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Popkultur

Von Magic Mushrooms und Rockstarqualitäten: Die große Transformation des Harry Styles

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Harry Styles
Foto: Rich Fury/Getty Images for Spotify

Mit Gitarre, Rüschenbluse und verschwitzter Wallemähne: 2020 gibt es kaum einen Popstar, der mehr androgynen Rockstar-Appeal versprüht als Harry Styles. Inspiriert von Musiklegenden wie Mick Jagger und David Bowie fügt er sich optisch nahtlos in die Ära seiner Helden ein. Doch auch musikalisch zeigt das Ex-Boybandmitglied Rockstarqualitäten. Wir gehen dem Phänomen Harry Styles auf den Grund.

von Sina Buchwitz

Hört hier in Harry Styles Erfolgsalbum Fine Line rein:

Am 1. Februar 1994 wird Harry Edward Styles im englischen Redditch geboren. Seine Liebe zur Musik entdeckt er schon in Kindertagen, als sein Großvater ihm eine Karaokemaschine schenkt. Seine ersten Songs? Vor allem die von Opas Liebling Elvis Presley, doch auch Harrys Eltern üben musikalischen Einfluss auf ihren Sohn aus.

In einem Radiointerview erzählt er: „Ich hatte einen guten Mix aus meiner Mutter und meinem Vater. Mein Vater mochte Fleetwood Mac, The Beatles, The Rolling Stones, Pink Floyd und Queen; während meine Mutter Norah Jones und Savage Garden präferierte.“

Per Castingshow in den Popstarhimmel

2010 wird Styles durch seine Teilnahme bei der britischen Castingshow The X Factor in den Pophimmel katapultiert. Zusammen mit Niall Horan, Liam Payne, Louis Tomlinson und Zayn Malik gründet er One Direction. Damals ist er gerade zarte 16 Jahre alt.

Ab da geht es nur noch höher, schneller, weiter: Bis 2015 verzeichnen die Jungs gleich fünf Nummer-eins-Alben, räumen unzählige Preise ab und touren um die Welt. Drei ihrer Alben (Midnight Memories, Four und Made In The A.M.) nimmt die Band sogar an freien Tagen zwischen den Konzerten auf. Dieses Tempo fordert seinen Tribut: Inmitten einer Tour zieht Zayn Malik in Hong Kong 2015 die Reißleine und verlässt die Band, ein paar Monate später geben auch die restlichen Mitglieder bekannt, One Direction mache eine Pause.

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I’ve been struggling to put into words how grateful I am for everything that’s happened over the last ten years. I’ve seen things and places that I’d only ever dreamt of when I was growing up. I’ve had the pleasure of meeting and working with some of the most incredible people, and gained friendships that I know I will treasure for the rest of my life. None of this would be possible without the support you’ve given along the way. And for that, I will be forever thankful. I just can’t believe it’s been ten years. Thank you to our crew, our team, and everyone else who helped us along the way. To all the fans, I love you, and I thank you with all my heart. You did it all, and you changed everything. And finally.. to the boys, I love you so much, and I couldn’t be prouder of everything we achieved together. Here’s to ten. H

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Doch wer jetzt denkt, Harry Styles hätte in George-Michael-Manier seine Lederjacke verbrannt, um den Übergang vom Boyband-Sänger zum Solokünstler möglichst dramatisch zu markieren, der irrt. Es gehört zu Styles Mentalität, positiv auf die Dinge zu blicken. So sagt er im Interview: „Ich weiß, das ist das, was immer passiert. Wenn jemand aus einer Band kommt, heißt es plötzlich: ‘Das war alles nicht ich. Ich wurde zurückgehalten.’ Aber das alles war ich. Ich fühle mich überhaupt nicht so, als wäre ich zurückgehalten worden. Es hat so viel Spaß gemacht. Wenn ich die Zeit nicht genossen hätte, hätte ich das alles gar nicht getan.“

Dieser tolerante und positive Blick aufs Leben ist es, den Styles-Fans schätzen. Er strahlt eine Mühelosigkeit aus, die seine Anhänger*innen dazu einlädt, ebenfalls sie selbst zu sein. Schon zu One-Direction-Zeiten macht er etwa, Boyband-untypisch, aus seiner sexuellen Ambiguität keinen Hehl.

