Popkultur
Moped-Unfälle, Pfändungen und abgebrochene Konzerte: 6 Rock-Anekdoten, in denen Weihnachten so richtig daneben ging
Eigentlich sollten die Weihnachtstage die schönste Zeit des Jahres sein. Doch manchmal geht das froheste aller Feste auch gehörig nach hinten los. In unseren heutigen sechs Geschichten wären unsere Lieblingsmusiker*innen an Weihnachten besser im Bett geblieben.
von Timon Menge
1. Am 26. Dezember 1965 erleidet Paul McCartney einen Moped-Unfall — und sorgt anschließend dafür, dass eine ganze Generation den Schnurrbart wiederentdeckt.
Selbst ein Beatle reist für die Festtage zu Mama und Papa. Für Paul McCartney endete der Weihnachtsbesuch 1965 allerdings mit einer folgenschweren Verletzung. Durch einen Moped-Unfall schlug sich der Musiker die gesamte Lippe auf, verlor ein Stück eines Schneidezahns und verletzte sich über dem Auge. Die Lippenverletzung hinterließ einen großen Spalt und eine dicke Narbe, die der Musiker in der Folge zu verdecken versuchte. Also ließ sich McCartney einen Schnurrbart wachsen. „Das hat sich in der Band durchgesetzt“, schreibt der Bassist in der Beatles Anthology. „Wenn einer von uns etwas getan hat, wie sich die Haare lang wachsen zu lassen, und den anderen gefiel das, dann taten wir es alle. Auf einmal hielten es alle für revolutionär, dass sich junge Männer in unserem Alter einen Schnurrbart wachsen lassen sollten!“ Ein neuer Trend war geboren — durch den Moped-Unfall eines Beatles.
2. Am 25. Dezember 1954 erschießt sich der US-amerikanische Rhythm-And-Blues-Sänger Johnny Ace aus Versehen selbst.
Am 25. Dezember 1954 ereignete sich in Houston, Texas ein besonders tragisches Ereignis: Der Rhythm-And-Blues-Sänger Johnny Ace war damals mit Sängerin Big Mama Thornton auf Tour und spielte an jenem Abend hinter der Bühne mit einer Waffe herum, die er für nicht geladen hielt. Das war sie allerdings — und Ace schoss sich damit ins Gesicht. Thorntons Bassist Curtis Tillman berichtete später: „Ich werde euch genau sagen, was passiert ist! Johnny Ace hatte getrunken und hatte diese kleine Pistole. Er hat damit am Tisch herumgefuchtelt und jemand warnte ihn: ‚Sei vorsichtig mit dem Ding …‘ Er sagte: ‚Schon okay, die Pistole ist nicht geladen! Siehst du …’ Dann hat er die Waffe mit einem Lächeln auf sich selbst gerichtet und Bang – eine traurige, traurige Sache. Big Mama rannte sofort aus der Umkleidekabine und schrie: ‚Johnny Ace hat sich gerade umgebracht!‘“ Ruhe in Frieden, Johnny.
3. Am 23. Dezember 1972 wird das Equipment von Grand Funk Railroad gepfändet.
Ihr Manager Terry Knight war es, der Grand Funk Railroad einen Plattenvertrag mit Capitol Records verschaffte, große Konzerte für die Band anleierte und den Musikern innerhalb kürzester Zeit die Tür zum Mainstream öffnete. Doch er schleuste auch einen Haufen Kohle an seinen Schützlingen vorbei. „Wir wussten, dass wir eine Menge Geld verdient hatten“, gab Sänger und Gitarrist Mark Farner einmal in einem Interview zu Protokoll. „Unser Kontostand sagte allerdings etwas ganz anderes.“ Klar, dass Grand Funk Railroad kein Interesse an einem stehlenden Manager hatten und Knight feuerten. Der reagierte allerdings mit einer 57-Millionen-Dollar-Klage. Am 23. Dezember 1972 gipfelte der Konflikt darin, dass Knight bei einem Konzert der Band im New Yorker Madison Square Garden auftauchte und das Equipment der Musiker pfänden ließ. Die Show durften Grand Funk noch zu Ende spielen — doch bei der Pfändung blieb es.
