Popkultur
Die wichtigsten Sidemen der Rockgeschichte: 10 Musiker, die viel zu oft im Schatten standen
Während Background-Sänger*innen etwa fünf Meter vom Superstar-Dasein entfernt sind, sind es im Fall der besten Sidemen manchmal nur Zentimeter, denn diese wichtigen Gastmusiker gehen unmittelbar auf Tuchfühlung mit den Größten.
von Wyoming Reynolds
Zwar mag so ein*e charismatische*r Sänger*in oder Gitarrist*in mit schillernden Bühnenqualitäten wichtig sein fürs Image einer Band, fürs klangliche Fundament verantwortlich waren dabei häufig jene Mitstreiter von der Außenflanke: Sie sind Nebendarsteller, aber sehr viel mehr als irgendwelche anonymen Studiomusiker. Wie ein Leitstern halten sie das ganze Unterfangen auf Kurs, bestimmen die Richtung mit ihrer Arbeit am Fundament, auf dem die Sänger*innen glänzen können.
Weil sie viel zu selten namentlich erwähnt und gefeiert werden, haben wir hier ein paar der besten und wichtigsten Sidemen der Rockgeschichte ausgewählt und ihnen gehuldigt.
1. Sid Vicious
Die tragischen Umstände seines Todes überschatten leider viel zu häufig, was für eine zentrale Rolle Sid Vicious bei den Sex Pistols innehatte: Streng genommen kein richtiger Sideman, weil offizielles Bandmitglied – ein Sideman ist per Definition Stammgast, also mehr als ein beliebiger Studio- oder Tourmusiker, aber eben auch kein festes Kernmitglied –, war er auf dem Papier zwar nur der Bassist, doch verkörperte er den rebellischen Punk-Spirit mindestens so sehr wie Johnny Rotten. Tatsächlich sollte er Rotten und dem Gitarristen Steve Jones immer wieder die Show stehlen, was Sid Vicious zum ultimativen Sideman der Punk-Ära macht.
2. James Burton
Schon als Teenager in den Fünfzigern gut im Geschäft, hat James Burton in den letzten Jahrzehnten mit zahllosen Ikonen gespielt – u.a. mit Elvis Presley, Ricky Nelson, Emmylou Harris, John Denver, Johnny Cash, Merle Haggard und Elvis Costello. 2001 war es Keith Richards, der Mr. Burton für dessen Anpassungsfähigkeit mit der Aufnahme in die Rock & Roll Hall of Fame belohnte – aber was genau macht den Gitarristen so einzigartig? Vermutlich diese Mühelosigkeit: Selbst die kompliziertesten Gitarrenparts wirkten bei ihm so, als könne man sie auch im Schlaf einspielen. Sogar sehr viel berühmtere Gitarrist*innen aus den Bereichen Country, Rock oder Blues haben es nie geschafft, die Sache dermaßen locker, ja, wie ein Kinderspiel aussehen zu lassen.
3. James Jamerson
Eine Legende als Sideman und Studiomusiker, die zwar eher außerhalb der Rockwelt für Furore sorgte, aber eigentlich ein wichtiger Einfluss für die ganze Musikwelt war: Jamerson zählt bis heute zu den größten Bassisten der Geschichte. Obwohl sage und schreibe 30 Erstplatzierungen in den Billboard-Singlecharts auf das Konto von Jamerson und seiner Band The Funk Brothers gingen, tauchten ihre Namen offiziell erst ab 1971 auf den Veröffentlichungen von Motown auf – mehr Understatement geht nicht. Während die Motown-Meilensteine aus jenen Tagen bis heute unvergessen sind, sollte sein melodischer Style und das besondere Zusammenspiel mit dem Schlagzeug prägend für viele spätere Pop-Hits sein. Als das Label dann schließlich an die Westküste zog, arbeitete er unter anderem mit Robert Palmer und dem Beach Boy Dennis Wilson.
