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Popkultur

Zeitsprung: Am 16.9.2005 eröffnet in Berlin das weltweit erste & einzige Ramones-Museum.

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Gründer Florian Hayler vor dem ersten Ramones-Museum in der Berliner Solmsstraße (Foto: F. Hayler)

Anekdoten, Jubiläen und wilde Geschichten: Was an diesem Tag in der Welt der Musik passiert ist, lest ihr täglich in unserem Zeitsprung. Heute: 16.9.2005.

von Frank Thießies und Christof Leim

Musikmuseen gibt es einige: In der Rock And Roll Hall Of Fame in Cleveland oder der Country Music Hall Of Fame in Nashville etwa oder das Grammy-Museum in Los Angeles, nicht zu vergessen Elvis’ Graceland in Memphis. Das weltweit einzige Museum jedoch, welches sich der US-Parade-Punkband Ramones widmet, findet sich nicht etwa in deren Heimatstadt New York, sondern in Berlin. Dort eröffnet es am 16. September 2005 seine Pforten für die Öffentlichkeit.

Hier könnt ihr euch durch die Hits der Ramones hören:

Wer sich nach dem besonderen Berlin-Bezug der Ramones fragt, die 1974 im New Yorker Stadtteil Queens entstanden sind, den wird die Einfachheit der Antwort wohlmöglich enttäuschen. Zwar hat Bassist Dee Dee Ramone Teile seiner Kinderheit in Berlin verbracht, aber abgesehen von gelegentlichen Gastspielen hatten die Punk-Pioniere sonst mit der heutigen Bundeshauptstadt eigentlich nicht sonderlich viel am Hut…

Fan-kuratiert

Andersherum wiederum hat Florian „Flo“ Hayler mit den Ramones extrem viel am Hut. Der ursprünglich aus dem niedersächsischem Helmstedt stammende und später nach Berlin ausgewanderte Ramones-Fan und Musikjournalist ist – nach seinem ersten bezeugten Bühnenauftritt Anfang der Neunziger – seiner Lieblingsband auf Tour hinterhergefahren und zum Konzertstammgast sowie Backstage-Inventar geworden. Als begeisterter Sammler von Ramones-Devotionalien aller Art stellt sich für den Hardcore-Fan 2005 die schicksalhafte Frage: Soll er weiterhin der einzige bleiben, der in dem begehbaren Ramones-Archiv leben darf, zu dem seine Wohnung inzwischen geworden ist? Oder soll er seine Schätze lieber mit der Welt teilen? Er entscheidet sich für Letzteres.

Ramones

Verehrt, geehrt, gesammelt: Ramones (Foto: Roberta Bayley/Warner)

Auf der Suche nach den richtigen Örtlichkeiten wird man in Kreuzberg, in der Solmstraße Nummer 30 fündig, wo die Rockband EL*KE zu diesem Zeitpunkt in einer Wohngemeinschaft lebt und gerne zwei ihrer Kellerräume für das damals schon aus über 300 Exponaten bestehende Ramones-Konvolut freiräumt. Darunter finden sich solche Raritäten wie etwa die Bühnenjeans von Gitarrist Johnny Ramone, ein von Sänger Joey Ramone getragener Handschuh sowie Shirts, Poster, Flyer und allerhand mehr.

Ramones Museum

Flo Hayler bei der feierlichen Museums-Eröffnung (Foto: F. Hayler)

Hey Flo, let’s go

Pünktlich zum ersten Todestag von Punk-Pilzkopf Johnny Ramone steigt am Nachmittag des 15. September 2005 die große Einweihungsparty. Ab dem 16. September, immer wochenends, wird das Museum dann offiziell für ein breites Publikum zur Pilgerstätte. Eintritt zu zahlen ist damals noch eine freiwillige Angelegenheit – Punk sei Dank! Doch dummerweise sehen es andere finanziell nicht so locker, und so kommt es nur zwei Jahre später, wie es kommen musste: Ähnlich wie für den New Yorker Kult-Club CBGB’s, dem einstigen Wohnzimmer der Ramones, der Ende 2006 nach drastisch-dreisten Mieterhöhungen seine Türen schließen muss, steht auch das Ramones-Museum nach astronomischen Mietforderung vor dem Aus und muss seine Pforten schließen. Zumindest vorerst…

Ramones Museum

Ramones-Museums-Exponate (Foto: F. Hayler)

Die Sorge, dass die akribisch angesammelten Zeitzeugnisse so wie die drei noch vor der Museumseröffnung dahingeschiedenen Gründungsmitglieder Joey, Johnny und Dee Dee zu Grabe getragen werden müssen, hält nur weniger als ein Jahr an. Am 18. Oktober 2008 kann das Museum in der Krausnickstraße 23 im Berliner Bezirk Mitte mit deutlich erweiterter Stellfläche und zusätzlich einem neuem Café- und Bar-Bereich feierlich wiedereröffnen. Zuvor werden die neue Ausstellung und Lokalität gar noch von Punk-Rock-Grafik-Legende Arturo Vega (unter anderem Schöpfer des Ramones-Logos) mit- und neugestaltet, welcher bis zu seinem Tod 2013 hier regelmäßig vorbeischaut.

Ramones Museum

Ramones-Museums-Exponate (Foto: F. Hayler)

Kultige Konzerte, neue Heimat

Mehr Quadratmeter, ein ebenerdiger Zugang sowie eine kleiner Bühnenvorsprung im Hauptraum empfehlen das neue Ramones-Museum zudem für eine zusätzliche Attraktion: Am 25. Januar 2009 findet mit einem Akustik-Auftritt der US-Punks Alkaline Trio die erste einer langen Reihe an Unplugged-Shows in den Räumlichkeiten statt. Über 100 Bands und etliche Musikgrößen wie unter anderem Pearl-Jam-Sänger Eddie Vedder, der Folk-Punkrocker Billy Bragg oder Smiths-Gitarrist Johnny Marr treten dort auf oder hinterlassen ihren Friedrich Wilhelm an der beachtlich anwachsenden Autogrammwand. Mittlerweile werden die Museums-Räumlichkeiten auch gern und oft für Interviews an Pressetagen genutzt. Unter den vielen Gigs und Besuchen zählt die vom Dee-Dee-Nachfolger und Bassisten CJ Ramone 2014 absolvierte Stippvisite sicherlich zu einer der ehrenvollsten.

Ramones Museum

Ramones-Museums-Exponate (Foto: F. Hayler)

Im März 2017 heißt es dann nach fast zehn Jahren dennoch Abschied nehmen von Mitte. So begrüßt fortan Kreuzberg das nun in der Oberbaumstraße Nummer 5 angesiedelte Museum zurück in seinem Kiez. Dort erwarten den Punk- und Rock-Historiker bis zum heutigen Tage neben noch mal erweiterten Räumlichkeiten und neu hinzugekommenen Exponaten kühle Getränke, vegane Kuchen und Küche sowie coole Konzerte. Mindestens in Berlin bleiben die Ramones über zwei Jahrzehnte nach ihrer Auflösung unvergessen.

Im Herbst 2023 befindet sich das Ramones-Museum noch in einer “Auszeit” und kündigt einen Umzug an. Den aktuellen Ort und Öffnungsstatus findet ihr auf der Homepage.

Zeitsprung: Am 24.8.1979 läuft der Ramones-Film „Rock’n’Roll High School“ an.

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