Popkultur
Zeitsprung: Am 30.3.1970 feiern Led Zeppelin in Pittsburgh mit Polizei und Schampus.
Anekdoten, Jubiläen und wilde Geschichten: Was an diesem Tag in der Welt der Musik passiert ist, lest ihr täglich in unserem Zeitsprung. Heute: 30.3.1970.
von Victoria Schaffrath und Christof Leim
„Whole lotta tension“: Erst gibt’s hinter der Bühne Stress wegen der Kaltgetränke, dann auf der Bühne mit der Polizei. Als Led Zeppelin am 30. März 1970 in Pittsburgh auftreten sollen, befinden sich die Briten noch in den Anfängen ihrer Karriere. Das mit dem Anecken klappt aber auch da schon ganz gut.
Hört hier Led Zeppelin II:
Okkultes kennen wir von Zeppelin und Entourage ja zur Genüge. Gut möglich, dass der Höllenfürst am 30. März 1970 höchstselbst von Manager und Band Besitz ergreift. Als diese sich nämlich in Pittsburgh versammeln, um dem amerikanischen Publikum ihr Album Led Zeppelin II darzubieten, geht es wie immer hoch her. Auf dem in Fachkreisen als „Rider“ bekannten Einkaufszettelchen für den Veranstalter stets präsent: Zwei Kisten Prickelbrause, und teuer darf sie ein. Genauer gesagt geht’s den Jungs um Champagner der Marke Dom Perignon. Im Pittsburgh der Siebziger scheinbar nicht die gängige Währung.
Sekt & Satan
So macht es sich Promoter Pat DiCesare zur Aufgabe, zumindest vergleichbare Getränke zu finden. Seine Angestellten fahren dazu bis in den Nachbarstaat, da die Schnapsläden in Pennsylvania das Team schlicht auslachen, als es sich nach dem edlen Tropfen erkundigt. „Ich habe meinen Laufburschen losgeschickt, um die Kisten mit Dom Perignon oder zumindest Vergleichbarem zu füllen“, erinnert er sich später. „Zwei Stunden später durfte ich in der Umkleide antanzen“ – und wird dort von Peter Grant höchstpersönlich heruntergeputzt.
Der berüchtigte Led-Zeppelin-Manager der Gruppe macht eindrucksvoll die Ansprüche seiner Schützlinge klar, indem er Flasche für Flasche an den Zimmerwänden in Stücke haut. „Diesen Müll nennt ihr Champagner?“, soll er dabei schreien. DiCesare kommentiert das später resigniert: „Er zerschmiss vor meinen Augen 2.500 Dollar. Mit den englischen Gästen gestaltete es sich immer etwas schwieriger.“
Drama hin, Gerechtigkeit her
Wer jetzt denkt, dass Bonham, Jones, Page und Plant danach brav ihre Show spielen, kennt offenbar nicht die verrückten Geschichten rund um das Quartett. In diesem Falle nutzen die Herren ihr beträchtliches Selbstbewusstsein, um die Spannungen zwischen der anwesenden Polizei und dem Publikum zu beschwichtigen und gleichen ihr Karma für diesen Abend prompt wieder aus. Denn eines gibt es zu dieser Zeit in Amerika (im Gegensatz zum Schampus) mehr als genug: politische Spannungen.
Bürgerrechtsbewegung und Vietnamkrieg spalten in den Staaten die Bevölkerung; das rebellische, okkulte Anmuten von Led Zeppelin und ihren Anhängern sorgt bei älteren Autoritätsfiguren für Unverständnis und Beklemmung. Das zeigt sich auch an diesem Märzabend, an dem die jungen Leute enthusiastisch auf die Sitze klettern und gleich wieder von der Polizei heruntergezerrt und verwarnt werden. Das geht mit den mächtigen Tönen von Ramble On nur schwer zusammen, die zahlenden Gäste wollen feiern. Die Lage droht, zu eskalieren.