4. Am 24. Dezember 1972 spielt Manfred Mann’s Earth Band in einer Uni — und muss das Konzert wegen Beschwerden über die Lautstärke unterbrechen.
Für Manfred Mann’s Earth Band und die Stadt Miami verlief der Heiligabend 1972 alles andere als friedlich. An jenem Abend gab die britische Gruppe nämlich ein Konzert in der Universität der sonnigen Südstaaten-Metropole. Das Publikum bestand vor allem aus begeisterten Student*innen, die sich freuten, die Band empfangen zu dürfen. Die Anwohnerschaft war von der Gegenwart der Musiker aber weniger begeistert und alarmierte aufgrund von Ruhestörung die hiesige Polizei. Als die Gesetzeshüter anrückten, gab es keine Gnade: Manfred Mann und seine Band mussten ihre Show augenblicklich beenden. Für Ruhe sorgte das allerdings nicht, ganz im Gegenteil: Aus Wut über den Konzertabbruch randalierte das enttäuschte Publikum ganze zwei Stunden lang. Die Nachbar*innen hätten sich also wohl den größeren Gefallen getan, wenn sie einfach noch ein bisschen gewartet hätten, bis das Konzert vorbei ist.
5. Am 27. Dezember 1975 lösen sich Faces auf.
Vier hervorragende Alben haben Faces veröffentlicht. Touren durch Europa standen genauso auf dem Plan wie Konzertreisen durch Nordamerika, Japan, Australien und Neuseeland. Doch die Geschichte der Gruppe fällt in die Kategorie „kurz, aber heftig“. „Niemand von uns hat damals einen Gedanken daran verschwendet, dass es zu irgendeinem Zeitpunkt Probleme geben könnte“, schreibt Rod Stewart in seiner Autobiografie. „Und siehe da: Schon gab es Probleme. Die Konflikte waren politischer Natur und haben sich langsam aufgestaut. Meine Solokarriere war die Ursache der meisten Schwierigkeiten. Das hat für viele Spannungen und Ängste gesorgt.“ Außerdem spielte Gitarrist Ron Wood zu jener Zeit bereits für die Rolling Stones und merkte schließlich, dass beides gleichzeitig nicht funktioniert. Am 27. Dezember 1975 quittieren Faces den Dienst, kurz nach Weihnachten. Was bleibt, ist das wichtige Vermächtnis der Gruppe.
6. Am 23. Dezember 1987 stirbt Nikki Sixx von Mötley Crüe — für zwei Minuten.
Wenn es eine Band gibt, die das Rockstar-Dasein mit allem Zipp und Zapp auf die Spitze getrieben hat, dann sind das Mötley Crüe. Besonders schockierend stellten die wilden Kalifornier das am 23. Dezember 1987 unter Beweis, als Bassist Nikki Sixx einen Tag vor Heiligabend für zwei Minuten das Zeitliche segnete. An jenem Datum setzte sich der Bassist nämlich eine Heroinspritze, die ihn kurzzeitig das Leben kostete. Die Ärzte im Krankenhaus vollbrachten allerdings Wunder — und belebten den bereits für tot erklärten Musiker wieder. Kaum zu glauben: Zuhause angekommen griff Sixx gleich wieder zum Heroin. Nichts gelernt, zumindest kurzfristig. Heute ist er zum Glück seit langem clean und sagt: „Ich hatte gute Zeiten mit dem Zeug, aber um es deutlich zu machen: Drugs don’t work.“ Auf der Habenseite: Der Vorfall inspirierte Mötley Crüe zu dem Rock-Klassiker Kickstart My Heart von ihrem fünften Album Dr. Feelgood (1989).
