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Popkultur

Scorpions-Sänger Klaus Meine: Ein Gespräch zum 75. Geburtstag

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Klaus Meine
Foto: Frank Hoensch/Redferns/Getty Images

Womöglich feiert Klaus Meine seinen Geburtstag nicht zu Hause in Hannover. Denn die Scorpions sind auf Tour, klar, wie es sich für eine Rockband gehört. Sie haben alles erreicht, Gold, Platin, Weltruhm, sind seit über 50 Jahren am Start –  und gerade mit dem neuen Album Rock Believer weltweit unterwegs auf ihrer 23. offiziellen Konzertreise. Natürlich spielt das Quintett auch in der Heimat, fünf Mal schon haben sie die großen Hallen Deutschlands gefüllt.

von Andrea Leim

Am 25. Mai, zwischen den Terminen in Berlin und Lyon, pfeift dann Klaus Meine mal nicht das Intro zum geliebt-gehassten Überhit Wind Of Change, sondern pustet vielleicht Kerzen auf einem Kuchen aus zu seinem 75. Geburtstag. Wir sprachen mit dem Sänger über Nostalgie, junge Fans, Stranger Things und den Windschatten von Rudi Schenker bis zur 100.

Als du anfingst, Musik zu machen, waren kaum Rockfans oder -musiker älter als 30 Jahre. Heute sieht das anders aus. Ist Rock heute „Rentenmucke“?

Ich glaube schon, dass auch immer wieder junge Generationen nachwachsen, die Rockmusik für sich entdecken. Natürlich sind HipHop und Co. total angesagt und erfolgreich, aber es gibt eben auch junge Rockfans. Die Älteren sind einfach mit der Musik gemeinsam groß geworden. Viele bekannte Rocksongs verbinden Fans mit Erlebnissen, vielleicht mit der ersten Liebe oder dem ersten Kuss. Solche Erinnerungen kommen dann über dieses Stück Musik zurück. Die Jungen entdecken die Songs für sich nicht zuletzt auch über Social Media, über Instagram oder Youtube. Sie gucken sich dort Konzerte an oder einzelne Songs, googeln, wann wir in ihrer Gegend live spielen und kommen dann mit Freunden auf unsere Shows, um mit den Scorps abzurocken und eine gute Zeit zu haben. Es ist total schön, wenn wir die junge Generation mit unseren Songs erreichen.

Welche Bedeutung hat der 75. Geburtstag für dich?

Für mich als Privatmann hat es schon eine Bedeutung, weil ich es schön fände, mit meinen Freunden zu feiern, ein schönes Dinner auszurichten und so weiter. Wenn wir aber unterwegs sind, wird es nicht so ein großes Thema. Obwohl es natürlich auch schön ist, so einen besonderen Geburtstag in einem Rahmen zu feiern, in dem man sich wohl fühlt, mit Freunden zusammen auf der Bühne steht, Musik macht und glücklich ist.


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Hält euch euer Lebensstil jung?

Was wir tun und auf jeder Tour sehen, das hält uns jung. Ich werde manchmal gefragt, wie lange wir das noch machen wollen. Das klingt so, als sei es eine große Last, wenn man älter wird. Aber das stimmt nicht. Klar ist es anstrengend zu touren, mehrfach die Zeitzone zu wechseln und all das. Aber die Energie, die wir unterwegs abgeben, kommt tausendfach zurück, und das hält uns im Herzen jung und motiviert uns, weiterzumachen und den Weg noch ein bisschen weiter zu gehen.

Rudolf Schenker hat verkündet, sein nächstes Ziel sei es, 100 Jahre alt zu werden. Und deines?

(lacht) Das hat er mir noch nicht erzählt. Aber immer, wenn ich ihm sage, dass wir irgendwann auch mal halblang machen könnten, verweist er auf Charles Aznavour, der mit über 90 Jahren noch auf Tournee gegangen ist oder auf die Rolling Stones, die ein Stück älter sind als wir. Insofern kann ich mir schon vorstellen, dass Rudolf, der sich ja immer Ziele setzt, das auch erreichen wird. Was mich betrifft, werde ich mich einfach in seinem Windschatten bewegen. (lacht)

Wind Of Change hat gerade die Milliardenmarke bei den Youtube-Streams überschritten. Welche Bedeutung haben solche Auszeichnungen für Dich?