Durch Abwesenheit glänzen
„Wir konnten unter dieser Spannung unmöglich weitermachen. Wir hörten also auf zu spielen und gingen von der Bühne“, erklärt Jimmy Page danach die Deeskalation durch die Band. „Das schien die Polizei etwas zu beruhigen. Als wir nach zehn Minuten wiederkamen, gab es keine Probleme mehr. Wir empfinden es auf dieser Tour durch Amerika häufiger so, dass das Verhältnis zwischen Zuschauer und Gesetz schon von Beginn an schwierig ist, und wir müssen es dann beschwichtigen.“
Die konservative Lokalpresse interpretiert auch diese soziale Geste als unmögliches Verhalten und berichtet: „Led Zeppelin geben ein wahnsinnig schlechtes Konzert. Aus den Verstärkern kam nur Fuzz und Rückkopplung. Jimmy Page und Robert Plant kreisten auf der Bühne mit den Hüften.“ Wo soll da das Problem liegen?
Zeitsprung: Ab dem 6.1.1975 dürfen Led Zeppelin fünf Jahre lang nicht in Boston spielen.

Popkultur
Zeitsprung: Am 4.6.1990 verstirbt Punk-Ikone Stiv Bators nach Zusammenstoß mit einem Taxi.

von Frank Thießies und Christof Leim
Als Sänger Stiv Bators am 4. Juni 1990 in Paris an den Folgen eines Verkehrsunfalls stirbt, ist dies ironischerweise die am wenigsten glamouröse Form des Ablebens für einen Rockstar mit Hang zum Morbiden. Dabei hatte der Sänger der Dead Boys und The Lords Of The New Church Zeit seines Lebens mit der Todessehnsucht gespielt. Ein Rückblick auf den Werdegang einer Legende des Punk und Gothic Rock.
Hier könnt ihr euch Young, Loud And Snotty anhören, das Debüt der Dead Boys:
Joey Ramone höchstselbst hatte ihnen geraten überzusiedeln: Ursprünglich stammen die Dead Boys aus Cleveland, Ohio; in New York City jedoch werden sie schnell eine der Hausbands im CBGB’s, eines legendären Punk-Epizentrums, und zu einem Publikumsmagneten für die aufkeimende Sicherheitsnadel-Szene. Mit ihrem programmatischYoung, Loud And Snotty betitelten Debüt von 1977 und der Punk-Hymne Sonic Reducer sowie ihren drastisch-provokanten, autoaggressiven Bühnenshows macht sich die Band im verrottenden Big Apple einen Namen. Ihr Anführer: Sänger Steven John Bator, genannt Stiv Bators. Bereits ein Jahr später folgt ein zweites Album, We Have Come For Your Children, welches übrigens auch den von Guns N‘ Roses Jahrzehnte später popularisierten Song Ain’t It Fun enthält.
Gothic-Größe
Mag die Band selber auch Spaß an jenen Gigs und den Provokationen haben, so ist sie anfangs doch etwas zu sperrig für einen Mainstream-Erfolg. Hier liegt vermutlich einer der Gründe dafür, dass sich die Dead Boys im Jahre 1979 auch schon wieder auflösen. Vorerst versteht sich. Nachdem Sänger Stiv Bators auf seinem Dezember 1990 erscheinenden Solodebüt Disconnected schon die Punk-Wurzeln zugunsten eines Garagen-Power-Pop-Sounds kappt, verschlägt es den Frontmann kurze Zeit später nach London. Dort gründet er nach der Zwischenstopp-Band The Wanderers 1981 schließlich zusammen mit Leuten von The Damned, Sham 69 und The Barracudas eine neue Supergoup: The Lords Of The New Church. Deren kühler, vergleichsweise gefälliger und gar nicht mehr so stachliger Sound, eine Mischung aus Gothic, Glam, Garagen Rock und einer kleinen Portion Punk, trifft genau den (britischen) Zeitgeist in der Post-Punk-Ära und soll in Sachen Klang und Look zahlreiche nachkommende Düsterrocker wie etwa die finnischen Finsternisfreunde The 69 Eyes maßgeblich prägen.
Klinisch tot
Ihre ersten drei Alben, The Lords Of the New Church (1982), Is Nothing Sacred? (1983) und The Method To Our Madness (1984), hauen die neuen Gothic-Größen noch im Jahrestakt raus. Auf der Bühne bemüht Bators immer wieder gerne seinen seit Dead-Boys-Zeiten etablierten Mikrofonkabel-Strangulations-Trick. Ein Gimmick, welches dem Sänger 1983 bei einem Gig fast wortwörtlich das Genick bricht: Als Fans zu sehr an der Strippe ziehen, verliert Bators das Bewusstsein und muss gar ins Krankenhaus eingeliefert werden. Für einige Minuten ist er sogar klinisch tot. Sein lakonischer Kommentar dazu soll gelautet haben: „Ich bin einmal fast auf der Bühne gestorben. Wie um Himmels Willen soll man das noch übertreffen?“
Is This The End?
