------------

Popkultur

The Whos Pete Townshend im Interview: „Rock’n’Roll ist keine Alte-Leute-Musik“

Published on

The Who

London, ein herrlich altmodisches Hotel in der Innenstadt. Wir erblicken Pete Townshend zunächst draußen, wo er ein Selfie mit einem Passanten macht, später dann empfängt er im Kaminzimmer.

von Steffen Rüth

Townshend, 74, Gitarrist und Songschreiber von The Who, macht einen lebhaften und freundlich-interessierten Eindruck. Ein bisschen stolz scheint er auch zu sein, aus gutem Grund. Who ist das erste neue Album seit Endless Wire aus dem Jahr 2006, und es ist eine überzeugende, elf Stücke umfassende, Sammlung geworden. Vor dem Attribut „Spätwerk“ sträubt man sich schon deshalb, weil Townshend und auch Sänger Roger Daltrey (75) auf Songs wie Hero Ground Zero oder Ball And Chain mehr nach Mittzwanzigern als nach Mittsiebzigern klingen.

Mr. Townshend, sind Sie vor Veröffentlichung eines neuen Albums noch nervös?

Ja, selbstverständlich. Die Gewissheit habe ich ja nie, und ich möchte natürlich, dass die Menschen meine Arbeit schätzen. Klar ist, dass sie unsere alten Sachen lieben, aber neue Musik ist immer ein Spiel mit unklarem Ausgang.

Warum wollten Sie überhaupt ein neues Album machen?

Wir haben in den vergangenen Jahren sehr viel live gespielt. Irgendwann entschied ich, nur noch zu touren, sofern wir auch neue Musik haben. Ich wollte mich weiter wie ein aktiver Komponist fühlen. Ich bin durchaus glücklich damit, mir selbst einzureden, als junger Mensch großartige Musik geschrieben zu haben. Ich fürchte mich auch nicht vor der Nostalgie. Aber auch wegen des Internets, wo man echt alles hören kann, was man will, habe ich dieses Jucken gekriegt, dieses Gefühl „Verdammt, da draußen ist so viel geile Musik, ich will ein Teil davon sein“.

Wie stark orientieren Sie sich beim Schreiben an Ihrem bisherigen Schaffen?

Das funktioniert nicht. Früher klang alles, was wir spielten, sofort wie The Who. Heute nicht mehr. Die Hälfte von The Who lebt nicht mehr. Den alten Sound aufzukochen, würde sich falsch anhören. Also habe ich es erst gar nicht versucht, sondern unmittelbar für Roger geschrieben. Roger ist bis heute archetypisch für den Who-Sound. Und ich finde, er singt heute besser als je zuvor.

Also blenden Sie die Klassiker aus?

Okay, ein paar Konzessionen mache ich schon. Es steckt ja doch tief in einem drin. Und so sind I Don’t Wanna Get Wise und All This Music Must Fade sehr ähnlich strukturiert wie The Kids Are Alright.

Sie schreiben in I Don’t Wanna Get Wise die Zeile „We tried hard to stay young“. Was halten Sie selbst vom Altwerden?

Ich mag das Wissen, das sich mit den Jahren in einem sammelt. Die Weisheit wird größer. Ich mag auch die immer besser werdende Intuition. Ich glaube sogar daran, dass wir mit dem Alter gewisse hellseherische Fähigkeiten entwickeln. Dieser Song jedenfalls dreht sich eher darum, eben nicht zu altersweise sein zu wollen, da ein alter Knacker alle anstrengt (lacht). Alt zu werden ohne alt zu werden – das ist die Lösung.

Sind Sie heute der glücklichste Pete Townshend, der Sie je waren?

Ja, ich denke schon. Kürzlich traf ich Elton John zum Abendessen in Südfrankreich, und er sagte das gleiche. Bei ihm liegt das zum Teil daran, dass er noch ziemlich kleine Kinder hat und eine sehr stabile Ehe, aber es spielt auch mit rein, dass er Drogen und schwere Zeiten überlebt hat und dass er seine Defizite und seine Schwächen heute akzeptieren kann. Und, da waren wir uns einig: Irgendwann ist man alt genug, um sagen zu können: „I don’t give a fuck“ (lacht).

