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Popkultur

Zeitsprung: Am 15.1.1965 erscheint „I Can’t Explain“, die erste Single von The Who.

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Foto: RB/Redferns/Getty images

Anekdoten, Jubiläen und wilde Geschichten: Was an diesem Tag in der Welt der Musik passiert ist, lest ihr täglich in unserem Zeitsprung. Heute: 15.1.1965.

von Tobi Wienke und Christof Leim

Mit ihrer ersten Single als The Who landen die Briten gleich einen Hit, Dekaden später eröffnet I Can’t Explain noch oft ihre Konzerte. Dabei ist die Band mit der ursprünglichen Aufnahme bis heute nicht wirklich zufrieden. Am 15. Januar 1965 wurde die Nummer in Großbritannien veröffentlicht.

Hier könnt ihr euch I Can’t Explain und andere The-Who-Hits anhören:

Bei I Can’t Explain handelt es sich nicht um die erste Single der The-Who-Musiker, aber die erste Single als The Who. Denn vorher, im Juli 1964, hatten die vier Briten bereits die beiden Songs Zoot Suit und I’m The Face unter dem Namen The High Numbers rausgebracht. Zu dieser vermeintlich szenekompatibleren Benennung hatte ihr Manager Peter Meaden angeregt, doch der der Erfolg blieb aus. Meaden musste gehen, der vorherige Name The Who kehrte zurück.

Image ist alles

Mitte der Sechziger arbeitet die Band zudem mit verschiedenen Managern hart an ihrem Image. „Mod“ heißt der Trend der Stunde in England: Die Arbeiterkinder, zu denen sich auch die Bandmitglieder zählen, wollen raus aus der Schmuddelecke. Mit eleganter Kleidung, modischen Frisuren und dem obligatorischen Motorroller versucht diese Jugendkultur, ein Gegengewicht zur gebeutelten Kriegsgeneration ihrer Eltern darzustellen.

Peter Meaden, ein großer Mod-Fan, war es auch, der die Musiker überzeugt hatte, den Trend zu ihrem Markenzeichen zu machen. Bassist John Entwistle hält zwar wenig vom modischen Look, trotzdem gelten The Who bis heute als die Mod-Band schlechthin. Vor allem das Emblem der Royal Air Force, das runde, rot-weiß-blaue Hoheitsabzeichen, wird zum Symbol der Bewegung und zum Logo der Band.

Leichte strategische Anpassungen

Die Nachfolger von Meaden, Kit Lambert und Chris Stamp, kommen ins Bild wegen eines Filmes, den sie über eine unbekannte Band drehen wollen. Dabei stoßen sie auf The Who und übernehmen das Management, nachdem der Streifen im Kasten ist. (Angeblich besitzt Roger Daltrey die einzige Kopie.) 

I Can’t Explain soll die nächste Veröffentlichung werden. Dafür verkuppeln die beiden Manager ihre neuen Schützlinge mit dem US-Produzenten Shel Talmy, der bereits mit den Kinks Erfolge einfahren konnte. Und genau deshalb klingt die The-Who-Single nicht zufällig nach Kinks-Nummern wie You Really Got Me oder All Day And All Of The Night, woraus Pete Townshend in seiner Autobiografie auch keinen Hehl macht: „Ich habe versucht, den Song so sehr nach Kinks klingen zu lassen wie ich nur konnte, damit er Shel gefiel.“ 

Auch beim Text muss Townshend noch mal ran: Den hat er zunächst als musikalischer Nerd geschrieben und zu erklären versucht, was er fühlt, wenn er sich zu Hause einigelt und in der Musik von Bob Dylan, Charlie Mingus und John Lee Hooker versinkt. Als klar wird, dass Shel Talmy produzieren wird, macht der Songwriter aus dem lyrischen Ich im Text einen 18-Jährigen, der seiner Freundin die Liebe nicht gestehen kann, weil er zu viele Dexedrine-Tabletten geschluckt hat. Der Plan geht auf, der renommierte Produzent beißt an, der Aufnahmetermin in den Studios wird gebucht.

Jimmy Page an der Gitarre. Oder doch nicht?

Damit die Nummer auch zum Erfolg wird, holt der Produzent Unterstützung ins Studio. The-Who-Trommelmonster Keith Moon fordert den gebuchten Sessionschlagzeuger allerdings auf, den Sitz zu räumen und spielt danach so überzeugend, dass dieser das Studio sogar verlässt. Allerdings besteht Talmy darauf, Gitarrenpassagen von seinem Lieblingsgitarristen, einem 20-Jährigen namens Jimmy Page, einzuspielen lassen, was Townshend alles andere als erfreut. 

Das Cover zu “I Can’t Explain”

Welchen Beitrag der spätere Led-Zeppelin-Held zu I Can’t Explain leistet, wird in den Fanscharen in den folgenden Jahrzehnte immer diskutiert. In seiner Autobiografie My Generation (englischer Titel: Thanks A Lot Mr. Kibblewhite) schreibt Daltrey explizit vom Gitarrensolo, aber vielleicht liegt da ein Fehler (in der Übersetzung oder der Erinnerung) vor, denn spätere Quellen und vor allem Aussagen von Talmy, Townshend und Page stellen klar, dass Jimmy lediglich Rhythmusgitarrenspuren beigesteuert hat, die dann aber nicht verwendet wurden. Immerhin ist er auf der B-Seite Bald Headed Woman zu hören.

Und auch noch Chöre?

Zusätzlich werden drei Sänger gebucht, die den nach Beach Boys klingenden Chor im Hintergrund singen sollen. Damit kann sich Roger Daltrey zunächst wenig anfreunden. In seiner Autobiografie schreibt er: „Ich wollte, dass wir die Band waren, die wir waren, nicht die Band, die sich irgendein Yankee vorstellte.“ Dennoch wiegt der Wunsch nach Erfolg stärker als der Stolz der Akteure, also wird die Aufnahme eingespielt, wie Talmy es sich vorstellt. Nach einem einzigen Take ist die Nummer im Kasten.

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Sie erscheint im Dezember 1964 in den USA ohne viel Resonanz, aber nach Veröffentlichung auf der heimischen Insel am 15. Januar 1965 landen The Who zum ersten Mal in den Top Ten von Großbritannien. Damit bildet I Can’t Explain die Grundlage für den Erfolg der Band, den sie bis heute bei vielen Liveshows als Opener zelebrieren.

Zeitsprung: Am 15.12.1967 veröffentlichen The Who ihr drittes Album “The Who Sell Out”

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