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Vor 40 Jahren spielen Die Ärzte ihr erstes Konzert – in einem besetzten Haus

Popkultur
Zeitsprung: Am 25.3.2015 fährt James Corden Mariah Carey zur Arbeit
Anekdoten, Jubiläen und wilde Geschichten: Was an diesem Tag in der Welt der Musik passiert ist, lest ihr täglich in unserem Zeitsprung. Heute: 25.03.2015
von Victoria Schaffrath und Christof Leim
„Danke dir, dass du mir mit dem Weg zur Arbeit hilfst. Der Verkehr ist echt übel“, murmelt James Corden da beiläufig Richtung Beifahrersitz. „Ich weiß, es ist unerträglich“, erwidert keine Geringere als Mariah Carey. Am 25. März 2015 startet mit diesem Dialog Carpool Karaoke, die Kultsequenz aus Cordens Late Late Show. Sehen wir uns die Höhepunkte des Formats an.
Schaut euch hier alle Folgen von Carpool Karaoke an
Als James Corden am 23. März 2015 die Late Late Show von Brit-Kollege Craig Ferguson übernimmt, kennt ihn in Amerika kaum jemand. Der Schauspieler und Komödiant hatte sich zwar in Großbritannien einen Namen machen können, doch das Scheinwerferlicht in Kalifornien wirft größere Schatten. Corden weiß, dass er sich beweisen muss. So zieht er zwei Tage nach Amtsantritt ein Ass aus dem Ärmel.
Fahrgemeinschaft 2.0
Der junge Brite importiert ein Format, dass er erstmals für die britische Wohltätigkeitsveranstaltung Red Nose Day 2011 umgesetzt hatte: Da beorderte er George Michael in ein Auto, kurvte mit ihm durch London und trällerte gemeinsam mit dem Sänger dessen Hits. Michael entpuppte sich dabei als charmanter Partner, Corden als kompetenter Gastgeber. Zum Auftakt der US-Show muss also ein ähnlich hochkarätiger Gast her.
So kommt es, dass zwei Tage nach der „British Invasion“ des Abendprogramms Weltstar Mariah Carey in einen LA-typischen SUV steigt. Zunächst kokettiert sie noch, sie könne nach einer durchzechten Nacht nicht mitsingen, aber dann sprengt plötzlich ihr Schmettergesang die Autoscheiben. Dass Corden eine absolut passable zweite Stimme hinbekommt, sorgt bei Stücken wie Always Be My Baby, Fantasy, Thirsty und Vision Of Love mitunter für Ansätze von Gänsehaut.
Erfolgsformel Menschlichkeit
Der Sympath erklärt den durchschlagenden Erfolg des Segments (und demzufolge auch der gesamten Show) recht einleuchtend: „Da schwingt eine Einfachheit und Intimität mit. Einen Star solchen Kalibers in der gleichen Umgebung zu sehen, in der du und ich sonst auf dem Weg zur Arbeit singen, macht ihn menschlich.“
Logisch, dass danach nicht nur Musiktreibende auf Promotour, sondern ganze Musical-Besetzungen mit Corden „zur Arbeit fahren“ möchten. Die Videos, die im Netz häufig viral gehen, bringen so ungewöhnliche Partnerschaften wie Rod Stewart und Rapper ASAP Rocky oder Michelle Obama und Missy Elliott hervor. Ob oberkörperfreie Red Hot Chili Peppers, die Foo Fighters, Paul McCartney oder den gefiederten Elton John: Auch die großen Namen des Rock holt sich Corden gern dazu.
Bei so viel Prominenz lassen die Starallüren nicht zu wünschen übrig: Berufsprovokateur Kanye West sagt gleich mehrfach hintereinander kurzfristig ab und macht aus dem SUV mal eben eine Boeing; zwischen Corden und Dave Grohl gibt es nach der Ausstrahlung ein kleines Missverständnis. Immerhin rettet Anthony Kiedis laut eigenen Angaben während der Dreharbeiten einem Säugling das Leben. Das ist dann doch etwas mehr Aufruhr, als wir morgens auf dem Weg zur Arbeit ertragen könnten.
Zeitsprung: Am 2.3.2014 knipst eine YouTuberin David Gilmour – ohne es zu wissen.