Sie haben 55 Jahre Rock’n’Roll ganz gut überstanden, oder?

So kann man sagen, ja. Zumal es zwei Menschen aus unserer Band – Keith Moon und John Entwistle – sowie unsere beiden geliebten Manager Kit Lambert und Chris Stamp nicht bis hierher geschafft haben. Und irgendwo fühlst du dich schuldig, hast ein schlechtes Gewissen, dass du noch am Leben bist. Weil du ja auch nicht großartig besser warst als die anderen.

Sie haben aber gesünder gelebt als etwa Keith Moon?

Gar nicht mal so sehr. Ich steckte nicht so tief in den Drogen drin wie andere, ich hörte 1967 mit Marihuana auf. Aber ich trank viel. Sehr viel. Ich habe zum Glück eine gute Leber.

Haben Sie mit 20 gedacht, diesen Job mit Mitte 70 noch zu machen?

Ich hätte sicher nichts dagegen gehabt. Aber mir gefiel es nicht, in einer Band zu sein. Dieses Konstrukt „Band“ war für mich immer wie so ein Sicherheitsnetz. Als Kind hatte ich Probleme, meine Eltern ließen mich im Stich, ich wurde missbraucht, ich kam mit sieben zurück zu meinen Eltern und hatte eine bessere Zeit, aber als Teenager bin ich definitiv nicht gut damit zurechtgekommen, ein Teenager zu sein.

Welcher Teenager tut das schon?

Auch wieder wahr. Ich war als Kind viel allein und vielleicht auch deshalb jemand, der Mitglied einer Bande werden wollte. Wäre ich kein Teil von Roger Daltreys Bande geworden, dann von einer anderen. Ich war ein ängstlicher, schüchterner Mitläufer, kein Anführer. Ich brauchte den Halt einer Gemeinschaft. Später dann mit 16, ab 1961, kam ich auf die Kunsthochschule. Auf dem „Ealing Art College“ klärte sich für mich vieles, ich wurde selbstsicherer und merkte zum ersten Mal, wie wundervoll Frauen sind.

Dafür, dass Sie es nicht mögen, in einer Band zu sein, ziehen Sie das schon lange durch.

Weil es leicht für mich ist. Und weil ich gut in dem Job bin. Roger tickt ganz anders. Er liebt die Gewissheit, sich mit dem Publikum zu verbinden, Roger ist von Herzen eine Rampensau. Und ich liebe das Gefühl, als Komponist die Menschen zu erreichen. Ehrlich gesagt, würden mir die Live-Auftritte nicht sehr fehlen. 85.000 Leute fangen an zu schreien, wenn ich mit meinem Arm kreise (macht die Bewegung nach). Aber den meisten ist es egal, ob ich ein geiles Gitarrensolo spiele oder nicht. Aber die paar hundert Leute, die mir persönlich gesagt haben, das Quadrophenia-Album hätte ihr Leben verändert, die tun mir unendlich gut.

„Tommy“, „The Wall“ und Co.: Was wurde eigentlich aus der Rockoper?

Hat sich Ihr Verhältnis zu Roger Daltrey über die Jahre gebessert?

Oh ja. Definitiv. Speziell seit dem Tod von John Entwistle 2002, durch den für uns die Räume größer wurden. Diesen Raum wollten wir nicht, weil wir die Magie von Keith und John verloren haben, aber als Künstler und Partner hat uns der Verlust der beiden nähergebracht. Wir verstehen uns heute sehr viel besser als je zuvor, was außergewöhnlich ist.

Warum außergewöhnlich?

Wir kannten uns, seit wir 15, 16 waren und mochten uns echt nie besonders gut leiden. Aber heute tun wir das.

Sind Sie Freunde?

