Popkultur
10 Country-Empfehlungen für den Einstieg
Unsere letzten „10 Empfehlungen“ standen ganz im Zeichen des Southern Rock. Heute graben wir noch ein wenig tiefer und werfen einen Blick auf die Vergangenheit, die Gegenwart und die Zukunft des Country.
von Timon Menge
Hier könnt ihr euch einige unserer Country-Empfehlungen anhören:
Cowboyhüte, Lederstiefel, Wandergitarren: All das gehört ohne Frage zur Countrymusik. Doch dahinter steckt noch so viel mehr. Ob heile Welt, Sozialkritik, großes Glück oder persönliche Abgründe: Im Country finden gerne mal die elementaren Fragen des Lebens statt. Werfen wir einen Blick auf die „Volksmusik“ der USA.
1. Johnny Cash
Johnny Cash zählt zwar nicht zur Top Ten der kommerziell erfolgreichsten Countrymusiker*innen, sicher aber zu den einflussreichsten und bekanntesten Künstler*innen des Genres. So widmet er sich jahrelang der unbequemeren Seite der Richtung und prangert Missstände in den Vereinigten Staaten an. Damit feiert er große Erfolge, stürzt aber auch in tiefe Löcher. Immer wieder kämpft er mit Drogenproblemen. Empfehlenswert sind sowohl seine Klassiker als auch die American Recordings, die er ab Mai 1993 mit Produzent Rick Rubin aufnimmt. Am 12. September 2003 stirbt Cash an den Folgen einer schweren Diabetes.
Jetzt in unserem Store erhältlich:
Anspieltipps: Folsom Prison Blues, I Walk The Line, Man In Black, The Man Comes Around, God’s Gonna Cut You Down
2. Willie Nelson
Man muss nicht jeden Gag bringen, aber diesen Kalauer können wir uns nicht verkneifen: Willie Nelson ist inzwischen beinahe so alt wie die Countrymusik selbst. 1933 kommt er zur Welt, seit 1956 gehört der Texaner zum Inventar der Szene. Mehr als 90 Studioalben veröffentlicht er bisher, Songs wie Always On My Mind und On The Road Again kennt wirklich jeder. Inhaltlich zählt Nelson zur Outlaw-Bewegung, denn mit dem generischen Sound aus Nashville kann er nichts anfangen. Neben seiner Tätigkeit als Country-Koriphäe setzt er sich für die Nutzung von Biokraftstoffen sowie für die Legalisierung von Marihuana ein.
Anspieltipps: Always On My Mind, Mammas Don’t Let Your Babies Grow Up To Be Cowboys, Blue Eyes Crying In The Rain, On The Road Again, We Are The Cowboys
3. Hank Williams Sr., Jr. und III
In der Familie Williams war und ist Country-mäßig einiges los. Hank Williams Sr. lebt von 1923 bis 1953, ihm verdanken wir unsterbliche Klassiker wie Hey, Good Lookin’ und I’m So Lonesome I Could Cry. 1949 kommt sein Sohn Hank Williams Jr. zur Welt, der deutlich rockigere Töne anschlägt als der Herr Papa, nicht zuletzt, um sich von dem großen Erwartungsdruck zu distanzieren, den die Berühmtheit des Seniors erzeugt. Am 12. Dezember 1972 bekommt die Familie noch einmal Zuwachs. Hank Williams III veröffentlicht zunächst ein traditionelles Country-Album, bewegt sich dann aber ebenfalls schnell in rockigere und sogar Punk-Gefilde.
