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Popkultur

Zeitsprung: Am 8.11.1980 erscheint Motörheads „Ace Of Spades“.

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Anekdoten, Jubiläen und wilde Geschichten: Was an diesem Tag in der Welt der Musik passiert ist, lest ihr täglich in unserem Zeitsprung. Heute: 8.11.1980.

von Christof Leim und Tom Küppers

England, 1980. Mit ihren beiden im Vorjahr veröffentlichten Alben Bomber und Overkill hat das britische Trio Motörhead endlich den langersehnten Durchbruch geschafft. Ihr räudiger Rock’n’Roll spricht die Punks wie die Rocker gleichermaßen an, weswegen Frontmann Lemmy Kilmister, Schlagzeuger Phil „Animal“ Taylor und Gitarrist „Fast“ Eddie Clarke seinerzeit aufstrebenden Bands wie Saxon oder Def Leppard durchaus als Inspiration dienen.


Ace Of Spades, ein beinharter Klassiker. Hier reinhören:

Klickt auf „Listen“ für das ganze Album.

Motörhead sind sogar so erfolgreich, dass ihr ehemaliges Label das unveröffentlichte erste Album von 1976 drei Jahre später unter dem Titel On Parole doch in die Regale wuchtet, was der Band zwar gegen den Strich geht, ihr aber noch mehr Popularität beschert. Auch die durch ganz Europa verlaufende Tournee inklusive eines unter dem Hallendach hängenden “Bombers” wird ein voller Erfolg, so dass die Erwartungen an einen Nachfolger zweifellos hochgesteckt sind. Doch Motörhead ziehen davon völlig unbeeindruckt ihr Ding durch.

Zu Jahresbeginn 1980 verziehen sich die drei in den Süden von Wales, um in den Rockfield Studios an ersten neuen Ideen zu arbeiten. „Leider war Lemmy seinerzeit nicht sonderlich am Proben interessiert“, erinnert sich Fast Eddie später. „Er hatte weibliche Begleitung mitgebracht, weswegen er etwas abgelenkt war.“ Ohne ihren Sänger und Bassisten entwickeln Clarke und Taylor in diesen Tagen dann die Grundzüge der Songs, aus denen ihr viertes Album bestehen wird.

Fast Eddie und Animal Taylor live 1982. Credit: Andrew King

Anfang August geht es dann für die endgültigen Aufnahmen in die Jackson’s Studios im englischen Städtchen Rickmansworth. Mit dabei ist der Produzent Vic Maile, den Lemmy bereits von seiner ehemaligen Band Hawkwind her kennt. Ihm gelingt es tatsächlich so gut niemandem zuvor, Ace Of Spades klanglich dem brachialen Livesound der Truppe nahe zu bringen. Nach knappen sechs Wochen sind zwölf urtypische Motörhead-Songs eingehämmert, die den Heavy Metal nachhaltig prägen werden.

Besinnliche Weihnachtsgrüße von Motörhead

Das gilt insbesondere für den epochalen Titeltrack, der am 27. Oktober als Vorbote ausgekoppelt wird. Ace Of Spades gerät nicht nur zum Markenzeichen der Band, sondern zu einer der ultimativen Rock’n’Roll-Hymnen. Für den Text bedient sich Lemmy etlicher Glücksspiel-Metaphern wie Würfeln, Karten und der Rolle des Jokers. Er selber stehe mehr auf Automaten und einarmige Banditen, erklärt er, „aber man kann ja nicht über sich drehende Früchte und anhaltende Walzen singen.“ Die auf 50.000 Stück limitierte Version mit dem Weihnachtscover ist übrigens in kürzester Zeit ausverkauft und beschert Motörhead ihren größten Singlehit.



Doch das am 8. November 1980 veröffentlichte Album kann mit einer ganzen Reihe an weiteren Krachern aufwarten: So gehört das den Roadies der Band gewidmete (We Are) The Road Crew zu den unverzichtbaren Nummern jeder Best Of-Motörhead-Zusammenstellung. Kilmister hat in jungen Jahren selbst für Künstler wie Jimi Hendrix Boxen gestapelt und Gitarren geschleppt, weswegen er stets um ein möglichst herzliches Verhältnis zu den eigenen Angestellten bedacht war. Angeblich zimmert Lemmy den Song in nur zehn Minuten zusammen, ebenso angeblich steht einem der Techniker ein Tränchen im Auge, als der Chef ihm die Nummer vorspielt. Ja, auch die harten Jungs freuen sich über sowas.



The Hammer und der knapp nur anderthalbminütige Kracher Bite The Bullet geben einen rasanten ersten Vorgeschmack auf das, was Bands wie Metallica und Slayer in ein paar Jahren mit Speed- und Thrash Metal machen werden. Mit dem böse stampfenden The Chase Is Better Than The Catch hingegen zeigen die Musiker eine weitere Facette. Dass manche der Texte recht eindimensional bis belanglos daher kommen, erklärt Eddie Clarke irgendwann so: „Wir sahen uns selbst als Gute-Laune-Rock’n’Roll Band. Wir wollten überhaupt keine Botschaft vermitteln, abgesehen davon, es sich gut gehen zu lassen. Du weißt schon: Bisschen rauchen, bisschen saufen und eine Alte flachlegen. Das reicht völlig aus.“



Was Motörhead auf Ace Of Spades nicht zuletzt dank der erstklassigen Produktion von Maile an Geschwindigkeit und Härte auf Vinyl pressen, ist seinerzeit unerhört und hilft dem Heavy Metal, seine endgültige Form zu finden. Doch auch wenn das vierte Motörhead-Album auf dem Höhepunkt der New Wave Of British Heavy Metal („NWoBHM“) erscheint, so haben Kilmister und Kollegen mit Künstlern wie Diamond Head oder Iron Maiden rein musikalisch recht wenig gemein, wie der Sänger erläutert. „Wir waren zu spät für den ersten Teil dieser Bewegung und zu früh für den zweiten: Motörhead passen eigentlich in keine Schublade. Wir sind eine Rock’n’Roll-Band…“.

Zeitsprung: Ab 10.3.1979 rattert die Doublebass auf „Overkill“ von Motörhead.

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