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Popkultur

Zeitsprung: Am 24.2.1944 kommt Keyboarder Nicky Hopkins zur Welt.

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Anekdoten, Jubiläen und wilde Geschichten: Was an diesem Tag in der Welt der Musik passiert ist, lest ihr täglich in unserem Zeitsprung. Heute: 24.2.1944.

von Christof Leim und Timon Menge

Ob die Beatles, die Rolling Stones, The Who oder die Kinks: Wer sich mit der Rock- und Popmusik der Sechziger und Siebziger befasst, stolpert unweigerlich über den Namen Nicky Hopkins. Bis zu seinem Tod zählt der Brite zu den gefragtesten Session-Keyboardern aller Zeiten. Am 24. Februar hätte er Geburtstag gehabt.


Hört hier in Jamming With Edward von Nicky Hopkins rein:

Klickt auf „Listen“ für das gesamte Album.

Nicholas Christian Hopkins’s fünfzigjähriges Leben beginnt in Perivale (England), wo er am 24. Februar 1944 während eines Luftangriffs als jüngstes von vier Kindern zur Welt kommt. Schon im Alter von drei Jahren beginnt er damit, auf dem Piano herumzuklimpern. Als Teenager erhält er ein Stipendium der Royal Academy Of Music in London, unterbricht die Ausbildung allerdings mit 16. Zu jener Zeit läuft ihm sein erstes richtiges Projekt über den Weg, und er tritt Scream Lord Sutch’s Savages bei, mit denen er zwei Jahre lang auf Tour geht.

Einige Jahre später verlassen er und einige andere Musiker die Gruppe, um sich Mundharmonikaspieler Cyril Davies anzuschließen, der gerade bei Alexis Korners Blues Incorporated ausgetreten ist. Die neue Band nennt sich Cyril Davies (R&B) All-Stars und kommt schnell in den Genuss eines festen Engagements im legendären Londoner Marquee Club, wo unter anderem die zukünftigen Mitglieder der Rolling Stones ein- und ausgehen.

Im Mai 1963 sieht sich Hopkins dazu gezwungen, die All-Stars zu verlassen, weil ihm sein gesundheitlicher Zustand zu schaffen macht. Er leidet unter der Darmerkrankung Morbus Crohn und unterzieht sich einer Reihe an Operationen, die ihn nicht nur beinahe das Leben kosten, sondern auch 19 Monate lang ans Bett fesseln — ausgerechnet in den letzten Jahren seiner Teenagerzeit. 1964 stirbt Bandleader Davies an Leukämie, und die Cyril Davies (R&B) All-Stars lösen sich auf.



Auch im weiteren Verlauf seiner Karriere macht Hopkins’ Erkrankung ihm einen Strich durch die Rechnung. Es ist ihm nicht mehr möglich, längere Touren zu absolvieren, weshalb er sich gezwungenermaßen für eine Laufbahn als Sessionmusiker entscheidet. Er kann sich schnell einen guten Ruf erspielen und haut für eine beeindruckende Anzahl berühmter Bands und Musiker in die Tasten, wie zum Beispiel Jefferson Airplane, The Kinks, The Beatles, die Steve Miller Band, Donovan, The Rolling Stones und The Who. In der Jeff Beck Group wirkt er zeitweise als fester Pianist mit.

Im Jahr 1965 erhält Hopkins eine Einladung von Kinks-Produzent Shel Talmy. Mit der Gruppe nimmt das junge Talent vier Alben auf: The Kink Kontroversy (1965), Face To Face (1966), Something Else By The Kinks (1967) und The Kinks Are The Village Green Perservation Society (1968). Nach der letzten gemeinsamen Veröffentlichung überwerfen sich Hopkins und die Kinks, weil deren Keyboarder Ray Davies sich mehr Anteil an den Aufnahmen zuschreibt, als er tatsächlich geleistet hat.



Mit den Rolling Stones spielt Hopkins deren Platten von Between The Buttons (1967) bis Tattoo You (1981) ein, was unter anderem die Songs She’s A Rainbow, Sympathy For The Devil, Monkey Man, Angie und Time Waits For No One umfasst. Die eigentlichen Stones-Keyboarder Ian Stewart und Billy Preston widmen sich vor allem den Blues-, Soul- und Funk-lastigen Stücken der Gruppe. „Was ich an Nicky besonders mochte“, erinnert sich Stones-Gitarrist Keith Richards, „ist die Tatsache, dass man ihm Songs geben konntest und er sie aus dem Stand weiterentwickelte. Man konnte hervorragend mit ihm arbeiten, er hat sich reingehangen; manchmal dauerten unsere Sessions 15 Stunden und zwar an zwei Tagen hintereinander. Nicky war trotzdem immer da.“ Live steht Hopkins allerdings nur einige Male zu Beginn der Siebziger mit den Briten auf der Bühne.



1972 veröffentlichen Hopkins sowie Ry Cooder, Mick Jagger, Bill Wyman und Charlie Watts das Album Jamming With Edward!, das 1969 während der Let It Bleed-Sessions entsteht. Den Spitznamen Edward erhält Hopkins im Rahmen seiner Blödeleien mit Stones-Gitarrist Brian Jones. Auch darüber hinaus veröffentlicht Hopkins drei Soloalben: The Revolutionary Piano Of… (1966), The Tin Man Was A Dreamer (1973) und No More Changes (1976).



Beschäftigt man sich mit der Rockmusik der Sechziger und Siebziger, taucht der Name Nicky Hopkins immer wieder auf. Ob das Album My Generation von The Who, Revolution von The Beatles, der Woodstock-Auftritt von Jefferson Airplane, You Are So Beautiful von Joe Cocker, die Soloplatten aller vier (!) Beatles oder gar die ersten Gehversuche von Glam Rock-Legende Marc Bolan: Hopkins mischt bei fast allem mit, was in der Rockwelt Rang und Namen hat und erarbeitet sich über die Jahrzehnte einen festen Platz in der Musikgeschichte.



Eine besondere Beziehung unterhält er zur Church Of Scientology, der er seinen späteren Verzicht auf Alkohol und Drogen zuschreibt. Immer wieder leidet er unter der Sucht nach diversen Rauschmitteln. Auch musikalisch hinterlässt seine Mitgliedschaft Spuren: Aufgrund seiner Assoziation zu der umstrittenen Vereinigung steuert er Keyboard-Aufnahmen zu den musikalischen Ausflügen von L. Ron Hubbard bei, dem Gründer von Scientology.



Ab 1993 leidet Hopkins erneut unter seinen gesundheitlichen Problemen und wird in ein Krankenhaus eingeliefert. Er entscheidet sich dazu, von Kalifornien nach Nashville zu ziehen, weil die Westküste zu jener Zeit von starken Erdbeben heimgesucht wird. Vor Ort arbeitet er mit Musikern wie Joe Walsh oder Frankie Miller — leider handelt es sich um seine letzten Projekte. Am 6. September 1994 erliegt er im Alter von nur 50 Jahren den Komplikationen seiner Erkrankung und hinterlässt seine langjährige Frau Moira.



Titelfoto:  Jon Sievert/Getty Images

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