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Popkultur

Zeitsprung: Am 22.4.1979 kommt Daniel Johns von Silverchair zur Welt.

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Anekdoten, Jubiläen und wilde Geschichten: Was an diesem Tag in der Welt der Musik passiert ist, lest ihr täglich in unserem Zeitsprung. Heute: 22.4.1979.

von Timon Menge und Christof Leim

Das Lied ist alt: Ein Künstler wird noch als Kind berühmt und zerbricht beinahe an der Aufmerksamkeit. Bei Daniel Johns hat der Heilungsprozess lange gedauert, letztendlich wurde aber alles gut. Werfen wir zu seinem Geburtstag einen Blick auf den Weg des Silverchair-Sängers.


Hört hier in einige der besten Songs von Silverchair rein:

Klickt auf „Listen“ für das gesamte Album.

Daniel Paul Johns kommt am 22. April 1979 in Newcastle, New South Wales in Australien zur Welt. Zwei jüngere Geschwister folgen, Johns verbringt eine beschauliche Zeit zwischen dem Obstladen seiner Eltern und seiner High School. In der Schule lernt der Gitarrenfan im Alter von zwölf Jahren Ben Gillies (Schlagzeug) und Chris Joannou (Bass) kennen, alle drei begeistern sich für Musik. So tun sie, was Generationen von Jugendlichen ihnen vorgelebt haben: Sie gründen eine Band, die sie zunächst The Innocent Criminals nennen. Das Trio zeichnet sich zunächst durch seine Arbeitsmoral aus, vier Stunden oder mehr üben die Schüler täglich. Da verwundert es nicht, dass sie mit nur 15 Jahren ein Demo aufnehmen, das überzeugt. Nun unter dem Namen Silverchair schreibt die Gruppe den Song Tomorrow und schickt ihr an ein populäres TV-Format. Sony klopft an, Johns und Co. unterschreiben einen Plattenvertrag für drei Alben und veröffentlichen 1995 zügig Frogstomp. Die Single zu Tomorrow hält sich bereits freche sechs Wochen auf der Pole Position der australischen Charts.



Über Nacht werden die drei Jungmusiker zu Teenie-Idolen — und zu öffentlichem Eigentum. Die Kritiker loben den rohen Sound, der an eine Live-Performance erinnert. Johns äußert sich dazu jugendlich cool: „Wir sind drei australische Kids, die im Studio ausrasten, und genau so hört es sich an.“ Noch während Silverchair auf der Erfolgswelle von Frogstomp schwimmen, nehmen sie die Arbeit am Nachfolger Freak Show auf: Thematisch angelehnt an den Touring-Zirkus und den öffentlichen Druck, dem sich die Band ausgesetzt sieht, beschäftigt sich das zweite Album unter anderem mit dem Thema Suizid und bringt 1997 mit Freak, Abuse Me und Cemetery drei Top-Ten-Singles hervor.



Hinter den Kulissen baut Johns immer stärker ab. Das Elternhaus hat er gerade verlassen, doch die selbst gewählte Einsamkeit als Gegenmaßnahme zum öffentlichen Trubel um seine Person bekommt ihm nicht. Er mutiert zum Schatten seiner selbst, die Medien spekulieren wild, welche Drogen wohl im Spiel sind. Erst nach deutlichen Worten durch seinen Hausarzt muss sich Johns eingestehen: Er ist depressiv und leidet an Magersucht, und wenn er nicht bald Hilfe annimmt, droht Organversagen. Der junge Mann erkennt den Ernst der Lage, zieht zurück zu seiner Familie und begibt sich in Behandlung. Seine Erfahrungen verarbeitet er unter anderem in Ana’s Song (Open Fire) auf dem dritten Silverchair-Album Neon Ballroom (1999). Der Sound klingt nun elektronischer, Johns distanziert sich zunehmend vom frühen Material der Band, auch gegenüber der Presse. Darüber hinaus enthält Neon Ballroom eins der wohl bekanntesten Stücke der Gruppe: Anthem For The Year 2000.



Auf Diorama, welches Silverchair 2002 veröffentlichen, finden sich schließlich Balladen und orchestrale Stücke, aber wenig von den grungigen Ursprüngen der Gruppe. Zwar erreichen Singles wie The Greatest View und Luv Your Life die Charts, doch die positive Kritik bleibt aus. Nach der dazugehörigen Tour verkündet die Band eine längere Pause, Johns lässt es ruhiger angehen und wendet sich dem Eheleben mit seiner damaligen Frau, der Musikerin Natalie Imbruglia (Torn), zu.

Silverchair 2002

Die Füße kann Daniel Johns trotzdem nicht stillhalten und unterhält diverse Nebenprojekte. Mit Produzent Mac, der bereits bei Silverchair Hand anlegen durfte, gründet er The Dissociatives, woraus ein gleichnamiges Album und die erfolgreiche Single Somewhere Down The Barrel hervorgehen.

Das Cover zur Dissociatives-Single Somewhere Down The Barrel

Nach einem Benefizkonzert finden Silverchair 2005 wieder zusammen. Johns hat in der Zwischenzeit 50 Songs geschrieben, die er gerne verwerten möchte. In Eigenregie produziert die Band das Album Young Modern (2007) und wird zur ersten australischen Gruppe, die mit fünf Studioalben Platz eins der Charts erreicht. (AC/DC schafften das bisher viermal). Die Single Straight Lines setzt dem Comeback die Krone auf und stürmt ebenfalls die Hitparade.



Leider gibt das Trio erneut dem Druck von Außen nach und beginnt verfrüht mit der Arbeit an der nächsten Platte. Sie veröffentlichen Videos von den Aufnahmen, und beteuern in Interviews mehrfach, man sei auf einem sehr interessanten Weg. Parallel dazu geht Johns’ Ehe mit Imbruglia in die Brüche. 2011 verkünden Silverchair erneut eine Pause auf unbestimmte Zeit. Was die kreative Perspektive angeht, handelt es sich dabei offenbar um eine gute Entscheidung: Johns arbeitet an Soundtracks, kollaboriert mit einer australischen Airline, 2015 veröffentlicht er ein Soloalbum namens Talk. Sein neuestes Projekt: Das Duo Dream mit Luke Steele von Empire Of The Sun.



Von den Erwartungen der Öffentlichkeit scheint sich Johns im Erwachsenenalter also endlich befreit zu haben. Höchste Zeit und wohlverdient, finden wir, und wünschen alles Gute zum Geburtstag!


Titelfoto: Deep Ghosh/Wiki Commons

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