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Popkultur

Zeitsprung: Am 24.6.1965 veröffentlicht John Lennon völligen Quatsch – als Buch.

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Foto: Cover

Anekdoten, Jubiläen und wilde Geschichten: Was an diesem Tag in der Welt der Musik passiert ist, lest ihr täglich in unserem Zeitsprung. Heute: 24.6.1965.

von Victoria Schaffrath und Christof Leim

Aus John Lennons „Schreibe“ einen Sinn deuten zu wollen, ist gar nicht leicht. Mit ebendieser feiert er jedoch 1964 in Form seines ersten Buches Erfolge. Ein Nachfolger muss her: A Spaniard In The Works mutiert zum Selbsthilfeprojekt und kündigt gleichzeitig an, was für ein Künstler wirklich in Lennon steckt. Am 24. Juni 1965 erscheint das Werk.

Stimmt euch mit Help! ein, das parallel zu Spaniard entsteht: 

Wenn man die aktiven Jahre der Beatles nach Absurditäten ordnet, rangiert 1965 sicherlich im oberen Drittel. Mit Help! räumen sie in musikalischer und filmischer Form restlos ab, die Queen beruft sie unter viel Protest in den „Order Of The British Empire“, und Zahnarzt/Kumpel John Riley mischt zu Beginn des Jahres mal eben ein wenig LSD in den Kaffee. Das öffnet angeblich mentale Welten, nur fehlt Lennon für diese wohl der Reiseführer.

Erste LSD-Experimente und Folgen der Prominenz

„Ich war in meiner ‚beleibter Elvis‘-Phase“, gesteht der Brite später, als er über die Entstehung der Single Help! redet, die im Juli 1965 erscheint. „Ich mag jetzt zwar positiv sein, gehe aber auch durch tiefe Depressionen. In den Phasen würde ich am liebsten aus dem Fenster springen. Ich war fett, depressiv und rief wortwörtlich nach Hilfe.“ Dass die Öffentlichkeit jeden Tag ein bisschen mehr über die „Fab Four“ herfällt, hilft sicher nicht.

 

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THE NOTHING BOX John Lennon photographed by Brian Duffy, 1965⠀ @duffy_archive⠀ https://www.duffyarchive.com

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Klingt nach suboptimalen Voraussetzungen für einen Trip ins Unterbewusstsein, aber Lennon wäre nicht Lennon, wenn er aus dieser Selbstfindung nicht einen ganzen Strom an Kreativität wringen könnte. Dafür nutzt er unter anderem den Nachfolger seines ein Jahr zuvor erschienenen Buches In seiner eigenen Schreibe (englischer Originaltitel: In His Own Write).

Dadaismus goes Popkultur

Fans des Erstlingswerk können bestätigen: So ganz klar drückt sich der Pilzkopf schon da nicht aus; das Werk besteht aus knappen Quatschgedichten und Kurzgeschichten. Immerhin gibt’s schöne Bildchen, gezeichnet von John-Boy höchstselbst. Weil Lennon draufsteht und er damit als erster Beatle auch außerhalb der Band Kreatives leistet, fliegt das Ding aus den Regalen direkt in den gierigen Schlund der „Beatlemania“. Das Verlagshaus drängt selbstredend auf Wiederholung.  

 

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THE WRESTLING DOG, 1964 One upon a tom in a far off distant land far across the sea miles away from anyway over the hills as the crow barked 39 peoble lived miles away from anywhere on a little island on a distant land. When harvest time came along all the people celebrated with a mighty feast and dancing and that. It was Perry’s (for Perry was the Loud Mayor) job to provide (and Perry’s great pleasure I might add) a new and exciting (and it usually was) thrill and spectacular performer (sometimes a dwarf was used), this year Perry had surpassed himselve by getting a Wrestling Dog! But who would fight this wondrous beast? I wouldn’t for a kick off. First Published March 23rd,1964 #thewrestlingdog #inhisownwrite

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Den lyrischen Anspruch des Autors kommerzialisiert man also ohne Umschweife. Glücklicherweise bedeutet das aber auch, dass man ihm für das literarische Folgekind A Spaniard In The Works erneut freie Hand lässt. Der Titel spielt auf die englische Redewendung „a spanner in the works“ an, die so viel wie „Sand im Getriebe“ bedeutet. Lennon treibt nicht nur hier die absurden Metaphern und Wortspiele aus dem Vorgänger auf die Spitze.

Sand im Getriebe

Geschichten tragen Titel wie Snore Wife And Some Several Dwarfs (etwa „Schnarchwittchen und irgendwelche Zwerge“), We Must Not Forget … The General Erection und Last Will And Testicle; durch Tierfabeln erhält die Ausgabe einen noch kindlicheren Ton. Ernst macht der Musiker nur bei einer Nummer: Das balladenartige Our Dad, das davon erzählt, wie eine Familie den Vater und Patriarchen hinauswirft. Wenn er auch keine direkte Nacherzählung der eigenen Kindheit liefert, so lässt Lennon hier im Rahmen der vermeintlich leicht verdaulichen Publikation tief blicken.

Dieser Trend sollte sich fortsetzen: Nach Help! geht es nämlich im Folgejahr mit Rubber Soul weiter, und ab hier wird es – wie geneigte Audiophilen wissen – für die „Fab Four“ und die Musikgeschichte erst richtig spannend. Was sich später zu brillanten Zeilen wie „Words are flowing out / like endless rain into a paper cup“ (Across The Universe von den Beatles) oder „They hate you when you’re clever / and they despise a fool“ (Working Class Hero mit der Plastic Ono Band) auswächst, kündigt sich schon während Spaniard an.

Die Anfänge der großen Gedanken

Verstehen können das da allerdings nur wenige; als die Sammlung am 24. Juni 1965 erscheint, verkauft sie sich nicht annähernd so gut wie In seiner eigenen Schreibe. Lennon juckt das wie üblich nicht besonders: „Klar kam es nicht so gut an wie das erste, aber welches Nachfolgewerk tut das schon? A Spaniard In The Works hat mich persönlich aufgebaut. Viele dieser Geschichten hatten sich in mir angesammelt, und es tat gut, sie loszuwerden. Alles raus, was keine Miete zahlt.“

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