Popkultur
10 Glam-Rock-Empfehlungen für den Einstieg
Wenn man in eine neue Musikrichtung einsteigen möchte, weiß man manchmal gar nicht, wo man anfangen soll. Wir helfen gerne, heute beim Thema Glam Rock. Unten findet ihr zehn Gruppen und Künstler*innen sowie je fünf Anspieltipps für einen gelungenen Start.
von Timon Menge
Hier könnt ihr euch einige der größten Glam-Rock-Hits anhören:
Mensch, was waren das verrückte Zeiten. Exzentrische Glitzerkostüme, knallbuntes Make-Up, auffällige Frisuren, auf den Kopf gestellte Geschlechterrollen und Plateauschuhe, die jedem Orthopäden einen Schauer über den gesunden Rücken laufen lassen. Musikalisch bedient sich der Glam Rock bei eingängigen Pop-Melodien, beim Rock’n’Roll der Fünfziger und teilweise auch bei kunstvolleren Einflüssen, wie dem Artrock. 1971 geht es los, ab 1975 findet der Abgesang statt. Wir haben uns einmal angeschaut, wer das Genre geprägt hat
1. T.Rex
Ein Text zum Thema Glam Rock kann nur mit Marc Bolan beginnen. Nach seiner Vergangenheit im Folk und in der Poesie, setzt der Brite zu Beginn der Siebziger seinen lange gehegten Traum um und gründet eine Rockband. Ihr Name: T. Rex. Im März 1971 tritt die Gruppe zum ersten Mal in der Fernsehserie Top Of The Pops auf. Bis heute gilt das Gastspiel als Grundstein des Glam Rock.
Anspieltipps: Hot Love, Get It On, Jeepster, Telegram Sam, Metal Guru
2. David Bowie
Als das Genre Fahrt aufnimmt, profitiert auch David Bowie davon und gestaltet den Glam Rock maßgeblich mit. Vor allem seine Kunstfigur Ziggy Stardust kommt gut an, die Single Starman gerät zum Mega-Erfolg. 1974 veröffentlicht er mit Diamond Dogs sein letztes vom Glam beeinflusstes Album, doch seine Karriere beginnt gerade erst: Bis zu seinem Tod im Jahr 2016 erscheinen weitere 17 Bowie-Alben, von denen jedes mindestens die Top Ten der britischen Charts erreicht.
Anspieltipps: Starman, The Jean Genie, Drive-In Saturday, Life On Mars?, Rebel Rebel
3. The Sweet
Die Kollaboration von The Sweet mit Nicky Chinn und Mike Chapman gehört zu den erfolgreichsten Geschichten der britischen Musikwelt. Gemeinsam mit den beiden Songschreibern veröffentlichen Sänger Brian Connolly, Gitarrist und Keyboarder Andy Scott, Bassist Steve Priest sowie Schlagzeuger Mick Tucker in den Siebzigern eine Hitsingle nach der anderen, bevor sie ab 1974 mit Sweet Fanny Adams härtere Wege einschlagen.
Anspieltipps: Block Buster!, Hell Raiser, The Ballroom Blitz, Teenage Rampage und aus der härteren Phase Set Me Free
4. Mud
Auch Mud aus Surrey (England) zählen zu den Erfolgsproduktionen des Duos Nicky Chinn und Mike Chapman, auch bekannt als Chinnichap. Vor allem die beiden Alben Mud Rock (1974) und Mud Rock Volume 2 (1975) schlagen ein und landen jeweils in der britischen Top Ten. Zwar können Sänger Les Gray, Gitarrist Rob Davis, Bassist Ray Stiles, Schlagzeuger Dave Mount und Keyboard Andy Ball nicht mit der Langlebigkeit vieler Genrekolleg*innen mithalten, veröffentlichen mit Tiger Feet aber immerhin die meistverkaufte Single Englands des Jahres 1974.
