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55 Jahre „Revolver“: Von Steuern, LSD und Unsterblichkeit
Sich als Superstar öffentlich über die Höhe der zu zahlenden Steuern zu beklagen, gilt nicht gerade als cool. Dennoch eröffneten die Beatles ihr außergewöhnliches Revolver-Album aus dem Jahr 1966 mit einer beleidigten Ode an den Taxman, den Steuerbeamten. Der tritt in Taxman dann auch gleich persönlich auf: „Let me tell you how it will be / There’s one for you, nineteen for me / Should five per cent appear too small? / Be thankful I don’t take it all“. Dem Autor Ian McDonald zufolge zahlten die vier Musiker in der Labour-Ära von Harold Wilson und Edward Heath bis zu 95 Prozent Einkommenssteuer. Das ist verdammt viel, selbst für den glühendsten Sozialdemokraten.
Hier könnt ihr Revolver hören:
Zu dieser Sorte gehörten die Beatles allerdings sowieso nicht, viel eher war ihnen dieser ganze britische Wahlzirkus fremd, das sei “a lot of rubbish“, bemerkte John Lennon einmal. So zahlten die Superstars knirschend ihre Steuern und arbeiteten unterdessen an der musikalischen Revolution. Dazu darf das Revolver-Album in jedem Fall gezählt werden. Drei Monate lagen im Januar 1966 vor den Beatles, in denen sie keine Verpflichtungen zu erfüllen hatten, keine Touren, keine Talkshow-Auftritte, keine Besuche im Buckingham Palace. Das reichte den vier Ausnahmetalenten, um sich im EMI Studio in London mit allerlei neuen technischen Spielereien zu beschäftigen und einen neuen Beatles-Sound zu kreieren. Alle außer Paul McCartney suchten und fanden ihre Inspiration dafür auch in regelmäßigen LSD-Trips, was nicht nur den Lyrics anzumerken ist, sondern auch den Melodien.
Die chemische Erleuchtung
Überhaupt zieht sich eine horizontale Grenze durch das Album: Auf der einen Seite bleiben die einigermaßen klassischen Popsongs, die von McCartney gesungen werden, auf der anderen Seite ist der schier endlose Einfallsreichtum der chemisch erleuchteten Wunderkinder zu bewundern. Doch George Harrison, John Lennon und später auch Ringo Starr wollten nicht nur high wie ein Kitedrache fliegen, sie waren auf der Suche nach Inspiration: Harrison wird in fernöstlicher Philosophie fündig und musikalisch ist das an Kreativität kaum zu überbieten, zu hören in den Songs Love You To oder Tomorrow Never Knows. Der zurückhaltende Gitarrist der Band führte die Beatles-Fans zwar schon auf dem Vorgängeralbum Rubber Soul mit Norwegian Wood in sein Sitarspiel ein, auf Revolver jedoch wird seine Beschäftigung mit indischer Musik endgültig zum Statement für die ganze Band und öffnet ihr den Weg in subkulturelle Gefilde.
Was die alteingesessenen Beatlemaniacs angeht: Viele Engländer*innen und Amerikaner*innen hatten zuvor noch nie indische Musik gehört und so können Harrisons fernöstliche Unternehmungen für die Bedeutung der Rockmusik gar nicht überschätzt werden. Der von Harrison für seine Frau Patty Boyd geschriebene Song Love You To kommt fast ohne die anderen Beatles aus, stattdessen wird er von dem Tabla-Spieler Anil Bhagwar und anderen indischen Musikern begleitet. Die Sitar spielt er selbst, nach den Aufnahmen für das Album wird er beim Sitar-Großmeister Ravi Shankar in die Lehre gehen. Die strukturtreuen Songs aus der Feder Paul McCartneys bieten für Revolver ein wichtiges Fundament, ohne sie würde das Album irgendwo im All herumfliegen, mit McCartneys Mitarbeit wird es – um im Bild zu bleiben – ein organisierter Weltraumspaziergang.
