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Popkultur

Samples, Hooks und Politik: „Yo! Bum Rush The Show“ von Public Enemy wird 35

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Public Enemy
Foto: Jack Mitchell/Getty Images

Vor 35 Jahren wurde Hip-Hop-Geschichte geschrieben: Public Enemy veröffentlichten ihr Debütalbum Yo! Bum Rush the Show — und lieferten einen nicht unumstrittenen Meilenstein.

von Markus Brandstetter

Hier könnt ihr Yo! Bum Rush The Show hören:

„Oh, Chuck, they out to get us, man /  Yo, we got to dust these boys off“: So beginnt You’re Gonna Get Yours, das Eröffnungsstück von Yo! Bum Rush The Show. Was darauf folgt sind knapp 46 Minuten Hip-Hop-Historie — innovativ, oft politisch und konsequent auf den Punkt gebracht. Die beiden Rapper Chuck D und Flavor Flav sowie der DJ Terminator X waren definitiv nicht auf Schönklang und Kuschelballaden, sondern auf Konfrontationskurs aus.

Yo! Bum Rush the Show ist, wie gesagt, über weite Strecken politisch. Die Gruppe erhebt darin Anklage gegen die Unterdrückung durch weiße Menschen — und wurde für den (vor allem in Chuck Ds Rap-Parts gesehenen) Schwarzen Nationalismus kritisiert, der aber auch, besonders in Kombination mit den militanten Outfits und der Optik der Band, eine Faszination auf viele ausübte.

Allerdings ist längst nicht alles Sozialkritik auf der Platte: Chuck D lässt über weite Strecke einfach den Swagger raus und gibt sich im klassischen Battle-Modus, im ersten Stück setzt er sogar seinem geliebten 98 Oldsmobile ein Tribut. Und da wäre noch das lyrisch aus heutiger Sicht etwas fragwürdige Sophisticated Bitch, bei dem Vernon Reids Gitarrensolo definitiv erinnerungswürdiger ist als die Lyrics.

Das Album stieß auf gemischte Reaktionen — etliche Kritiker*innen zeigten sich begeistert, Radiostationen empfanden den lyrischen Inhalt als zu explizit. Womit Public Enemy definitiv auffielen: Während viele andere vergleichbare Acts in erster Linie vom Partymachen sangen, legten sie, wenn sie mal nicht auf die sprichwörtliche dicke Hose machten (was sie auch hier oft genug taten), schonungslosen Realismus auf den Tisch.

Jede Menge Samples

Musikalisch lebt Yo! Bum Rush the Show von einer ganzen Armada an Samples – für deren Einsatz in erster Linie das Produzententeam The Bomb Squad (Rick Rubin ist als Executive Producer gelistet) verantwortlich zeichnet. Die Liste an Samples ist lang: Das Eröffnungsstück basiert auf Ausschnitten von Super Sporm von Captain Skyy und Getting It On von Dennis Coffey, beim Stück Sophisticated Bitch (für das man sich den späteren Living-Colour-Gitarristen Vernon Reid an Bord holte) gibt es Samples von Friends von Whodini und Groove Line von Heat Wave zu hören. Wer sonst noch gesampelt wurde? Aretha Franklin, Kurtis Blow, The Meters (und das mehrfach), The Commodores, Run-D.M.C., Trouble Funk, Bambarra, The Escorts und viele weitere. Eine detaillierte Auflistung würde hier den Rahmen sprengen.

„Ein Jaulen wie ein Zahnarztbohrer“

Ansonsten geht es betont spärlich zur Sache. Die Songs sind sehr perkussiv, klassische Melodieelemente gibt es wenige. Das Fundament der Platte bilden Funk und Soul — explosiv und aggressiv. Der Journalist Joe Brown bezeichnete den Sound als „fiesen und minimalistischen Rap“, der „von der Abwesenheit jeglicher Melodie“ gekennzeichnet sei. Er ging noch weiter: der beängstigende Sound sei „ein klopfender Puls, harte Drums und ein irritierendes elektronisches Jaulen wie ein Zahnarztbohrer oder ein lästiger Moskito“, schreibt er.

Def Jam schrieb wieder mal Geschichte

Yo! Bum Rush the Show war nicht das erste Mal, dass das Label Def Jam Recordings und Produzentenlegende Rick Rubin Rap-Geschichte schrieben: 1985 veröffentlichte LL Cool J über das Label seinen Meilenstein Radio, im Jahr darauf kamen die Beastie Boys mit Licensed To Ill daher. Mit Yo! Bum Rush the Show schufen Public Enemy eine grandiose Kampfansage und den Grundstein für das, was die Band im Folgejahr mit dem Meilenstein It Takes A Nation of Millions To Hold Us Back (und den Folgealben) schaffte. Ein wichtiges Album, keine Frage.

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