Anspieltipps: Hey, Good Lookin’ (Hank Williams), I’m So Lonesome I Could Cry (Hank Williams), A Country Boy Can Survive (Hank Williams Jr.), Country Heroes (Hank Williams III), Mississippi Mud (Hank Williams III)
4. Dolly Parton
Mehr als 3.000 Songs schreibt Dolly Parton im Lauf ihrer jahrzehntelangen Karriere, 25 davon erreichen Platz eins der Country-Charts. Schon mit 13 veröffentlicht sie ihre erste Single Puppy Love, später sammelt sie Gold, Platin und Auszeichnungen in Massen. Als Schauspielerin kassiert sie ebenfalls zahlreiche Preisnominierungen. Und überhaupt: Es scheint nichts zu geben, was sie nicht kann. Singen, schreiben, Instrumente spielen, produzieren, Geschäfte abschließen, schauspielern oder ihre soziale Arbeit: Dolly Parton weiß, wie der Hase im Showbusiness läuft. Kein Wunder, dass sie auch mit inzwischen 74 Jahren noch auf der Bühne steht.
Anspieltipps: 9 To 5, Jolene, Islands In The Stream, Here You Come Again, I Will Always Love You
5. Waylon Jennings
Genau wie Willie Nelson, zählt Waylon Jennings zu den Mitbegründern der Outlaw-Bewegung, die sich auf die traditionellen Facetten der Countrymusik konzentriert. Seine erste Aufnahmesession organisiert niemand geringeres als Buddy Holly, der Jennings auch als Bassisten anstellt. Als Holly bei einem Flugzeugabsturz ums Leben kommt, hat Jennings Glück, denn er fliegt aus eigener Entscheidung nicht mit. Man kennt ihn nicht nur für seine Songs, sondern auch für seine Beteiligung an der Supergroup The Highwaymen, zu der neben Jennings auch Johnny Cash, Willie Nelson und Kris Kristofferson zählen. Am 13. Februar 2002 stirbt er an den Folgen einer Diabetes.
Anspieltipps: Good Hearted Woman, Are You Sure Hank Done It In This Way, I’m A Ramblin’ Man, American Remains, Luckenbach, Texas (Back To The Basics Of Love)
6. Merle Haggard
Die Country-Karriere von Merle Haggard beginnt nach seiner Entlassung aus dem Staatsgefängnis San Quentin, in dem auch Johnny Cash und Metallica bereits zu Gast waren, wenn auch „nur“ als Musiker. Haggard muss dort einsitzen, weil er versucht, eine Raststatte zu überfallen. Seine Songs beschäftigen sich mit den Sorgen der Arbeiter*innen der Vereinigten Staaten. Politisch nimmt er eine Position ein, die dem Zeitgeist widerspricht und kann mit der allgegenwärtigen Kritik am Vietnamkrieg nicht viel anfangen. Am 6. April 2016 erliegt er an seinem 79. Geburtstag den Komplikationen in Folge einer Lungenentzündung.
Anspieltipps: I Think I’ll Just Stay Here And Drink, The Fightin’ Side Of Me, Mama Tried, Okie From Muskogee, Are The Good Times Really Over (I Wish A Buck Was Still Silver)
7. Loretta Lynn
Seit inzwischen 60 Jahren steht Loretta Lynn auf der Bühne. 24 Mal landet sie auf Platz eins der Single-Charts, elf Mal auf der Pole Position der Albumhitparade. Selbst mit 88 Jahren tourt sie noch, tritt auf Festivals auf und veröffentlicht neue Alben. Das Gitarrenspiel bringt sie sich in jüngeren Jahren selbst bei. In ihren Texten thematisiert sie die Probleme von Frauen aus der Arbeiterklasse, zum Beispiel mit untreuen Ehemännern. Immer wieder beschäftigt sie sich mit Tabuthemen ihrer Zeit, wie zum Beispiel der Verhütung durch die Antibabypille. Dadurch landet sie auf den roten Listen vieler Countrysender, entwickelt sich aber trotzdem zu einer Gigantin des Genres.