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SATURDAY NIGHT LIVE.

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Auf die typische Interviewfrage: „Wonach suchst du bei einem Date?“ antwortet ein Bandkollege 2014 (sinngemäß) mit: „weiblich“. Harry zuckt daraufhin mit den Schultern, wirft ein simples „Find ich nicht so wichtig“ in die Runde und schockiert den Moderator damit zutiefst. Auf Konzerten schwenkt er stolz die Regenbogenflagge für die LGBTQ-Gemeinschaft.

Styles Style: Eine Ode an die Rockgeschichte

Wie einst Jagger und Bowie lässt auch Styles die Geschlechtergrenzen verschwimmen. Für Saturday Night Live wird er im rosa Tutu abgelichtet, zur Met Gala erscheint er mit Ohrringen, dunklem Nagellack und durchsichtiger Spitzenbluse. Auf der Bühne lässt er den Sex Appeal früherer Rockstars mit gewagten Bühnenoutfits wiederauferstehen.

2017 ist dann auch musikalisch klar, in welche Richtung es geht: Seine erste Solo-Single Sign Of The Times, offensichtlich eine Hommage an Prince, klingt wie eine Rockballade aus vergangener Zeit, die auch Pink Floyd oder Oasis gut gestanden hätten. Das sechsminütige Stück mutet in den ersten Sekunden an wie Robbie Williams’ Angels, um dann Space-Oddity-ähnlich von der Erde abzuheben.

Styles Helden: Stevie Nicks, Van Morrison und Mick Jagger

Die musikalische Neuorientierung kommt nicht von ungefähr. Harrys Liste an Inspirationen ist voller Rockhelden der Siebziger. So nennt er in einem Interview zum Beispiel Van Morrisons Album Astral Weeks als sein „Lieblingsalbum aller Zeiten“, schwärmt von Paul McCartney als Songschreiber und heimst von Mick Jagger sogar selbst Komplimente ein. Der sagt über Styles: „Ja, ich kann meinen Einfluss auf ihn erkennen. Aber ich gebe ihm keine Ratschläge, ich sage ihm nur, dass er gut aussieht. Ich mag ihn. Er ist sehr anständig.“

Mit Rock’n’Roll-Legende Stevie Nicks pflegt Styles eine besondere Beziehung: Sie nennt ihn ihre „kleine Muse“, 2019 geht er auf die Knie, um seiner Heldin während der Hall-Of-Fame-Zeremonie ihren Award zu überreichen. Den Fleetwood-Mac-Song Landslide performten sie in den letzten Jahren mehrfach miteinander.

Im selben Jahr baut er seine Rockqualitäten mit dem Album Fine Line weiter aus. Das Album schlägt ein wie der Blitz: Es verkauft sich in der ersten Woche doppelt so häufig wie Styles Debütalbum und verweilt auch sieben Monate nach der Veröffentlichung noch immer in den Top 10 der Billboard 200 Album Charts. Die Singles Adore You und Watermelon Sugar schaffen es ebenfalls in die Top 10.

Obwohl beide Titel eindeutig dem Pop zuzuordnen sind, ist der Entstehungsprozess dem eines Rockstars durchaus würdig. Styles nimmt während der Aufnahmen Psychedelika ein und erzählt im Interview: „Wir nahmen Magic Mushrooms, legten uns ins Gras und hörten Paul McCartneys Ram in der Sonne.“ Dann zeigt er unvermittelt auf eine Ecke im Raum und sagt: „Hier stand ich, als wir Pilze nahmen und ich mir die Zungenspitze abbiss. Also versuchte ich zu singen, während mir all dieses Blut aus dem Mund sprudelte.“

So entstehen auch Titel wie She, auf dem Gitarrist Mitch Rowland mit einem Gitarrensolo glänzt. „Mitch hatte Pilze genommen, als er hier die Gitarre spielte. Wir alle waren high. Später hatte er keine Ahnung mehr, was er in dieser Nacht gespielt hatte, also musste er alles vom Track neu lernen“, erinnert sich Styles. Das Ergebnis: ein abgedreht-episches Stück, das an Pink Floyds Shine On You Crazy Diamond erinnert.

