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Popkultur

Zeitsprung: Am 8.4.1994 gehen The Offspring mit „Smash“ durch die Decke.

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Offspring cover

Anekdoten, Jubiläen und wilde Geschichten: Was an diesem Tag in der Welt der Musik passiert ist, lest ihr täglich in unserem Zeitsprung. Heute: 8.4.1994.

von Christof Leim

Punk Rock. Pop Punk. Wie auch immer man es nennen mag, Mitte der Neunziger ist das ein ziemlich großes Ding. Dazu tragen unter anderem die Kalifornier The Offspring um Sänger und Gitarrist Dexter Holland bei. Ihr Album Smash erscheint am 8. April 1994 und wird zur Überraschung aller ein Millionenerfolg. Vielleicht könnt ihr euch noch erinnern: In dem Sommer konnte man an den unverschämt griffigen Singles Self Esteem und Come Out And Play einfach nicht entkommen…

Hier könnt ihr in Smash reinhören:

Das dritte Album entscheidet es, sagt man. Entweder klappt der Durchbruch, oder es wird nichts mit der Rock’n’Roll-Weltherrschaft. The Offspring allerdings denken vermutlich gar nicht in solchen Kategorien, als sie im Januar 1994 mit den Aufnahmen zu Smash beginnen. Für ihre zweite Platte Ignition (1992) hatten sie anderthalb Jahre Shows gespielt und vor allem in Kalifornien eine Fangemeinde aufgebaut. Mit MTV-Videos und Charts und Platinplatten hat das aber alles nichts zu tun, und bei Punk Rock erwartet das auch niemand.

Lückenfüller im Terminplan

Deshalb fällt das Budget mit 20.000$ überschaubar aus, was die Band nötigt, immer dann im Track Record Studio in Hollywood einzufallen, wenn gerade eh niemand darin arbeitet – einfach, um weniger zahlen zu müssen. Die vier letzten Songs der Scheibe trümmern sie deshalb in nur zwei Nächten ein. Nach einem Monat sind sie fertig. Am 8. April 1994 erscheint Smash auf Epitaph Records, dem Label des Bad-Religion-Gitarristen Brett Gurewitz. Auf dem Cover wird der Bandname – zum ersten und einzigen Mal – ohne das „The“ geschrieben, zu sehen ist ein grafisch verfremdetes Skelett. Das findet sich in verschiedenen Variationen später auch auf den Singles wieder.

Credit: Lisa Johnson

So weit, so gut. Doch es läuft anders als erwartet: Sänger und Gitarrist Dexter Holland, der Hauptsongwriter der Truppe, trifft einen Nerv, und zwar richtig. Zumal die Zeit reif zu sein scheint für griffigen, hochenergetischen Punk Rock, wie die damals steigende Popularität von Bands wie Green Day und Rancid belegt. Schon die Vorabsingle von Smash, das Stück Come Out And Play (Keep ‘Em Separated), wird im Radio rauf- und runtergespielt. Sie erreicht sogar Platz eins der Billboard Modern Rock Tracks, darf also offiziell ein Hit genannt werden. Im Text singt Dexter Holland über die Gewalt von Gangs und in Schulen. Zur Hookline „Keep ’em separated“ inspiriert ihn ein Chemieexperiment, bei dem er heiße Flüssigkeiten in Erlenmeyer-Kolben kühlen muss. (Mehr über Dexters Affinität zur Wissenschaft später.)

Volltreffer

So richtig ab geht’s dann ab mit Self Esteem, das Ding mit dem „Na-na-nanana“-Intro. Die Single erscheint zwar erst am 22. Dezember und schafft es „nur“ auf Platz vier in Billboard Modern Rock Tracks, aber mit der Nummer landet das Quartett weltweit einen hundertprozentigen Treffer. Damals kam man an dem Song einfach nicht vorbei. Stört aber nicht, denn der knallt und macht wirklich Spaß, zumal der Text amüsiert: Er erzählt von einem Protagonisten, der es nicht schafft, seiner Freundin die Meinung zu sagen, und fortwährend ausgenutzt wird. Übrigens singt Dexter hier nicht aus Erfahrung, der Song ist nicht autobiografisch.

Am 2. Februar 1995, fast ein Jahr nach der Albumveröffentlichung, kommt dann noch Gotta Get Away als dritte Auskopllung und erfreut sich ebenfalls großer Beliebtheit (Platz sechs). Die Nummer hatte Holland als letzte für die Platte geschrieben, als die Deadline schon bedrohlich nahe rückte, und den daraus resultierenden Druck in Worte gefasst. Während eine Single nach der anderen erscheint, tun The Offspring das, was eine gute Band mit einem heißen Album tut: Sie touren sich den Arsch ab. Zwei Jahre verbringt das Quartett auf der Straße, durchquert gleich mehrmals die USA und Europa und setzt auch nach Japan und Australien über. Die letzte Show zu Smash findet im August 1996 statt.

Eine Welle bricht los

Dieser Fleiß zahlt sich aus: Smash schafft es auf Platz vier der US-Billboard-Charts, also der „richtigen“ Hitparade für „richtige“ Alben. Das gleiche Ergebnis erzielen The Offspring in Deutschland, in vielen anderen Ländern sieht es ähnlich gut aus. Das läppert sich: Bis heute hat sich Smash über elf Millionen Mal verkauft, sechs Millionen davon in den USA. Damit gilt die Platte als die erfolgreichste Independent-Veröffentlichung aller Zeiten und beschert dem Label Epitaph Records seine ersten Gold- und Platinauszeichnungen. Natürlich werden die großen Major-Firmen da hellhörig, und schwupps: 1996 unterschreiben The Offspring bei Columbia Records. Andere Bands des Genres werden ebenfalls umworben, etwa Rancid, NOFX und Pennywise. Fast zeitgleich mit Smash geht Dookie von Green Day durch die Decke, gemeinsam bescheren insbesondere diese beiden Veröffentlichungen dem Genre Punk Rock, speziell dem griffigeren Pop Punk, einen Schub in den Mainstream. Das tritt eine ganze Lawine an Platten mit ähnlichen Sounds los, wie üblich viele gut, viele schlecht.

Den weltweiten Erfolg von Smash kommentierte Dexter Holland schon 1994 gegenüber dem Flux Magazine folgendermaßen: „Als wir diese Platte aufgenommen haben, stand die vorherige Scheibe bei vielleicht 15.000 verkauften Exemplaren. Die Wahrscheinlichkeit, dass wir im Radio gespielt werden würden, lag praktisch bei Null, insbesondere weil diese Musik nicht generell als akzeptabel für den Mainstream angesehen wird. Was dann kam, hat uns also wirklich überrascht.“ Übrigens hat der Mann trotzdem „was Vernünftiges“ gelernt: Dexter Holland hat Molekularbiologie studiert und am 12. Mai 2017 sogar einen Doktortitel erworben.

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