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Popkultur

Scorpions-Sänger Klaus Meine: Ein Gespräch zum 75. Geburtstag

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Klaus Meine
Foto: Frank Hoensch/Redferns/Getty Images

Womöglich feiert Klaus Meine seinen Geburtstag nicht zu Hause in Hannover. Denn die Scorpions sind auf Tour, klar, wie es sich für eine Rockband gehört. Sie haben alles erreicht, Gold, Platin, Weltruhm, sind seit über 50 Jahren am Start –  und gerade mit dem neuen Album Rock Believer weltweit unterwegs auf ihrer 23. offiziellen Konzertreise. Natürlich spielt das Quintett auch in der Heimat, fünf Mal schon haben sie die großen Hallen Deutschlands gefüllt.

von Andrea Leim

Am 25. Mai, zwischen den Terminen in Berlin und Lyon, pfeift dann Klaus Meine mal nicht das Intro zum geliebt-gehassten Überhit Wind Of Change, sondern pustet vielleicht Kerzen auf einem Kuchen aus zu seinem 75. Geburtstag. Wir sprachen mit dem Sänger über Nostalgie, junge Fans, Stranger Things und den Windschatten von Rudi Schenker bis zur 100.

Als du anfingst, Musik zu machen, waren kaum Rockfans oder -musiker älter als 30 Jahre. Heute sieht das anders aus. Ist Rock heute „Rentenmucke“?

Ich glaube schon, dass auch immer wieder junge Generationen nachwachsen, die Rockmusik für sich entdecken. Natürlich sind HipHop und Co. total angesagt und erfolgreich, aber es gibt eben auch junge Rockfans. Die Älteren sind einfach mit der Musik gemeinsam groß geworden. Viele bekannte Rocksongs verbinden Fans mit Erlebnissen, vielleicht mit der ersten Liebe oder dem ersten Kuss. Solche Erinnerungen kommen dann über dieses Stück Musik zurück. Die Jungen entdecken die Songs für sich nicht zuletzt auch über Social Media, über Instagram oder Youtube. Sie gucken sich dort Konzerte an oder einzelne Songs, googeln, wann wir in ihrer Gegend live spielen und kommen dann mit Freunden auf unsere Shows, um mit den Scorps abzurocken und eine gute Zeit zu haben. Es ist total schön, wenn wir die junge Generation mit unseren Songs erreichen.

Welche Bedeutung hat der 75. Geburtstag für dich?

Für mich als Privatmann hat es schon eine Bedeutung, weil ich es schön fände, mit meinen Freunden zu feiern, ein schönes Dinner auszurichten und so weiter. Wenn wir aber unterwegs sind, wird es nicht so ein großes Thema. Obwohl es natürlich auch schön ist, so einen besonderen Geburtstag in einem Rahmen zu feiern, in dem man sich wohl fühlt, mit Freunden zusammen auf der Bühne steht, Musik macht und glücklich ist.


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Hält euch euer Lebensstil jung?

Was wir tun und auf jeder Tour sehen, das hält uns jung. Ich werde manchmal gefragt, wie lange wir das noch machen wollen. Das klingt so, als sei es eine große Last, wenn man älter wird. Aber das stimmt nicht. Klar ist es anstrengend zu touren, mehrfach die Zeitzone zu wechseln und all das. Aber die Energie, die wir unterwegs abgeben, kommt tausendfach zurück, und das hält uns im Herzen jung und motiviert uns, weiterzumachen und den Weg noch ein bisschen weiter zu gehen.

Rudolf Schenker hat verkündet, sein nächstes Ziel sei es, 100 Jahre alt zu werden. Und deines?

(lacht) Das hat er mir noch nicht erzählt. Aber immer, wenn ich ihm sage, dass wir irgendwann auch mal halblang machen könnten, verweist er auf Charles Aznavour, der mit über 90 Jahren noch auf Tournee gegangen ist oder auf die Rolling Stones, die ein Stück älter sind als wir. Insofern kann ich mir schon vorstellen, dass Rudolf, der sich ja immer Ziele setzt, das auch erreichen wird. Was mich betrifft, werde ich mich einfach in seinem Windschatten bewegen. (lacht)

Wind Of Change hat gerade die Milliardenmarke bei den Youtube-Streams überschritten. Welche Bedeutung haben solche Auszeichnungen für Dich?

Der ‚Billions Club‘ ist schon etwas ganz Besonderes, weil eben nicht viele Songs – insbesondere aus Deutschland – es schaffen, die Milliardenmarke zu knacken. Wir machen in der Band jetzt vielleicht keine Flasche deshalb auf. Aber es ist großartig und es zeigt, insbesondere, wenn man die Kommentare der Fans liest, dass sie den Song weiterhin für relevant halten und seine Friedensbotschaft sie erreicht. Es ist schön mitzubekommen, dass der Song 1991 ein cooler Song war, 2023 ein cooler Song ist und 3034 auch noch ein cooler Song sein wird.