Zwar nicht so kurzlebig wie die Dead Boys, sind auch die Lords Of The New Church nach New Wave-Vorstößen sowie einem Madonna-Cover von Like A Virgin im Sommer des Jahres 1989 für Bators schon wieder Geschichte. Dort fasst der inzwischen in Paris lebende Sänger 1990 den Plan, zusammen mit dem späteren Schlagzeuger der Toten Hosen, Vom Ritchie, plus den Punk-Legenden Dee Dee Ramone und Johnny Thunders eine neue Gruppe ins Leben zu rufen. Doch die kurz unter dem Namen The Whores Of Babylon agierende Formation hat keinen Bestand.
Als Stiv Bators am 3. Juni 1980 auf der Straße von einem Auto – manche behaupten, es sei ein Taxi gewesen – erwischt wird und so Opfer eines Verkehrsunfalls wird, ahnt der Sänger noch nicht, wie folgenschwer seine Verletzungen sind. Das Krankenhaus verlässt er jedenfalls unbehandelt, nachdem er ein paar Stunden warten musste. Keine gute Idee: Stiv Bators verstirbt in der folgenden Nacht im Schlaf an einem Schädel-Hirn-Trauma. Er wurde 40 Jahre alt.
Zur arg gewöhnlich anmutenden Todesursache („Rockstar von Taxi angefahren“) kommen in der Folgezeit nicht nur eine, sondern gleich zwei des Rock’n’Roll würdige Mythen: Auf Bators Wunsch hin soll seine Asche von seiner Freundin Caroline Warren über dem Pariser Grab von Doors-Sänger Jim Morrison verstreut worden sein – angeblich jedoch nicht, bevor Warren davon noch schnell ein Näschen geschnupft haben soll. Was letztlich dann doch eine Prise mehr ist, als nur ein Toter-Rockstar-Mythos für Fußgänger…
Zeitsprung: Am 6.8.1996 spielen die Ramones ihre letzte Show
Popkultur
Zeitsprung: Am 3.6.1983 ermordet „Layla“-Trommler Jim Gordon seine Mutter.

Anekdoten, Jubiläen und wilde Geschichten: Was an diesem Tag in der Welt der Musik passiert ist, lest ihr täglich in unserem Zeitsprung. Heute: 3.6.1983.
von Christof Leim
Jim Gordon gehört in den Sechzigern und Siebzigern zu den Besten in Sachen Rock’n’Roll-Schlagzeug. Er spielt auf legendären Alben wie Pet Sounds von den Beach Boys, Pretzel Logic von Steely Dan und Apostrophe von Frank Zappa. Doch Gordon ist krank: Irgendwann beginnt er, Stimmen zu hören. Am 3. Juni 1983 schließlich kommt es zu einer Tragödie…
Hier könnt ihr das legendäre Album von Derek & The Dominos reinhören:

Derek & The Dominos 1970. Ganz links: Jim Gordon.
Keine Frage, es läuft gut damals für Jim Gordon, sehr gut sogar: Angeblich geht auf der Höhe seines Erfolges die Nachfrage so weit, dass der Drummer jeden Tag zwischen Studiosessions in Los Angeles und abendlichen Auftritten in Las Vegas hin- und herfliegt. Er spielt auf All Things Must Pass, dem ersten Soloalbum von Ex-Beatle George Harrison, und gehört 1970 er zur Bluesrock-Supergroup Derek & The Dominos mit Eric Clapton. Die wird vor allem bekannt mit dem Klassiker Layla. In diesem Song verarbeitet Clapton seine Liebe zu Pattie Boyd, der Ehefrau seines Freundes George Harrison. (Die ganze Geschichte zu dieser verzwickten Situation findet ihr hier.)
