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Popkultur

„Meddle“: Die schwere Geburt der Sechsten von Pink Floyd

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Pink Floyd
Foto: Koh Hasebe/Shinko Music/Getty Images

Zu Beginn der Siebziger befinden sich Pink Floyd mitten im Umbruch. Schon auf Ummagumma (1969) und Atom Heart Mother (1970) hatten sich die Briten Stück für Stück vom Einfluss ihres Gründungsmitglieds Syd Barrett entfernt. Auf Meddle geht die Band diesen Weg konsequent weiter — und schafft die Grundlage für zwei Meisterwerke.

von Timon Menge

Hier könnt ihr Meddle hören:

Nach der Veröffentlichung ihres fünften Albums Atom Heart Mother läuft es gut bei Pink Floyd. So gut, dass die Briten gleichzeitig zahlreiche Konzerte spielen und mit der Aufnahme ihrer nächsten Platte beginnen. Im April 1971 starten die Meddle-Sessions, unterbrochen von ein paar Konzerten in England. Auch den Mai teilen sich Pink Floyd auf. Den Sommer verbringt die Band hauptsächlich auf Tour, zuerst in Europa, dann in Australien, wieder in Europa und in den USA. Mittendrin stellen die vier Musiker trotz der Umstände ihr sechstes Album fertig. Dabei wissen Pink Floyd zu Beginn noch nicht einmal, wo sie anfangen sollen …

Der Start: Kreatives Chaos ohne Ergebnisse

Als Pink Floyd die Arbeit an Meddle aufnehmen, haben die vier Musiker noch keinen konkreten Plan. Um die kreativen Säfte zum Fließen zu bringen, widmet sich die Band einigen Übungen, wie zum Beispiel separaten Sessions. So nehmen die vier Musiker zum Reinkommen unabhängig voneinander je eine Spur auf, ohne zu Wissen, was die Kollegen so treiben. Bloß eine Akkordfolge und Vorgaben wie „zwei Minuten romantisch, dann zwei Minuten schnell“ bilden den Rahmen. Dieses Prozedere wiederholen Pink Floyd immer wieder. Das Ergebnis der kreativen Übung: kein einziger Song.

Toningenieur John Leckie erinnert sich im Buch The Dark Side Of The Moon von Musikjournalist John Harris daran, dass die Aufnahmesessions oft nachmittags angefangen haben und morgens endeten. „In dieser Zeit wurde nichts getan“, berichtet er. „Es gab keinerlei Kontakt zur Plattenfirma. Nur dann, wenn ihr Labelmanager ab und zu mit ein paar Flaschen Wein und ein paar Joints auftauchte.“ Pink Floyd arbeiten nicht fokussiert und verlieren sich in Details. Zwischendurch führen sie sogar akustische Experimente mit Haushaltsgeräten durch, weil sie nicht weiter wissen. All diese Spielereien nennt die Band treffenderweise Nothings.

U-Boot-Sounds und Fußball-Fangesänge

Später klappt es dann zum Glück doch. Pink Floyd finden zu ihrem Groove zurück und spielen legendäre Songs wie One Of These Days, Fearless sowie das 23-minütige Meisterwerk Echoes ein. Letzeres erproben die vier Musiker vorher bereits auf der Bühne, zum ersten Mal am 22. April 1971 in Norwich, England. Zu Beginn des Songs hört man ein U-Boot-ähnliches „Ping“, das Pink Floyd ganz schön Kopfzerbrechen bereitet hat. Eigentlich war die Aufnahme von Keyboarder Richard Wright nämlich nur als Demo gedacht, doch die Band scheitert wiederholt daran, den Sound im Studio zu reproduzieren. So kommt es, dass die Demoversion des Geräuschs auf dem fertigen Album landet.

Für den Song Fearless benutzen Pink Floyd Aufnahmen von Fangesängen aus dem Stadion des Liverpool FC. Es handelt sich bei You’ll Never Walk Alone um die berühmte Hymne des britischen Fußballvereins, geschrieben hat den Song das Duo Richard Rodgers und Oscar Hammerstein II. Live findet der Song quasi nie statt. Erst 2016 erbarmt sich Roger Waters und gibt das Stück ein paar Mal live zum Besten. 2018 und 2019 bringt auch Schlagzeuger Nick Mason die Nummer mit seiner Band Nick Mason’s Saucerful Of Secrets auf die Bühne. Die Gitarrenstimmung, die Waters für die Aufnahme benutzt, hat er laut eigener Aussage von Syd Barrett gelernt.

Meddle: Der Vorbote großer Taten

Meddle zählt zwar nicht zu den größten Meilensteinen von Pink Floyd, doch die Band transformiert sich in der Post-Syd-Barrett-Ära weiter zu der Prog-Legende, die kurze Zeit später in die Musikgeschichte eingeht. 1972 veröffentlichen die Briten noch das Zwischenspiel Obscured By Clouds, bevor es 1973 so rrrichtig zur Sache geht. Die Geschichte von The Dark Side Of The Moon könnt ihr im entsprechenden Zeitsprung nachlesen.

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