Anspieltipps: Louisiana Woman, Mississippi Man, Coal Miner’s Daughter, Don’t Come Home A-Drinkin’ (With Lovin’ On Your Mind), You Ain’t Woman Enough, Fist City
8. Orville Peck
Wer genau sich hinter dem Pseudonym Orville Peck verbirgt, bleibt bis heute ein großes Geheimnis. Auf der Bühne trägt der Kanadier eine Lone-Ranger-Maske aus Leder, sein Gesicht zeigt er in der Öffentlichkeit nicht. Muss er auch gar nicht, denn was er musikalisch so von sich gibt, reicht völlig: Mit einer Stimme, die sich irgendwo zwischen denen von Elvis Presley, Johnny Cash und Roy Orbison bewegt, trägt Peck seit 2017 tiefgründige, melodische Songs vor. Die Instrumente auf seinem Debütalbum Pony (2019) spielt er weitgehend selbst ein. Noch dieses Jahr soll sein zweites Werk Show Pony erscheinen, auf dem auch Shania Twain zu hören sein wird. Peck bekennt sich offen zu seiner Homosexualität, was in der Countrywelt leider bei weitem keine Selbstverständlichkeit ist.
Anspieltipps: Dead Of Night, Turn To Hate, Summertime, Queen Of The Rodeo, Winds Change
9. Colter Wall
Mit seinen gerade einmal 25 Jahren hat Colter Wall aus Kanada schon einiges auf die Beine gestellt. 2017 erscheint sein Debüt Colter Wall, nur ein Jahr später legt er die Songs Of The Plains nach. Das Gitarrenspiel lernt er mit den Songs von Bands wie AC/DC, Black Sabbath und Led Zeppelin. Anschließend entdeckt er den Blues für sich, von dort aus landet er beim Folk. Mit 15 oder 16 hört er Don’t Think Twice, It’s All Right von Bob Dylan und beschließt, dass er nicht nur Gitarre spielen, sondern auch Songs schreiben möchte. Und das kann er verdammt gut, zum Beispiel bei rustikalen Stücken wie Sleeping On The Blacktop und Thirteen Silver Dollars.
Anspieltipps: Sleeping On The Blacktop, The Devils Wears A Suit And Tie, Caroline, KateMcCannon, Thirteen Silver Dollars
10. Sarah Shook & The Disarmers
Auch Sarah Shook zählt zu den jüngeren Vertreter*innen des Country. 1985 in Rochester, New York geboren und in North Carolina aufgewachsen, verknüpft die Nachwuchskünstlerin das Genre mit einer Menge Punk und würzt ihre Musik mit einer dicken Prise Outlaw-Attitüde. Ob energiegeladene Songs wie Damned If I Do, Damned If I Don’t sowie Keep The Home Fires Burnin’ oder melancholischere Töne wie Fuck Up: Shook und ihre Disarmers verstehen es auf grandiose Weise, dem Country eine Frischzellenkur zu verpassen. Politisch engagiert sie sich vor allem in der LBGT-Szene; sich selbst bezeichnet sie als genderqueer und bisexuell.
Anspieltipps: Fuck Up, Good As Gold, Nothin’ Feels Right But Doin’ Wrong Anymore, Damned If I Do, Damned If I Don’t, Keep The Home Fires Burnin’
Creedence Clearwater Revival: Wie vier Jungs aus Kalifornien zu Country-Rock-Stars wurden

Popkultur
Zeitsprung: Am 25.3.2015 fährt James Corden Mariah Carey zur Arbeit
Anekdoten, Jubiläen und wilde Geschichten: Was an diesem Tag in der Welt der Musik passiert ist, lest ihr täglich in unserem Zeitsprung. Heute: 25.03.2015
von Victoria Schaffrath und Christof Leim
„Danke dir, dass du mir mit dem Weg zur Arbeit hilfst. Der Verkehr ist echt übel“, murmelt James Corden da beiläufig Richtung Beifahrersitz. „Ich weiß, es ist unerträglich“, erwidert keine Geringere als Mariah Carey. Am 25. März 2015 startet mit diesem Dialog Carpool Karaoke, die Kultsequenz aus Cordens Late Late Show. Sehen wir uns die Höhepunkte des Formats an.
