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Popkultur

Zeitsprung: Am 26.1.1973 veröffentlichen Deep Purple „Who Do We Think We Are“ – mit Folgen.

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Anekdoten, Jubiläen und wilde Geschichten: Was an diesem Tag in der Welt der Musik passiert ist, lest ihr täglich in unserem Zeitsprung. Heute: 26.1.1973.

von Christof Leim

Who Do We Think We Are von Deep Purple wird am 26. Januar 1973 veröffentlicht. Zwar verkauft sich die Scheibe gut und liefert mit Woman From Tokyo sogar einen Hit, aber einfach kam das Album nicht zustande. Das verwundert kaum angesichts des Arbeitspensums der Band. Dass damals zudem zwei der fünf Musiker nicht miteinander reden, hilft natürlich auch nicht. Schlussendlich zerbricht das legendäre Mark-II-Line-up kurz nach der Veröffentlichung.

Hört euch das Album hier und lest die ganze Geschichte:

Vielleicht war einfach die Luft raus. Als Deep Purple im Sommer 1972 ihr siebtes Album angehen, haben sie gerade 18 Monate Tour hinter sich. „Irgendwann bekam jeder von uns ernsthafte gesundheitliche Probleme“, erinnert sich Ian Gillan. Eine Pause gibt es trotzdem nicht, und die Schuld dafür sucht der Sänger – wie so oft in der Rockgeschichte – beim Management: „Wenn das vernünftige Leute gewesen wären, hätten sie uns für drei Monate in den Urlaub geschickt. Stattdessen haben sie uns gedrängt, die Platte im Zeitplan abzuliefern.“

Immer weiter

Also verschanzen sich Ian Gillan, Ritchie Blackmore, Roger Glover, Jon Lord und Ian Paice im Studio, zunächst in Rom, später in Walldorf bei Frankfurt. Aufgenommen wird mit dem Rolling Stones Mobile, das die Band schon im unsterblichen Smoke On The Water besungen hatte. Als Toningenieur agiert Martin Birch, der später mit Rainbow, Black Sabbath und Iron Maiden zu weiterem Weltruhm gelangen sollte.

Das legendäre Mark-II-Line-up von Deep Purple: Blackmore, Gillan, Glover, Lord, Paice.

Die Stimmung innerhalb der Truppe befindet sich schon vor den Aufnahmen an einem Tiefpunkt, wie Bassist Glover in einer Dokumentation der BBC beschreibt: „Ich glaube nicht, dass Ritchie und Ian in dem letzten Jahr dieser Besetzung ein Wort miteinander gesprochen haben. Sie wurden zu zwei entgegengesetzten Polen, die sich immer weiter angestachelt und voneinander entfernt haben.“ Deshalb spielen die Musiker ihre Parts sogar getrennt ein; die legendäre musikalische Interaktion von Deep-Purple-Konzerten kommt so natürlich nicht zustande. Blackmore wünscht sich außerdem, dass die Band ihre Blues-Wurzeln wiederentdeckt, angeblich deshalb, weil ihm die letzten Platten zu „poppig“ erscheinen. Das allerdings klingt angesichts der Rockmacht von Machine Head (1972) und Made In Japan (1973) doch sonderbar. Man könnte sogar anführen, dass Who Do We Think We Are „poppiger“ und gefälliger klingt.

Ladehemmung

Der einzige Track aus den Rom-Sessions im Sommer, der es auf das Album schafft, heißt Woman From Tokyo. Hier singt Gillian über die Erfahrungen der ersten Japan-Tour. Den Rest kann die Band erst nach einer erneuten Konzertreise durch Fernost aufnehmen. Dabei kommt die Kreativität nur langsam ins Rollen, schlussendlich enthält die Platte nicht mehr als sieben Songs. Einer davon, Mary Long, handelt von zwei bekannten britischen Persönlichkeiten: der erzkonservativen Aktivistin Mary Whitehouse und dem Sozialreformer Lord Longford. „Die beiden waren ständig mit erhobenem Zeigefinger unterwegs“, erläutert der Sänger später. „Es ging um die Standards der älteren Generation und die gängige Moral. Ich habe die beiden zu einer Person verschmolzen, um die Heuchelei der Zeit darzustellen“. Mit Place In Line findet sich sogar ein echtes Blues-Stück auf der Platte, ansonsten regiert der bekannte Stil des Mark-II-Lineups mit kompetenten Songs und souveränen Wechselspielen zwischen Orgel und Gitarre. Langlebige Hits produziert die Scheibe mit Ausnahme von Woman In Tokyo jedoch nicht.

Who Do We Think We Are erscheint am 26. Januar 1973. Als Titelinspiration dient negative Fanpost, die laut Drummer Ian Paice gerne mit der Frage beginnt: „Wer glauben Deep Purple eigentlich wer sie sind?“ Trotz aller Probleme erweist sich das Werk als Kassenschlager mit einer halben Millionen verkaufter Exemplare in den ersten drei Monaten, was sicher auch an den äußerst erfolgreichen Vorgängern liegt. Das reicht für Platz 15 in den US-Charts, Platz vier in Großbritannien und Platz drei in Deutschland. In den USA bringt im ganzen Jahr 1973 niemand mehr Alben unter die Leute als Deep Purple.

Doch es hilft alles nichts: Die anhaltenden Zwistigkeiten führen dazu, dass dieses Line-up schon am 29. Juni 1973 in Osaka sein letztes Konzert spielt. In einem Brief an die Kollegen verkündet Ian Gillan seinen Ausstieg, Roger Glover geht gleich mit. Erst 1984 kommt die Mark-II-Besetzung wieder für Perfect Strangers zusammen. Die Band engagiert nach Who Do We Think You Are den Trapeze-Bassisten Glenn Hughes und einen gänzlich unbekannten Sänger namens David Coverdale. Schon im Folgejahr erscheinen die Alben Burn und Stormbringer. Aber das ist eine andere Geschichte…

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