4. Clarence Clemons
Eine Liste wie diese wäre komplett wertlos ohne The Big Man: Clarence Clemons. Als Kernmitglied von Bruce Springsteens E Street Band dürfte er für viele sogar die größte Nebenfigur des Rock sein. Er war ein zurückhaltender Riese, also gewissermaßen der Gegenpol zum Boss – wie zu sehen auf dem Cover des Born-To-Run-Albums. Wenn er sein Tenorsaxofon rausholte, konnte das nur zwei Dinge bedeuten: Entweder sollte der Song eine komplett neue Richtung nehmen – oder es gab eine von diesen Soloeinlagen zu hören, die regelmäßig zur Gehirnschmelze führten. Für den Sound der E Street Band war er so prägend wie Mr. Springsteen, und seine Bühnenpräsenz war manchmal dermaßen groß, dass er den Rest der Truppe aus der zweiten Reihe doch noch in den Schatten stellte.
5. Steven Van Zandt
Bleiben wir bei Bruce Springsteen, denn Steven Van Zandt war gewissermaßen der Consigliere zum Boss – und das seit der ersten Begegnung der beiden in den späten Sechzigern. Auf der Bühne ein Keyplayer und offiziell erst ab 1975 Mitglied der Band, prägte Van Zandt auch im Studio die frühen Meilensteine von Born To Run bis Born In The U.S.A. Manch einer glaubt sogar, dass Stücke wie Two Hearts oder auch Bobby Jean genau genommen von „Little Steven“ handeln könnten. Was die E Street Band angeht, war mit der nach Van Zandts Abgang im Jahr 1984 nicht mehr viel anzufangen; erst nach der Reunion im Jahr 1999 fühlte sich die Gruppe wieder vollständig an. Dazwischen startete Van Zandt seine Solokarriere und spielte später mit Southside Johnny And The Asbury Jukes. Und während er immer noch mit Springsteens Band auftritt, veröffentlicht der Sopranos-Schauspieler auch immer noch neue Soloalben.
6. Waddy Wachtel
Es gibt Sidemen, die sich eher im Studio zu Hause fühlen – und es gibt andere, die besonders auf der Bühne zu Bestform auflaufen: Waddy Wachtel ist beides. Der Gitarrist, Produzent und Profi-Sideman wurde erstmals in der Live-Band der Everly Brothers aktiv, nachdem Warren Zevon ihn ins Boot geholt hatte; 1972 spielte er dann auch auf dem Album Stories We Could Tell mit. In den Jahren danach arbeitete er mit dem kompletten Who-Is-Who der Singer/Songwriter-Szene: Linda Ronstadt, Randy Newman, James Taylor. Alle wollten den Wachtel-Sound, bevor dieser auch auf dem ersten Album von Lindsey Buckingham und Stevie Nicks zu hören war – und schließlich auf dem gleichnamigen Erstling von Fleetwood Mac. Auch danach wurden die Namen nicht wirklich kleiner: The Rolling Stones, Keith Richards, Bob Dylan, Iggy Pop… weshalb man seinen Namen dann doch schon häufiger gehört hat. Eine fast unerhörte Leistung für einen Sideman.
7. Earl Slick
Earl Slick war tatsächlich erst 22 und noch vollkommen unbekannt, als er 1974 in David Bowies Band aufgenommen wurde und dort den Platz von Mick Ronson einnahm. Seinen Platz in den Annalen des Rock sicherte er sich dann schon mit denjenigen Gitarrenparts, die auf Station To Station zu hören waren. Der unglaublich talentierte und vielseitige Gitarrist verpasste jeder Komposition dieses gewisse Etwas – ob es sich nun um John Lennons I’m Losing You, Yoko Onos Kiss Kiss Kiss oder Ian Hunters Wild And Free handelte. Nach der Jahrtausendwende war er dann sogar wieder mit Bowie unterwegs – zu hören auf Heathen, Reality und der vorletzten LP The Next Day. Ein Denkmal setzte er sich und seinen Sideman-Kollegen mit dem Dokumentarfilm Rock’n’Roll Guns For Hire: The Story Of The Sideman.