Popkultur
Review: „Das ist los“ von Herbert Grönemeyer ist genau das Album, das wir jetzt brauchen
Herbert Grönemeyer schenkt uns auf Das ist los sinnstiftende Lieder über die Liebe und den Zusammenhalt. Ob er die Gesellschaft damit kitten kann, ist fraglich. Doch alleine der Versuch verdient Hochachtung.
von Björn Springorum
Hier könnt ihr Das ist los hören:
Herbert Grönemeyer veröffentlicht keine Alben. Herbert Grönemeyer veröffentlicht Bestandsaufnahmen. Seines Lebens, aber auch von unser aller Leben. Immer wenn eine neue Platte von Deutschlands größtem und erfolgreichsten Künstler erscheint, so wirkt es, kommt sie genau zur rechten Zeit. Seine Lieder sind Salben für die Wunden, die wir uns seit seinem letzten Album zugezogen haben, zumeist stille und zurückhaltende Gebäude, in denen wir Schutz suchen können.
„Hoffnung ist gerade so schwer zu finden“ lautet dann auch der erste Satz des Albums. Er stammt natürlich aus der Lead-Single Deine Hand, mit der Grönemeyer schon vor einigen Monaten begeistern konnte. Eine einfühlsame Ode an Liebe, Freundschaft und Zusammenhalt – wie viele seiner Songs sowohl im Mikrokosmos als auch im Makrokosmos zu sehen. Es geht um tatsächliche Partnerschaft, aber auch um den universellen Zusammenhalt. Die letzten Jahre haben gezeigt, dass wir das als Gesellschaft dringend nötig haben.
Nur ein Gutmensch?
Fünf Jahre nach Tumult ist die Welt noch viel tumultartiger geworden. Da braucht es große Künstler, die mit Ruhe, Reflexion und Besonnenheit aufarbeiten, was da eigentlich mit uns und der Welt passiert ist in diesen irren letzten Jahren. Sicher kann man das abtun, verunglimpfen als onkelnde Ratschläge vom alten weißen Mann, als Motivationscoach mit nasaler Stimme. Damit macht man es sich aber zu einfach. Grönemeyer polarisiert, und das schon sehr lange. Die einen echauffieren sich darüber, dass er ja gar nicht singen (geschweige denn tanzen) kann, die anderen halten ihn für einen aufdringlichen Gutmenschen mit Moralkomplex und biederen Thesen. Gutmensch – wie so ein Wort überhaupt zu einer Beleidigung werden konnte, sagt ja auch sehr viel.
Manchmal spielt er seinen Kritiker*innen in die Karten auf diesem Album. Der Titelsong zum Beispiel erinnert eher an Bierzelt oder Schlagerfestival – trotz seines cleveren, defragmentierten Textes, der den Informations-Overkill der heutigen Zeit versinnbildlichen soll. Doch die großen Momente gehören eh den Balladen, das ist bei Grönemeyer schon lange so. Tau zum Beispiel, ein Lied, umrankt von Trauerflor. Der Rest ist mal flott und tanzbar, mal umgarnt von Vintage-Elekronik, mal elegisch mit Streichern.
Songs, die Mut zuflüstern
Um Tod, Verlust und Trauer geht es auch auf Das ist los. Aber nicht als Fixpunkt, sondern als Unausweichlichkeiten des Lebens. Überwiegend möchte Grönemeyer uns stärken, uns Mut zuflüstern, uns als Ganzes wieder zusammenbringen. Man darf sich fragen, wieso ihm das so wichtig ist, warum er denkt, dass ausgerechnet er als Messias zu uns singt. Man darf sich aber auch fragen, warum es sonst niemand tut. Das ist los zeigt uns, dass wir nicht aufgeben sollten, nicht verzagen sollten, nicht den Ist-Zustand beibehalten sollten. Stattdessen sollen wir „Raus in den Sturm“, wie es im dringlichen Genie heißt, rein ins Leben, in die Verantwortung.
