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Popkultur

Zeitsprung: Am 6.3.1989 debütieren Dream Theater mit „When Dream And Day Unite“.

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Anekdoten, Jubiläen und wilde Geschichten: Was an diesem Tag in der Welt der Musik passiert ist, lest ihr täglich in unserem Zeitsprung. Heute: 6.3.1989.

von Christof Leim

In der Welt des Prog Metal gibt es einen definitiven Branchenprimus: Dream Theater. Deren Debüt When Dream And Day Unite verbindet Prog Rock-Grundlagen und Jazz Fusion-Fähigkeiten mit einem ordentlichen Metal-Brett. Und so ausgereizt hatte diese Mischung bis dahin noch niemand. In unvollendeter Form enthält die Platte schon alles, was Dream Theater ausmacht.


Hier könnt ihr in das Album reinhören:

Klickt auf „Listen“ für das volle Programm.

Das Berkelee College Of Music in Boston gehört zu den besten Musikhochschulen der Welt. Hier studieren 1985 drei junge Talente: Bassist John Myung, Drummer Mike Portnoy und Gitarrist John Petrucci. Sie gründen, wie es sich gehört, eine Band. Sie stehen auf die Progressive-Ursuppe der Siebziger, also gute Sachen wie Rush, Yes und Genesis, daneben auf den Jazz Fusion von Chick Corea oder Allan Holdsworth, aber auch auf Heavy Metal von Metallica, Anthrax und Iron Maiden. Mit dieser Mischung wollen sie die Welt erobern und verbringen Stunden um Stunden im Proberaum. Als Keyboarder stößt Petruccis High School-Kumpel Kevin Moore dazu, der ebenfalls Musik studiert. Nur mit dem Sängerposten tun sie sich eine Weile schwer: Zunächst steht ein Herr namens Chris Collins am Mikro, viele Auditions später finden sie den 16 Jahre älteren Charles Dominici, einen erfahrenen Sessionmusiker.

Ladies & gentlemen: Die Zukunft des Prog Metal, Findungsphase – Pic: Mechanic/Promo

Damit kann es losgehen: Die Musiker nennen sich Majesty, nehmen Demos auf und bringen diese unter die Leute. Ihre Universitäten besuchen die vier Studenten nicht mehr, stattdessen spielen sie Gigs im Großraum von New York City, ihrer Heimatstadt, und schreiben weiter Songs. Den Namen müssen sie allerdings ändern, weil eine andere Kapelle sich bereits die Rechte besessen hat. Die Alternative liefert Portnoys Vater, inspiriert vom Namen eines Kinos in seiner Nähe: Dream Theater.



Am 23. Juni 1988 kann die neu getaufte Band dann endlich einen Plattenvertrag unterschreiben und begibt sich nach Pennsylvania, um ihr Debütalbum einzuspielen – und zwar im gleichen Studio, in dem kurz vorher das Prog Metal-Meisterstück Operation: Mindcrime Queensrÿche entstanden war. An den Reglern sitzt Terry Date, der später vor allem mit Pantera für Furore sorgt. Nach zehn Tagen stehen die Basic Tracks, nach drei Wochen ist die Scheibe fertig. Portnoy sagt dazu später: „Die Aufnahmen haben Spaß gemacht, gingen aber zu schnell und mit einem zu kleinen Budget. Der Mix wird den Fähigkeiten von Terry Date nicht gerecht,  und die Vocals von Charlie sind so ein bisschen der Schwachpunkt. Aber davon abgesehen liebe ich das Album! Ich finde einige der musikalischen Passagen wirklich gut, Teile von The Killing Hand zum Beispiel, Ytse Jam und Only A Matter Of Time.“

Schick gemacht für das erste Album: Dream Theater 1989 – Pic: MCA/Promo

Was den musikalischen Gehalt angeht, kann sich When Dream And Day Unite tatsächlich sehen lassen: Die Instrumentalisten sind zweifelsfrei Könner an ihren Instrumenten, packen 1000 Ideen in einen Song und lassen unentwegt virtuose Kabinettstückchen und Soli vom Stapel. Natürlich ist das Frickelkram, den nicht alle Ohren vertragen (möchten), aber es zeigt sich schon, dass Dream Theater ihre Fähigkeiten eben nicht nur „sportlich“ einsetzen, aber eben wegen der hochkarätigen Technik schlicht eine größere Palette besitzen. Aber damit keine Zweifel aufkommen: Eingängig geht trotzdem anders.“



When Dream And Day Unite erscheint schließlich am 6. März 1989 – und setzt die Welt nicht in Brand. Die Reaktionen halten sich in Grenzen, denn beim Headbanger’s Ball auf MTV regiert der Hair Metal, während die Prog-Fraktion sich für eine metallisierte Version von Rush erwärmen kann. Daran ändern auch die beiden Singles Status Seeker und Afterlife nichts, die eigens von Terry Brown (Rush) neu gemischt werden. Die kleine Plattenfirma Mechanic, immerhin Teil des Majors MCA, kann oder will nicht viel dagegen unternehmen, so dass Dream Theater ohne finanzielle Unterstützung auch nur eine Handvoll Clubshows im Großraum New York spielen können.



Zudem funktioniert die Zusammenarbeit mit Charles Dominici nicht: Es kommt zu den berüchtigten „kreativen Differenzen“,, und überhaupt wünschen sich die vier Headbanger eher einen Vokalisten im Still von Bruce Dickinson oder Geoff Tate – und nicht jemanden, der wirkt, „als würde Billy Joel bei Queensrÿche singen“, wie Portnoy es ausdrückt. Anders formuliert: Dominici ist ein guter Sänger in der falschen Band. Also trennt man sich im Guten nach wenigen Shows, die letzte am 14. November 1989 davon als Support für Marillion.



Später singt der Mann auf Mike Portnoys Hochzeit, steht bei den Shows zum 15. Jubiläum der Platte mit Dream Theater auf der Bühne und spielt bei drei Terminen der 2007er-Tour im Vorprogramm. 1989 stehen Dream Theater erstmal für ein Jahr Sänger da, bis sie den Kanadier James LaBrie finden. Mit ihm entsteht Images & Words, und jetzt hört die Welt auch hin. Aber das ist eine andere Geschichte…

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