Anspieltipps: Crazy, Dyna-Mite, Tiger Feet, The Cat Crept In, Oh Boy
5. Slade
Kaum ein Frontmann röhrt schöner als der langjährige Slade-Sänger Noddy Holder. Gemeinsam mit Gitarrist Dave Hill, Bassist Jim Lea und Schlagzeuger Don Powell bringt der Brite mit der unwiderstehlichen Reibeisenstimme ab 1972 den Rock in den Glam. So stammen die Songs der Gruppe hauptsächlich aus seiner und Leas Feder. Neue musikalische Wege schlagen die beiden erst mit Old, New, Borrowed And Blue (1974) ein. Heute touren Hill und Powell noch immer unter dem Namen Slade durch die Lande.
Anspieltipps: Mama Weer All Crazee Now, Cum On Feel The Noize, Skweeze Me, Pleeze Me, Merry Xmas Everybody, My Friend Stan
6. The Glitter Band
Ursprünglich gehörte die Glitter Band zu Gary Glitter, zweifelsohne eine Größe der Glam-Welt. Über ihn wollen wir an dieser Stelle aber nicht reden, weil er mehrfach wegen Kindesmissbrauchs verurteilt wurde und seit 2015 für 16 Jahre im Gefängnis sitzt. Die Glitter Band hat sich allerdings schon 1974 von ihrem Frontmann abgenabelt und im Alleingang große Hits veröffentlicht. Als gegen Ende der Siebziger der Punk und die Discomusik den Markt übernehmen, löst sich die Gruppe auf, spielt später aber noch gelegentlich Auftritte.
Anspieltipps: Angel Face, Just For You, Let’s Get Together Again, Goodbye My Love, People Like You And People Like Me
7. Steve Harley & Cockney Rebel
Steve Harley und seine Band Cockney Rebel gehören sicher zu den versiertesten und vielseitigsten Vertretern des Glam Rock. So weiß die Gruppe durchaus mit poppigen Melodien zu begeistern, kann aber auch mit progressiven Klängen umgehen. Von 1972 bis 1977 stürmen die Briten mehrfach in wechselnder Besetzung die Charts, seit 1998 sind sie wieder aktiv.
Anspieltipps: Sebastian, Judy Teen, Mr. Soft, Come Up And See Me (Make Me Smile), Mr. Raffles (Man, It Was Mean)
8. Wizzard
Nach seinem Ausstieg beim Electric Light Orchestra im Jahr 1972 gründet Roy Wood gleich ein neues Projekt: Wizzard. Was die Kostüme betrifft, gehört die Gruppe sicher zu den auffälligsten Vertretern des Glam Rock. Der Sprung in die britische Top Ten gelingt den Engländern sechs Mal, mit Wizzard Brew (1973) und Introducing Eddy And The Falcons (1974) erscheinen zwei Alben. Zwar spielen Wood und Co. 1975 eine weitere Platte namens Main Street ein, doch veröffentlicht werden die Aufnahmen erst 25 Jahre später.
Anspieltipps: Ball Park Incident, See My Baby Jive, Angel Fingers (A Teen Ballad), I Wish It Could Be Christmas Everyday, Rock ‘n‘ Roll Winter (Loony’s Tune)
9. Hello
In England landen Hello genau zwei Top-Ten-Hits: Mit Tell Him gelingt 1974 der Sprung auf Platz 6, New York Groove erreicht 1975 den neunten Platz. Song Nummer zwei wird 1978 außerdem auf Ace Frehley verewigt, dem ersten Soloalbum des gleichnamigen Kiss-Gitarristen. (Zeitgleich veröffentlichen auch die drei anderen Mitglieder von Kiss Soloalben.) Als die große Glam-Welle in der zweiten Hälfte der Siebziger nachlässt, verschwinden auch Hello in der Versenkung.
Anspieltipps: Tell Him, New York Groove, Star Studded Sham, Love Stealer, Games Up
10. Roxy Music
Brian Ferry und Roxy Music haben die Rockmusik gleich auf mehreren Ebenen maßgeblich beeinflusst. Nicht nur, dass sie zu den wichtigsten Vertretern des Glam Rock gehören. Nein, auch dem Punk und der New Wave ebnen sie den Weg, gemeinam mit anderen Künstler*innen. Von 1970 bis 1973 gehört auch Elektropionier Brian Eno zur Gruppe. Zwischendurch lösen sich Roxy Music des öfteren auf, von 1983 bis 2001 sogar 18 Jahre am Stück. Ihr vorerst letzter Auftritt findet am 29. März 2019 bei ihrer Einführung in die Rock And Roll Hall Of Fame statt.
