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Popkultur

„Iron Fist“: Das letzte Motörhead-Album mit „Fast“ Eddie Clarke

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Motörhead
Foto: Paul Natkin/Getty Images

Zugegeben, Iron Fist ist weder das beste noch das bahnbrechendste Motörhead-Album. Doch für die britischen Metal-Legenden markiert die Platte einen großen Umbruch: Nach sechs Jahren handelt es sich um die letzte Veröffentlichung mit Gitarrist „Fast“ Eddie Clarke — und um den ersten Chart-Erfolg in den USA.

von Timon Menge

Hier könnt ihr euch Iron Fist von Motörhead anhören:

Anfang 1982 könnte die Ausgangslage für Motörhead kaum besser sein. Mit Bomber (1979) und Ace Of Spades (1980) haben die Briten gleich zwei Top-20-Alben im Rücken; mit der Live-Platte No Sleep ‘Til Hammersmith (1981) stürmen sie sogar den ersten Platz der britischen Charts. Im Sommer 1981 touren Lemmy und Co. mit niemand geringerem als Ozzy Osbourne durch die USA und erspielen sich zusätzliche Fans jenseits des großen Teichs. Kein Wunder, dass die Plattenfirma der lautstarken Rocker möglichst schnell das nächste Album nachlegen möchte, um an die Erfolge anzuknüpfen. Ende Januar 1982 stehen Motörhead deshalb schon wieder um Studio und arbeiten unter Hochdruck an ihrer fünften Platte — doch in der Eile geht so einiges schief …

Schon zu Beginn der Aufnahmen kommt es zu Problemen. So steigt Ace-Of-Spades-Produzent Vic Maile am Anfang des Projekts aus. Warum ist bis heute nicht vollständig geklärt. Eine Theorie lautet, dass Gitarrist „Fast“ Eddie Clarke die Aufnahmen von Maile nicht mochte. Clarke selbst hingegen behauptet in der Motörhead-Doku The Guts And The Glory, dass vor allem Schlagzeuger Phil „Philthy Animal“ Taylor ein Problem mit dem Produzenten gehabt habe: „Phil drehte sich zu mir um und sagte: ‚Eddie, warum machst du das nicht?‘ Ich sagte: ‚Alter, ich will es nicht machen, ich spiele auf dem Album‘ … Ich schwöre bei Gott, dass ich verdammt widerwillig war.“ Dennoch übernimmt Clarke gemeinsam mit Will Reid Dick das Mischpult.

Hohe Erwartungen und ein eigenwilliger Promoclip

Lemmy hält von dieser Idee nicht besonders viel, zumindest im Nachhinein nicht, wie er in derselben Dokumentation zu Protokoll gibt: „Ich war angepisst, weil wir Eddie die Produktion überlassen haben. Zu der Zeit noch nicht, wenn ich ehrlich bin. Fair play. Aber als die Platte rauskam, war es offensichtlich. Es war, als würde ich nüchtern werden und merken, dass es Müll war, das meiste davon. Es sind mindestens drei Songs auf dem Album, die noch nicht einmal fertig waren. Wir haben sie schnell im Studio fertiggestellt und sie einfach zusammengeschustert. Es war ein minderwertiges Album. Aber das Problem ist: Was veröffentlicht man nach einer Live-Platte, die direkt auf Platz eins gelandet ist? Da kann man nichts machen.“

Als Iron Fist erscheint, begleitet ein knapp dreiminütiger Promoclip die Veröffentlichung. In dem Video sind die Musiker als Conan-ähnliche Krieger in Leder-Metall-Rüstungen zu sehen, die im Nebel durch den Wald stapfen. Einen Helm, der aussieht wie das Motörhead-Maskottchen Snaggletooth, gibt es natürlich auch. In Großbritannien landet Iron Fist auf Platz sechs, in den USA gelingt mit Platz 174 die erste Platzierung in den Top 200. Ab dem 17. März tourt die Gruppe durch England und nutzt eine riesige eiserne Faust als Kulisse. Eigentlich soll sich die Hand aufklappen lassen, doch die Technik versagt und das Publikum bekommt stattdessen eine „rüde Geste“ zu sehen, wie Lemmy berichtet. Als die Band im Mai durch Nordamerika tourt, kommt es intern zum Eklat.

Der Ausstieg von „Fast“ Eddie Clarke

Nach dem Auftritt der Band im Palladium in New York steigt Gitarrist Clarke aus. Zwischen ihm und Lemmy hatte es schon länger Probleme gegeben, doch die Schwierigkeiten erreichen ihren Höhepunkt, als Lemmy eine Coverversion des Tammy-Wynette-Klassikers Stand By Your Man aufnehmen möchte. „Eigentlich ist Eddie ungefähr alle zwei Monate aus der Band ausgestiegen“, schreibt der Motörhead-Frontmann in seiner Autobiografie. „Aber dieses Mal haben wir ihn nicht gefragt, ob er wieder einsteigt. Wir haben nicht versucht, ihn zu überzeugen, weshalb er ferngeblieben ist — das hat ihn ein wenig überrascht. Aber wir hatten genug von ihm, weil er ständig Stress gemacht und eine Menge getrunken hat.“ Damit endet die Motörhead-Ära des „Three Amigos“-Line-ups.

Als Nachfolger wünscht sich Lemmy den Anvil-Frontmann Steve „Lips“ Kudlow, doch der bleibt nach Metal On Metal (1982) lieber seiner eigenen Band treu. Stattdessen engagieren Motörhead den ehemaligen Thin-Lizzy-Gitarristen Brian „Robbo“ Robertson, der sich allerdings als schwieriger Charakter erweist und es deshalb nur auf ein Motörhead-Album schafft. „Another Perfect Day aufzunehmen, war eine einzige Tortur“, erinnert sich Lemmy in The Guts And The Glory. „Brian brauchte 17 Stunden für eine Gitarrenspur. Es hat im Vergleich zu den anderen Alben so verdammt lange gedauert. Als die Platte rauskam, haben wir sie alle gehasst.“ Zu den Motörhead-Klassikern zählt das Album trotzdem, doch die ausführliche Geschichte heben wir uns für ein anderes Mal auf.

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Zeitsprung: Am 5.9.1987 veröffentlichen Motörhead das passend betitelte „Rock’n’Roll“.

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