Für andere Songs wie Canyon Moon nennt Styles Joni Mitchell als Inspiration. Es gelingt ihm sogar, Joellen Lapidus ausfindig zu machen, die Frau, die Joni Mitchell einst ihren Mountain Dulcimer angefertigt hatte. Lapidus höchstpersönlich gibt Styles daraufhin seine ersten Unterrichtsstunden für das Instrument.

Styles holt den Classic Rock in die Gegenwart

So mühelos wie Styles mit seinem Look Geschlechtergrenzen verschwimmen lässt, so verschmilzt er auch Pop und Rock miteinander. Seine liebevolle Hommage an den Rock der Siebziger ist respektvoll und durchdacht, ohne dass er dabei den Blick auf die musikalische Gegenwart verliert. Zusammen mit einer gehörigen Portion Selbstironie und Sex Appeal könnte Harry Styles so die Zukunft des Rock mitbestimmen.

Ist Rockmusik tot? Nicht wenn ihr richtig hinhört!

Popkultur

Zeitsprung: Am 21.9.1993 erscheint Nirvanas drittes und letztes Album „In Utero“.

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Nirvana In Utero Cover

Anekdoten, Jubiläen und wilde Geschichten: Was an diesem Tag in der Welt der Musik passiert ist, lest ihr täglich in unserem Zeitsprung. Heute: 21.9.1993.

von Christof Leim und Timon Menge

Im Jahr 1993 haben Nirvana die Schnauze voll vom Superstar-Dasein. Sie möchten nicht länger auf ihren Megahit Smells Like Teen Spirit reduziert werden und stattdessen ein authentisches, rohes Album aufnehmen. Das Ergebnis: In Utero.

Hört hier in In Utero rein:

Mit ihrem dritten Album verfolgen Nirvana ein klares Ziel: In Utero soll sich deutlich von seinem eingängigen Vorgänger Nevermind abheben und die Extreme der Band in den Vordergrund rücken. „Einige Songs klingen härter, andere noch radiotauglicher“, gibt Songwriter, Sänger und Gitarrist Kurt Cobain im Vorfeld der Aufnahmen zu Protokoll. „Das Album wird nicht so eindimensional wie Nevermind.“

Produziert wird die Platte von Steve Albini, der bereits Erfahrung mit der US-amerikanischen Punk- und Indieszene hat. Das Album trägt zunächst den Arbeitstitel I Hate Myself And I Want To Die, benannt nach einem Stück, das während des Aufnahmeprozesses entsteht. Eigentlich hat Albini keine Lust auf Nirvana und bezeichnet sie als „R.E.M. mit Fuzzbox“. Den Job habe er nur aus Mitleid mit der Band angenommen. Seine Meinung ändert sich im Zuge der zweiwöchigen Aufnahmephase im Pachyderm Studio in Cannon Falls, Minnesota, wo die Musiker sich unter dem Namen The Simon Ritchie Bluegrass Ensemble eingemietet haben. „Ich kann gar nicht in Worte fassen, wie sehr meine Bewunderung für diese Band zugenommen hat“, korrigiert er sich. Kurt Cobain und er teilen sogar eine gemeinsame Leidenschaft: Telefonstreiche. So rufen sie während der Sessions zum Beispiel Pearl Jam-Frontmann Eddie Vedder an und geben sich als Produzent Tony Visconti aus.


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Eigentlich soll In Utero bereits im Sommer 1992 eingespielt werden, doch die Bandmitglieder leben zu jener Zeit in verschiedenen Städten, was eine Zusammenkunft erschwert. Außerdem erwarten Cobain und seine Partnerin Courtney Love ihre gemeinsame Tochter Frances Bean. Die Plattenfirma DGC wird ungeduldig und veröffentlicht kurzerhand Incesticide, eine Compilation mit B-Seiten, Studio-Outtakes und raren Songs.