Ja, wir sind gute Freunde. Wir vertrauen uns und wir erzählen uns stets die Wahrheit, was ich sehr wichtig finde. Und streiten haben wir auch gelernt. Streiten, ohne sich beleidigt in die Ecke zu verziehen. Aber wir verbringen nicht viel Zeit zusammen.

Sie sagen über das Who-Album, dass es frei von Romantik und Nostalgie sei. Aber das stimmt nicht so ganz, oder? Das schöne, melancholische und beinahe schon akustische I’ll Be Back greift das Ende einer Liebe auf, das vom Jazz inspirierte Piano-Stück She Rocked My World ist wohl auch ein Liebeslied.

Yeah. She Rocked My World ist ein funktionelles Lied über eine Liebesbeziehung. Weniger romantisch, eher faktisch. Und I’ll Be Back spricht nicht so sehr über eine verlorene Liebe, sondern über die Liebe, Punkt. Ich denke, wenn einmal Liebe da ist, ist immer Liebe da. Du sagst doch einer Frau nicht „Ich liebe dich“, und dann drei Wochen später „Ich liebe dich nicht mehr“.

Wie wild haben Sie den Sex-Aspekt des Rock’n’Roll-Musikerseins ausgelebt?

Nicht genug.

Sie hätten gern mit mehr Frauen geschlafen?

Nein, das will ich nicht sagen. Ich war immer ziemlich zufrieden. Auf der Kunsthochschule lernte ich ein Mädchen kennen, Karen, das zwei Jahre jünger war als ich, wir heirateten, bekamen drei Kinder und blieben dreißig Jahre lang zusammen. Und seit mittlerweile zwanzig Jahren bin ich glücklich in meiner Beziehung zu Rachel, seit drei Jahren sind wir zudem verheiratet. Aber ich war keiner von den Jungs, die Gitarrist wurden, um mit mehr Mädchen zu schlafen.

Und Ihre Bandkollegen?

Nun ja, die schon. Sie wollten Frauen, Geld und Ruhm. Bekamen sie auch.

Waren Sie treu?

Ich hatte die eine oder andere Affäre auf unseren vielen Tourneen, aber längst nicht so viele wie die meisten anderen.

Als Sie Anfang der Sechziger anfingen, war Rockmusik eine Sache der jungen Leute. Heute scheint Rockmusik eher die Domäne der Älteren zu sen. Wie empfinden Sie das?

Nicht als so schwarz und weiß. Viele Hip-Hop-Produzenten holen sich neuerdings Rockmusiker ins Studio, um den eher engen, stark von Beats dominierten Horizont ihrer Stücke zu erweitern. Ich denke ganz bestimmt nicht, dass Rock’n’Roll-Musik nur noch etwas für alte Leute ist.

„I Hope I Die Before I Get Old“ haben Sie einst in Ihrem Song My Generation geschrieben.

Der Satz hatte nichts mit dem Alter zu tun. Ich bin wenige Tage nach Ende des Krieges geboren, wir wuchsen in Frieden und zunehmendem Wohlstand auf, es ging uns gut. Wir waren die Boomer. Aber wir hatten keinen Zweck, keine Mission. Den Song My Generation schrieb ich mit 18. Ich war so jung, und ich wollte mich abgrenzen, sagen: „Wir werden nicht so leben wie ihr Alten. Wir werden es anders machen.“

Die aktuelle Jugend ist aktiver, oft auch wütender. Was sagen Sie dazu?

Ich finde das phantastisch. Bei uns war es so, dass die Hippie-Bewegung viel von der Wut der Nachkriegsgeneration geschluckt und absorbiert hat. Und allgemein war ich mir nie sicher, ob Politik eine Rolle in der Rockmusik spielen sollte, spielen müsste. Heute denke ich, ja, sie hat eine Rolle.

Sie haben eine Menge Zeugs erfunden: Tommy war die erste Rock-Oper, aber Sie haben auch Instrumente auf der Bühne kaputtgeschlagen und so manches Hotelzimmer verwüstet. Wie schauen Sie mit fünfzig Jahren Abstand auf diese Aktivitäten?