Der ‚Billions Club‘ ist schon etwas ganz Besonderes, weil eben nicht viele Songs – insbesondere aus Deutschland – es schaffen, die Milliardenmarke zu knacken. Wir machen in der Band jetzt vielleicht keine Flasche deshalb auf. Aber es ist großartig und es zeigt, insbesondere, wenn man die Kommentare der Fans liest, dass sie den Song weiterhin für relevant halten und seine Friedensbotschaft sie erreicht. Es ist schön mitzubekommen, dass der Song 1991 ein cooler Song war, 2023 ein cooler Song ist und 3034 auch noch ein cooler Song sein wird.

Die Rockband Heavysaurus, die in Dinosaurierkostümen Metal für Kinder spielt, hat gerade einen Scorpions-Song umgeschrieben. Aus Rock You Like A Hurricane wurde Dinos wollen euch tanzen seh’n. Die Zielgruppe ist 3 bis 11 Jahre alt. Freut ihr euch also über solche Generationswechsel?

Ja, auf jeden Fall. Es ist total schön zu sehen, dass auch jüngere Generationen von unseren Songs angesprochen werden und es Projekte gibt, die den Jüngeren unsere Musik näher bringen. Wie zum Beispiel bei der Erfolgsserie Stranger Things, in der Rock You Like A Hurricane auch gespielt wurde. Das ist natürlich obercool, denn die Verbreitung bei der jungen Generation ist dadurch riesig. Die haben vorher vielleicht noch nie etwas von den Scorpions gehört, finden aber den Song gut, den sie aus ihrer Serie kennen. Insofern ist es für uns nach so vielen Jahren ein Riesenprivileg, mittlerweile für drei Generationen spielen zu dürfen, all das noch machen zu können und offenbar auch alle Altersklassen damit zu erreichen.

Bist du ein Mensch, der gern in den Rückspiegel schaut und in Erinnerungen schwelgt – oder schaust du lieber nur nach vorne?

Wir leben ja noch immer dort, wo unsere Wurzeln liegen – in und im Umfeld von Hannover. Und gerade nach langen Touren ist es schön, dass man an einen Ort zurückkehrt, mit dem wir uns so verbunden fühlen. Ich ertappe mich manchmal dabei, wenn ich durch die Stadt fahre, dass ich mich in Gegenden, in denen ich als Jugendlicher viel unterwegs war, an Geschichten von früher erinnere. Zum Beispiel gab es einen Plattenladen, in dessen Schaufenster ein Cover von einer jungen Band stand, die hier auch aus der Gegend kam. Letztens stehe ich mit meinem Auto genau an der Kreuzung, an der früher dieser Plattenladen existierte. Ich erinnerte mich daran, wie ich mit meinem Fahrrad an dem Schaufenster stand, mir die Nase daran plattdrückte und dachte: ‚Wow! Die haben sogar ein Album gemacht. Das ist ja crazy!’ Und heute sitze ich in meinem Auto und habe selbst so viele supererfolgreiche Alben aufgenommen. Wenn dann die Ampel auf Grün springt, gucke ich aber lieber wieder nach vorn.

Die aktuelle Tour führt euch durch riesige Stadien auf der ganzen Welt. 2015 habt ihr aber auch kleinere Bühnen bespielt. Könnt ihr euch vorstellen, noch einmal Stadtfeste zu spielen?

Ja, wir haben gerade mit den Kollegen genau darüber gesprochen, weil wir von allen Seiten hören, dass das schöne Konzerte sind. Es müssen ja auch nicht immer die ganz großen Arenen oder Festivals sein. Im kleineren Rahmen mal wieder aufzutreten, hat besonders im Sommer einen ganz eigenen Reiz. Deshalb kann ich es mir sehr gut vorstellen, dass wir vielleicht nach dieser Tour, also in 2024, auch in kleineren Städten wie Coburg, Ulm, Bonn oder Fulda wieder spielen. Das waren tolle Shows, die auch den Fans viel Spaß gemacht haben.

Wenn man so oft in Betten sehr guter Hotels schläft, kann da das eigene Bett überhaupt noch mithalten?

Wenn man nach Hause kommt und nach einer langen Tour endlich wieder im eigenen Bett schlafen kann, ist das schon was ganz Besonderes. Das hängt auch damit zusammen, dass man meistens einen megalangen Flug hinter sich hat, bei dem man vielleicht noch ordentlich durchgeschüttelt wurde und auch nicht gut schlafen konnte. Es ist dann ein rundum gutes Gefühl, endlich wieder zu Hause mit seinen Liebsten zusammen zu sein, Zeit für das Privatleben zu finden und die Batterien wieder aufladen zu können.

