner Band findet er nun auch seinen eigenen Stil. Er wird zum Prediger der Lebenslust, auf die Melodie eines alten Gospelsongs schreibt er I’ve Got A Woman – ein Lied über die Liebe. Das kommt bei vielen schwarzen Gläubigen nicht besonders gut an, man wirft ihm sogar Gotteslästerung vor. Doch Ray Charles hat damit Erfolg, sogar die Weißen finden seine Musik gut, und das ist damals eine Seltenheit. 

Ray Charles Welthit „What’d I Say“

Mit What’d I Say landet er einen Welthit, Klassiker wie Hit The Road, Jack und I Can’t Stop Loving folgen. Ab 1955 beginnt Charles im Stile der Gospelgruppen mit weiblichen Backgroundstimmen zu experimentieren und ergänzt seine Truppe um einen Frauenchor: die Raeletts. Der eigene Stil ist gefunden: eine schroffe Stimme, ein ausdrucksstarkes Piano, hervorragende musikalische Begleitung und Frauengesang im Hintergrund.

Prediger der Lebenslust

Das Ekstatische seiner Auftritte spiegelt sich in Rays Privatleben wieder: Den vielen Frauen kann er einfach nicht widerstehen. Zwar ist Ray verheiratet und hat drei Kinder, doch mit all den Geliebten setzt er mindestens neun uneheliche Kinder in die Welt. Man kann sagen, Ray Charles genießt das Leben in vollen Zügen und ist auch Alkohol und Marihuana nicht abgeneigt. In den Fünfzigern gerät er jedoch an härteren Stoff. Heroin wird ihm zum Verhängnis und führt in den kommenden zwanzig Jahren auch mehrfach zu Verhaftungen. Ab 1970 lebt er clean.

Ray Charles wird als erster Kulturschaffender in die Georgia Music Hall Of Fame (1979) aufgenommen. Außerdem ehren ihn die Blues Hall Of Fame und die Rock And Roll Hall Of Fame geehrt. Seine musikalischen Einflüsse sind stilprägend für die Entwicklung von Rhythm And Blues, Blues, Country und Soul. 

1980 setzt der Weltstar seinem Ruhm noch einen drauf: Mit seiner Rolle im legendären Film Blues Brothers erreicht er im Jahre 1980 eine neue und junge Generation von Fans. 2004 stirbt Ray Charles in Beverly Hills. Niemand Geringeres als Frank Sinatra erweist ihm die letzte Ehre.

Du willst nichts mehr in der Rockwelt verpassen? Melde dich hier für unseren Newsletter an und werde regelmäßig von uns über die wichtigsten Neuigkeiten, die spannendsten Geschichten sowie die besten Veröffentlichungen und Aktionen informiert!

Zeitsprung: Am 26.3.1944 wird Soul-Legende Diana Ross geboren.

Continue Reading

Popkultur

„Tage wie diese“ von den Toten Hosen: Als sich Angela Merkel bei Campino entschuldigte

Published on

Die Toten Hosen Header
Foto: Marco Prosch/Getty Images

Im Jahr 2011 passiert den Toten Hosen etwas, wovor sich jeder Musiker fürchtet: Sie möchten ein neues Album schreiben — und ihnen fällt absolut nichts ein. Doch aus der Kreativlosigkeit der Düsseldorfer entsteht unter anderem ihr größter Hit: Tage wie diese. Das ist die Geschichte der Nummer. Eine Telefonat mit Angela Merkel ist auch dabei.

von Timon Menge

Hier könnt ihr euch Scheiss Wessis von den Toten Hosen anhören:

Im Demostadium heißt der Song noch Kreise drehen. Am Text kann man es ablesen: „Wir lassen uns treiben, tauchen unter, schwimmen mit dem Strom / Drehen unsere Kreise, kommen nicht mehr runter, sind schwerelos“. Hosen-Gitarrist Kuddel nimmt das Stück im Jahr 2010 zuhause auf und lässt sich dafür von Black Betty inspirieren, einem Worksong des 20. Jahrhunderts — allerdings in der Version der Siebziger-Rockband Ram Jam. Begeistert ruft er Sänger Campino an, der Kreise drehen ebenfalls mag. Doch gleich am nächsten Tag klingelt Kuddel noch einmal durch. Sein Sohn Tim findet das Lied nicht gut. Auch bei Tochter Chelsea springt der Funke nicht über. Enttäuscht legen die Hosen das Stück beiseite. Doch im Sommer 2011 geht Campino mit einer alten Freundin schwimmen — und ihr kommen die zündenden Ideen.