(lacht) Ich hoffe inständig, dass ich nicht dafür in Erinnerung bleiben werde, Hotelzimmer verwüstet zu haben. Aber okay, war so. Soll keine Entschuldigung sein, aber wenn du so lange unterwegs bist, wird das Hotelzimmer zu einer Art Feind. Heute nicht mehr, ich käme im Traum nicht mehr auf den Gedanken, irgendwas kaputt zu machen. Teil des Problems war, dass die Hotels uns das Gefühl gaben, nicht willkommen zu sein. Man hielt uns für Radikale, für Wüstlinge. Und das macht dich natürlich dann erst recht sauer.

Sie werden 2020 wieder touren. Wie weit gucken Sie nach vorne?

Ich möchte gern noch mehr Lieder schreiben. Wir waren so viel auf Tour, dass mein Songwriting darunter gelitten hat. Und ich weiß nicht, wie viel Zeit ich noch habe. Aber wir werden schon ordentlich viel live spielen, schon allein, damit die jungen Leute uns sehen. Also möglicherweise, das ist zumindest der grobe Plan, schaffen wir es im September nach Mitteleuropa und nach Deutschland.

10 Songs, die alle The Who-Fans kennen müssen

Popkultur

Als Led Zeppelin facettenreicher wurden: „Houses Of The Holy“

Published on

Led Zeppelin HEADER
Titelfoto: Evening Standard/Hulton Archive/Getty Images

Vier durchnummerierte Platten brauchten Led Zeppelin, um die Spitze des Rockolymp zu erklimmen. Auf ihrer fünften Veröffentlichung Houses Of The Holy schlugen die Briten experimentierfreudigere Pfade ein — mit großem Erfolg. Den Titeltrack mussten sie allerdings auf das nächste Album verschieben.

von Timon Menge

Hier könnt ihr euch Houses Of The Holy von Led Zeppelin anhören:

Pause? Für Led Zeppelin ist das zu Beginn ihrer Karriere ein Fremdwort. In gerade einmal drei Jahren veröffentlichen die Briten vier legendäre Alben, touren mehrfach um den Globus und spielen weltweit vor ausverkauften Häusern. Großbritannien, Nordamerika, Japan, Australien — und wieder von vorn. Ein wenig zur Ruhe kommen Led Zeppelin erst 1972, als sie mit der Aufnahme ihres fünften Albums Houses Of The Holy beginnen. Die Gruppe schlägt darauf experimentellere Wege ein und setzt auf aufwändige Arrangements und neue Einflüsse statt auf schnodderigen Hardrock-Sound. Doch wie genau kam es zu dieser Typveränderung — und hatten auch die Fans Freude an den neuen Led Zeppelin?

Houses Of The Holy: Ein Album unter anderen Umständen

Anfang der Siebziger ist das Bankkonto von Led Zeppelin bereits gut gefüllt — so gut, dass sich Gitarrist Jimmy Page und Bassist John Paul Jones ihre eigenen Heimstudios einrichten. Zum ersten Mal können die beiden Musiker ihre Ideen in aller Ruhe aufnehmen, noch einmal hören, bearbeiten und ergänzen. Dadurch werden die Songs ausgeklügelter als sonst — weg vom Bluesrock, hin zum AOR, wenn man so möchte. Als Led Zeppelin mit den offiziellen Aufnahmen von Houses Of The Holy beginnen, sind die vier Musiker deutlich besser vorbereitet als bei ihren vorherigen vier Alben. Zu gut, wie es scheint, denn die Band spielt mehr Songs ein als auf die Platte passen.