Erwischt du dich manchmal dabei, dass du Wind Of Change in der Dusche pfeifst?

Nein, das habe ich tatsächlich noch nie gemacht. Ich gehöre auch nicht zu den Typen, die unter der Dusche singen. Aber ich liebe es morgens, wenn ich aufgestanden bin, beim Duschen das Radio voll aufzudrehen. Wenn so der Tag anfängt, ist das sehr schön. Allerdings muss ich langsam in den Tag gehen, langsam wach werden und meine Stimmbänder nach und nach aufwärmen. So mache ich es auch auf Tour. Da spreche ich morgens meist noch gar nicht, sondern erhole mich vom Konzert am Vorabend, bei dem ich alles gegeben habe. Nachdem ich dann meinen ersten Tee getrunken habe, geht es meinen Stimmbändern meist auch besser, und dann bin ich bereit für alle Herausforderungen, die da so vor mir liegen.

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Zeitsprung: Am 25.5.1948 rockt Klaus Meine von den Scorpions los.

Popkultur

Zeitsprung: Am 4.6.1990 verstirbt Punk-Ikone Stiv Bators nach Zusammenstoß mit einem Taxi.

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Foto: Fin Costello/Redferns/Getty Images

Anekdoten, Jubiläen und wilde Geschichten: Was an diesem Tag in der Welt der Musik passiert ist, lest ihr täglich in unserem Zeitsprung. Heute: 4.6.1990.

von Frank Thießies und Christof Leim

Als Sänger Stiv Bators am 4. Juni 1990 in Paris an den Folgen eines Verkehrsunfalls stirbt, ist dies ironischerweise die am wenigsten glamouröse Form des Ablebens für einen Rockstar mit Hang zum Morbiden. Dabei hatte der Sänger der Dead Boys und The Lords Of The New Church Zeit seines Lebens mit der Todessehnsucht gespielt. Ein Rückblick auf den Werdegang einer Legende des Punk und Gothic Rock.

Hier könnt ihr euch Young, Loud And Snotty anhören, das Debüt der Dead Boys:

Joey Ramone höchstselbst hatte ihnen geraten überzusiedeln: Ursprünglich stammen die Dead Boys aus Cleveland, Ohio; in New York City jedoch werden sie schnell eine der Hausbands im CBGB’s, eines legendären Punk-Epizentrums, und zu einem Publikumsmagneten für die aufkeimende Sicherheitsnadel-Szene. Mit ihrem programmatischYoung, Loud And Snotty betitelten Debüt von 1977 und der Punk-Hymne Sonic Reducer sowie ihren drastisch-provokanten, autoaggressiven Bühnenshows macht sich die Band im verrottenden Big Apple einen Namen. Ihr Anführer: Sänger Steven John Bator, genannt Stiv Bators. Bereits ein Jahr später folgt ein zweites Album, We Have Come For Your Children, welches übrigens auch den von Guns N‘ Roses Jahrzehnte später popularisierten Song Ain’t It Fun enthält.

Gothic-Größe

Mag die Band selber auch Spaß an jenen Gigs und den Provokationen haben, so ist sie anfangs doch etwas zu sperrig für einen Mainstream-Erfolg. Hier liegt vermutlich einer der Gründe dafür, dass sich die Dead Boys im Jahre 1979 auch schon wieder auflösen. Vorerst versteht sich. Nachdem Sänger Stiv Bators auf seinem Dezember 1990 erscheinenden Solodebüt Disconnected schon die Punk-Wurzeln zugunsten eines Garagen-Power-Pop-Sounds kappt, verschlägt es den Frontmann kurze Zeit später nach London. Dort gründet er nach der Zwischenstopp-Band The Wanderers 1981 schließlich zusammen mit Leuten von The Damned, Sham 69 und The Barracudas eine neue Supergoup: The Lords Of The New Church. Deren kühler, vergleichsweise gefälliger und gar nicht mehr so stachliger Sound, eine Mischung aus Gothic, Glam, Garagen Rock und einer kleinen Portion Punk, trifft genau den (britischen) Zeitgeist in der Post-Punk-Ära und soll in Sachen Klang und Look zahlreiche nachkommende Düsterrocker wie etwa die finnischen Finsternisfreunde The 69 Eyes maßgeblich prägen. 