Schaut euch hier alle Folgen von Carpool Karaoke an
Als James Corden am 23. März 2015 die Late Late Show von Brit-Kollege Craig Ferguson übernimmt, kennt ihn in Amerika kaum jemand. Der Schauspieler und Komödiant hatte sich zwar in Großbritannien einen Namen machen können, doch das Scheinwerferlicht in Kalifornien wirft größere Schatten. Corden weiß, dass er sich beweisen muss. So zieht er zwei Tage nach Amtsantritt ein Ass aus dem Ärmel.
Fahrgemeinschaft 2.0
Der junge Brite importiert ein Format, dass er erstmals für die britische Wohltätigkeitsveranstaltung Red Nose Day 2011 umgesetzt hatte: Da beorderte er George Michael in ein Auto, kurvte mit ihm durch London und trällerte gemeinsam mit dem Sänger dessen Hits. Michael entpuppte sich dabei als charmanter Partner, Corden als kompetenter Gastgeber. Zum Auftakt der US-Show muss also ein ähnlich hochkarätiger Gast her.
So kommt es, dass zwei Tage nach der „British Invasion“ des Abendprogramms Weltstar Mariah Carey in einen LA-typischen SUV steigt. Zunächst kokettiert sie noch, sie könne nach einer durchzechten Nacht nicht mitsingen, aber dann sprengt plötzlich ihr Schmettergesang die Autoscheiben. Dass Corden eine absolut passable zweite Stimme hinbekommt, sorgt bei Stücken wie Always Be My Baby, Fantasy, Thirsty und Vision Of Love mitunter für Ansätze von Gänsehaut.
Erfolgsformel Menschlichkeit
Der Sympath erklärt den durchschlagenden Erfolg des Segments (und demzufolge auch der gesamten Show) recht einleuchtend: „Da schwingt eine Einfachheit und Intimität mit. Einen Star solchen Kalibers in der gleichen Umgebung zu sehen, in der du und ich sonst auf dem Weg zur Arbeit singen, macht ihn menschlich.“
Logisch, dass danach nicht nur Musiktreibende auf Promotour, sondern ganze Musical-Besetzungen mit Corden „zur Arbeit fahren“ möchten. Die Videos, die im Netz häufig viral gehen, bringen so ungewöhnliche Partnerschaften wie Rod Stewart und Rapper ASAP Rocky oder Michelle Obama und Missy Elliott hervor. Ob oberkörperfreie Red Hot Chili Peppers, die Foo Fighters, Paul McCartney oder den gefiederten Elton John: Auch die großen Namen des Rock holt sich Corden gern dazu.
Bei so viel Prominenz lassen die Starallüren nicht zu wünschen übrig: Berufsprovokateur Kanye West sagt gleich mehrfach hintereinander kurzfristig ab und macht aus dem SUV mal eben eine Boeing; zwischen Corden und Dave Grohl gibt es nach der Ausstrahlung ein kleines Missverständnis. Immerhin rettet Anthony Kiedis laut eigenen Angaben während der Dreharbeiten einem Säugling das Leben. Das ist dann doch etwas mehr Aufruhr, als wir morgens auf dem Weg zur Arbeit ertragen könnten.
Zeitsprung: Am 2.3.2014 knipst eine YouTuberin David Gilmour – ohne es zu wissen.
Popkultur
Review: „Das ist los“ von Herbert Grönemeyer ist genau das Album, das wir jetzt brauchen
Herbert Grönemeyer schenkt uns auf Das ist los sinnstiftende Lieder über die Liebe und den Zusammenhalt. Ob er die Gesellschaft damit kitten kann, ist fraglich. Doch alleine der Versuch verdient Hochachtung.
von Björn Springorum
Hier könnt ihr Das ist los hören:
Herbert Grönemeyer veröffentlicht keine Alben. Herbert Grönemeyer veröffentlicht Bestandsaufnahmen. Seines Lebens, aber auch von unser aller Leben. Immer wenn eine neue Platte von Deutschlands größtem und erfolgreichsten Künstler erscheint, so wirkt es, kommt sie genau zur rechten Zeit. Seine Lieder sind Salben für die Wunden, die wir uns seit seinem letzten Album zugezogen haben, zumeist stille und zurückhaltende Gebäude, in denen wir Schutz suchen können.