Die Rockband Heavysaurus, die in Dinosaurierkostümen Metal für Kinder spielt, hat gerade einen Scorpions-Song umgeschrieben. Aus Rock You Like A Hurricane wurde Dinos wollen euch tanzen seh’n. Die Zielgruppe ist 3 bis 11 Jahre alt. Freut ihr euch also über solche Generationswechsel?

Ja, auf jeden Fall. Es ist total schön zu sehen, dass auch jüngere Generationen von unseren Songs angesprochen werden und es Projekte gibt, die den Jüngeren unsere Musik näher bringen. Wie zum Beispiel bei der Erfolgsserie Stranger Things, in der Rock You Like A Hurricane auch gespielt wurde. Das ist natürlich obercool, denn die Verbreitung bei der jungen Generation ist dadurch riesig. Die haben vorher vielleicht noch nie etwas von den Scorpions gehört, finden aber den Song gut, den sie aus ihrer Serie kennen. Insofern ist es für uns nach so vielen Jahren ein Riesenprivileg, mittlerweile für drei Generationen spielen zu dürfen, all das noch machen zu können und offenbar auch alle Altersklassen damit zu erreichen.

Bist du ein Mensch, der gern in den Rückspiegel schaut und in Erinnerungen schwelgt – oder schaust du lieber nur nach vorne?

Wir leben ja noch immer dort, wo unsere Wurzeln liegen – in und im Umfeld von Hannover. Und gerade nach langen Touren ist es schön, dass man an einen Ort zurückkehrt, mit dem wir uns so verbunden fühlen. Ich ertappe mich manchmal dabei, wenn ich durch die Stadt fahre, dass ich mich in Gegenden, in denen ich als Jugendlicher viel unterwegs war, an Geschichten von früher erinnere. Zum Beispiel gab es einen Plattenladen, in dessen Schaufenster ein Cover von einer jungen Band stand, die hier auch aus der Gegend kam. Letztens stehe ich mit meinem Auto genau an der Kreuzung, an der früher dieser Plattenladen existierte. Ich erinnerte mich daran, wie ich mit meinem Fahrrad an dem Schaufenster stand, mir die Nase daran plattdrückte und dachte: ‚Wow! Die haben sogar ein Album gemacht. Das ist ja crazy!’ Und heute sitze ich in meinem Auto und habe selbst so viele supererfolgreiche Alben aufgenommen. Wenn dann die Ampel auf Grün springt, gucke ich aber lieber wieder nach vorn.

Die aktuelle Tour führt euch durch riesige Stadien auf der ganzen Welt. 2015 habt ihr aber auch kleinere Bühnen bespielt. Könnt ihr euch vorstellen, noch einmal Stadtfeste zu spielen?

Ja, wir haben gerade mit den Kollegen genau darüber gesprochen, weil wir von allen Seiten hören, dass das schöne Konzerte sind. Es müssen ja auch nicht immer die ganz großen Arenen oder Festivals sein. Im kleineren Rahmen mal wieder aufzutreten, hat besonders im Sommer einen ganz eigenen Reiz. Deshalb kann ich es mir sehr gut vorstellen, dass wir vielleicht nach dieser Tour, also in 2024, auch in kleineren Städten wie Coburg, Ulm, Bonn oder Fulda wieder spielen. Das waren tolle Shows, die auch den Fans viel Spaß gemacht haben.

Wenn man so oft in Betten sehr guter Hotels schläft, kann da das eigene Bett überhaupt noch mithalten?

Wenn man nach Hause kommt und nach einer langen Tour endlich wieder im eigenen Bett schlafen kann, ist das schon was ganz Besonderes. Das hängt auch damit zusammen, dass man meistens einen megalangen Flug hinter sich hat, bei dem man vielleicht noch ordentlich durchgeschüttelt wurde und auch nicht gut schlafen konnte. Es ist dann ein rundum gutes Gefühl, endlich wieder zu Hause mit seinen Liebsten zusammen zu sein, Zeit für das Privatleben zu finden und die Batterien wieder aufladen zu können.

Erwischt du dich manchmal dabei, dass du Wind Of Change in der Dusche pfeifst?

Nein, das habe ich tatsächlich noch nie gemacht. Ich gehöre auch nicht zu den Typen, die unter der Dusche singen. Aber ich liebe es morgens, wenn ich aufgestanden bin, beim Duschen das Radio voll aufzudrehen. Wenn so der Tag anfängt, ist das sehr schön. Allerdings muss ich langsam in den Tag gehen, langsam wach werden und meine Stimmbänder nach und nach aufwärmen. So mache ich es auch auf Tour. Da spreche ich morgens meist noch gar nicht, sondern erhole mich vom Konzert am Vorabend, bei dem ich alles gegeben habe. Nachdem ich dann meinen ersten Tee getrunken habe, geht es meinen Stimmbändern meist auch besser, und dann bin ich bereit für alle Herausforderungen, die da so vor mir liegen.

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Zeitsprung: Am 25.5.1948 rockt Klaus Meine von den Scorpions los.

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