Klinisch tot

Ihre ersten drei Alben, The Lords Of the New Church (1982), Is Nothing Sacred? (1983) und The Method To Our Madness (1984), hauen die neuen Gothic-Größen noch im Jahrestakt raus. Auf der Bühne bemüht Bators immer wieder gerne seinen seit Dead-Boys-Zeiten etablierten Mikrofonkabel-Strangulations-Trick. Ein Gimmick, welches dem Sänger 1983 bei einem Gig fast wortwörtlich das Genick bricht: Als Fans zu sehr an der Strippe ziehen, verliert Bators das Bewusstsein und muss gar ins Krankenhaus eingeliefert werden. Für einige Minuten ist er sogar klinisch tot. Sein lakonischer Kommentar dazu soll gelautet haben: „Ich bin einmal fast auf der Bühne gestorben. Wie um Himmels Willen soll man das noch übertreffen?“

Is This The End?

Zwar nicht so kurzlebig wie die Dead Boys, sind auch die Lords Of The New Church nach New Wave-Vorstößen sowie einem Madonna-Cover von Like A Virgin im Sommer des Jahres 1989 für Bators schon wieder Geschichte. Dort fasst der inzwischen in Paris lebende Sänger 1990 den Plan, zusammen mit dem späteren Schlagzeuger der Toten Hosen, Vom Ritchie, plus den Punk-Legenden Dee Dee Ramone und Johnny Thunders eine neue Gruppe ins Leben zu rufen. Doch die kurz unter dem Namen The Whores Of Babylon agierende Formation hat keinen Bestand. 

Als Stiv Bators am 3. Juni 1980 auf der Straße von einem Auto – manche behaupten, es sei ein Taxi gewesen – erwischt wird und so Opfer eines Verkehrsunfalls wird, ahnt der Sänger noch nicht, wie folgenschwer seine Verletzungen sind. Das Krankenhaus verlässt er jedenfalls unbehandelt, nachdem er ein paar Stunden warten musste. Keine gute Idee: Stiv Bators verstirbt in der folgenden Nacht im Schlaf an einem Schädel-Hirn-Trauma. Er wurde 40 Jahre alt. 

Zur arg gewöhnlich anmutenden Todesursache („Rockstar von Taxi angefahren“) kommen in der Folgezeit nicht nur eine, sondern gleich zwei des Rock’n’Roll würdige Mythen: Auf Bators Wunsch hin soll seine Asche von seiner Freundin Caroline Warren über dem Pariser Grab von Doors-Sänger Jim Morrison verstreut worden sein – angeblich jedoch nicht, bevor Warren davon noch schnell ein Näschen geschnupft haben soll. Was letztlich dann doch eine Prise mehr ist, als nur ein Toter-Rockstar-Mythos für Fußgänger…

Zeitsprung: Am 6.8.1996 spielen die Ramones ihre letzte Show

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Popkultur

Zeitsprung: Am 3.6.1983 ermordet „Layla“-Trommler Jim Gordon seine Mutter.

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Jim Gordon

Anekdoten, Jubiläen und wilde Geschichten: Was an diesem Tag in der Welt der Musik passiert ist, lest ihr täglich in unserem Zeitsprung. Heute: 3.6.1983.

von Christof Leim

Jim Gordon gehört in den Sechzigern und Siebzigern zu den Besten in Sachen Rock’n’Roll-Schlagzeug. Er spielt auf legendären Alben wie Pet Sounds von den Beach Boys, Pretzel Logic von Steely Dan und Apostrophe von Frank Zappa. Doch Gordon ist krank: Irgendwann beginnt er, Stimmen zu hören. Am 3. Juni 1983 schließlich kommt es zu einer Tragödie…

Hier könnt ihr das legendäre Album von Derek & The Dominos reinhören:

Derek & The Dominos 1970. Ganz links: Jim Gordon.

Keine Frage, es läuft gut damals für Jim Gordon, sehr gut sogar: Angeblich geht auf der Höhe seines Erfolges die Nachfrage so weit, dass der Drummer jeden Tag zwischen Studiosessions in Los Angeles und abendlichen Auftritten in Las Vegas hin- und herfliegt. Er spielt auf All Things Must Pass, dem ersten Soloalbum von Ex-Beatle George Harrison, und gehört 1970 er zur Bluesrock-Supergroup Derek & The Dominos mit Eric Clapton. Die wird vor allem bekannt mit dem Klassiker Layla. In diesem Song verarbeitet Clapton seine Liebe zu Pattie Boyd, der Ehefrau seines Freundes George Harrison. (Die ganze Geschichte zu dieser verzwickten Situation findet ihr hier.)