„Hoffnung ist gerade so schwer zu finden“ lautet dann auch der erste Satz des Albums. Er stammt natürlich aus der Lead-Single Deine Hand, mit der Grönemeyer schon vor einigen Monaten begeistern konnte. Eine einfühlsame Ode an Liebe, Freundschaft und Zusammenhalt – wie viele seiner Songs sowohl im Mikrokosmos als auch im Makrokosmos zu sehen. Es geht um tatsächliche Partnerschaft, aber auch um den universellen Zusammenhalt. Die letzten Jahre haben gezeigt, dass wir das als Gesellschaft dringend nötig haben.
Nur ein Gutmensch?
Fünf Jahre nach Tumult ist die Welt noch viel tumultartiger geworden. Da braucht es große Künstler, die mit Ruhe, Reflexion und Besonnenheit aufarbeiten, was da eigentlich mit uns und der Welt passiert ist in diesen irren letzten Jahren. Sicher kann man das abtun, verunglimpfen als onkelnde Ratschläge vom alten weißen Mann, als Motivationscoach mit nasaler Stimme. Damit macht man es sich aber zu einfach. Grönemeyer polarisiert, und das schon sehr lange. Die einen echauffieren sich darüber, dass er ja gar nicht singen (geschweige denn tanzen) kann, die anderen halten ihn für einen aufdringlichen Gutmenschen mit Moralkomplex und biederen Thesen. Gutmensch – wie so ein Wort überhaupt zu einer Beleidigung werden konnte, sagt ja auch sehr viel.
Manchmal spielt er seinen Kritiker*innen in die Karten auf diesem Album. Der Titelsong zum Beispiel erinnert eher an Bierzelt oder Schlagerfestival – trotz seines cleveren, defragmentierten Textes, der den Informations-Overkill der heutigen Zeit versinnbildlichen soll. Doch die großen Momente gehören eh den Balladen, das ist bei Grönemeyer schon lange so. Tau zum Beispiel, ein Lied, umrankt von Trauerflor. Der Rest ist mal flott und tanzbar, mal umgarnt von Vintage-Elekronik, mal elegisch mit Streichern.
Songs, die Mut zuflüstern
Um Tod, Verlust und Trauer geht es auch auf Das ist los. Aber nicht als Fixpunkt, sondern als Unausweichlichkeiten des Lebens. Überwiegend möchte Grönemeyer uns stärken, uns Mut zuflüstern, uns als Ganzes wieder zusammenbringen. Man darf sich fragen, wieso ihm das so wichtig ist, warum er denkt, dass ausgerechnet er als Messias zu uns singt. Man darf sich aber auch fragen, warum es sonst niemand tut. Das ist los zeigt uns, dass wir nicht aufgeben sollten, nicht verzagen sollten, nicht den Ist-Zustand beibehalten sollten. Stattdessen sollen wir „Raus in den Sturm“, wie es im dringlichen Genie heißt, rein ins Leben, in die Verantwortung.
Diejenigen, die ihn bisher schon als Gutmenschen abkanzelten, werden sich darauf stürzen und ihn in der Luft zerreißen. Dabei sind es gerade diejenigen, die hier mal genau hinhören sollten. Das ist los ist nicht das beste Grönemeyer-Album, wahrscheinlich nicht mal Top fünf. Es ist aber mal wieder mal genau das Album, was wir jetzt brauchen. Und allein dafür gebührt im Hochachtung.
Du willst nichts mehr in der Rockwelt verpassen? Melde dich hier für unseren Newsletter an und werde regelmäßig von uns über die wichtigsten Neuigkeiten, die spannendsten Geschichten sowie die besten Veröffentlichungen und Aktionen informiert!
Popkultur
Zeitsprung: Am 24.3.1986 triumphieren Van Halen mit neuem Sänger und „5150“.