Vielleicht gerät das Stück deshalb so eindringlich, denn der Gitarrengott leidet. Am Schlagzeug: Jim Gordon. Die sieben Minuten lange Nummer endet mit einem langen, elegischen Piano-Outro, das aus Gordons Feder stammt. Zumindest offiziell: Später wird kolportiert, dass er die Idee von seiner damaligen Freundin Rita Coolidge übernommen habe. Die Songwriting-Credits laufen heute noch auf Clapton/Gordon. Das Lied gewinnt sogar später einen Grammy, als Clapton es für sein Unplugged-Album neu auflegt. (Mehr dazu hier.)
Traurige Eskalation
Kurzum: Für Jim Gordon könnte es nicht besser laufen. Nur leider geht es dem am 14. Juli 1945 geborenen Musiker psychisch nicht gut. Er beginnt, Stimmen zu hören, unter anderem die seiner Mutter. Diese Stimmen nötigen ihn zu hungern und halten ihn zusehends davon ab, sich zu entspannen, zu schlafen oder Schlagzeug zu spielen. Seine medizinische Betreuung schätzt die Ursache dieser Probleme falsch ein und behandelt ihn wegen Alkoholmissbrauchs. Das hilft leider nicht.
Am 3. Juni 1983 greift Jim seine 72 Jahre alte Mutter Osa Marie Gordon mit einem Hammer an und ersticht sie mit einem Messer. Später gibt er an, eine Stimme habe ihm das befohlen. Erst nach seiner Verhaftung wird diagnostiziert, dass Gordon massiv an Schizophrenie leidet. Wegen einer vor kurzem beschlossenen juristischen Reform gilt das vor Gericht nur eingeschränkt als Entlastung: Gordon wird am 10. Juli 1984 zu mindestens 16 Jahren Gefängnis verurteilt („16 years to life“). Er ist 38 Jahre alt und sollte nie mehr öffentlich Schlagzeug spielen.
Der erste Anspruch auf Begnadigung steht ihm 1991 zu, doch das Gericht lehnt dies mehrere Male ab. 2005 gibt Gordon an, seine Mutter sei noch am Leben, 2014 erscheint er nicht zur Anhörung. Die Staatsanwaltschaft verkündet, der Inhaftierte sei weiterhin „massiv psychologisch eingeschränkt“ und „eine Gefahr, wenn er nicht seine Medikamente nimmt“. Die Diagnose der Schizophrenie wird 2017 bestätigt, das zehnte Gnadengesuch wird im März 2018 abgelehnt. Jim Gordon verstirbt schließlich am 13. März 2023 im Alter von 77 Jahren in einer medizinischen Strafvollzugsanstalt in Kalifornien.
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Zeitsprung: Am 16.1.1992 spielt Eric Clapton ohne Strom & landet den größten Hit seiner Karriere.
Popkultur
20 Jahre „Paper Monsters“: Als Dave Gahan richtig laufen lernte

Über 20 Jahre singt Dave Gahan die Texte von Martin Gore. Dann erscheint sein Solodebüt Paper Monsters, auf dem er erstmals für alles verantwortlich ist. Für den Depeche-Mode-Frontmann ist es die ultimative Feuertaufe; für viele Fans ein Fragezeichen. 20 Jahre später wollen wir mal schauen, wie die Platte gealtert ist.
von Björn Springorum
Hier könnt ihr euch Paper Monsters anhören:
Dave Gahans erste Soloplatte erscheint so spät, dass man sich fragt, warum sie überhaupt noch kommt. 2003 hat er mit Depeche Mode alles durch – 20 Jahre an der Spitze einer der größten Pop-Bands der Achtziger, mehrere Überdosen, Nahtoderfahrungen, Suizidversuche, angehimmelt von Millionen und auch intern alle Streits, Ego-Schlachten und Machtkämpfe durch, die so eine Band aus drei Männern eben so mit sich bringt.
Kein egozentrischer Alleingang
Mit anderen Worten: Ein Soloalbum hätte eigentlich viel früher Sinn ergeben. Es kam aber eben nie dazu. Doch genau dieser Umstand macht Paper Monsters zu einer spannenden Ausnahmeerscheinung. Das Album ist nicht das Produkt eines zickigen Frontmanns, der insgeheim denkt, die anderen eh nicht zu brauchen. Es ist ein ehrliches, tief gefühltes Statement eines Künstlers, der nach zwei Jahrzehnten ausschweifendem Leben weiß, wer er ist, was er sagen möchte. Und vor allem, was er an seinen Bandkollegen hat.