Vielleicht gerät das Stück deshalb so eindringlich, denn der Gitarrengott leidet.  Am Schlagzeug: Jim Gordon. Die sieben Minuten lange Nummer endet mit einem langen, elegischen Piano-Outro, das aus Gordons Feder stammt. Zumindest offiziell: Später wird kolportiert, dass er die Idee von seiner damaligen Freundin Rita Coolidge übernommen habe. Die Songwriting-Credits laufen heute noch auf Clapton/Gordon. Das Lied gewinnt sogar später einen Grammy, als Clapton es für sein Unplugged-Album neu auflegt. (Mehr dazu hier.)

Traurige Eskalation

Kurzum: Für Jim Gordon könnte es nicht besser laufen. Nur leider geht es dem am 14. Juli 1945 geborenen Musiker psychisch nicht gut. Er beginnt, Stimmen zu hören, unter anderem die seiner Mutter. Diese Stimmen nötigen ihn zu hungern und halten ihn zusehends davon ab, sich zu entspannen, zu schlafen oder Schlagzeug zu spielen. Seine medizinische Betreuung schätzt die Ursache dieser Probleme falsch ein und behandelt ihn wegen Alkoholmissbrauchs. Das hilft leider nicht.

Am 3. Juni 1983 greift Jim seine 72 Jahre alte Mutter Osa Marie Gordon mit einem Hammer an und ersticht sie mit einem Messer. Später gibt er an, eine Stimme habe ihm das befohlen. Erst nach seiner Verhaftung wird diagnostiziert, dass Gordon massiv an Schizophrenie leidet. Wegen einer vor kurzem beschlossenen juristischen Reform gilt das vor Gericht nur eingeschränkt als Entlastung: Gordon wird am 10. Juli 1984 zu mindestens 16 Jahren Gefängnis verurteilt („16 years to life“). Er ist 38 Jahre alt und sollte nie mehr öffentlich Schlagzeug spielen.

Der erste Anspruch auf Begnadigung steht ihm 1991 zu, doch das Gericht lehnt dies mehrere Male ab. 2005 gibt Gordon an, seine Mutter sei noch am Leben, 2014 erscheint er nicht zur Anhörung. Die Staatsanwaltschaft verkündet, der Inhaftierte sei weiterhin „massiv psychologisch eingeschränkt“ und „eine Gefahr, wenn er nicht seine Medikamente nimmt“. Die Diagnose der Schizophrenie wird 2017 bestätigt, das zehnte Gnadengesuch wird im März 2018 abgelehnt. Jim Gordon verstirbt schließlich am 13. März 2023 im Alter von 77 Jahren in einer medizinischen Strafvollzugsanstalt in Kalifornien.

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Zeitsprung: Am 16.1.1992 spielt Eric Clapton ohne Strom & landet den größten Hit seiner Karriere.

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Popkultur

20 Jahre „Paper Monsters“: Als Dave Gahan richtig laufen lernte

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Dave Gahan HEADER
Foto: Bernd Mueller/Getty Images

Über 20 Jahre singt Dave Gahan die Texte von Martin Gore. Dann erscheint sein Solodebüt Paper Monsters, auf dem er erstmals für alles verantwortlich ist. Für den Depeche-Mode-Frontmann ist es die ultimative Feuertaufe; für viele Fans ein Fragezeichen. 20 Jahre später wollen wir mal schauen, wie die Platte gealtert ist.

von Björn Springorum

Hier könnt ihr euch Paper Monsters anhören:

Dave Gahans erste Soloplatte erscheint so spät, dass man sich fragt, warum sie überhaupt noch kommt. 2003 hat er mit Depeche Mode alles durch – 20 Jahre an der Spitze einer der größten Pop-Bands der Achtziger, mehrere Überdosen, Nahtoderfahrungen, Suizidversuche, angehimmelt von Millionen und auch intern alle Streits, Ego-Schlachten und Machtkämpfe durch, die so eine Band aus drei Männern eben so mit sich bringt.

Kein egozentrischer Alleingang

Mit anderen Worten: Ein Soloalbum hätte eigentlich viel früher Sinn ergeben. Es kam aber eben nie dazu. Doch genau dieser Umstand macht Paper Monsters zu einer spannenden Ausnahmeerscheinung. Das Album ist nicht das Produkt eines zickigen Frontmanns, der insgeheim denkt, die anderen eh nicht zu brauchen. Es ist ein ehrliches, tief gefühltes Statement eines Künstlers, der nach zwei Jahrzehnten ausschweifendem Leben weiß, wer er ist, was er sagen möchte. Und vor allem, was er an seinen Bandkollegen hat.