Technologische Vorreiter
Die vier Musiker inspirierten mit diesem siebten Studioalbum Generationen kommender Musiker*innen, setzten Maßstäbe für rivalisierende Bands und katapultierten sich an die Spitze einer Poprevolution. Besonders von dem sogenannten double-tracking sind die Beatles begeistert. Die Technologie, bei der eine beliebige Tonspur parallel zwei Mal aufgenommen wird, war erst einige Monate zuvor entwickelt worden. Des Weiteren experimentierten die Musiker wie schon auf den Vorgängeralben mit Fieldrecording, ungewöhnlichen Instrumenten wie der Tanpura, der Sitar oder auch einem Klavichord. Dazu kamen Streichinstrumente und das Herumspielen mit der Geschwindigkeit der Aufnahmen.
Die Beatles seien nun „bigger than Jesus“, hatte Lennon einige Monate zuvor in einem Interview zum Besten gegeben. Was er damit gemeint hatte, war, dass Religion in der westlichen Welt immer mehr an Einfluss verliert, die Musik dagegen immer wichtiger und Musiker*innen immer einflussreicher werden. Natürlich war es als Affront verstanden worden. Bei den Aufnahmen zu Revolver jedenfalls konnten die Beatles mit der willigen Unterstützung von Produzent George Martin im Studio Gott spielen. Und das klang verdammt gut.
Ein Klassiker für 40 Pfund
Ein Album wie Revolver brauchte natürlich auch eine ikonographische Verpackung. Ob die Beatles ahnten, dass auch diese unsterblich werden würde? Jedenfalls ließen sie den deutschen Künstler und Manfred-Mann-Bassisten Klaus Voormann, mit dem Starr und Harrison in London zusammen in einer WG gewohnt hatten, ein Cover designen. Voormann’s Arbeit wurde mit 40 Pfund und 1966 mit einem Grammy für das beste Albumcover belohnt und zeigt neben vier Zeichnungen der Beatles eine Collage mit vielen kleinen Bildchen der vier Musiker. Ein bisschen sieht es aus wie das gebastelte Fanposter eines Teenies.
Mit fünf Mal Platin in den USA und zwei Mal Platin in Großbritannien sowie wochenlanger Nummer-eins-Platzierung in amerikanischen, britischen und deutschen Charts hat den Superstars der Blick auf den Steuerbescheid nach der Veröffentlichung von Revolver bestimmt wieder wehgetan. Naja, Unsterblichkeit hat halt ihren Preis.
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Alle Beatles-Alben im Ranking: Das sind die besten Platten der „Fab Four“

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50 Jahre „Ring Ring“: ABBAs Debüt wird mit Vinyl-Sondereditionen gefeiert
Vor einem halben Jahrhundert begann in Schweden eine der erstaunlichsten Popkarrieren der Welt: Zum 50. Jahrestag des ABBA-Debüts Ring Ring gibt es die Platte exklusiv in umwerfenden Vinyl-Editionen.
von Björn Springorum
Hier könnt ihr Ring Ring hören:
Das erste Album ist ja immer etwas ganz besonderes. Da machen ABBA keine Ausnahme: Mit Ring Ring nahmen die Schweden 1973 erstmals mit in ihre Welt, gaben einen ersten Vorgeschmack auf das, was ein Jahr später nach dem Eurovision-Sieg mit der Band passieren sollte. Am 26. März 1973 erreichte der Einstand die schwedischen Plattenläden – und wurde dann dank Songs wie ihrer allerersten Single People Need Love oder He Is Your Brother zum Soundtrack des Frühlings. Mit dem Titelsong, so könnte man sogar sagen, kam der typische ABBA-Sound mit den mehrstimmigen Vocals in unsere Welt. Was ein Glück!
