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Popkultur

Zeitsprung: Am 24.11.1993 stirbt Bluesgitarrist Albert Collins.

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Albert Collins
Foto: John Stoddart/Promo

Anekdoten, Jubiläen und wilde Geschichten: Was an diesem Tag in der Welt der Musik passiert ist, lest ihr täglich in unserem Zeitsprung. Heute: 24.11.1993.

von Timon Menge und Christof Leim

LKW-Fahrer, Farbmischer, Farmarbeiter: Bevor der Texaner Albert Collins als „Master Of The Telecaster“ in die Geschichte eingeht, lernt er die harten Seiten des Lebens kennen. Am 24. November 1993 erliegt der Bluesgitarrist im Alter von 61 Jahren seinem Krebsleiden.

Hört hier in die besten Songs von Albert Collins rein:

Albert Collins’ Rolle im Texas Blues ähnelt der eines Mittelfeldspielers beim Fußball: Die feierlichen Heldenmomente stauben andere Spieler ab, doch ohne ihn dreht sich nichts. So inspiriert er Heerscharen von jungen Gitarrist*innen, etwa die Vaughan-Brüder Stevie Ray und Jimmie. Gemeinsam mit Größen wie Johnny „Guitar“ Watson oder Johnny Copeland formt er das Andenken von T-Bone Walker und Leadbelly zu einer zukunftstauglichen Blaupause und sorgt dafür, dass der Texas Blues nicht ausstirbt.

Karriere auf Umwegen

Geboren am 1. Oktober 1932 im Kleinstädtchen Leona lernt er die Gitarre erst im zweiten musikalischen Anlauf kennen, denn als seine Familie 1941 nach Houston umsiedelt, beginnt er zunächst mit Klavierstunden. Weil sein Lehrer keine Zeit mehr für ihn hat, muss Collins umsteigen und borgt sich die Gitarre seines Cousins Willow Young. Der bringt dem dem kleinen Albert auch die ersten Kniffe bei und erklärt die offenen Stimmungen, die ihn während seiner gesamten Karriere begleiten sollen.

Das Musikerdasein erweist sich als schwierig. Collins schlägt sich mit Nebenjobs durch und arbeitet als Angestellter auf einer Farm in Normangee, Texas. Anschließend heuert er als LKW-Fahrer an und übt diesen Job ganze zwölf Jahre aus. Selbst im Jahr 1971, zu seinem 39. Geburtstag, kann er noch nicht von der Musik leben. Er landet auf dem Bau und arbeitet unter anderem für Neil Diamond. Ende der Siebziger überredet seine Frau Gwen ihn dazu, seine Karriere als Musiker wieder aufzunehmen. Diesmal stellt sich der ersehnte Erfolg ein.

Die enge Bindung zu seinem Instrument verschafft Collins den Spitznamen „Master Of The Telecaster“. Zwar benutzt er in den ersten Jahren noch ein Modell von Epiphone, doch als er Clarence „Gatemouth“ Brown 1952 eine Fender Esquire spielen sieht, ist es um ihn geschehen. Er beschließt, ebenfalls eine originale Fender zu kaufen, doch für eine Telecaster reicht das Geld noch nicht. Also entscheidet er sich zunächst ebenfalls für eine Esquire, an die er sich zumindest einen Telecaster-Hals schrauben lässt. Das echte Objekt seiner Begierde erwirbt Collins erst, als er einige Jahre später nach Kalifornien zieht.

Besonderen Legendenstatus genießt Showdown!, eine gemeinsame Veröffentlichung von Collins, Robert Cray und Johnny Copeland aus dem Jahr 1985. Das Album entsteht in den Streeterville Studios in Chicago und entwickelt sich schnell zu einem Vorzeigeprojekt der Chicagoer Plattenschmiede Alligator Records. 1986 wird Showdown! mit dem Grammy für „Best Traditional Blues Recording“ ausgezeichnet. Am 13. Juli 1985 spielt Collins mit George Thorogood & The Destroyers bei der US-amerikanischen Ausgabe von Live Aid. Das Konzert findet im JFK-Stadion in Philadelphia statt und lockt weltweit etwa 1,5 Milliarden Zuschauer*innen vor die Mattscheiben.

In einem Guitar-World-Interview von 1989 erinnert sich Robert Cray an Collins: „Als ich ihn 1969 mal auf einem Rockfestival gesehen habe, hat das mein Leben verändert.“ Zwei Jahre später spielt Collins sogar auf Crays High School-Abschlussparty. „Das war es“, gibt Cray zu Protokoll. „Das war das Erlebnis, das mich dazu gebracht hat, mich intensiv mit dem Blues zu beschäftigen.“ Heute gehört der Gitarrist und Sänger aus Georgia selbst zu den Dreh- und Angelpunkten der Szene.

Besonders Multitasking-Talent

Unvergessen bleiben auch Collins’ humoristische Einlagen während seiner Konzerte. So genießt er den Ruf, die Bühne während der Show gerne einmal zu verlassen, ohne sein Spiel zu unterbrechen. Diesen Gag treibt er immer weiter auf die Spitze: Nicht nur, dass er während eines Auftritts aus dem Saal schlendert, den Kiosk nebenan aufsucht und sich einen Schokoriegel kauft. Auch als er im Antone’s in Austin gastiert, verschwindet er während eines Solos für einige Minuten. Wenig später kehrt er zurück, immer noch spielend. Als kurz darauf ein Mann den Club betritt, staunt das Publikum: Der geheimnisvolle Fremde geht zur Bühne und händigt dem Musiker die Pizza aus, die er kurz zuvor bestellt haben muss. Funkübertragungssysteme gibt es zu jener Zeit noch nicht; stattdessen benutzt Collins extralange Kabel.

Im Laufe seiner Karriere veröffentlicht Collins zehn reguläre Alben und unzählige Livemitschnitte, zudem spielt er immer wieder live und im Studio mit anderen Größen, etwa mit Gary Moore, B.B. King und John Lee Hooker. Im Juli 1993 verschlechtert sich sein Gesundheitszustand jedoch, im August wird Lungenkrebs diagnostiziert, der sich bereits auf seine Leber ausgebreitet hat. Nach einem dreimonatigen Kampf erliegt Albert Collins am 24. November 1993 in Las Vegas der Krankheit. Sein letztes Album Live ‘92/‘93 erhält 1996 posthum eine Grammy-Nominierung.

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