Slide-Gitarre und U2

Die große Frage bei Gahans Premiere auf der Solistenbühne ist dann aber trotzdem die, die sich jeder erfolgreiche Bandmusiker bei einem Alleingang stellen muss – egal, ob Phil Collins, Freddie Mercury oder Ozzy: Kann er es überhaupt, so ganz ohne Hilfe? Bei Depeche Mode übernimmt bekanntlich Martin Gore das Gros des Songwriting und der Lyrics, 20 Jahre lang sang Gahan also Texte, die gar nicht von ihm sind. Auf Paper Monsters kommt dann sogar beides von ihm, die Töne und die Worte, und natürlich hört man dem Album an, wessen Lieder der Messias der Popwelt da die letzten Jahre von der Bühnenkanzel predigte: Dave Gahan orientiert sich für sein erstes Soloalbum an Songs Of Faith And Devotion, packt ein wenig melancholische U2-Stimmung drüber und lebt sich spannenderweise an der Slide-Gitarre aus.

Läuterung oder Selbstdarstellung?

Die kommt von Knox Chandler, ein gefragter Studiomusiker, der Dave Gahan auch kompositorisch unter die Arme greift. Paper Monsters ist wie das Depeche-Mode-Album einer Americana-Band – weit, voller Hall, Streichern, Pianos und Gahans innerstem Seelenleben. Denn vor allem das ist dieses Album: Sein großer persönlicher Moment, das erste Mal, dass wir auch in seinen Kopf schauen können. Lyrisch gibt es deswegen auch die volle Nabelschau. Toxische Beziehungen, Alkoholsucht, zehrende Liebeslieder, existentielle Motive und mehr als eine Zeile, die sein Verhalten der letzten 20 Jahre verurteilt. Dave Gahan will Läuterung erfahren, tänzelt aber immer wieder auf der Schwelle zur Selbstdarstellung. Das ist die Gefahr aller Soloalben. Bei Paper Monsters geht es gerade noch mal gut.

Gahans beste Gesangsleistung

Musikalisch entsteht in den New Yorker Electric Lady Studios eine überwiegend ruhige, elegische, verträumte Platte. Produzent Ken Thomas, bekannt vor allem durch seine Arbeit mit Sigur Rós, beschert dem heiliggesprochenen Personal Jesus des Pop einen dichten, atmosphärischen Sound, sorgsam austariert zwischen glitzernder Electronica, endloser Weite, Western-Flair und zerrenden Gitarren. Synthesizer sind überraschenderweise Mangelware auf Paper Monsters. Dann wiederum ist ja irgendwie klar, dass Gahan möglichst viel Raum zwischen sich und seinem Hauptarbeitgeber schaffen möchte. Im Vordergrund steht aber natürlich eh sein größter Trumpf – seine Stimme. Mit Anfang 40 sind seine Tage als größtes Sexsymbol des Planeten so langsam vorüber, da konzentriert er sich lieber ganz auf sein volles, unverkennbares Timbre. Besser singt Dave Gahan auf keinem Depeche-Mode-Album. Das scheint er sich für seinen ganz persönlichen Auftritt aufgespart zu haben.

Bei Erscheinen sorgt Paper Monsters für gemischte Reaktionen und performt auch in den Charts eher unauffällig. So wirklich scheint 2003 niemand zu wissen, was man mit diesem Album anfangen soll. Vor allem wird dann auch seine stimmliche Leistung gelobt (etwa im schleppenden, gitarrenlastigen Hidden Houses), weniger die einzelnen Songs. Durchaus auffällig ist, wie weit Paper Monsters vom damals aktuellen Depeche-Mode-Album Exciter entfernt ist. Man kann es als also durchaus Statement sehen, dass Gahan mit dem experimentellen und elektronischen Sound seiner Hauptband nicht allzu zufrieden war. Zeigt auch das, was danach passiert: Auf Playing The Angel geht es 2005 wieder deutlich organischer zu. Und noch etwas ist neu: Erstmals steuert Gahan drei Songtexte bei. Hat also doch etwas bewirkt, dieser erste Alleingang. Zumindest für ihn persönlich.

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