Die Geburt von ABBA
50 Jahre später sind ABBA längst Legende. Das muss natürlich gefeiert werden – mit gleich mehreren exklusiven und limitierten Vinyl-Sondereditionen, die man ab sofort auch bei uns im Shop vorbestellen kann. Die Editionen erscheinen am 19. Mai 2023.
Jetzt in unserem Shop erhältlich:
Neben einer Doppel-LP mit 45 RPM, neu gemastert in den Abbey Road Studios und verpackt im Gatefold mit Echtheitszertifikat gibt es weitere besondere Schmankerl für die ABBA-Sammlung: Eine Fünffach-Box mit 7-Inch-Singles sowie die fünf Singles als separate 7-Inch, bestückt mit folgenden Songs:
- He Is Your Brother / Santa Rosa
- People Need Love / Merry-Go-Round
- Ring Ring (English) / She’s My Kind of Girl
- Ring Ring (Swedish), Åh, vilka tider
- Love Isn’t Easy (But It Sure Is Hard Enough / I Am Just A Girl
Ein echtes Juwel für die Kollektion und ein würdiges Geburtstagsfest für dieses längst legendäre Album, auf dem ABBA noch als Björn & Benny, Agnetha & Frida in Erscheinung traten. Erst nach dem großen Erfolg ihres Debüts wurde aus den bislang als separate Duos agierenden Menschen die unsterbliche Band ABBA.
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„Under Attack“: Vor 40 Jahren erscheint die (vorerst) letzte ABBA-Single
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Def Leppard: Neues Album mit dem Royal Philharmonic Orchestra
2023 scheint ein weiteres Def-Leppard-Jahr zu werden. Nicht nur, dass die britischen Hardrock-Legenden nach wie vor mit ihren Kollegen Mötley Crüe um den Globus touren. Nein, „Def Lep“ bringen dieses Jahr auch noch eine neue Platte raus — gemeinsam mit dem Londoner Royal Philharmonic Orchestra.
von Timon Menge
Def Leppard und ein Orchester? Zugegeben, das klingt erstmal abenteuerlich. Doch der Vorab-Single Animal nach zu urteilen machen die Briten auf Drastic Symphonies eine wichtige Sache richtig: Sie überladen ihren Sound nicht. Wo Rockbands in der Zusammenarbeit mit Klassik-Ensembles häufig Gefahr laufen, zwei ausdrucksstarke Musik-Genres übereinander zu schichten, sodass am Ende eine unangenehme „Wall Of Sound“ entsteht, halten sich Def Leppard bewusst zurück und lassen das Royal Philharmonic Orchestra das Beste aus ihren Kompositionen herauskitzeln.
Gitarrist Phil Collen bestätigt die songdienliche Herangehensweise: „Als das Angebot kam, ein Album mit dem Royal Philharmonic Orchestra aufzunehmen, fühlten wir uns geehrt. Wir wollten aber nicht einfach nur das Orchester über unsere bisherigen Aufnahmen klatschen. Wir haben uns dazu entschieden, etwas ganz Besonderes zu erschaffen — etwas Klassisches, aber auf eine brandneue Art und Weise, sodass es im Kontext von Drastic Symphonies funktioniert. Wir haben neue Parts eingespielt, bestehende Sounds neu abgemischt und Instrumente rausgenommen, um dem Orchester Raum zum Atmen zu geben — also buchstäblich ein neues Album eingespielt.“
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Das neue Def-Leppard-Album Drastic Symphonies: ein Herzensprojekt
Def-Leppard-Sänger Joe Elliott kommentiert Drastic Symphonies folgendermaßen: „Def Leppard fanden es schon immer toll, aus allzu vorhersehbaren Pfaden auszubrechen — wie zum Beispiel bei unseren Arbeiten mit Tim McGraw, Taylor Swift und Alison Krauss. Als wir das Angebot bekamen, einige Songs aus unserem Backkatalog mit dem Royal Philharmonic Orchestra neuzugestalten, haben wir uns sofort darauf gestürzt.“ Ihm sei bewusst, dass Def Leppard nicht die erste Band sei, die mit einem Orchester spiele, doch er und seine Mitmusiker hätten einfach nicht widerstehen können.