Vom Umfeld der Band hält Produzent Albini nicht viel, wie der NME in diesem Artikel berichtet. „Alle Personen, die an Nirvana beteiligt waren und nicht zur Band gehörten, waren Arschlöcher“, schimpft er. Tatsächlich stehen die Parteien während der Albumproduktion auf Kriegsfuß: auf der einen Seite Albini und die Band, auf der anderen Seite das Management und die Plattenfirma. Mehrfach stellen Albini und Nirvana klar, dass sie während der Arbeiten nicht gestört werden möchten, doch immer wieder erscheinen DGC-Abgesandte und möchten Zwischenstände hören — ein Verhalten, dass Albini bestraft, indem er alle Nichtmusiker eiskalt ignoriert. Für seine Arbeit erhält der Produzent stolze 100.000 US-Dollar, weigert sich aber, zusätzliche Royalties anzunehmen und bezeichnet derartige Beteiligungen als „Beleidigung für den Künstler“. Stark.

Als das Material fertig ist, halten Management und Plattenfirma es für unzureichend und werfen der Band und Albini vor, ein Album aufgenommen zu haben, das nicht veröffentlicht werden kann. Der Gesang sei nicht zu hören, das Schlagzeug viel zu laut und zu überladen mit Effekten. Zwar sind auch Nirvana selbst der Überzeugung, dass die Scheibe kein kommerzieller Erfolg werden kann, haben mit dieser Vorstellung aber keine großen Schwierigkeiten.

Die konservativen US-amerikanischen Einzelhandelsgiganten Wal-Mart und Kmart finden In Utero inhaltlich zu heiß, weshalb sie eine alternative Version fordern. Der Song Rape Me wird zu Waif Me umbenannt, die Cover-Collage von Kurt Cobain wird retuschiert und zeigt nun Frösche statt Babys und Föten. An den Song All Apologies legt R.E.M.-Produzent Scott Litt Hand an und befreit ihn von strittigen Textzeilen. Die Band stimmt den Änderungen zu, weil Cobain und Bassist Krist Novoselić in ihrer Kindheit nur zwei Möglichkeiten hatten, an neue Musik zu kommen: bei Wal-Mart und Kmart. Dass In Utero gleich auf Platz eins der Billboard-Charts landet und innerhalb der ersten Woche 180.000 Mal über die Ladentheke geht, erwartet niemand. Bis heute verkaufen sich mehr als 15 Millionen Exemplare des Albums.

In Utero zeigt Nirvana von ihrer aggressivsten Seite. Ob Scentless Apprentice, eine Vertonung des Romans Das Parfüm von Patrick Süskind, oder Pennyroyal Tea, eine Anspielung auf das als Abortivum benutzte (also einen Schwangerschaftsabbruch induzierende) Küchenkraut Polei-Minze – Nirvana wühlen in menschlichen Abgründen, dass es wehtut. Die Songs stammen alle von Kurt Cobain; lediglich Scentless Apprentice wird als Gemeinschaftswerk angegeben und maßgeblich von Dave Grohl beeinflusst, der das Riff und einige Drum-Parts für das Stück liefert. Marigold, der erste und einzige Song, den Grohl im Alleingang schreibt, schafft es zwar nicht auf das Album, wird aber als B-Seite für Heart-Shaped Box verwendet. Auch auf dem Foo Fighters-Livealbum Skin And Bones ist er zu hören. Das Cover gestaltet Cobain gemeinsam mit Robert Fisher, der schon das legendäre Nevermind-Artwork realisiert hat (alles dazu hier).

Mit Heart-Shaped Box (1993) und All Apologies/Rape Me (1993) flankieren zwei erfolgreiche Singles das Album. Letzteres zieht den Ärger zahlreicher Feministinnen auf sich, bis Cobain klarstellt, dass es sich um einen Anti-Vergewaltigungssong handelt. Hätte man auch so drauf kommen können. Überhaupt: Rape Me liefert Diskussionsstoff. Schon bei den MTV Music Awards 1992 lehnt der Musiksender die Aufführung des Songs vor einem größeren Publikum ab. Stattdessen soll die Band Smells Like Teen Spirit spielen, ein Stück, das Kurt Cobain selbst nicht mehr hören kann. MTV droht sogar damit, Amy Finnerty zu entlassen, eine enge Freundin des Frontmanns und Mitarbeiterin des Senders. Man einigt sich auf die damals aktuelle Single Lithium, doch Cobain lässt es sich nicht nehmen, den Auftritt mit den ersten Takten von Rape Me zu beginnen. Kurz bevor MTV zur Werbung schaltet, geht er wie besprochen in Lithium über, und die MTV-Verantwortlichen kommen mit einem ordentlichen Schreck davon. Die legendäre Performance endet mit Novoselić, der sich sein Instrument ins Gesicht schlägt (zu sehen hier – aua!), und ironischen Grüßen von Cobain und Grohl an Axl Rose.