Während der Sessions zu Houses Of The Holy sammeln Led Zeppelin so viel Material, dass sie ein paar ihrer neuen Kompositionen für später aufbewahren müssen. Das betrifft zum Beispiel den Song Walter’s Walk, der erst 1982 auf der Zusammenstellung Coda erscheint. The Rover und Black Country Woman packen die Briten auf ihr sechstes Album Physical Graffiti (1975). Besonders kurios: Sogar den Titeltrack verschieben Led Zeppelin auf später, sodass der Song Houses Of The Holy nun nicht auf dem Album Houses Of The Holy zu finden ist, sondern ebenfalls auf dem Nachfolger Physical Graffiti. Trotzdem klingt Houses Of The Holy stimmig — auch wenn „Led Zep“ darauf einige Experimente wagen.

Da wäre zum Beispiel die Funk-lastige Nummer The Crunge, die man den Briten vorher wohl nicht unbedingt zugetraut hätte. Auch das Reggae-beeinflusste Stück D’yer Mak’er klingt nicht wie ein typischer Led-Zeppelin-Song. Genau das war das Ziel, wie Gitarrist Jimmy Page in dem Buch Light & Shade: Conversations With Jimmy Page erklärt: „Auch wenn alle ein zweites Led Zeppelin IV wollten: Es ist sehr gefährlich, sich selbst zu kopieren. Ich werde keine Namen nennen, aber jeder kennt Bands, die sich ewig wiederholen. Nach vier oder fünf Alben sind sie ausgebrannt. Bei uns hingegen wusste man nie, was als nächstes kommt.“

Eine Tour der Superlative — und der anschließende Burnout

Das gilt auch für die Tour zu Houses Of The Holy, mit der Led Zeppelin einmal mehr neue Live-Show-Maßstäbe setzen. Laser, Discokugeln, aufwändige Outfits, Pyrotechnik: Die britischen Rocker lassen sich nicht lumpen und feuern auf ihrer insgesamt dreimonatigen Tour aus allen Rohren. 55 Konzerte geben Led Zeppelin, darunter auch in Nürnberg, München, West-Berlin, Hamburg, Essen und Offenburg. Überall feiert wird die Band gefeiert; später ist sogar die Rede davon, dass die Tour der technische Höhepunkt der Gruppe gewesen sein muss. Doch der Preis ist hoch: Nach der Konzertreise sind Led Zeppelin so fertig, dass sie eine fast zweijährige Pause einlegen.

Was die Verkaufszahlen und den Erfolg von Houses Of The Holy betrifft, geht die Platte im Vergleich zum direkten Vorgänger Led Zeppelin IV beinahe unter. „Nur“ elffaches Platin gelingt den Briten bis heute mit dem Album; bei Led Zeppelin IV ist es mehr als doppelt so viel und auch der Houses Of The Holy-Nachfolger Physical Graffiti kann insgesamt 16 US-Platinveredelungen abräumen. Dennoch: Led Zeppelin zeigen sich auf Houses Of The Holy von ihrer erwachsenen Seite und das kommt an. Drei Alben bringen die Briten anschließend noch raus, bis der Tod von Schlagzeuger John Bonham die Karriere der Gruppe im Jahr 1980 beendet. Doch das ist wieder einmal eine andere Geschichte.

Du willst nichts mehr in der Rockwelt verpassen? Melde dich hier für unseren Newsletter an und werde regelmäßig von uns über die wichtigsten Neuigkeiten, die spannendsten Geschichten sowie die besten Veröffentlichungen und Aktionen informiert!

5 Dinge, die ihr über John Paul Jones von Led Zeppelin noch nicht wusstet

Continue Reading

Popkultur

Zeitsprung: Am 28.3.1985 tritt Alicia Keys zum ersten Mal im TV auf. Sie ist 4.

Published on

Alicia Keys
Paola Kudacki/Sony Music

Anekdoten, Jubiläen und wilde Geschichten: Was an diesem Tag in der Welt der Musik passiert ist, lest ihr täglich in unserem Zeitsprung. Heute: 28.3.1985.

von Timon Menge und Christof Leim

Mehr als 150 Preise gewinnt Alicia Keys im Lauf ihrer Karriere, darunter 15 Grammys. Ihre Premiere im Showgeschäft feiert sie allerdings am 28. März 1985 in einer TV-Serie – mit vier Jahren.