8. Mike Campbell
Auf jener Tournee, die sich als seine letzte herausstellen sollte, ließ Tom Petty gerne die eine oder andere Anekdote vom Stapel – und er verneigte sich dabei auch immer wieder vor seiner rechten Hand, dem Leadgitarristen der Heartbreakers: Mike Campbell. Die beiden hatten schon als Teenager zusammen in der Band Mudcrutch in Florida gespielt, und nachdem sie dann nach L.A. gegangen waren, begann die Ära von Tom Petty And The Heartbreakers. Campbell war nicht nur Co-Autor von großen Hits wie Refugee, Runnin’ Down A Dream oder You Got Lucky, sondern auch Pettys wichtigster Berater. Abgesehen davon schrieb der Gitarrist auch Don Henleys Achtziger-Hit The Boys Of Summer mit, und erst kürzlich war sein Name bei Fleetwood Mac im Gespräch, als Ersatz für Lindsey Buckingham. Sich perfekt anpassen konnte Campbell schon immer, ganz gleich, ob neben ihm nun ein Don Henley stand, ein Bob Dylan, Johnny Cash oder George Harrison.
9. Ronnie Wood
Der britische Rhythmusgitarrist darf als Inbegriff eines Sideman gelten: Ausgebildet in Bands wie den Faces, der Jeff Beck Group und schließlich Teil der Rolling Stones, ist er einfach der perfekte Teamplayer – und das seit einem halben Jahrhundert. Keiner kann Wood das Wasser reichen, was Lässigkeit und Skills angeht, und vor allem hat er auch kein Problem damit, seine Licks im Hintergrund zu präsentieren. Von seinen vielen Solowerken ist das programmatisch betitelte I’ve Got My Own Album To Do, auf dem auch George Harrison, Ian McLagan und Bandkollege Keith Richards zu hören waren, der vermutlich beste Beweis dafür, dass er auch im Rampenlicht glänzen konnte. Seine Lieblingsposition ist trotzdem die zweite Reihe.
10. Mick Ronson
Auch der Gitarrist Mick Ronson hat eine lange Geschichte als Sideman – und sie würde sicher noch viel länger sein, wenn er nicht so früh gestorben wäre. Wer sonst kann von sich behaupten, mit David Bowie, Bob Dylan, Ian Hunter, Van Morrison, Lou Reed, Elton John und Morrissey gespielt zu haben? Ronson fühlte sich im Schatten und unterm Radar ganz wohl, und sein Style machte ihn sowohl live als auch im Studio zu einem extrem gefragten Musiker. Gewiss wäre er auch heute noch unterwegs, wäre da nicht die Krebserkrankung gewesen, die ihm schon mit 46 einen Strich durch die Rechnung machen sollte. Seine Aufnahmen leben weiter, und erst kürzlich wurde sein Werk sogar mit einem Dokumentarfilm geehrt: Beside Bowie – The Mick Ronson Story.
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Popkultur
Review: „Das ist los“ von Herbert Grönemeyer ist genau das Album, das wir jetzt brauchen
Herbert Grönemeyer schenkt uns auf Das ist los sinnstiftende Lieder über die Liebe und den Zusammenhalt. Ob er die Gesellschaft damit kitten kann, ist fraglich. Doch alleine der Versuch verdient Hochachtung.
von Björn Springorum
Hier könnt ihr Das ist los hören:
Herbert Grönemeyer veröffentlicht keine Alben. Herbert Grönemeyer veröffentlicht Bestandsaufnahmen. Seines Lebens, aber auch von unser aller Leben. Immer wenn eine neue Platte von Deutschlands größtem und erfolgreichsten Künstler erscheint, so wirkt es, kommt sie genau zur rechten Zeit. Seine Lieder sind Salben für die Wunden, die wir uns seit seinem letzten Album zugezogen haben, zumeist stille und zurückhaltende Gebäude, in denen wir Schutz suchen können.
