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Popkultur

„Happy Xmas (War Is Over)“: Wie der Protestsong zu einem Weihnachtsklassiker wurde

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John Lennon und Yoko Ono

„And so this is Christmas“: Man könnte mit dem Zitieren des Textes hier aufhören und hätte seinem Gegenüber bereits einen Ohrwurm verpasst. Längst ist der Song aus der Feder von John Lennon und Yoko Ono ein Klassiker in Sachen Weihnachts- und Protestsong – normalerweise nicht unbedingt miteinander verwandte Genres.

von Markus Brandstetter

Dabei sah es zumindest bei der Erstveröffentlichung in den USA zunächst nicht danach aus, als hätte man es hier mit einem zukünftigen Klassiker zu tun. Denn als Happy Xmas (War Is Over) am 1. Dezember 1971 in den Vereinigten Staaten erschien, schaffte der Song zunächst nur mäßige Chartplatzierungen. Gut, der Platz drei bei den Billboard Christmas Singles Chart mal ausgenommen. Das hatte einerseits damit zu tun, dass man Weihnachtssongs, zumindest damals, für gewöhnlich mit etwas mehr zeitlichem Vorlauf veröffentlichen sollte, andererseits schien auch die PR-Abteilung nur wenig motiviert.

Erfolg in Großbritannien

In Lennons Heimat Großbritannien sah das schon besser aus. Allerdings dauerte es bis zum Release dort eine ganze Weile. Aufgrund von einem Streit um Publishing-Rechte mit Northern Songs erschien der Song dort erst am 24. November 1972. Happy Xmas (War Is Over)  schaffte es bis auf Platz vier der Single-Charts, die Platte musste bald nachgepresst werden. Zunächst erschien der Song nur als Single, auf einem Album landete er erst 1975 – auf der Compilation Shaved Fish.

Ewiger Klassiker

Aber was macht Happy Xmas (War Is Over) so bemerkenswert und erinnerungswürdig? Den Slogan ansich hatten Lennon und Ono nicht erfunden, der tauchte bereits in anderen Stücken auf – bei The Doors und John Ochs. Lennon und Ono waren zu dem Zeitpunkt bereits bekannte Aktivist*innen, hatten mit den Bed-Ins, bei denen sie im Bett vor Medienvertreter*innen für den Weltfrieden demonstrierten, bereits für weltweite Aufmerksamkeit gesorgt. Lennon und Ono ließen in zwölf großen Städten Plakate mit den Worten „WAR IS OVER! If You Want It – Happy Christmas from John & Yoko“ errichten.

Bei dem Stück trifft eine eingängige, durchaus weihnachtstaugliche Melodie auf Sozialkritik. Diese kommt aber nicht von oben herab, sondern eher mit besorgt-freundlichem, sanft optimistischen Ton. Lennon wollte Kitsch vermeiden, aber die soziale Message in etwas Eingängiges packen. Es war Lennons und Onos Statement gegen den Vietnamkrieg, der noch bis 1975 wütete und viele Opfer fordern sollte. Man könnte sagen, der Song setzte dort an, wo Give Peace A Chance 1969 aufgehört hatte. „And so happy Christmas / For black and for white / For yellow and red ones / Let’s stop all the fights / A very merry Christmas / And a happy New Year / Let’s hope it’s a good one / Without any fears“ heißt es darin. Unterstützt werden Lennon und Ono gesanglich vom Harlem Community Choir, den Lennon für die Aufnahmen leitete.

Eigenleben

Happy Xmas (War Is Over), produziert von Phil Spector, nahm über die Jahre ein Eigenleben an. Es kam immer wieder in die Charts – die höchste Platzierung erfuhr es nach der Ermordung Lennons 1980 mit Platz zwei der britischen Single-Charts (Platz eins ging damals an Imagine). Er wurde tausende Male gecovert – von Celine Dion und Neil Diamond, von Carly Simon und REO Speedwagon, von Laura Pausini und Miley Cyrus, von Jimmy Buffett, John Legend und Jessica Simpson.

Längst gehört Happy Xmas (War Is Over) in den Kanon der Weihnachtsklassiker – und jener der Protestsongs. Man kann den Fokus beim Hören legen wie man möchte. Happy Xmas (War Is Over) funktioniert als nachdenklicher, altruistischer Weihnachtssong, als Statement gegen Krieg – und als ewig gültige und stets nötige Hoffnung, dass sich die Welt vielleicht doch ein Stück bessert.

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