Anspieltipps: Virginia Plain, Pyjamarama, Street Life, All I Want Is You, Love Is The Drug

Popkultur
Zeitsprung: Am 25.3.2015 fährt James Corden Mariah Carey zur Arbeit
Anekdoten, Jubiläen und wilde Geschichten: Was an diesem Tag in der Welt der Musik passiert ist, lest ihr täglich in unserem Zeitsprung. Heute: 25.03.2015
von Victoria Schaffrath und Christof Leim
„Danke dir, dass du mir mit dem Weg zur Arbeit hilfst. Der Verkehr ist echt übel“, murmelt James Corden da beiläufig Richtung Beifahrersitz. „Ich weiß, es ist unerträglich“, erwidert keine Geringere als Mariah Carey. Am 25. März 2015 startet mit diesem Dialog Carpool Karaoke, die Kultsequenz aus Cordens Late Late Show. Sehen wir uns die Höhepunkte des Formats an.
Schaut euch hier alle Folgen von Carpool Karaoke an
Als James Corden am 23. März 2015 die Late Late Show von Brit-Kollege Craig Ferguson übernimmt, kennt ihn in Amerika kaum jemand. Der Schauspieler und Komödiant hatte sich zwar in Großbritannien einen Namen machen können, doch das Scheinwerferlicht in Kalifornien wirft größere Schatten. Corden weiß, dass er sich beweisen muss. So zieht er zwei Tage nach Amtsantritt ein Ass aus dem Ärmel.
Fahrgemeinschaft 2.0
Der junge Brite importiert ein Format, dass er erstmals für die britische Wohltätigkeitsveranstaltung Red Nose Day 2011 umgesetzt hatte: Da beorderte er George Michael in ein Auto, kurvte mit ihm durch London und trällerte gemeinsam mit dem Sänger dessen Hits. Michael entpuppte sich dabei als charmanter Partner, Corden als kompetenter Gastgeber. Zum Auftakt der US-Show muss also ein ähnlich hochkarätiger Gast her.
So kommt es, dass zwei Tage nach der „British Invasion“ des Abendprogramms Weltstar Mariah Carey in einen LA-typischen SUV steigt. Zunächst kokettiert sie noch, sie könne nach einer durchzechten Nacht nicht mitsingen, aber dann sprengt plötzlich ihr Schmettergesang die Autoscheiben. Dass Corden eine absolut passable zweite Stimme hinbekommt, sorgt bei Stücken wie Always Be My Baby, Fantasy, Thirsty und Vision Of Love mitunter für Ansätze von Gänsehaut.
Erfolgsformel Menschlichkeit
Der Sympath erklärt den durchschlagenden Erfolg des Segments (und demzufolge auch der gesamten Show) recht einleuchtend: „Da schwingt eine Einfachheit und Intimität mit. Einen Star solchen Kalibers in der gleichen Umgebung zu sehen, in der du und ich sonst auf dem Weg zur Arbeit singen, macht ihn menschlich.“
Logisch, dass danach nicht nur Musiktreibende auf Promotour, sondern ganze Musical-Besetzungen mit Corden „zur Arbeit fahren“ möchten. Die Videos, die im Netz häufig viral gehen, bringen so ungewöhnliche Partnerschaften wie Rod Stewart und Rapper ASAP Rocky oder Michelle Obama und Missy Elliott hervor. Ob oberkörperfreie Red Hot Chili Peppers, die Foo Fighters, Paul McCartney oder den gefiederten Elton John: Auch die großen Namen des Rock holt sich Corden gern dazu.
Bei so viel Prominenz lassen die Starallüren nicht zu wünschen übrig: Berufsprovokateur Kanye West sagt gleich mehrfach hintereinander kurzfristig ab und macht aus dem SUV mal eben eine Boeing; zwischen Corden und Dave Grohl gibt es nach der Ausstrahlung ein kleines Missverständnis. Immerhin rettet Anthony Kiedis laut eigenen Angaben während der Dreharbeiten einem Säugling das Leben. Das ist dann doch etwas mehr Aufruhr, als wir morgens auf dem Weg zur Arbeit ertragen könnten.