Die Message von Nirvana, eingefangen in einem Pressefoto.

Legendär sind auch die Entstehungsgeschichten zu Cobains Songs. So gibt seine Witwe Courtney Love zu Protokoll, dass er Heart-Shaped Box innerhalb von fünf Minuten in einem Kleiderschrank geschrieben habe. Die Inspiration für die Nummer, die ursprünglich Heart-Shaped Coffin heißen soll, liefert eine herzförmige Schachtel, der Sänger von seiner Partnerin erhält. Love behauptet, der Text handele von ihrer Vagina. Für die Geduldigen hält In Utero einen Hidden Track namens Gallons Of Rubbing Alcohol Flow Through The Strip bereit, der etwa 20 Minuten nach All Apologies einsetzt. Sowas gibt’s heute gar nicht mehr. Der verborgene Song ist ein spontaner Jam, der im Januar 1993 in Rio de Janeiro entsteht.

Im Anschluss an die Albumveröffentlichung gehen Nirvana mit dem heutigen Foo Fighters-Mann Pat Smear an der zweiten Gitarre auf die Welttournee, in deren Rahmen auch das Livealbum MTV Unplugged in New York (1994) entsteht. Am 1. März 1994 spielen Nirvana in München ihr letztes Konzert. Die dritte In Utero-Single Pennyroyal Tea (1994) wird kurz nach Auslieferung an den Handel zurückgezogen, weil Kurt Cobain sich am 5. April 1994 das Leben nimmt. Nur wenige hundert Exemplare gelangen in den Verkauf und sind bis heute gefragte Sammlerstücke. In Utero setzt damit ein krachiges, schräges, selbstbewusstes Ausrufezeichen an das tragische Ende von Nirvana.

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Zeitsprung: Am 18.11.1993 nehmen Nirvana ihr legendäres „MTV Unplugged“ auf.

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Zeitsprung: Am 20.9.1973 verschwindet die Leiche von Byrds-Gitarrist Gram Parsons.

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Anekdoten, Jubiläen und wilde Geschichten: Was an diesem Tag in der Welt der Musik passiert ist, lest ihr täglich in unserem Zeitsprung. Heute: 20.9.1973.

von Christof Leim

Die vielversprechende Karriere von Gram Parsons endet leider typisch für viele der zu wilden Musiker der Siebziger: Der Country Rock-Pionier und zeitweilige Byrds-Gitarrist stirbt im September 1973 mit nur 26 Jahren an einer Überdosis. Sein Leichnam soll nach Louisiana zu seiner Familie überführt werden, doch seine Kumpels haben da ganz andere Pläne – immerhin aus ehrenhaften Gründen…

Hört hier in Sweetheart Of The Rodeo rein, Parsons Album mit The Byrds:

Unter Eingeweihten genießt Gram Parsons einen hervorragenden Ruf: Als Gitarrist hat er seit Ende der Sechziger maßgeblich die Genres Country und Rock zusammengebracht. Einem größeren Publikum wird er wegen seinen kurzer Zeit bei den Byrds bekannt, deren Album Sweetheart Of The Rodeo (1968) er prägte. Nach einem ebenfalls kurzen Intermezzo bei den Flying Burrito Brothers startet er eine Solokarriere und hängt mit vielen hochkarätigen Freunden rum, etwa mit einem gewissen Keith Richards in dessen Villa im französischen Villa Nellcôte. Für sein Soloalbum GP entdeckt Parsons die Sängerin Emmylou Harris.