„Hoffnung ist gerade so schwer zu finden“ lautet dann auch der erste Satz des Albums. Er stammt natürlich aus der Lead-Single Deine Hand, mit der Grönemeyer schon vor einigen Monaten begeistern konnte. Eine einfühlsame Ode an Liebe, Freundschaft und Zusammenhalt – wie viele seiner Songs sowohl im Mikrokosmos als auch im Makrokosmos zu sehen. Es geht um tatsächliche Partnerschaft, aber auch um den universellen Zusammenhalt. Die letzten Jahre haben gezeigt, dass wir das als Gesellschaft dringend nötig haben.
Nur ein Gutmensch?
Fünf Jahre nach Tumult ist die Welt noch viel tumultartiger geworden. Da braucht es große Künstler, die mit Ruhe, Reflexion und Besonnenheit aufarbeiten, was da eigentlich mit uns und der Welt passiert ist in diesen irren letzten Jahren. Sicher kann man das abtun, verunglimpfen als onkelnde Ratschläge vom alten weißen Mann, als Motivationscoach mit nasaler Stimme. Damit macht man es sich aber zu einfach. Grönemeyer polarisiert, und das schon sehr lange. Die einen echauffieren sich darüber, dass er ja gar nicht singen (geschweige denn tanzen) kann, die anderen halten ihn für einen aufdringlichen Gutmenschen mit Moralkomplex und biederen Thesen. Gutmensch – wie so ein Wort überhaupt zu einer Beleidigung werden konnte, sagt ja auch sehr viel.
Manchmal spielt er seinen Kritiker*innen in die Karten auf diesem Album. Der Titelsong zum Beispiel erinnert eher an Bierzelt oder Schlagerfestival – trotz seines cleveren, defragmentierten Textes, der den Informations-Overkill der heutigen Zeit versinnbildlichen soll. Doch die großen Momente gehören eh den Balladen, das ist bei Grönemeyer schon lange so. Tau zum Beispiel, ein Lied, umrankt von Trauerflor. Der Rest ist mal flott und tanzbar, mal umgarnt von Vintage-Elekronik, mal elegisch mit Streichern.
Songs, die Mut zuflüstern
Um Tod, Verlust und Trauer geht es auch auf Das ist los. Aber nicht als Fixpunkt, sondern als Unausweichlichkeiten des Lebens. Überwiegend möchte Grönemeyer uns stärken, uns Mut zuflüstern, uns als Ganzes wieder zusammenbringen. Man darf sich fragen, wieso ihm das so wichtig ist, warum er denkt, dass ausgerechnet er als Messias zu uns singt. Man darf sich aber auch fragen, warum es sonst niemand tut. Das ist los zeigt uns, dass wir nicht aufgeben sollten, nicht verzagen sollten, nicht den Ist-Zustand beibehalten sollten. Stattdessen sollen wir „Raus in den Sturm“, wie es im dringlichen Genie heißt, rein ins Leben, in die Verantwortung.
Diejenigen, die ihn bisher schon als Gutmenschen abkanzelten, werden sich darauf stürzen und ihn in der Luft zerreißen. Dabei sind es gerade diejenigen, die hier mal genau hinhören sollten. Das ist los ist nicht das beste Grönemeyer-Album, wahrscheinlich nicht mal Top fünf. Es ist aber mal wieder mal genau das Album, was wir jetzt brauchen. Und allein dafür gebührt im Hochachtung.
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Popkultur
Zeitsprung: Am 24.3.1986 triumphieren Van Halen mit neuem Sänger und „5150“.
Anekdoten, Jubiläen und wilde Geschichten: Was an diesem Tag in der Welt der Musik passiert ist, lest ihr täglich in unserem Zeitsprung. Heute: 24.3.1986.
von Christof Leim
Einen geborenen Frontmann wie David Lee Roth zu ersetzen, ist nicht einfach. Doch Van Halen machen aus der misslichen Lage Gold und Platin: Gleich das erste Album mit Sammy Hagar wird zum Nummer-Eins-Erfolg. Dabei eskalierte ein Streit im Studio so sehr, dass ein alter Kollege sogar die Bänder zerstören wollte. Dies ist die Geschichte von 5150. Und wir haben sogar einen unveröffentlichten Song ausgegraben.