Anekdoten, Jubiläen und wilde Geschichten: Was an diesem Tag in der Welt der Musik passiert ist, lest ihr täglich in unserem Zeitsprung. Heute: 24.3.1986.
von Christof Leim
Einen geborenen Frontmann wie David Lee Roth zu ersetzen, ist nicht einfach. Doch Van Halen machen aus der misslichen Lage Gold und Platin: Gleich das erste Album mit Sammy Hagar wird zum Nummer-Eins-Erfolg. Dabei eskalierte ein Streit im Studio so sehr, dass ein alter Kollege sogar die Bänder zerstören wollte. Dies ist die Geschichte von 5150. Und wir haben sogar einen unveröffentlichten Song ausgegraben.
Hier könnt ihr 5150 hören:
Nach dem sechsten Album 1984 geht es nicht mehr weiter: Van Halen haben sich mit David Lee Roth so zerstritten, dass sich der Sänger und überlebensgroße „Showman“ in Richtung Solokarriere verabschiedet. Einen Ersatz allerdings können Eddie Van Halen, sein Bruder Alex und Michael Anthony partout nicht finden. Die Sängerin Patty Smyth von der Band Scandal (nicht zu verwechseln mit der Punkikone Patti Smith) lehnt ab, mit der späteren Mr. Big-Stimme Eric Martin und dem australischen Musiker Jimmy Barnes kommen die Kalifornier ebensowenig zusammen. Irgendwann beginnt das Label, Druck zu machen, und fordert sogar eine Namensänderung, was Alex und Eddie Anfang 1986 in aller Form ablehnen. David Lee Roth feiert währenddessen Erfolge mit seiner Cover-EP Crazy From The Heat (1985). Keine schönen Zeiten im Van Halen-Lager also.
Tipp aus der Werkstatt
Doch dann hilft der Zufall: Als Eddie seinen Luxusschlitten – je nach Quelle ein Ferrari oder ein Lamborghini, aber wir wollen da nicht kleinlich sein – reparieren lässt, empfiehlt ihm der Automechaniker den ehemaligen Montrose-Sänger Sammy Hager, der sich mittlerweile mit Hits wie I Can’t Drive 55 und One Way To Rock als Solokünstler etabliert hat. Die Idee ist gut: Als Eddie und Sammy sich treffen, stimmt die Chemie sofort. Hagar verfügt klar über die bessere, vielseitigere Stimme im Vergleich zu „Diamond Dave“ und spielt hervorragend Gitarre, was neue Möglichkeiten für die Liveshow eröffnet. Schlagzeuger Alex Van Halen vergleicht das allgemeine Bandgefühl nach Hagars Eintritt damit, einen Porsche zu fahren nach jahrelanger Schleicherei in einem Volkswagen. Gitarrengott Eddie schlägt in die gleiche Kerbe: „Ich habe noch nie so eine Inspiration erlebt wie an diesem ersten Tag. Wir haben losgespielt, Sammy hat gesungen – und es hat einfach geklickt. Magisch.“
Im November 1985 startet das Quartett die Arbeit an einem neuen Album, im Februar 1986 ist das Ding im Kasten, nur einen Monat vor der Veröffentlichung. Weil Roth den Van-Halen-Stammproduzenten Ted Templeman bei seinem Abgang mitgenommen hatte, übernimmt der langjährige Toningenieur Donn Landee den Job. Doch Sammy fühlt sich damit unwohl: Er wünscht sich eine „richtige“ Besetzung für den Produktionsjob und vor allem eine neutrale Stimme, kein angestammtes Mitglied des inneren Zirkels. Also wird der platindekorierte Foreigner-Gitarrist Mick Jones angeheuert, um das Steuer zu übernehmen.
Eine harte Drohung
Das geht Landee so dermaßen gegen den Strich, dass er sich – kein Witz – im Studio einschließt und damit droht, die bereits gemachten Aufnahmen zu zerstören. Plötzlich fühlt sich die Atmosphäre sehr, sehr angespannt an, doch kurz vor der Explosion kann die Zündschnur gekappt werden. Landee rückt die Bänder raus, alle Unklarheiten werden beseitigt, und tatsächlich verläuft der Rest der Aufnahmen zur Zufriedenheit aller. Das fertige Album mit neun Songs (ja, damals brauchte man nicht 15 Nummern und ein halbes Dutzend Bonustracks) taufen Van Halen auf den Namen 5150, ausgesprochen „fifty one fifty“. So heißt auch Eddies Studio, benannt nachdem dem kalifornischen Polizeicode für eine geistig gestörte Person.
