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Popkultur

Zeitsprung: Am 13.5.1950 kommt ein Wunderkind zu Welt: Stevie Wonder.

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Foto: Emma McIntyre/Getty Images for The Art of Elysium

Anekdoten, Jubiläen und wilde Geschichten: Was an diesem Tag in der Welt der Musik passiert ist, lest ihr täglich in unserem Zeitsprung. Heute: 13.5.1950.

von Matthias Breusch und Christof Leim

Es gibt in der Musik die Guten, es gibt die Grandiosen – und dann gibt es jene, die die Spielregeln neu definieren. Das Wunderkind Stevie Wonder hat immer wieder ganz neue Töne angeschlagen, sogar im Geschäft mit der Musik. Am 13. Mai feiert er Geburtstag. Wir gratulieren!

Hier könnt ihr euch die Hits von Stevie Wonder anhören:

Elf Jahre ist der schmächtige Stevland Morris alt, als er an der Hand seiner Mutter Lula Hardaway zum ersten Mal die Räume des legendären Motown-Studios in Detroit betritt. Sein Künstlername Little Stevie Wonder lässt nicht lange auf sich warten: Alle Anwesenden sind verblüfft, was der Junge mit der riesigen Sonnenbrille alles drauf hat. An praktisch jedem Instrument, das er in die Finger bekommt, beweist er ein bemerkenswertes natürliches Talent, ob hinter dem Schlagzeug, am Piano, an der Mundharmonika oder als Sänger. Und er entpuppt sich als selbstbewusster, experimentierfreudiger Songwriter. Stevie ist seit seiner Geburt blind – aber nie behindert.

Frühe Erfolge

Motown-Gründer Berry Gordy, ein ehemaliger Boxer, legt sofort einen Plattenvertrag auf den Tisch. Alle Tantiemen wandern bis zu Stevies Volljährigkeit auf ein Sperrkonto. Ausgezahlt werden lediglich 2,50 Dollar Aufwandsentschädigung pro Woche. Mit 13 landet der Junge mit einer virtuosen Blues-Harp-Aufnahme seinen ersten Nummer-eins-Single-Hit: Fingertips.

Stevie Wonder

Schon ein Star: Stevie Wonder mit 14 Jahren. Foto: Michael Ochs Archives/Getty Images

Stevie Wonder lernt schnell, dass er ebenso wie seine Labelkollegen Marvin Gaye und Diana Ross Teil eines großen Geschäfts ist. Nach seinen zahlreichen frühen Erfolgen und Konzertreisen in den Sechzigern weiß er ganz genau um seinen Wert und wie er sich verwirklichen möchte.

Das Wunderkind übernimmt die Kontrolle

An seinem 21. Geburtstag ist er längst ein alter Hase. Er lässt die Verlängerung seines auslaufenden Vertrags platzen und legt einen neuen vor, der ihm die komplette künstlerische Kontrolle garantiert. Stevie fordert für seine Unterschrift ein Millionen-Handgeld und zukünftig 50 Prozent aller Einnahmen. Berry Gordy, sonst gewohnt, seine Acts wie Marionetten zu dirigieren, geht auf den harten, aber gerechten Deal ein – und wird es nicht bereuen.

Der entfesselte Künstler Stevie Wonder macht im Laufe der nächsten Jahre eine atemberaubende Karriere. Sein Welthit Superstition markiert dabei nur den ersten Schritt. Auf demselben Album – Talking Book  von 1972 – findet sich mit der Ballade You Are The Sunshine Of My Life gleich noch eine zweite Nummer-eins-Single. Zudem geht er mit den Rolling Stones auf Tour, weil er ein breiteres Publikum erreichen möchte.

Hit über Hit über Hit

1973 erweist sich ein zweifach bedeutsames Jahr: Innervisions mit Highlights wie Living In The City wird in den Staaten als „Album des Jahres“ ausgezeichnet. Gravierende Auswirkungen hat jedoch ein Auffahrunfall am 6. August, bei dem Wonder so schwer verletzt wird, dass er einen Teil seines Geruchsinns und vorübergehend auch seinen Geschmackssinn verliert.

Im September 1976 erklimmt er mit Songs In The Key Of Life endgültig den Gipfel: Das Doppelalbum mit Ohrwürmern wie Sir Duke und Isn’t She Lovely, das er nach der Geburt seiner Tochter Aisha schreibt, debütiert auf Platz eins der Billboard-Charts und bleibt dort für weitere 14 Wochen stehen.

Pionierleistungen

Seit jeher faszinieren den Musiker Klangexperimente und exotische Instrumente, wie sie im Spätsechziger-Repertoire der Beatles auftauchen. Ab den frühen Siebzigern setzt er selbst konsequent Synthesizer ein. Er gehört auch zu den ersten, die mit Sampling-Technik experimentieren. 1979 geht er mit Stevie Wonder’s Journey Through The Secret Life Of Plants einen weiteren Schritt als technologischer Pionier: Die Scheibe gilt als eines der ersten vollständig mit digitaler Technik aufgenommenen Alben überhaupt.

1980 schreibt er den Song Happy Birthday für eine Kampagne, die zum Ziel hat, einen nationalen Feiertag zum Gedenken an den ermordeten Bürgerrechtler Martin Luther King einzurichten – mit Erfolg. 1982 verfasst er zusammen mit Paul McCartney den Charterfolg Ebony And Ivory. Den Oscar für I Just Called To Say I Love You widmet er dem seinerzeit noch inhaftierten Nelson Mandela, was das rassistische Regime in Pretoria dazu veranlasst, das Abspielen aller Stevie-Wonder-Songs im südafrikanischen Radio zu verbieten.

Wenn du gut bist, bist du gut

Der Rest füllt Geschichtsbücher: weltweit bekannte Songs, unzählige Kollaborationen mit Größen der Musikwelt und Beiträge zu Filmsoundtracks. Für sein langjähriges politisches Engagement, vor allem für sein Eintreten gegen Rassismus, ernennt ihn die UNO 2009 zum „Botschafter des Friedens“. In einem Interview mit dem britischen Guardian sagt der neunfache Vater 2012: „Es ist schon lustig: Ich habe es nie für einen Nachteil gehalten, blind zu sein, und ich habe es nie für einen Nachteil gehalten, schwarz zu sein. Ich bin, was ich bin. Gott hat mir gestattet, das zu nutzen, was ich hatte, und etwas daraus zu machen.“

Die Schubladen, in die er gesteckt wird, kümmern ihn wenig: „Ich habe nie gesagt, dass ich ein Soul- oder R&B-Künstler bin. Das sind lediglich Etiketten. Wenn du Soul machst, bist du schwarz, wenn du Pop machst, bist du weiß? Völliger Blödsinn. Wenn du gut bist, bist du gut. Es läuft wie in dem alten Song von Jerry Reed: ‚When you’re hot, you’re hot, when you’re not, you‘re not.‘” Bei Stevie Wonder gibt es in dieser Frage wohl keine Zweifel. Alles Gute zum Geburtstag!

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