Campino und Birgit Minichmayr: eine alte Freundschaft ebnet den Weg zum größten Hit

Bereits im Jahr 2006 hatten Campino und Birgit Minichmayr gemeinsam auf der Bühne des Berliner Admiralspalastes gestanden. Der Anlass: Rainer Maria Brandauers Inszenierung von Bertold Brechts Dreigroschenoper, in der Campino den Mackie Messer gegeben hatte und Minichmayr dessen Partnerin Polly. Seitdem sind die beiden in gutem Kontakt geblieben und nun, da die Hosen mit dem Songwriting für das Album zu ihrem 30. Jubiläum im Morast feststecken, ruft Campino seine Kollegin Minichmayr zur Hilfe. Er bittet sie darum, sich das neue Material einmal anzuhören. Zügig treffen sich die beiden in Österreich. Campino bringt eine CD mit den neuen Ideen mit. Kreise drehen möchte er Minichmayr eigentlich gar nicht vorspielen, doch als sie den Song hört, lobt sie ihn. Das sei das bisher beste Stück und man müsse nur noch ein wenig am Text schrauben. So passiert es dann auch.

Als Campino und Minichmayr fertig sind, heißt das Stück Tage wie diese. Minichmayr hat das Potenzial des Songs erkannt, den die Hosen beinahe aussortiert hätten. Nach der Veröffentlichung wird das Stück schnell zum Selbstläufer. Platz eins in den Single-Charts, drei Wochen lang die Pole Position in den Airplay-Charts, „Hit des Jahres“ bei der Echo-Verleihung 2012, Deutscher Musikautorenpreis 2013: Tage wie diese schlägt unerwartet heftig ein. Es soll der bekannteste Song der Toten Hosen werden. Was diesmal anders ist? Vielleicht zum allerersten Mal sei es egal, ob das Lied von den Hosen komme oder nicht, mutmaßt Campino in einem Interview. Bisher hätten viele Fans die Songs der Band gemocht, weil sie Anhänger der Hosen seien. An Tage wie diese fänden auch Nicht-Hosen-Fans Gefallen — obwohl der Song von den Hosen komme. Es sei ein großes Glück, nach 30 Jahren Bandgeschichte noch solch einen Hit zu landen, findet er. Er wisse nicht, ob die Hosen in jungen Jahren mit so viel Erfolg zurechtgekommen wären.

Tage wie diese: ein Song begeistert Deutschland

Die Beliebtheit des Songs bekommen die Hosen gleich in mehrfacher Hinsicht zu spüren. Zum einen klingelt die Kasse; zum anderen kommt es zu mehreren Coverversionen. Eine der neuesten (von 2023) stammt von der US-amerikanischen Sängerin Anastacia.

Schon vor Jahren hatte Campino den Text des Songs ins Englische übersetzt. Best Days heißt die US-Variante und sie ist auf Anastacias Album „Our Songs“ zu finden. Auch Schlager-Megastar Helen Fischer singt Tage wie diese im Rahmen ihrer Sommertour 2013. Eine Veröffentlichung ihrer Version auf CD unterbinden Campino und Co. allerdings. Eigentlich hatten sie ja auch der CDU verboten, den Song zu nutzen …

Beste Feinde: Die Toten Hosen und die CDU

Nach 40 Jahren Bandgeschichte haben sich die Toten Hosen einen Ruf erspielt. Als Krachmacher der Nation kennt man sie vor allem als Punk-Vertreter und Störenfriede, die sich auf und abseits der Bühne gerne gesellschaftskritisch äußern. Ein einziges Campino-Interview reicht, um zu wissen: CDU-Fan ist er nicht. Dennoch singt die Union am 22. September 2013 in ihrer Berliner Zentrale ausgerechnet den Hosen-Song Tage wie diese, um ihren Erfolg bei der jüngsten Bundestagswahl zu feiern. Kanzlerin Angela Merkel weiß zu jener Zeit noch nicht einmal, dass es sich um ein Lied der Toten Hosen handelt.