Erscheinen soll Drastic Symphonies am 19. Mai 2023. Auf diese Songs im klassischen Gewand dürft ihr euch freuen:
- Turn To Dust
- Paper Sun
- Animal
- Pour Some Sugar on Me (Stripped Version)
- Hysteria
- Love Bites
- Goodbye For Good This Time
- Love
- Gods Of War
- Angels (Can’t Help You Now)
- Bringin’ On The Heartbreak
- Switch 625
- Too Late For Love
- When Love & Hate Collide
- Kings Of The World
- Have You Ever Needed Someone So Bad (Bonus auf Vinyl- und Atmos-Version)
Wer Def Leppard (und Mötley Crüe) live sehen möchte, hat dieses Jahr gleich dreimal die Möglichkeit dazu:
- Mai 2023 Mönchengladbach, SparkassenPark
- Mai 2023 München, Königsplatz
- Juni 2023 Hannover, Expo Plaza
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Zeitsprung: Am 1.8.1959 kommt Joe Elliott von Def Leppard zur Welt.
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Rush: „Signals“ erscheint als Super Deluxe Edition
Das Album Signals der Prog-Götter Rush feiert (mit ein wenig Verspätung) seinen 40. Geburtstag. Diesen Ehrentag begeht die Band mit einer Super Deluxe Edition, die es so richtig in sich hat.
Signals ist das neunte Studioalbum von Geddy Lee, Alex Lifeson und Neil Peart. Es erschien am 9. September 1982 und gilt längst als Klassiker. Das Album entstand teilweise auf der Tour zum Vorgänger Moving Pictures. Rush nutzen die Soundcheck-Zeit, um an neuem Material zu arbeiten. Herausgekommen sind dabei acht grandiose Tracks — begonnen mit dem Opener Subdivisions bis hin zum finalen Song Countdown.
Hier könnt ihr euch Signals anhören:
Alex Lifeson über Signals
„Nach dem Erfolg von Moving Pictures hätten wir alles machen können, was wir wollten”, erklärte Lifeson in einem Interview mit Louder Sound, und ergänzte: „In der Welt von Rush bedeutet das normalerweise, dass es Zeit ist, sich zu verändern.“ Lifeson sieht Signals als wesentliches Album der Bandgeschichte an, deutet aber auch auf den schweren Entstehungsprozess hin: “Ich stimme mit dem Konsens überein, dass Signals zu unseren wichtigsten und interessantesten Platten gehört. Aber aus offensichtlichen Gründen habe ich gemischte Erinnerungen an diese Platte“.
Signals: Details zur Super Deluxe Edition
Die Super Deluxe Edition von Signals kommt mit einem brandneuen Hugh Syme-Cover. Zu hören bekommt man den Remaster aus dem Jahr 2015, das erstmals auf CD erscheint. Vinyl-Aficionados kommen ganz besonderes auf ihre Kosten: Zum ersten Mal wurde Signals mit halber Geschwindigkeit über DMM geschnitten und auf 180g schwarzes Vinyl gepresst.
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Ebenfalls enthalten ist eine Blu-ray-Audio-Disc mit neuen Dolby Atmos- und 5.1-Surround-Mixes von Richard Chycki, das 48kHz-24-Bit-Stereo-Remaster von 2015, neue animierte Visualizer für jeden Song und zwei Bonus-Musikvideos für Subdivisions und Countdown. Damit nicht genug: Abgerundet wird das Package von einem 40-seitigen Hardcover-Buch mit Illustrationen, Original-Bandfotos und mehr. Zusätzlich zur Deluxe Edition erscheint auch eine Picture-Disc
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