Hier könnt ihr 5150 hören:
Nach dem sechsten Album 1984 geht es nicht mehr weiter: Van Halen haben sich mit David Lee Roth so zerstritten, dass sich der Sänger und überlebensgroße „Showman“ in Richtung Solokarriere verabschiedet. Einen Ersatz allerdings können Eddie Van Halen, sein Bruder Alex und Michael Anthony partout nicht finden. Die Sängerin Patty Smyth von der Band Scandal (nicht zu verwechseln mit der Punkikone Patti Smith) lehnt ab, mit der späteren Mr. Big-Stimme Eric Martin und dem australischen Musiker Jimmy Barnes kommen die Kalifornier ebensowenig zusammen. Irgendwann beginnt das Label, Druck zu machen, und fordert sogar eine Namensänderung, was Alex und Eddie Anfang 1986 in aller Form ablehnen. David Lee Roth feiert währenddessen Erfolge mit seiner Cover-EP Crazy From The Heat (1985). Keine schönen Zeiten im Van Halen-Lager also.
Tipp aus der Werkstatt
Doch dann hilft der Zufall: Als Eddie seinen Luxusschlitten – je nach Quelle ein Ferrari oder ein Lamborghini, aber wir wollen da nicht kleinlich sein – reparieren lässt, empfiehlt ihm der Automechaniker den ehemaligen Montrose-Sänger Sammy Hager, der sich mittlerweile mit Hits wie I Can’t Drive 55 und One Way To Rock als Solokünstler etabliert hat. Die Idee ist gut: Als Eddie und Sammy sich treffen, stimmt die Chemie sofort. Hagar verfügt klar über die bessere, vielseitigere Stimme im Vergleich zu „Diamond Dave“ und spielt hervorragend Gitarre, was neue Möglichkeiten für die Liveshow eröffnet. Schlagzeuger Alex Van Halen vergleicht das allgemeine Bandgefühl nach Hagars Eintritt damit, einen Porsche zu fahren nach jahrelanger Schleicherei in einem Volkswagen. Gitarrengott Eddie schlägt in die gleiche Kerbe: „Ich habe noch nie so eine Inspiration erlebt wie an diesem ersten Tag. Wir haben losgespielt, Sammy hat gesungen – und es hat einfach geklickt. Magisch.“
Im November 1985 startet das Quartett die Arbeit an einem neuen Album, im Februar 1986 ist das Ding im Kasten, nur einen Monat vor der Veröffentlichung. Weil Roth den Van-Halen-Stammproduzenten Ted Templeman bei seinem Abgang mitgenommen hatte, übernimmt der langjährige Toningenieur Donn Landee den Job. Doch Sammy fühlt sich damit unwohl: Er wünscht sich eine „richtige“ Besetzung für den Produktionsjob und vor allem eine neutrale Stimme, kein angestammtes Mitglied des inneren Zirkels. Also wird der platindekorierte Foreigner-Gitarrist Mick Jones angeheuert, um das Steuer zu übernehmen.
Eine harte Drohung
Das geht Landee so dermaßen gegen den Strich, dass er sich – kein Witz – im Studio einschließt und damit droht, die bereits gemachten Aufnahmen zu zerstören. Plötzlich fühlt sich die Atmosphäre sehr, sehr angespannt an, doch kurz vor der Explosion kann die Zündschnur gekappt werden. Landee rückt die Bänder raus, alle Unklarheiten werden beseitigt, und tatsächlich verläuft der Rest der Aufnahmen zur Zufriedenheit aller. Das fertige Album mit neun Songs (ja, damals brauchte man nicht 15 Nummern und ein halbes Dutzend Bonustracks) taufen Van Halen auf den Namen 5150, ausgesprochen „fifty one fifty“. So heißt auch Eddies Studio, benannt nachdem dem kalifornischen Polizeicode für eine geistig gestörte Person.