Hier könnt ihr euch Here anhören:

Übernachtungsparty! Die kleine Tochter der Familie hat ihre Freunde und Freundinnen eingeladen, alle sind bestens gelaunt, vor allem als sie reihum mit dem Herrn Papa Rodeo spielen. Die Regeln: Wer sitzen bleibt, gewinnt. Ein Mädchen mit Lockenkopf kann sich trotz wildester Bewegungen halten und geht als Siegerin hervor. Vier Jahre alt ist die junge Schauspielerin in dieser Szene der Bill Cosby Show, ihr Name lautet Alicia Cook. Damals kennt sie niemand, heute schon…

In den Achtzigern kann man sich ein Fernsehprogramm ohne die Familie Huxtable kaum vorstellen. In acht Staffeln thematisiert die Sitcom das Leben einer afroamerikanischen Familie aus der Mittelschicht, die sich mit alltäglichen Situationen und Problemen auseinandersetzt. Dass dieses Format auch bei der weißen Bevölkerung gut ankommt, ist zu jener Zeit noch nicht selbstverständlich. Den Familienvater Dr. Heathcliff Huxtable gibt Schauspieler Bill Cosby, nach dem die Sendung auch benannt ist. (Heute ist Cosby weltweit und zurecht in Ungnade gefallen, weil er wegen dreifachen sexuellen Missbrauchs zu mehreren Jahren Haft verurteilt wird. Aber das ist eine andere, unschöne Geschichte.)

Wer ist Alicia Cook?

Diese kleine Alicia Cook, die da einen Gast der Übernachtungsparty der kleinsten Huxtable-Tochter Rudy spielt, lernen wir Jahrzehnte später unter einem anderen Namen kennen: Alicia Keys. Mit dem Auftritt in der Show feiert sie sozusagen ihren Einstand im Showgeschäft. Hier könnt ihr euch den Ausschnitt mit ihr angucken:

In einem späteren Interview mit der Teleschau erzählt Keys: „Ich erinnere mich vor allem daran, dass es ein wahnsinnig langer Tag war. Bis das alles abgedreht war, war es später Abend – und ich und die anderen Kinder waren so müde, dass wir irgendwann einfach auf dem Sofa eingeschlafen sind. Aber ich erinnere mich auch daran, dass es extrem witzig war. Bill Cosby war super. Und hey, immerhin habe ich beim Reite-Spiel auf seinem Knie gewonnen.“

Nur der Anfang

Gewinnen wird Keys nachher noch so einiges, nämlich mehr als 150 Auszeichnungen und 14 Platinschallplatten (allein in den USA). Mit Alben wie Songs In A Minor (2001), The Diary Of Alicia Keys (2003), As I Am (2007) und The Element Of Freedom (2009) räumt sie in den 2000er Jahren wirklich alles ab. Wer hätte 1985 gedacht, dass aus der kleinen Alicia Cook einer der größten Popstars des 21. Jahrhunderts wird?

Zeitsprung: Am 7.9.1984 sind die Jacksons auf Tour und Janet brennt durch.

 

Continue Reading

Popkultur

Zeitsprung: Am 27.3.1970 veröffentlicht Alice Cooper „Easy Action“.

Published on

Alice Cooper Easy Action Cover

"Anekdoten, Jubiläen und wilde Geschichten: Was an diesem Tag in der Welt der Musik passiert ist, lest ihr täglich in unserem Zeitsprung. Heute: 27.3.1970.

von Bolle Selke und Christof Leim

Die Rock’n’Roll-Welt steht nicht gerade in Flammen für die Alice Cooper Band, als sie am 27. März 1970 ihr zweites Album Easy Action veröffentlicht. Das könnte nicht zuletzt an der lustlosen Produktion liegen. Trotzdem bietet sich hier ein perfektes Zeitdokument einer sich entwickelnden Band, das man fast als Vorproduktion für den Meilenstein Love It To Death im folgenden Jahr ansehen könnte.

