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Popkultur

Freischwimmen: Die 10 besten Solo-Debüts aller Zeiten

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Phil Collins
Foto: Bob King/Getty Images

Unabhängigkeitserklärungen: Zehn legendäre Solo-Debüts, die Musiker*innen mit einem Paukenschlag als Solitäre etablierten.

von Björn Springorum

Der Alleingang, er schwebt vor jeder musikalischen Berühmtheit wie die Karotte vor dem Esel. So groß die im Gemeinschaftsanstrengung erwirtschafteten Erfolge auch sind: Man bekommt eben immer nur einen Teil des Ruhms ab. Von voller kreativer Kontrolle ganz zu schweigen. Natürlich kann ein Soloalbum auch gründlich floppen, weil manche Bands nur im Team wirklich genial und Egos oftmals größer als tatsächliches Talent sind. Diese zehn Solo-Debüts beweisen aber, dass es auch anders gehen kann.

1. Phil Collins – Face Value (1981)

Der Weg von Phil Collins ist ja bekanntlich ein äußerst bemerkenswerter: Nachdem er sich als Drummer bei Genesis einen Namen macht und nach dem Ausstieg von Peter Gabriel eher widerwillig zum Frontmann wird, gewöhnt er sich nach und nach an die Rolle als Komponist und Sänger. Nach einer langen Tour findet er sich ohne Frau wieder und nutzt die Kreativpause bei Genesis kurzerhand für sein erstes Soloalbum. Darauf verarbeitet er – soweit keine Überraschung – seine Scheidung und legt gleich mit seinem ersten Alleingang ein sagenhaftes Pop-Phänomen vor, eröffnet vom unsterblichen, bitteren In The Air Tonight. Der Lohn: Mehr als fünf Millionen verkaufte Platten allein in den USA.

2. Iggy Pop – The Idiot (1977)

Zwischen Iggy Pops Solo-Debüt The Idiot und dem Ende der Proto-Punks The Stooges liegen drei Jahre. Bewusst dürfte Pop nicht viel davon mitbekommen haben: Sein Drogenmissbrauch war außer Kontrolle geraten. Um davon loszukommen, folgt er David Bowie ins Château d’Hérouville in Frankreich, wo die beiden unter anderem Pops Erstling aufnehmen. Obwohl überwiegend von Bowie geschrieben, zeigt es die experimentelle, elektronische Seite von Iggy Pop, was nach dem wüsten Rock der Stooges durchaus für hochgezogene Brauen sorgte, aber zugleich ein gewaltiger Einfluss für Bands wie Joy Division wurde.

3. Ozzy Osbourne – Blizzard Of Ozz (1980)

1980 hätte niemand Ozzy Osbourne ein solches Album zugetraut. Mehr noch: 1980 hätte niemand Ozzy Osbourne überhaupt noch ein Album zugetraut, ganz egal wie mies. Seine letzten Platten mit Black Sabbath waren lahm und uninspiriert, sein Gesang auch, seine öffentlichen Ausschweifungen kannten kein Maß mehr. Wie der Prince Of Darkness 1980 mit Blizzard Of Ozz die Kurve bekam, ist bis heute im Grunde ein Rätsel, hat aber sehr wahrscheinlich mit der irrsinnigen Energie seines neuen Gitarristen, dieses jungen Typen namens Randy Rhoads zu tun. Plötzlich lief es wieder, plötzlich sang Ozzy wieder wie zu besten Sabbath-Zeiten – und mit Crazy Train oder Mr. Crowley gab es gleich zwei echte Hits.

4. Björk – Debut (1993)

Vielleicht ist Debut nicht ganz so kühn, nicht gar so schillernd wie Post oder Homogenic. Für eine Sängerin, die davor bei der Alternative-Rock-Band Sugarcubes spielte, ist Debut aber ein Quantensprung: Trippige Elektronik, flächige Arrangements, House, Pop: Die Isländerin Björk zeigt schon mit ihrem ersten Vexierspiel, was da noch alles auf uns zukommen soll.

5. Dio – Holy Diver (1983)

Als Ronnie James Dio seinen Hut bei Sabbath nimmt, packt er sich gleich noch deren Drummer Vinny Appice ein. Gemeinsam gründen sie Dio, holen sich weitere schwermetallene Profis und schreiben mit Holy Diver vom Fleck weg Heavy-Metal-Geschichte. Mehr noch: Mit Artwork und lyrischem Content legen sie gleich ein Standardwerk des Genres vor, aus dem bis heute zitiert wird.

6. Peter Gabriel – Peter Gabriel (1977)

Wie stark Peter Gabriel nach musikalischer Selbstbestimmung war, wird schon auf seinem allerersten Soloausflug deutlich: Es ist schlicht und ergreifend nach ihm benannt. Besser hätte er nicht ausdrücken können, worum es ihm nach seinem Ausstieg bei Genesis ging: Um sich, und um sich allein. Mit Solsbury Hill liefert er nicht nur einen großen Klassiker, er thematisiert in dem verwunschen-mittelalterlichen Lied auch seine Trennung von Genesis. Danach übertreibt er aber natürlich ein wenig und benennt gleich seine drei nächsten Soloplatten ebenfalls nach sich selbst.

7. George Harrison – All Things Must Pass (1970)

Wie sehr es an George Harrison genagt hat, immer nur im Schatten der Partnerschaft Lennon/McCartney zu stehen, verdeutlicht er auf seinem ersten Post-Beatles-Album All Things Must Pass. Mit gleich drei Platten will er vielleicht auch ein wenig trotzig sagen: Das kommt davon, wenn ihr meine Songs nicht wollt! Sehr zu unserem Glück natürlich: Auch wenn es das eine oder andere Stück vielleicht nicht gebraucht hätte, ist All Things Must Pass bis heute die ultimative Unabhängigkeitserklärung der Popmusik – und von allen Solowerken der Beatles immer noch das mit der größten Wirkung.

8. Janis Joplin – I Got Dem Ol‘ Kozmic Blues Again Mama! (1969)

Mit Big Brother And The Holding Company machte sich Janis Joplin einen Namen; doch erst mit ihrer Solokarriere zeigte sie der Welt ihre stimmliche Wucht. Ihr Einstand I Got Dem Ol‘ Cosmic Blues Again Mama! ist das Soul-Album, das sie immer schon exorzieren wollte: Wild, gepeinigt und vollkommen auf ihren durchdringenden Gesang ausgelegt.

9. Rio Reiser – Rio I. (1986)

Am Ende von Ton Steine Scherben blieb 1985 ein nicht ganz unerheblicher Schuldenberg von 200.000 DM. Und auch wenn es ganz bestimmt nicht Rio Reisers Ansinnen war, sich mit einem Soloalbum zu sanieren, war genau das der Fall: Rio I. wird 1986 dank Songs wie König von Deutschland zum Megaerfolg, der Protagonist zur Legende.

10. John Lennon – John Lennon/Plastic Ono Band (1970)

Zeitgleich mit Yoko Onos Yoko Ono/Plastic Ono Band legt John Lennon Ende 1970 ein Album vor, das Katharsis und Exorzismus in einem ist. Hörbar geprägt von seiner Urschreitherapie und einemregelrechten Seelenstriptease, hatte es das ambitionierte, rohe, verletzliche Solodebüt damals rechtschwer. Heute gilt es gemeinhin als bester Alleingang von John Lennon. Und das verwundert nicht: Die schroffe, fühlbare Intensität von Songs wie Motherist auch mehr als 50 Jahre später ungebrochen.

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