Das Material klingt runder und musikalischer als die Songs mit „Diamond Dave“, auch mehr nach Mainstream und weniger gewagt, aber – und hier liegt der springende Punkt – ohne jeden Zweifel zu 100 Prozent nach Van Halen. Es finden sich ein paar mehr Love-Songs und Balladen als früher, dazu ein paar ganz dicke Ohrwürmer, allen voran natürlich Why Can’t This Be Love.
Ohrwurm und erste Single von 5150: Why Can’t This Be Love
Start-Ziel-Sieg
5150 marschiert nach der Veröffentlichung am 24. März 1986 ohne Umschweife auf Platz eins der US-Charts, was Van Halen bisher noch nie hinbekommen hatten. (1984 schaffte es bis auf Platz zwei.) Satte fünf Singles werden ausgekoppelt – von insgesamt neun Songs. Das ist schon nicht so richtig schlecht. Die Tracks kennen wir alle: Why Can’t This Be Love, Dreams, Love Walks In, Best Of Both Worlds und Summer Nights . Der Rolling Stone kommentiert damals: „Die Welt gehört Van Halen, ob mit oder ohne David Lee Roth. 5150 gleicht einem bombastischen Feuerwerk einer Band auf dem Höhepunkt ihrer Fähigkeiten.“
Vier der fünf (!) Singleauskopplungen von 5150
Die nächsten zehn Jahre laufen bestens für Van Halen: Jedes (!) der folgenden Alben wird ebenfalls eine Nummer eins in den USA: OU812 (1988), For Unlawful Carnal Knowledge (1991) und Balance (1995). (Die ausführliche Geschichte der letzten Van Halen-Platte mit Sammy, findet ihr hier.)
Bonustrack!
Für die Van Halen-Freaks und Komplettisten haben wir noch ein Schätzchen: Ursprünglich sollte als fünfter Titel auf der zweiten Seite noch der Song I Want Some Action erscheinen, doch der wird nicht veröffentlicht, zumindest nicht offiziell. Zum 30. Geburtstag der Platte stellen Van Halen den Track dann ins Netz. Und hier ist er:
Vorher führte I Want Some Action ein lustiges Schattendasein: Eddie benutzt Teile der Komposition für das bluesige Instrumental Stompin’ 8H, das er 1987 bei Saturday Night Live spielt. Außerdem überlässt er die Nummer seinem Kumpel Steve Lukather, der sie 1989 auf seinem ersten Soloalbum Lukather unter dem Titel Twist The Knife verbrät, nachzuhören hier. Doch das Hauptriff gefällt Eddie so gut, dass er es selbst 1998 nochmal für den Song Dirty Water Dog auf dem Rohrkrepierer-Album Van Halen III (mit Extreme-Sänger Gary Cherone) wiederbelebt.
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Zeitsprung: Am 14.7.1984 steht Eddie Van Halen mit Michael Jackson auf der Bühne.
Popkultur
10 Songs von Chaka Khan, die man kennen sollte
„Ain’t nobody / Loves me better / Makes me happy / Makes me feel this way“ — Diese Textzeilen hat wohl jeder schon einmal gehört, zumindest im Radio. Sie stammen aus dem Stück Ain’t Nobody von Chaka Kahn, einem unserer zehn Lieblingssongs der „Queen Of Funk“. Die anderen neun verraten wir euch jetzt!
von Timon Menge
Hier könnt ihr euch einige der besten Songs von Chaka Khan anhören:
70 Millionen verkaufte Alben, 10 Grammys und gleich mehrere Hits für die Ewigkeit: In ihren 50 Karrierejahren hat Chaka Khan ganz schön was auf die Beine gestellt, ob mit ihrer Band Rufus oder als Solokünstlerin. Zur Welt kam sie am 23. März 1953 in Chicago. Ihr bürgerlicher Name: Yvette Marie Stevens. Widmen wir uns dem Werk einer Ausnahmesängerin, die Funk, Soul und R&B prägte und mit inzwischen 70 Jahren immer noch im Geschäft ist. Diese zehn Songs von Chaka Khan solltet ihr auf jeden Fall kennen!