Diejenigen, die ihn bisher schon als Gutmenschen abkanzelten, werden sich darauf stürzen und ihn in der Luft zerreißen. Dabei sind es gerade diejenigen, die hier mal genau hinhören sollten. Das ist los ist nicht das beste Grönemeyer-Album, wahrscheinlich nicht mal Top fünf. Es ist aber mal wieder mal genau das Album, was wir jetzt brauchen. Und allein dafür gebührt im Hochachtung.
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Popkultur
Zeitsprung: Am 24.3.1986 triumphieren Van Halen mit neuem Sänger und „5150“.
Anekdoten, Jubiläen und wilde Geschichten: Was an diesem Tag in der Welt der Musik passiert ist, lest ihr täglich in unserem Zeitsprung. Heute: 24.3.1986.
von Christof Leim
Einen geborenen Frontmann wie David Lee Roth zu ersetzen, ist nicht einfach. Doch Van Halen machen aus der misslichen Lage Gold und Platin: Gleich das erste Album mit Sammy Hagar wird zum Nummer-Eins-Erfolg. Dabei eskalierte ein Streit im Studio so sehr, dass ein alter Kollege sogar die Bänder zerstören wollte. Dies ist die Geschichte von 5150. Und wir haben sogar einen unveröffentlichten Song ausgegraben.
Hier könnt ihr 5150 hören:
Nach dem sechsten Album 1984 geht es nicht mehr weiter: Van Halen haben sich mit David Lee Roth so zerstritten, dass sich der Sänger und überlebensgroße „Showman“ in Richtung Solokarriere verabschiedet. Einen Ersatz allerdings können Eddie Van Halen, sein Bruder Alex und Michael Anthony partout nicht finden. Die Sängerin Patty Smyth von der Band Scandal (nicht zu verwechseln mit der Punkikone Patti Smith) lehnt ab, mit der späteren Mr. Big-Stimme Eric Martin und dem australischen Musiker Jimmy Barnes kommen die Kalifornier ebensowenig zusammen. Irgendwann beginnt das Label, Druck zu machen, und fordert sogar eine Namensänderung, was Alex und Eddie Anfang 1986 in aller Form ablehnen. David Lee Roth feiert währenddessen Erfolge mit seiner Cover-EP Crazy From The Heat (1985). Keine schönen Zeiten im Van Halen-Lager also.
Tipp aus der Werkstatt
Doch dann hilft der Zufall: Als Eddie seinen Luxusschlitten – je nach Quelle ein Ferrari oder ein Lamborghini, aber wir wollen da nicht kleinlich sein – reparieren lässt, empfiehlt ihm der Automechaniker den ehemaligen Montrose-Sänger Sammy Hager, der sich mittlerweile mit Hits wie I Can’t Drive 55 und One Way To Rock als Solokünstler etabliert hat. Die Idee ist gut: Als Eddie und Sammy sich treffen, stimmt die Chemie sofort. Hagar verfügt klar über die bessere, vielseitigere Stimme im Vergleich zu „Diamond Dave“ und spielt hervorragend Gitarre, was neue Möglichkeiten für die Liveshow eröffnet. Schlagzeuger Alex Van Halen vergleicht das allgemeine Bandgefühl nach Hagars Eintritt damit, einen Porsche zu fahren nach jahrelanger Schleicherei in einem Volkswagen. Gitarrengott Eddie schlägt in die gleiche Kerbe: „Ich habe noch nie so eine Inspiration erlebt wie an diesem ersten Tag. Wir haben losgespielt, Sammy hat gesungen – und es hat einfach geklickt. Magisch.“
Im November 1985 startet das Quartett die Arbeit an einem neuen Album, im Februar 1986 ist das Ding im Kasten, nur einen Monat vor der Veröffentlichung. Weil Roth den Van-Halen-Stammproduzenten Ted Templeman bei seinem Abgang mitgenommen hatte, übernimmt der langjährige Toningenieur Donn Landee den Job. Doch Sammy fühlt sich damit unwohl: Er wünscht sich eine „richtige“ Besetzung für den Produktionsjob und vor allem eine neutrale Stimme, kein angestammtes Mitglied des inneren Zirkels. Also wird der platindekorierte Foreigner-Gitarrist Mick Jones angeheuert, um das Steuer zu übernehmen.