Gram Parsons auf dem Cover seines Soloalbums „GP“

Oft und gerne verbringt der Musiker seine Zeit im Joshua Tree National Park östlich von Los Angeles. Am 17. September 1973 begibt sich der Gitarrist mit ein paar Freunden wieder dorthin, um sich vor einer anstehenden Tour noch ein wenig zu erholen. Und selbstredend wird ordentlich gefeiert: Gram Parsons trinkt Alkohol in rauen Mengen und wirft Drogen ein, dass es nur so eine Art hat. (Später sagt sogar Keith Richards, dass sein Kumpel es hätte besser wissen müssen, was die Kombination von Opiaten und Schnaps angeht.)

Es kommt, wie es kommen muss: Der erst 26-Jährige erleidet nach einem Schuss Morphin eine Überdosis. Seine geschockten Freunde können ihn nicht wiederbeleben, kurz nach Mitternacht des 19. September wird Gram Parsons für tot erklärt.

Bis hierhin klingt das wie eine typische Live-fast-die-young-Geschichte des Rock’n’Roll, aber dann wird es bizarr: Schon vor seinem Tod hatte Parsons erklärt, dass seine Asche über die Felsformation Cap Rock im geliebten Joshua Tree Park verstreut werden soll. Allerdings plant seine Familie, ihn nach Hause, nach Louisiana zu bringen. Deswegen befindet sich der Sarg mit dem Leichnam am 20. September am Los Angeles Airport.

Von den Überführungsplänen halten Parsons Kumpels Phil Kaufman und Michael Martin nichts. Sie wollen dem Verstorbenen lieber seinen letzten Wunsch erfüllen, zumal zum privaten Familienbegräbnis in New Orleans kein einziger Wegbegleiter aus der Musikwelt eingeladen wurde. Die beiden verfolgen also noble Beweggründe für die folgende Aktion, doch vielleicht, ganz vielleicht schießen sie ein bisschen über das Ziel hinaus.

Kaufman und Martin fahren in einem Leichenwagen am Flughafen vor, erzählen dort einem Mitarbeiter ein Märchen von „geänderten Plänen“ und laden den Sarg ein. Die entsprechenden Papiere unterschreiben sie mit „Jeremy Nobody“. Auf dem Weg ins 150 Meilen entfernte Joshua Tree kaufen sie mehrere Liter Benzin und halten an einer Bar, um auf ihren Freund zu trinken. Am Ziel angekommen, schleppen sie ihre Fracht bis Cap Rock, angeblich sogar im Mondschein (wenn schon, denn schon). Dort öffnen sie den Sarg, in dem der nackte Leichnam von Gram Parsons liegt, schütten das Benzin darüber und werfen ein brennendes Streichholz hinein. Den resultierenden Feuerball kann man über Kilometer sehen.

Das erregt die Aufmerksamkeit der Polizei, die die beiden Kollegen jedoch nicht zu fassen bekommt. Erst zwei Tage später werden sie gestellt. Allerdings gibt es verblüffenderweise kein Gesetz, dass den Diebstahl eines Leichnams verbietet. Kaufman und Martin erhalten eine kurze Bewährungsstrafe und müssen eine Stange Geld zahlen für die Entwendung des Sarges. Von ihrem Freund bleiben nur 16 Kilogramm an verbrannten Überresten zurück, die schlussendlich in New Orleans ihre letzte Ruhe finden.

Kaufman und Martin verteidigen sich damit, nur den letzten Wunsch Parsons ausgeführt zu haben. Das ist ehrenvoll. Und eigentlich bietet diese Episode ein aufsehenerregenderes Ende für die Lebensgeschichte des Musikers als eine einsame Überdosis in einem Hotelzimmer.

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Zeitsprung: Am 10.11.1969 erscheint „Ballad Of Easy Rider“ der Byrds.

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Zeitsprung: Am 18.9.1978 veröffentlichen die Kiss-Musiker am gleichen Tag Soloalben.