Zeitsprung: Am 2.3.2014 knipst eine YouTuberin David Gilmour – ohne es zu wissen.
Popkultur
Review: „Das ist los“ von Herbert Grönemeyer ist genau das Album, das wir jetzt brauchen
Herbert Grönemeyer schenkt uns auf Das ist los sinnstiftende Lieder über die Liebe und den Zusammenhalt. Ob er die Gesellschaft damit kitten kann, ist fraglich. Doch alleine der Versuch verdient Hochachtung.
von Björn Springorum
Hier könnt ihr Das ist los hören:
Herbert Grönemeyer veröffentlicht keine Alben. Herbert Grönemeyer veröffentlicht Bestandsaufnahmen. Seines Lebens, aber auch von unser aller Leben. Immer wenn eine neue Platte von Deutschlands größtem und erfolgreichsten Künstler erscheint, so wirkt es, kommt sie genau zur rechten Zeit. Seine Lieder sind Salben für die Wunden, die wir uns seit seinem letzten Album zugezogen haben, zumeist stille und zurückhaltende Gebäude, in denen wir Schutz suchen können.
„Hoffnung ist gerade so schwer zu finden“ lautet dann auch der erste Satz des Albums. Er stammt natürlich aus der Lead-Single Deine Hand, mit der Grönemeyer schon vor einigen Monaten begeistern konnte. Eine einfühlsame Ode an Liebe, Freundschaft und Zusammenhalt – wie viele seiner Songs sowohl im Mikrokosmos als auch im Makrokosmos zu sehen. Es geht um tatsächliche Partnerschaft, aber auch um den universellen Zusammenhalt. Die letzten Jahre haben gezeigt, dass wir das als Gesellschaft dringend nötig haben.
Nur ein Gutmensch?
Fünf Jahre nach Tumult ist die Welt noch viel tumultartiger geworden. Da braucht es große Künstler, die mit Ruhe, Reflexion und Besonnenheit aufarbeiten, was da eigentlich mit uns und der Welt passiert ist in diesen irren letzten Jahren. Sicher kann man das abtun, verunglimpfen als onkelnde Ratschläge vom alten weißen Mann, als Motivationscoach mit nasaler Stimme. Damit macht man es sich aber zu einfach. Grönemeyer polarisiert, und das schon sehr lange. Die einen echauffieren sich darüber, dass er ja gar nicht singen (geschweige denn tanzen) kann, die anderen halten ihn für einen aufdringlichen Gutmenschen mit Moralkomplex und biederen Thesen. Gutmensch – wie so ein Wort überhaupt zu einer Beleidigung werden konnte, sagt ja auch sehr viel.
Manchmal spielt er seinen Kritiker*innen in die Karten auf diesem Album. Der Titelsong zum Beispiel erinnert eher an Bierzelt oder Schlagerfestival – trotz seines cleveren, defragmentierten Textes, der den Informations-Overkill der heutigen Zeit versinnbildlichen soll. Doch die großen Momente gehören eh den Balladen, das ist bei Grönemeyer schon lange so. Tau zum Beispiel, ein Lied, umrankt von Trauerflor. Der Rest ist mal flott und tanzbar, mal umgarnt von Vintage-Elekronik, mal elegisch mit Streichern.
Songs, die Mut zuflüstern
Um Tod, Verlust und Trauer geht es auch auf Das ist los. Aber nicht als Fixpunkt, sondern als Unausweichlichkeiten des Lebens. Überwiegend möchte Grönemeyer uns stärken, uns Mut zuflüstern, uns als Ganzes wieder zusammenbringen. Man darf sich fragen, wieso ihm das so wichtig ist, warum er denkt, dass ausgerechnet er als Messias zu uns singt. Man darf sich aber auch fragen, warum es sonst niemand tut. Das ist los zeigt uns, dass wir nicht aufgeben sollten, nicht verzagen sollten, nicht den Ist-Zustand beibehalten sollten. Stattdessen sollen wir „Raus in den Sturm“, wie es im dringlichen Genie heißt, rein ins Leben, in die Verantwortung.