1. I’m EveryWoman
Mit I’m Every Woman meldete sich Chaka Khan im September 1978 zum Dienst, denn es handelt sich bei dem Stück um die erste Single von ihrem Debütalbum Chaka (1978). Funfact: In den Neunzigern diente der Song als Titelmusik der bekannten Nachmittags-Talkshow Britt in Sat.1 — allerdings in einer Cover-Version von Whitney Houston.
2. What Cha’ Gonna Do For Me
Den Titeltrack ihres dritten Albums veröffentlichte Chaka Khan im Februar 1981 als Single und landete damit nach I’m Every Woman zum zweiten Mal in den US-amerikanischen Top 100. Die musikalischen Ursprünge des späteren Neunziger-R&B springen einen hier förmlich an.
3. We Can Work It Out
Falls ihr euch schon immer gefragt habt, wie die Beatles im Funk-Gewand klingen würden, liefert Chaka Khan mit ihrer Version des Lennon-McCartney-Songs We Can Work It Out die Antwort auf diese Frage. Tatsächlich klingt die Nummer als sei sie nie anders gedacht gewesen. Cool!
4. Fate
Auch das Stück Fate ist auf Chaka Khans drittem Album What Cha’ Gonna Do For Me zu finden. Khan zeigt sich darin von ihrer Disco-lastigen Seite, genau wie sie es bereits in den Siebzigern getan hatte. Als Single wurde Fate nie veröffentlicht, ist aber trotzdem auf vielen Genre-Samplern zu finden.
5. Ain’t Nobody
Ain’t Nobody nahm Chaka Khan mit ihrer Band Rufus auf. Komponiert hat die Nummer Rufus-Keyboarder David „Hawk“ Wolinski, der dafür zwar einen Synthesizer-Loop verwendete, den Song aber später von Rufus-Drumer John „JR“ Robinson eintrommeln ließ. Bis heute gilt Ain’t Nobody als Chaka Khans größter Hit.
6. I Feel For You
Während Ain’t Nobody heute als Chaka Khans größter Hit gilt, feierte sie mit I Feel For You ihre größten Chart-Erfolge. In gleich sieben Ländern knackte sie mit der Single die Top 5. Das gelang Khan vorher und nachher nie wieder. Außerdem handelt es sich bei I Feel For You um ihren einzigen Song, dem eine Goldveredelung zuteil wurde.
7. This Is My Night
Nach dem Titeltrack handelt es sich bei This Is My Night um die zweite Single-Auskopplung aus dem sechsten Chaka-Khan-Album I Feel For You. In der zwölften Staffel der Serie RuPaul’s Drag Race wurde das Stück zum Gegenstand eines sogenannten „Lip Sync Battles“ zwischen zwei Teilnehmer*innen. Show-Host RuPaul gab dabei den Juror.
8. Through The Fire
Mit der Ballade Through The Fire legte Chaka Khan 1985 noch eine weitere Single von ihrem sechsten Studioalbum I Feel For You (1984) vor. Auch hier ein Funfact: Mit einem Sample aus Through The Fire gelang Rapper Kanye West 2004 der große Durchbruch. Der Name seines Songs: Through The Wire.
9. Love Of A Lifetime (1986)
As 80s as it gets — So oder so ähnlich könnte man die Chaka-Khan-Single Love Of A Lifetime beschreiben. Vor allem das Musikvideo entführt euch geradewegs in die bunteste aller Dekaden, was nicht zuletzt daran liegt, dass der Clip in einem Freizeitpark auf Long Island aufgenommen wurde.
10. Like Sugar (2018)
Like Sugar erschien 26 Jahre nach Love Of A Lifetime, doch von ihrer Qualität hat Chaka Khan nichts eingebüßt. Im Gegenteil: Der Song strahlt nicht nur jede Menge Lebensfreude aus, sondern stellt eindrucksvoll unter Beweis, dass es Sounds gibt, die einfach nicht altern. Auch hier solltet ihr euch das Musikvideo nicht entgehen lassen!
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