Es ist schon ein skurriles Bild: CDU-Fraktionschef Volker Kauder gibt mit einem Mikro in der Hand Tage wie diese von den Toten Hosen zum Besten; Angela Merkel, Ursula von der Leyen und Armin Laschet wippen (mehr oder weniger) im Takt mit. Viele Deutsche dürften sich über diesen Auftritt im September 2013 gewundert haben, steht die CDU doch nicht unbedingt für die Werte, die Campino und Co. üblicherweise propagieren. Entsprechend verärgert ist die Band über die eigenwillige Nutzung ihres Songs. „Uns persönlich kam die Darbietung eher wie ein Autounfall vor“, schreiben die Düsseldorfer nach der CDU-Performance in einem Statement auf ihrer Facebook-Seite. „Nicht schön, aber man schaut trotzdem hin.“ Darüber hinaus sei das grausam vorgetragene Lied aber immer noch die beste Leistung, die die CDU in letzter Zeit hervorgebracht habe. Deutliche Worte.

Anruf von Angela — Als die Kanzlerin Sorry sagte

Die Verärgerung der Toten Hosen entgeht Angela Merkel nicht — weshalb sie ein paar Tage später zum Telefonhörer greift, um sich zu entschuldigen. „Lieber Herr Campino, ich rufe an, weil wir ja am Wahlabend so auf ihrem Lied herumgetrampelt sind“, sagt sie zu dem Sänger. Sie fände Tage wie diese sehr schön, doch Campino müsse sich keine Sorgen machen, dass der Song nun die nächste CDU-Hymne werde. Außerdem hätten die Hosen die Nutzung des Liedes zwar für Wahlkampfveranstaltung untersagt, doch Siegesfeiern seien ja kein Wahlkampf. Am Ende bleibt sie eben doch Politikerin.

Diese Geschichte ist eine von vielen aus dem Buch Die Toten Hosen – über 40 Jahre Punkrock: Von Pionieren des Punks zur Kultband von Timon Menge. Die Anekdotensammlung erscheint am 24. Oktober 2023 im Riva Verlag.

Du willst nichts mehr in der Rockwelt verpassen? Melde dich hier für unseren Newsletter an und werde regelmäßig von uns über die wichtigsten Neuigkeiten, die spannendsten Geschichten sowie die besten Veröffentlichungen und Aktionen informiert!

Helau, Buenos Aires: Die erste Show der Toten Hosen in Argentinien

Continue Reading

Popkultur

Rock-Hits, Leinwandauftritte und eine eigene Pizza: 6 Rock’n’Roll-Momente aus dem Leben von Joan Jett

Published on

Joan Jett HEADER
Foto: Kevin Mazur/Getty Images

Rockröhre, Schauspielerin, Tierschützerin: Joan Jett funktioniert nicht nur am Mikro, sondern auch an der der Gitarre, vor der Kamera und als Pizza, zumindest quasi. Heute haben wir sechs Rock’n’Roll-Momente und -Abschnitte aus ihrem Leben zusammengestellt, die nicht nur für ihre Vielseitigkeit und ihr großes Können stehen, sondern auch für ihr gesellschaftliches Engagement. Die erste Geschichte handelt von ihrer Namensänderung. Für die hat Jett nämlich einen Grund, wie er rock’n’rolliger gar nicht sein könnte.

von Timon Menge

Hier könnt ihr euch einige der größten Hits von Joan Jett anhören:

1. Sie änderte ihren Namen in Joan Jett, weil das mehr nach Rockstar klingt.

Joan Marie Larkin. Zugegeben, so richtig nach Rock’n’Roll klingt das nicht. Das denkt sich auch Joan Jett, als sie die Scheidung ihrer Eltern dazu nutzt, ihren Geburtsnamen abzulegen, und stattdessen den Mädchennamen ihrer Mutter anzunehmen. Zumindest ist das die Geschichte, die sie zunächst allen erzählt. Später räumt sie ein, dass es sich bei Jett um einen erfundenen Namen handelt, der in keiner Verbindung zu ihrer Mutter steht. So oder so: Mit der Vermutung, dass sie als Joan Jett bessere Karten im Rockstar-Business hat, liegt die junge Musikerin richtig. Es ist der Name, unter dem sie die Welt erobern soll.