Slide-Gitarre und U2
Die große Frage bei Gahans Premiere auf der Solistenbühne ist dann aber trotzdem die, die sich jeder erfolgreiche Bandmusiker bei einem Alleingang stellen muss – egal, ob Phil Collins, Freddie Mercury oder Ozzy: Kann er es überhaupt, so ganz ohne Hilfe? Bei Depeche Mode übernimmt bekanntlich Martin Gore das Gros des Songwriting und der Lyrics, 20 Jahre lang sang Gahan also Texte, die gar nicht von ihm sind. Auf Paper Monsters kommt dann sogar beides von ihm, die Töne und die Worte, und natürlich hört man dem Album an, wessen Lieder der Messias der Popwelt da die letzten Jahre von der Bühnenkanzel predigte: Dave Gahan orientiert sich für sein erstes Soloalbum an Songs Of Faith And Devotion, packt ein wenig melancholische U2-Stimmung drüber und lebt sich spannenderweise an der Slide-Gitarre aus.
Läuterung oder Selbstdarstellung?
Die kommt von Knox Chandler, ein gefragter Studiomusiker, der Dave Gahan auch kompositorisch unter die Arme greift. Paper Monsters ist wie das Depeche-Mode-Album einer Americana-Band – weit, voller Hall, Streichern, Pianos und Gahans innerstem Seelenleben. Denn vor allem das ist dieses Album: Sein großer persönlicher Moment, das erste Mal, dass wir auch in seinen Kopf schauen können. Lyrisch gibt es deswegen auch die volle Nabelschau. Toxische Beziehungen, Alkoholsucht, zehrende Liebeslieder, existentielle Motive und mehr als eine Zeile, die sein Verhalten der letzten 20 Jahre verurteilt. Dave Gahan will Läuterung erfahren, tänzelt aber immer wieder auf der Schwelle zur Selbstdarstellung. Das ist die Gefahr aller Soloalben. Bei Paper Monsters geht es gerade noch mal gut.
Gahans beste Gesangsleistung
Musikalisch entsteht in den New Yorker Electric Lady Studios eine überwiegend ruhige, elegische, verträumte Platte. Produzent Ken Thomas, bekannt vor allem durch seine Arbeit mit Sigur Rós, beschert dem heiliggesprochenen Personal Jesus des Pop einen dichten, atmosphärischen Sound, sorgsam austariert zwischen glitzernder Electronica, endloser Weite, Western-Flair und zerrenden Gitarren. Synthesizer sind überraschenderweise Mangelware auf Paper Monsters. Dann wiederum ist ja irgendwie klar, dass Gahan möglichst viel Raum zwischen sich und seinem Hauptarbeitgeber schaffen möchte. Im Vordergrund steht aber natürlich eh sein größter Trumpf – seine Stimme. Mit Anfang 40 sind seine Tage als größtes Sexsymbol des Planeten so langsam vorüber, da konzentriert er sich lieber ganz auf sein volles, unverkennbares Timbre. Besser singt Dave Gahan auf keinem Depeche-Mode-Album. Das scheint er sich für seinen ganz persönlichen Auftritt aufgespart zu haben.
Bei Erscheinen sorgt Paper Monsters für gemischte Reaktionen und performt auch in den Charts eher unauffällig. So wirklich scheint 2003 niemand zu wissen, was man mit diesem Album anfangen soll. Vor allem wird dann auch seine stimmliche Leistung gelobt (etwa im schleppenden, gitarrenlastigen Hidden Houses), weniger die einzelnen Songs. Durchaus auffällig ist, wie weit Paper Monsters vom damals aktuellen Depeche-Mode-Album Exciter entfernt ist. Man kann es als also durchaus Statement sehen, dass Gahan mit dem experimentellen und elektronischen Sound seiner Hauptband nicht allzu zufrieden war. Zeigt auch das, was danach passiert: Auf Playing The Angel geht es 2005 wieder deutlich organischer zu. Und noch etwas ist neu: Erstmals steuert Gahan drei Songtexte bei. Hat also doch etwas bewirkt, dieser erste Alleingang. Zumindest für ihn persönlich.
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