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Popkultur

„Sie waren fantastisch”: Charles Peterson über die Fotoshootings mit Soundgarden

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Foto: Charles Peterson

Soundgardens zweites Album Louder Than Love war in vielerlei Hinsicht ein Meilenstein. Als A&M Records das Werk am 5. September 1989 veröffentlichten, war es das erste von einem Majorlabel bezahlte Album aus der aufstrebenden Grungeszene Seattles und das erste Album aus diesem Umfeld, das es in die Billboard 200 schaffte. Auch wenn Louder Than Love musikalisch ein tolles Album war, brauchte es das großartige Coverfoto von Charles Peterson, um langfristig die Genregrenzen zu überwinden.

von Tim Peacock

Petersons Name ist mit Seattle fast so eng verbunden, wie die Bands, die er damals fotografierte. Er hat den Aufstieg der Undergroundszene im pazifischen Nordwesten Ende der 80er bzw. Anfang der 90er Jahre dokumentiert. Außerdem verdanken wir ihm zahllose Live- und Studiofotos von Bands wie Nirvana, Pearl Jam, Mudhoney, Screaming Trees, Tad. Neben mehreren umfassenden Fotobüchern wie Screaming Life von 1995 und Touch Me, I’m Sick von 2003 diente sein beachtliches Archiv auch als Quelle für den Film Kurt Cobain: About A Son.

„Mehr Rock’n’Roll geht nicht”

Petersons Stil wurde von einem Kritiker treffend als „dynamische, manchmal teilweise verschwommene, mit Weitwinkelobjektiv aufgenommene Schwarz-Weiß-Fotografie” beschrieben. Mit dem epochalen Bild, das das Cover von Louder Than Love schmückt, gelang es ihm, die rebellische Energie von Soundgarden festzuhalten: Das hypnotische Foto zeigt den legendären Frontmann Chris Cornell, der mit freiem Oberkörper sein Haar schüttelt und das Mikrofon in Richtung Kameralinse streckt. Kraftvoller und direkter kann Rock-Fotografie kaum sein.

Foto: Charles Peterson

„Ursprünglich war es uns wichtig, nicht einfach noch eins dieser schönen Oben-Ohne-Fotos von Chris zu nehmen, wie man sie zuhauf in Screaming Life sehen kann”, erinnert sich Peterson an das Louder Than Love-Cover zurück. „Aber um ehrlich zu sein, waren die aufregendsten Livefotos von Soundgarden immer die von Chris. Darum machten wir diesen Kompromiss.”

„Das Bild, das letztendlich benutzt wurde, ist ein bisschen abstrakter, aber andererseits ist mehr Rock’n’Roll kaum möglich. Man versteht die Aussage direkt und es ist sehr kraftvoll. Das Design mit der fetten Schrift und den gelben Balken hat mir auch gut gefallen… es sah sehr nach Sub Pop aus und so blieben sie ihren Wurzeln treu. Auch die Komposition war stimmig.”

„Chris hat bei Fotoshootings immer herumgealbert”

Peterson war Mitte der 80er Jahre Absolvent der University Of Washington und arbeitete eng mit dem legendären Indielabel Sub Pop aus Seattle zusammen. Mit vielen der lokalen Bands war er schon Jahre vor ihrem internationalen Durchbruch befreundet. Soundgardens kometenhaften Aufstieg hatte er seit Gründung der Band verfolgt.


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„Ich kannte [den Leadgitarristen] Kim Thayil vor Soundgarden und auch Chris hatte ich bei Partys schon getroffen,” entsinnt sich Peterson im Interview. „Chris war sehr witzig und alberte bei den Fotoshootings immer herum. Aber er war auch sehr schüchtern und introvertiert, ähnlich wie ich, und darum zogen wir einander an.”

„1985 ging ich glücklicherweise mit meiner Kamera zu ihrem zweiten oder dritten Auftritt“, fährt er fort. „Sie waren absolut fantastisch, gleich von Anfang an. Live waren sie unfassbar, selbst wenn nur 50 Leute im Publikum waren.”

Foto: Charles Peterson

„Das war definitiv meine letzte Chance”

Als Peterson zu dem Konzert kam, um das Foto für Louder Than Love zu schießen, überzeugten Soundgarden als eine wirklich beeindruckende Liveband. Er war sich absolut sicher, dass Cornell und den anderen eine große Zukunft bevorstand.

Das Covermotiv stammte aus „einer Reihe von Fotos, die ich im Januar 1989 bei zwei Konzerten im Norden Kaliforniens mit Mudhoney als Support gemacht habe“, erzählt Peterson. „Eins entstand im I-Beam in San Francisco, das zweite im Berkeley Square in Berkeley. Dies sollte dann auch das Coverfoto werden.”

„Irgendwie passte alles zusammen. Es waren zwei großartige Konzerte”, erklärt er weiter. „Die Band brannte förmlich und mir ging es genauso. Rückblickend war das definitiv meine letzte Chance, Soundgarden in dieser intimen Clubatmosphäre zu fotografieren. Als sie mit Louder Than Love auf Tour gingen, wurden die Bühnen größer. Ich schätze mich wirklich glücklich, dass ich diesen Moment festhalten konnte.”

Im Berkeley Square, Januar 1989. Foto: Charles Peterson

„Es ist eines der wenigen Bilder, bei dem das Ergebnis meiner Wunschvorstellung ganz nahe kommt”

Charles Peterson hat neben dem Louder Than Love-Cover noch viele andere berühmte Fotos geschossen. Eine Auswahl seiner berühmtesten Bilder steht im Zentrum der Ausstellung Nirvana: Taking Punk To The Masses. Die Ausstellung kam 2018 nach einem Abstecher nach Brasilien zum Experience Music Project in Seattle zurück. Für ihn selbst ist das Louder Than Love-Coverfoto allerdings eine seiner besten Arbeiten.

„Ich bin immer noch genauso stolz wie damals, dass Soundgarden eins meiner Bilder für ihre erste Veröffentlichung bei einem Majorlabel ausgewählt haben”, betont Peterson. „Es war Wahnsinn in einen Plattenladen zu gehen und dort das Foto auf großen Postern und in den Auslagen zu sehen. Später fand ich heraus, dass sogar jemand das Bild auf eine Hauswand in Durham in North Carolina gemalt hatte – das war echt cool.

„Ich habe nur wenige meiner Fotos an der Wand“, sagt er abschließend. „Aber das Originalfoto des Covers hängt gerahmt in meinem Eingangsbereich. Es ist eines der wenigen, bei dem das Ergebnis meiner Wunschvorstellung sehr nahekommt.”

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