2. Mit The Runaways landete sie den ersten Hit einer großen weiblichen Rockband: Cherry Bomb.

Gemeinsam mit Sängerin Cherie Currie, Leadgitarristin Lita Ford und Schlagzeugerin Sandy West gehört Joan Jett Mitte der Siebziger zu The Runaways, der ersten großen weiblichen Rockband der Welt. Schon mit ihrer ersten Single Cherry Bomb landen die Damen ihren größten Hit. Leider kippt nur ein Jahr nach der ersten Veröffentlichung die Stimmung innerhalb der Band. Mehrfach geraten Currie und Ford aneinander, bis Currie schließlich aussteigt und eine erfolgreiche Solokarriere startet. 1979 sind The Runaways endgültig Geschichte und auch Joan Jett geht ihren eigenen Weg — mit noch größerem Erfolg.

3. Mit ihrer Coverversion von I Love Rock ‘n Roll schuf sie einen Klassiker für die Ewigkeit.

„I … LOVE … ROCK ‘N ROLL!“ Wer diese Zeile noch nie lauthals mitgesungen hat, hat Rockmusik nie geliebt. Mit der Nummer landen Joan Jett und ihre Band The Blackhearts den mit Abstand größten Hit ihrer Karriere — obwohl es sich um eine Fremdkomposition handelt. So stammt der Song aus der Feder von Alan Merrill und Jake Hooker von Arrows, die das Stück bereits 1975 veröffentlichen. Joan Jett And The Blackhearts legen ihre Coverversion im Dezember 1981 nach — und machen I Love Rock ‘n Roll zu einem Song für die Ewigkeit.

4. Mit ihrem Rock’n’Roll mischte sie auch die Filmindustrie auf.

Nach ihren großen Erfolgen als Musikerin rockt Joan Jett auch Hollywood. Ihr Schauspieldebüt gibt sie 1987 in Light Of Day mit Michael J. Fox, der in dem Streifen seine erste ernstere Rolle spielt. Später ist sie in der Highlander-Serie (1992) zu sehen, ebenso wie in einer Folge der Sitcom Ellen (1997), in der Chuck-Norris-Serie Walker, Texas Ranger sowie in der Broadway-Adaption der Rocky Horror Picture Show. Zum Soundtrack des NASCAR-Films Tage des Donners mit Tom Cruise steuert sie den Song Long Live The Night bei.

5. 2010 erschien ein Biopic über ihre erste große Band The Runaways.

Auch 2010 flimmert Joan Jett noch einmal über die Leinwand, allerdings nicht persönlich, sondern verkörpert durch Schauspielerin Kristen Stewart. In dem Biopic The Runaways erzählt Regisseurin und Drehbuchautorin Floria Sigismondi die Geschichte der gleichnamigen Rockband mit Joan Jett und landet damit einen großen Erfolg unter Kritiker*innen. An der Kinokasse funktioniert der Streifen leider so gar nicht. Nach Produktionskosten von zehn Millionen US-Dollar spielt The Runaways gerade einmal 4,6 Millionen US-Dollar ein. Trotzdem: Toller Film!

6. Im Jahr 2022 bekam Joan Jett ihre eigene Pizza.

Neben ihrer Karriere als Musikerin unterstützt Joan Jett immer wieder Tierschutzorganisationen, wie zum Beispiel PETA. Am Valentinstag 2022 sorgt die PETA-Kooperation sogar dafür, dass Jett ihre eigene Pizza bekommt. So bietet die Kette Pizzanista an jenem Tag eine herzförmige Pizza mit schwarzem Rand an, angelehnt an den Namen von Jetts Band The Blackhearts. „Joan Jett hat gesagt: Wenn es etwas gibt, dass sie mehr liebt als Rock’n’Roll, dann sind es Tiere“, erklärt PETA-Vizepräsidentin Lisa Lange. „Also ist diese ausgefallene vegane Pizza die perfekte Hommage.“ Coole Aktion!

Du willst nichts mehr in der Rockwelt verpassen? Melde dich hier für unseren Newsletter an und werde regelmäßig von uns über die wichtigsten Neuigkeiten, die spannendsten Geschichten sowie die besten Veröffentlichungen und Aktionen informiert!

Überraschung: Joan Jett hat eine neue EP veröffentlicht!

Continue Reading

Don't Miss