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Anekdoten, Jubiläen und wilde Geschichten: Was an diesem Tag in der Welt der Musik passiert ist, lest ihr täglich in unserem Zeitsprung. Heute: 18.9.1978.

von Christof Leim

Wenn schon dicke Hose, dann richtig: Ende der Siebziger läuft es bei Kiss. Die Schminkemonster sind vor allem in den USA zu einem Phänomen geworden, das wirklich jeder kennt. Insbesondere der legendäre Konzertmitschnitt Alive! von 1975 hat die Truppe zu Stars gemacht. In den fünf Jahren nach der ersten Probe der Urbesetzung sind sechs Studioalben und zwei Liveplatten erschienen, dank üppiger Verkäufe, ausverkaufter Hallen und eines lukrativen Merch-Imperiums inklusive Kiss-Comics haben die vier New Yorker Millionen auf dem Konto. Und erst einer von ihnen ist über 30. Allerdings lässt die Stimmung in der Band zu wünschen übrig…

Hört hier in die vier Kiss-Soloalben rein:

Kiss mögen 1978 auf ihrem kommerziellen Höhepunkt angekommen sein, doch Paul Stanley, Gene Simmons, Ace Frehley und Peter Criss streiten sich über die kreative Ausrichtung, Kontrolle und Drogenkonsum, und vermutlich haben sie nach etlichen Jahren ununterbrochenen Arbeitens einfach die Nase voll voneinander. Um die Spannungen zu entschärfen, fassen die Kollegen zusammen mit ihrem Manager Bill Aucoin den Entschluss, dass jeder der Musiker völlig frei und unabhängig von den anderen ein Soloalben veröffentlicht. So lautet zumindest die am häufigsten kommunizierte und durchaus einleuchtende Begründung. Tatsächlich sieht manchen Quellen zufolge der Plattenvertrag von 1976 solche Einzelveröffentlichungen explizit vor.

Gene, Ace, Paul und Peter können so ihre musikalischen Vorlieben ausleben und komponieren, was immer sie wollen. Die Ergebnisse fallen durchaus unterschiedlich aus: Paul Stanleys Solowerk klingt am meisten nach den Kiss der Siebziger, vielleicht sogar noch ein bisschen dramatischer. Gene Simmons lässt die Beatles, Siebziger-Disco-Funk und Disney-Soundtracks durchklingen. Auf seiner Scheibe, der „buntesten“ der vier, spielen Joe Perry von Aerosmith, Donna Summer und seine Freundin Cher mit. Bei den Background-Vocals singt auch eine unbekannte Schauspielerin namens Katey Sagal, die später als Peggy Bundy aus Eine schrecklich nette Familie berühmt werden sollte.

Ace Frehley haut ein kräftiges Hard Rock-Scheibchen raus und kann sogar entgegen seiner sonstigen Gewohnheiten als Sänger punkten. Mit seinem Cover der Siebziger-Disco-Nummer New York Groove, im Original von der Band Hello, schafft er als einziger einen Single-Hit. Drummer Peter Criss hingegen überrascht mit vergleichsweise entspannten Nummern zwischen Soul und frühem Rock’n’Roll.

Natürlich hauen Kiss für die ganze Aktion mit beiden Händen auf die Sahne: Alle vier Soloalben erscheinen unter großem Getöse am gleichen Tag, dem 18. September 1978. Das hat es bis dahin nicht gegeben, und nachher auch nicht. Jede Platte ziert ein ähnliches Cover, nämlich ein Gemälde des jeweiligen Musikers im vollen Make-up.

Das Label fährt dazu eine megafette Werbekampagne für einen siebenstelligen Dollar-Betrag und stellt von jeder Platte über eine Million Exemplare in die Läden. Das heißt, die Alben erhalten quasi von Tag eins an eine Platinauszeichnung. Ein voller Erfolg? Nicht ganz.

Denn „Platin ausliefern“ und „Platin verkaufen“ sind zwei verschiedene Dinge. Da der Markt ohnehin von Kiss-Produkten überflutet ist, kommen viele der Soloalben nach einer Weile wieder zurück zum Label oder landen preisreduziert auf Wühltischen. Insgesamt sollen sich die vier Scheiben zusammen so gut verkauft haben wie das letzte Studiowerk Love Gun von 1977. Das lief allerdings beachtlich gut, und in Sachen PR und öffentlichkeitswirksamer Kackehauerei liegen Kiss mit der Aktion natürlich weit vorne. Und schlecht sind die Platten tatsächlich nicht…

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Zeitsprung: Am 12.3.1999 zünden Kiss in Bremen alle Pyros auf einmal.

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