Diejenigen, die ihn bisher schon als Gutmenschen abkanzelten, werden sich darauf stürzen und ihn in der Luft zerreißen. Dabei sind es gerade diejenigen, die hier mal genau hinhören sollten. Das ist los ist nicht das beste Grönemeyer-Album, wahrscheinlich nicht mal Top fünf. Es ist aber mal wieder mal genau das Album, was wir jetzt brauchen. Und allein dafür gebührt im Hochachtung.
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Popkultur
Zeitsprung: Am 24.3.1986 triumphieren Van Halen mit neuem Sänger und „5150“.
Anekdoten, Jubiläen und wilde Geschichten: Was an diesem Tag in der Welt der Musik passiert ist, lest ihr täglich in unserem Zeitsprung. Heute: 24.3.1986.
von Christof Leim
Einen geborenen Frontmann wie David Lee Roth zu ersetzen, ist nicht einfach. Doch Van Halen machen aus der misslichen Lage Gold und Platin: Gleich das erste Album mit Sammy Hagar wird zum Nummer-Eins-Erfolg. Dabei eskalierte ein Streit im Studio so sehr, dass ein alter Kollege sogar die Bänder zerstören wollte. Dies ist die Geschichte von 5150. Und wir haben sogar einen unveröffentlichten Song ausgegraben.
Hier könnt ihr 5150 hören:
Nach dem sechsten Album 1984 geht es nicht mehr weiter: Van Halen haben sich mit David Lee Roth so zerstritten, dass sich der Sänger und überlebensgroße „Showman“ in Richtung Solokarriere verabschiedet. Einen Ersatz allerdings können Eddie Van Halen, sein Bruder Alex und Michael Anthony partout nicht finden. Die Sängerin Patty Smyth von der Band Scandal (nicht zu verwechseln mit der Punkikone Patti Smith) lehnt ab, mit der späteren Mr. Big-Stimme Eric Martin und dem australischen Musiker Jimmy Barnes kommen die Kalifornier ebensowenig zusammen. Irgendwann beginnt das Label, Druck zu machen, und fordert sogar eine Namensänderung, was Alex und Eddie Anfang 1986 in aller Form ablehnen. David Lee Roth feiert währenddessen Erfolge mit seiner Cover-EP Crazy From The Heat (1985). Keine schönen Zeiten im Van Halen-Lager also.
Tipp aus der Werkstatt
Doch dann hilft der Zufall: Als Eddie seinen Luxusschlitten – je nach Quelle ein Ferrari oder ein Lamborghini, aber wir wollen da nicht kleinlich sein – reparieren lässt, empfiehlt ihm der Automechaniker den ehemaligen Montrose-Sänger Sammy Hager, der sich mittlerweile mit Hits wie I Can’t Drive 55 und One Way To Rock als Solokünstler etabliert hat. Die Idee ist gut: Als Eddie und Sammy sich treffen, stimmt die Chemie sofort. Hagar verfügt klar über die bessere, vielseitigere Stimme im Vergleich zu „Diamond Dave“ und spielt hervorragend Gitarre, was neue Möglichkeiten für die Liveshow eröffnet. Schlagzeuger Alex Van Halen vergleicht das allgemeine Bandgefühl nach Hagars Eintritt damit, einen Porsche zu fahren nach jahrelanger Schleicherei in einem Volkswagen. Gitarrengott Eddie schlägt in die gleiche Kerbe: „Ich habe noch nie so eine Inspiration erlebt wie an diesem ersten Tag. Wir haben losgespielt, Sammy hat gesungen – und es hat einfach geklickt. Magisch.“
Im November 1985 startet das Quartett die Arbeit an einem neuen Album, im Februar 1986 ist das Ding im Kasten, nur einen Monat vor der Veröffentlichung. Weil Roth den Van-Halen-Stammproduzenten Ted Templeman bei seinem Abgang mitgenommen hatte, übernimmt der langjährige Toningenieur Donn Landee den Job. Doch Sammy fühlt sich damit unwohl: Er wünscht sich eine „richtige“ Besetzung für den Produktionsjob und vor allem eine neutrale Stimme, kein angestammtes Mitglied des inneren Zirkels. Also wird der platindekorierte Foreigner-Gitarrist Mick Jones angeheuert, um das Steuer zu übernehmen.