Das Material klingt runder und musikalischer als die Songs mit „Diamond Dave“, auch mehr nach Mainstream und weniger gewagt, aber – und hier liegt der springende Punkt – ohne jeden Zweifel zu 100 Prozent nach Van Halen. Es finden sich ein paar mehr Love-Songs und Balladen als früher, dazu ein paar ganz dicke Ohrwürmer, allen voran natürlich Why Can’t This Be Love.
Ohrwurm und erste Single von 5150: Why Can’t This Be Love
Start-Ziel-Sieg
5150 marschiert nach der Veröffentlichung am 24. März 1986 ohne Umschweife auf Platz eins der US-Charts, was Van Halen bisher noch nie hinbekommen hatten. (1984 schaffte es bis auf Platz zwei.) Satte fünf Singles werden ausgekoppelt – von insgesamt neun Songs. Das ist schon nicht so richtig schlecht. Die Tracks kennen wir alle: Why Can’t This Be Love, Dreams, Love Walks In, Best Of Both Worlds und Summer Nights . Der Rolling Stone kommentiert damals: „Die Welt gehört Van Halen, ob mit oder ohne David Lee Roth. 5150 gleicht einem bombastischen Feuerwerk einer Band auf dem Höhepunkt ihrer Fähigkeiten.“
Vier der fünf (!) Singleauskopplungen von 5150
Die nächsten zehn Jahre laufen bestens für Van Halen: Jedes (!) der folgenden Alben wird ebenfalls eine Nummer eins in den USA: OU812 (1988), For Unlawful Carnal Knowledge (1991) und Balance (1995). (Die ausführliche Geschichte der letzten Van Halen-Platte mit Sammy, findet ihr hier.)
Bonustrack!
Für die Van Halen-Freaks und Komplettisten haben wir noch ein Schätzchen: Ursprünglich sollte als fünfter Titel auf der zweiten Seite noch der Song I Want Some Action erscheinen, doch der wird nicht veröffentlicht, zumindest nicht offiziell. Zum 30. Geburtstag der Platte stellen Van Halen den Track dann ins Netz. Und hier ist er:
Vorher führte I Want Some Action ein lustiges Schattendasein: Eddie benutzt Teile der Komposition für das bluesige Instrumental Stompin’ 8H, das er 1987 bei Saturday Night Live spielt. Außerdem überlässt er die Nummer seinem Kumpel Steve Lukather, der sie 1989 auf seinem ersten Soloalbum Lukather unter dem Titel Twist The Knife verbrät, nachzuhören hier. Doch das Hauptriff gefällt Eddie so gut, dass er es selbst 1998 nochmal für den Song Dirty Water Dog auf dem Rohrkrepierer-Album Van Halen III (mit Extreme-Sänger Gary Cherone) wiederbelebt.
Du willst nichts mehr in der Rockwelt verpassen? Melde dich hier für unseren Newsletter an und werde regelmäßig von uns über die wichtigsten Neuigkeiten, die spannendsten Geschichten sowie die besten Veröffentlichungen und Aktionen informiert!
Zeitsprung: Am 14.7.1984 steht Eddie Van Halen mit Michael Jackson auf der Bühne.
-
6 Anekdoten, die nur aus dem Leben von Keith Moon stammen können
-
Zeitsprung: Am 21.4.1959 kommt Robert Smith von The Cure zur Welt.
-
Herzschmerz, Todesfälle und der Wunsch nach Frieden: 20 Rockballaden für die Ewigkeit
-
„Bohemian Rhapsody“: Die Geschichte des Klassikers, für den Queen alle Regeln brachen