Eine harte Drohung
Das geht Landee so dermaßen gegen den Strich, dass er sich – kein Witz – im Studio einschließt und damit droht, die bereits gemachten Aufnahmen zu zerstören. Plötzlich fühlt sich die Atmosphäre sehr, sehr angespannt an, doch kurz vor der Explosion kann die Zündschnur gekappt werden. Landee rückt die Bänder raus, alle Unklarheiten werden beseitigt, und tatsächlich verläuft der Rest der Aufnahmen zur Zufriedenheit aller. Das fertige Album mit neun Songs (ja, damals brauchte man nicht 15 Nummern und ein halbes Dutzend Bonustracks) taufen Van Halen auf den Namen 5150, ausgesprochen „fifty one fifty“. So heißt auch Eddies Studio, benannt nachdem dem kalifornischen Polizeicode für eine geistig gestörte Person.
Das Material klingt runder und musikalischer als die Songs mit „Diamond Dave“, auch mehr nach Mainstream und weniger gewagt, aber – und hier liegt der springende Punkt – ohne jeden Zweifel zu 100 Prozent nach Van Halen. Es finden sich ein paar mehr Love-Songs und Balladen als früher, dazu ein paar ganz dicke Ohrwürmer, allen voran natürlich Why Can’t This Be Love.
Ohrwurm und erste Single von 5150: Why Can’t This Be Love
Start-Ziel-Sieg
5150 marschiert nach der Veröffentlichung am 24. März 1986 ohne Umschweife auf Platz eins der US-Charts, was Van Halen bisher noch nie hinbekommen hatten. (1984 schaffte es bis auf Platz zwei.) Satte fünf Singles werden ausgekoppelt – von insgesamt neun Songs. Das ist schon nicht so richtig schlecht. Die Tracks kennen wir alle: Why Can’t This Be Love, Dreams, Love Walks In, Best Of Both Worlds und Summer Nights . Der Rolling Stone kommentiert damals: „Die Welt gehört Van Halen, ob mit oder ohne David Lee Roth. 5150 gleicht einem bombastischen Feuerwerk einer Band auf dem Höhepunkt ihrer Fähigkeiten.“
Vier der fünf (!) Singleauskopplungen von 5150
Die nächsten zehn Jahre laufen bestens für Van Halen: Jedes (!) der folgenden Alben wird ebenfalls eine Nummer eins in den USA: OU812 (1988), For Unlawful Carnal Knowledge (1991) und Balance (1995). (Die ausführliche Geschichte der letzten Van Halen-Platte mit Sammy, findet ihr hier.)
Bonustrack!
Für die Van Halen-Freaks und Komplettisten haben wir noch ein Schätzchen: Ursprünglich sollte als fünfter Titel auf der zweiten Seite noch der Song I Want Some Action erscheinen, doch der wird nicht veröffentlicht, zumindest nicht offiziell. Zum 30. Geburtstag der Platte stellen Van Halen den Track dann ins Netz. Und hier ist er:
Vorher führte I Want Some Action ein lustiges Schattendasein: Eddie benutzt Teile der Komposition für das bluesige Instrumental Stompin’ 8H, das er 1987 bei Saturday Night Live spielt. Außerdem überlässt er die Nummer seinem Kumpel Steve Lukather, der sie 1989 auf seinem ersten Soloalbum Lukather unter dem Titel Twist The Knife verbrät, nachzuhören hier. Doch das Hauptriff gefällt Eddie so gut, dass er es selbst 1998 nochmal für den Song Dirty Water Dog auf dem Rohrkrepierer-Album Van Halen III (mit Extreme-Sänger Gary Cherone) wiederbelebt.
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Zeitsprung: Am 14.7.1984 steht Eddie Van Halen mit Michael Jackson auf der Bühne.
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