Eine harte Drohung
Das geht Landee so dermaßen gegen den Strich, dass er sich – kein Witz – im Studio einschließt und damit droht, die bereits gemachten Aufnahmen zu zerstören. Plötzlich fühlt sich die Atmosphäre sehr, sehr angespannt an, doch kurz vor der Explosion kann die Zündschnur gekappt werden. Landee rückt die Bänder raus, alle Unklarheiten werden beseitigt, und tatsächlich verläuft der Rest der Aufnahmen zur Zufriedenheit aller. Das fertige Album mit neun Songs (ja, damals brauchte man nicht 15 Nummern und ein halbes Dutzend Bonustracks) taufen Van Halen auf den Namen 5150, ausgesprochen „fifty one fifty“. So heißt auch Eddies Studio, benannt nachdem dem kalifornischen Polizeicode für eine geistig gestörte Person.
Das Material klingt runder und musikalischer als die Songs mit „Diamond Dave“, auch mehr nach Mainstream und weniger gewagt, aber – und hier liegt der springende Punkt – ohne jeden Zweifel zu 100 Prozent nach Van Halen. Es finden sich ein paar mehr Love-Songs und Balladen als früher, dazu ein paar ganz dicke Ohrwürmer, allen voran natürlich Why Can’t This Be Love.
Ohrwurm und erste Single von 5150: Why Can’t This Be Love
Start-Ziel-Sieg
5150 marschiert nach der Veröffentlichung am 24. März 1986 ohne Umschweife auf Platz eins der US-Charts, was Van Halen bisher noch nie hinbekommen hatten. (1984 schaffte es bis auf Platz zwei.) Satte fünf Singles werden ausgekoppelt – von insgesamt neun Songs. Das ist schon nicht so richtig schlecht. Die Tracks kennen wir alle: Why Can’t This Be Love, Dreams, Love Walks In, Best Of Both Worlds und Summer Nights . Der Rolling Stone kommentiert damals: „Die Welt gehört Van Halen, ob mit oder ohne David Lee Roth. 5150 gleicht einem bombastischen Feuerwerk einer Band auf dem Höhepunkt ihrer Fähigkeiten.“
Vier der fünf (!) Singleauskopplungen von 5150
Die nächsten zehn Jahre laufen bestens für Van Halen: Jedes (!) der folgenden Alben wird ebenfalls eine Nummer eins in den USA: OU812 (1988), For Unlawful Carnal Knowledge (1991) und Balance (1995). (Die ausführliche Geschichte der letzten Van Halen-Platte mit Sammy, findet ihr hier.)
Bonustrack!
Für die Van Halen-Freaks und Komplettisten haben wir noch ein Schätzchen: Ursprünglich sollte als fünfter Titel auf der zweiten Seite noch der Song I Want Some Action erscheinen, doch der wird nicht veröffentlicht, zumindest nicht offiziell. Zum 30. Geburtstag der Platte stellen Van Halen den Track dann ins Netz. Und hier ist er:
Vorher führte I Want Some Action ein lustiges Schattendasein: Eddie benutzt Teile der Komposition für das bluesige Instrumental Stompin’ 8H, das er 1987 bei Saturday Night Live spielt. Außerdem überlässt er die Nummer seinem Kumpel Steve Lukather, der sie 1989 auf seinem ersten Soloalbum Lukather unter dem Titel Twist The Knife verbrät, nachzuhören hier. Doch das Hauptriff gefällt Eddie so gut, dass er es selbst 1998 nochmal für den Song Dirty Water Dog auf dem Rohrkrepierer-Album Van Halen III (mit Extreme-Sänger Gary Cherone) wiederbelebt.
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Zeitsprung: Am 14.7.1984 steht Eddie Van Halen mit Michael Jackson auf der Bühne.
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