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Popkultur

Whitesnake von Whitesnake: Wie sich die britischen Hardrocker neu erfanden

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Titelfoto: Dana Frank/Getty Images

Besetzungskapriolen, gesundheitliche Rückschläge und ein alter, neuer Hit: Als Whitesnake Mitte der Achtziger an ihrem siebten Album arbeiten, läuft das nicht immer rund. Mit der Neuaufnahme des älteren Whitesnake-Songs Here I Go Again landen die Briten allerdings den größten Treffer ihrer Geschichte.

von Timon Menge

Hier könnt ihr euch Whitesnake anhören:

Mitte der Achtziger stehen Whitesnake auf der vorletzten Stufe der Rock’n’Roll-Karriereleiter. Ihr sechstes Album Slide It In (1984) funktioniert hervorragend; mit Songs wie Love Ain’t No Stranger und jeder Menge Haarspray im Gepäck bewerben sich die ehemaligen Bluesrocker um ihren Platz auf dem Mainstream-Rockolymp. Dass die Platte so gut ankommt, liegt nicht zuletzt daran, dass sie aufgrund von Line-up-Änderungen in zwei unterschiedlichen Versionen erscheint: einer britischen Ausführung mit Gitarrist Micky Moody und Bassist Colin Hodgkinson sowie einer US-Variante mit Gitarrist John Sykes und Bassist Neil Murray.

Sykes und Murray gehören auch nach Slide It In zur neuen Whitesnake-Besetzung, Trommelgott Cozy Powell steigt nach der dazugehörigen Tour aus. Durch seinen Abgang stehen Whitesnake an einem Scheideweg. Eigentlich möchte Bandleader und Sänger David Coverdale die Ausfahrt Richtung Auflösung nehmen, doch seine amerikanische Plattenfirma überredet ihn dazu, sich wenigstens noch einmal mit John Sykes zusammenzusetzen — und so kommt es dann auch.

Whitesnake erfinden sich neu

Im Frühling 1985 reisen Coverdale und Sykes nach Le Rayol in Südfrankreich, um neue Songs zu schreiben; auch Bassist Murray arbeitet mit. Dabei entstehen unter anderem zwei der größten Whitesnake-Hits aller Zeiten: Still Of The Night und Is This Love. Die Vorgabe von Coverdale: Die Band soll abgespeckter, fieser und elektrisierender klingen. Er möchte den Hardrock-Sound der Achtziger, nicht den Bluesrock der Siebziger. Als die drei Musiker ein paar Songs fertig haben, reisen sie nach Los Angeles. Zum einen möchten sie in der „Stadt der Engel“ proben und ihr neues Material einstudieren. Zum anderen fehlt der Band nach Cozy Powells Ausstieg noch immer ein Schlagzeuger, weshalb sich Whitesnake auf die Suche nach einem neuen Trommler begeben.

Den Zuschlag erhält Aynsley Dunbar, der zu jener Zeit bereits Engagements bei John Mayall, Frank Zappa, David Bowie, Lou Reed, Journey und Sammy Hagar hinter sich hat. Anschließend geht die Reise der Gruppe weiter, diesmal in die Little Mountain Sound Studios nach Vancouver, wo die Rocker die letzten Pläne für ihr neues Album schmieden möchten. Auf der To-Do-Liste steht zum Beispiel der richtige Gitarrensound für John Sykes. Fündig wird er, als ein alter Kumpel von Coverdale als Toningenieur einsteigt: Bob Rock.

Coverdales Gesundheit macht Whitesnake einen Strich durch die Rechnung

Den Namen Bob Rock habt ihr vielleicht schon einmal gehört. So steht der Kanadier nicht nur auf ewig für seine Arbeit an der Bon-Jovi-Platte Slippery When Wet (1986) in den Geschichtsbüchern. Nach seiner Zusammenarbeit mit Whitesnake produziert er außerdem legendäre Platten wie Dr. Feelgood von Mötley Crüe (1989) und das „Schwarze Album“ von Metallica (1991). Die Produktion mit Whitesnake muss Rock zunächst allerdings unterbrechen, denn Sänger Coverdale leidet an einer heftigen Nasennebenhöhlenentzündung. Nicht nur das: Der Frontmann muss operiert werden und anschließend ein halbjähriges Reha-Programm durchlaufen, ohne dass er weiß, ob er seine verlorengegangene Stimme wiederbekommt.

Der große Durchbruch für Whitesnake: ihr siebtes Album Whitesnake

Die Gerüchteküche um eine eventuelle Auflösung brodelt zu jener Zeit heftig, angeblich soll Gitarrist Sykes der Plattenfirma sogar einen Ersatzsänger vorgeschlagen haben. Alles Quatsch, stellt der Gitarrist in einem Interview mit dem Rock Candy Magazine klar: „Wie zur Hölle sollte jemand der Frontmann von Whitesnake sein, der nicht David Coverdale ist?“

Ein Album der Superlative mit ungewöhnlichem Ende

Als sich Coverdale glücklicherweise auskuriert hat, geht die Arbeit weiter. Whitesnake holen die beiden Keyboarder Don Airey (heute bei Deep Purple) und Bill Cuomo an Bord. Außerdem möchte Coverdale einen Song neu aufnehmen, der 1982 bereits auf dem fünften Whitesnake-Album Saints & Sinners erschienen war: Here I Go Again. Dafür engagiert er den Gitarristen Adrian Vandenberg, der das Solo zu der Neuinterpretation beisteuert. Das Ergebnis habt ihr alle schon einmal gehört und zwar auf wirklich jeder Gartenparty der Welt. Mit ihrer neuen Aufnahme von Here I Go Again landen Whitesnake nämlich den größten Hit ihrer Geschichte.

Das gilt auch für das gesamte Album. Platz acht in Großbritannien, Platz zwei in den USA, Platin bis zum Abwinken: Mit ihrer siebten Platte gelingt Whitesnake dies- und jenseits des Atlantiks der Sprung nach ganz oben, die Wende vom Bluesrock zum Mainstream-Hardrock ist vollzogen. Auch optisch erstrahlt die Band in neuem Glanz und verabschiedet sich zugunsten ihres neuen Schriftzugs von dem traditionellen Schlangenlogo. Kein Album der Briten kann den Erfolg von Whitesnake später toppen.

David Coverdale hat nach der Platte allerdings keine Lust mehr auf seine Mitmusiker und setzt sofort nach der Albumproduktion seine gesamte Band vor die Tür. Was dann passiert ist, was John Sykes danach gemacht hat und warum, auch der neue Whitesnake-Gitarrist Vivian Campbell bald wieder gehen musste, erzählen wir euch in anderen Geschichten.

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Zeitsprung: Am 7.12.1988 feuern Whitesnake ihren Gitarristen Vivian Campbell.

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