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Popkultur

Zeitsprung: Am 24.4.76 kommt es um ein Haar zu einer Lennon-McCartney-Reunion im TV.

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Anekdoten, Jubiläen und wilde Geschichten: Was an diesem Tag in der Welt der Musik passiert ist, lest ihr täglich in unserem Zeitsprung. Heute: 24.4.1976."

von Christof Leim

Es sollte nur ein Witz sein, aber beinahe wäre daraus eine historische Wiedervereinigung geworden. Als der Produzent von Saturday Night Live am 24. April 1976 in einem Sketch Geld für eine Reunion der Beatles anbietet, sitzen John Lennon und Paul McCartney nur ein paar Blocks entfernt vor dem Fernseher. Danach sehen sie sich nie wieder.

Hört hier in die besten Beatles-Songs rein:

Die Beatles mögen sich 1970 zwar aufgelöst haben, doch das Interesse an den „Fab Four“ lässt nicht nach. Der Konzertveranstalter Sid Bernstein zum Beispiel, der viele historische Shows der Band während der Sechziger gebucht hatte, schaltet im September 1976 eine ganzseitige Anzeige in der New York Times und bietet Millionen von Dollar für eine Reunion von Lennon, McCartney, Harrison und Starr.

Immer auf Ringo

Ein paar Monate vorher schon, am 24. April 1976, nimmt die legendäre Comedy-Sendung Saturday Night Live solche Angebote auf’s Korn. Produzent Lorne Michaels blickt in einem Segment der aus New York gesendeten Show mit ernstem Gesicht in die Kamera und wendet sich direkt an die Musiker: „Für mich sind die Beatles das Beste, was jemals in der Musik passiert ist. Und es geht noch tiefer: Ihr seid nicht nur eine Band, ihr seid ein Teil von uns.“ Deshalb macht er ein Angebot und hält einen Scheck über 3000 Dollar in die Kamera: „Ihr müsst nur drei Beatles-Songs singen. ‚She Loves You,  yeah, yeah, yeah‘ – das sind schon 1000 Dollar. Ihr könnt das Geld aufteilen, wie ihr wollt. Wenn ihr Ringo weniger geben wollt, dann macht das.“

Natürlich sind 3000 Dollar für die ehemals größte Band des Planeten keine allzu beeindruckende Summe, aber die Beatles-Fans unter den 22 Millionen (!) Menschen vor der Fernsehern haben sich vielleicht trotzdem tief in ihrem Herzen für ein Millisekündchen an einer stillen Hoffnung erfreut.

Fast. Aber nur fast.

Was aber niemand weiß: Just in diesem Moment sitzen die beiden Hauptsongwriter der Beatles nur wenige Blocks entfernt im Dakota Building am Central Park vor dem Fernseher. Paul McCartney und seine Frau Linda sind zu Besuch im Appartement von John Lennon und Yoko Ono. Und ein wenig länger als ein Millisekündchen denken Lennon-McCartney tatsächlich darüber nach, kurz ins TV-Studio rüberzufahren…

Lennon erzählt später im Buch All We Are Saying: „Wir hätten uns fast zum Scherz in ein Taxi gesetzt, aber wir waren zu müde. Das wäre sicher lustig gewesen. Doch wir haben es  dann doch nicht getan.“ Auch McCartney bestätigt die Episode: „John meinte, wir sollten zu zweit hingehen und deshalb die Hälfte des Geldes nehmen. Und für eine Sekunde… Aber das wäre Arbeit gewesen, und wir hatten den Abend frei. Die Idee war echt nett, wir hätten es fast gemacht.“

Schade eigentlich

Die Musikwelt wäre durchgedreht, keine Frage. Und vermutlich fällt es Fans schwer zu verstehen, dass Tagesform und Alltagsplanung solch potenziell historischen Geschehnissen im Wege stehen. Als verpasste Gelegenheit allerersten Ranges darf der Abend sicher verbucht werden. Er wird im Jahr 2000 sogar zur Grundlage des Dokudramas Two Of Usmit Lennon und McCartney als HauptfigurenDoch mit dem Sketch im April 1976 endet der Gag nicht: Ein gutes halbes Jahr später, am 20. November 1976, gastiert George Harrison ebenfalls in der Sendung und führt eine Unterhaltung mit Lorne Michaels darüber, dass es mit der Reunion des Quartetts damals traurigerweise nicht geklappt hat. Aber jetzt sei er ja da: „3000 Dollar, das war der Deal!“, erklärt der Gitarrist. Der Produzent entgegnet, das er alleine nur 750 Dollar wert sei – aber dass jeder 250 Dollar bekommt, der die Show ansagt. Was Harrison offensichtlich erfreut und und grinsend umgehend tut… Eines muss man den Beatles wohl lassen: Sie haben Humor.

Das um Haaresbreite verpasste gemeinsame Auftauchen von Lennon und McCartney birgt noch eine traurige Note: An diesem Abend des 24. April 1976 sind die beiden Legenden zum letzten Mal zusammen. Als Paul am nächsten Abend mit einer Gitarre auftaucht, schickt John ihn weg, wie er ebenfalls in All We Are Saying erklärt: „Ich habe ihn gebeten, vorher anzurufen. Wir haben nicht mehr 1956. Einfach vor der Tür zu stehen, ist nicht mehr wie früher. Das hat ihn traurig gemacht, aber ich meinte das nicht böse. Ich habe mich den ganzen Tag um ein Baby gekümmert, und dann steht jemand einfach vor der Tür.“ Die beiden alten Freunde, die nach den Streitereien der Vergangenheit wieder ihren Frieden miteinander machen konnten, bleiben zwar in Kontakt, sehen sich aber nie wieder von Angesicht zu Angesicht. Am 8. Dezember 1980 wird John vor dem Dakota Building erschossen.

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