Hier könnt ihr euch Easy Action anhören:

Geneigte Fans und Hardrock-Aficionados wissen vermutlich, dass Alice Cooper für eine Band steht, die sich 1975 auflösen wird. Erst danach adaptiert deren Sänger Vincent Furnier den Namen und wird so zu einem hochgeschätzten Heavy-Metal-Entertainer und Gottvater des Shock Rock.

Psychedelische Scheißmusik

1970 allerdings stehen solche Superlative noch in weiter Ferne. Die Truppe schraubt an ihrem zweiten Album, das ebenso wie der Vorgänger Pretties For You bei Frank Zappas Plattenfirma Straight erscheinen soll. An den Reglern sitzt David Briggs, der heutzutage vor allem bekannt dafür ist, mehr als ein Dutzend Neil-Young-Alben produziert zu haben. Schlagzeuger Neal Smith sagt später über Briggs: „David hasste unsere Musik und uns. Ich erinnere mich, dass unsere Song für ihn ‚psychedelischer Scheiß‘ waren. Wenn man mich fragt, klang Easy Action zu trocken, eher wie eine TV- oder Radiowerbung. Er half in keiner Weise beim Arrangement der Lieder oder lieferte irgendwelchen positiven Input.“ Und so wird kein einziges der Stücke von Easy Action nach der Love It To Death-Tour jemals wieder live von Cooper aufgeführt.

Nichtsdestotrotz bezeichnen manche gerade diese Scheibe als das „große unentdeckte“ Cooper-Album. Während Pretties for You eine schwierige Platte ist und Love It to Death ein Klassiker, könnte man Easy Action als das perfekte Bild einer sich entwickelnden Band ansehen. Beim ersten Stück Mr. And Misdemeanor lässt sich zum Beispiel miterleben, wie Sänger Furnier seinen bösartig klingenden Gesangsstil definiert. Alice Cooper steht später für drei Minuten lange Hits mit eingängigen Melodien und negativen Themen, welche dann gegen Ende der Alben durch längere Stücke ergänzt werden. So gesehen liefern die Rocker mit Easy Action also fast eine Vorproduktion für Love It to Death, obwohl die Band auf ersterem mehr Erfindergeist zeigt.

Unisex, roh und gewalttätig

Hinter dem Albumtitel steckt eine Zeile aus einem Lieblingsfilm von Furnier und Bassist Dennis Dunaway, dem Musical West Side Story mit der Musik von Leonard Bernstein. Zitate daraus wie „got a rocket in your pocket“ und „when you’re a Jet, you’re a Jet all the way“ werden auch bei dem Song Still No Air verwendet. Das Motiv der halbstarken Gang aus West Side Story wird auch an anderen Stellen von Alice Copper aufgegriffen. Auf dem Cover wendet sich die Band von der Kamera ab, deren unbedeckte Rücken sind nur durch ihr langes Haar bedeckt. Eine Radiowerbung von 1970 pries die Band dann auch als „unisex, roh, miteinander und gewalttätig – genau wie ihr, amerikanische Mitbürger“.

Easy, Action!

Als ob die Band den fehlenden kommerziellen Erfolg von Easy Action geahnt hätte, beginnt der letzte Song, das psychedelisch abgedrehte Lay Down And Die, Goodbye, mit den Worten des Komikers Tom Smothers: „Ihr seid der einzige Zensor. Wenn euch das, was ich sage, nicht gefällt, habt ihr die Wahl: Ihr könnt mich ausschalten.“

Die Kritiker zerreißen das Album hauptsächlich. Robert Christgau bezeichnet es im Magazin The Village Voice als „unmelodisches Singen, unmelodisches Musizieren, unmelodische Melodien und pseudomusikalischen Beton“. Erst bei Love It To Death entdeckt die Band mithilfe von Produzent Bob Ezrin den Sound für den Alice Cooper heutzutage geliebt wird…

Zeitsprung: Am 5.6.1977 gibt es einen Todesfall bei Alice Cooper – wegen einer Ratte.

Continue Reading

Latest Music News

Top Stories

Don't Miss