Popkultur
Die besten letzten Platten aller Zeiten
Viele Bands fangen stark an und hören schwach auf. Es gibt sie aber, die Musiker, die ihre Karriere mit einem Knall beendeten – freiwillig oder nicht. Ein Blick auf einige der besten letzten Alben der Musikgeschichte.
von Björn Springorum
Für ein Debüt hat man meist deutlich mehr Zeit als für alle nachfolgenden Alben. Das nutzten viele legendäre Formationen der Musikwelt clever für sich, um die Bühne mit einem wahrhaftigen Urknall zu betreten. Wenige verlassen sie aber auch mit einer solchen Eruption, versinken in Bedeutungslosigkeit oder treten ihren mühsam aufgebauten Ruhm mit Lederstiefeln. Diese Künstler hier nicht.
The Beatles – Abbey Road
Grillt uns nicht: Wir wissen, dass Let It Be technisch das letzte jemals erschienene Beatles-Album ist. Abbey Road ist aber eben das letzte, das die Band gemeinsam im Studio aufgenommen hat. Ein angemessener Schwanengesang für die beispielloseste Karriere der Musikgeschichte, aufgenommen im Sommer 1969 und versehen mit einem Albumcover, das zur Top-Sehenswürdigkeit in London wurde: Wer mit so einem Meisterwerk einen Schlussstrich unter sein eigenes Werk ziehen kann, kann im Grunde nicht vollkommen menschlich sein.
Johnny Cash – American IV: The Man Comes Around
Seine zerrüttet-melancholische Version von Nine Inch Nails‘ Hurt machte den Man in Black zu Beginn des 21. Jahrhunderts einer breiten Audienz bekannt. American IV: The Man Comes Around war das letzte vor seinem Tod 2003 erschienene Album – und ein ebenso tiefer wie dunkler Blick in die Seele des vom Leben gezeichneten Country-Giganten. Aufgenommen in intimer Isolation mit Rick Rubin, ließen es sich auch Fiona Apple, Nick Cave und Don Henley nicht nehmen, den Meister mit ihrem Gesang zu unterstützen. Das Ergebnis ist ein essentielles Werk der Musikgeschichte – und das nach fast 50 Jahren und über 80 aufgenommenen Platten!
The Smiths – Strangeways, Here We Come
Hier wollen wir uns ausnahmsweise mal nicht über Morrissey aufregen und stattdessen die unerreichte Genialität der Smiths feiern. Strangeways, Here We Come, ihr viertes Werk von 1987, war zugleich ihr letztes und erschien nach ihrer Trennung von Rough Trade Records. Ihr reifstes und nach Ansicht vieler bestes Werk war zugleich ihr anspruchsvollstes: Eher White Album als Post-Punk-Gebirge, eher ausproduziert als bewusst roh gehalten: ein äußerst eleganter und würdevoller Abgang eben.
The Birthday Party – Junkyard
Was für ein Brett: Auf ihrem dritten und letzten Album Junkyard (1983) zeigten Nick Caves The Birthday Party dem Rest der Musikwelt, wo der Post-Punk-Hammer hängt: Schroff, wild, dämonisch, knietief durch Southern-Gothic-Topoi watend und von dissonanter Tollwut ist dieser Abschied, der schon sehr von den Inhalten und gesanglichen Exorzismen vorgab, die Nick Cave bei seinen bald nach der Auflösung von The Birthday Party gegründeten Bad Seeds aufgreifen sollte. Bis heute entströmt der Platte eine ungezähmte, unheimliche Kraft und Energie. Wahnsinn, wenn man direkt danach Ghosteen hört…
Nirvana – In Utero
Nachdem Nirvana vom Nevermind-Erfolg eher erschlagen denn euphorisiert worden waren, versuchten sie verzweifelt und vergeblich, das unfreiwillige Rockstar-Image wieder loszuwerden. Sie engagierten Produzent Steve Albini und prügelten In Utero binnen zweier fiebriger Wochen im Pachyderm Studio (Minnesota) ein. Das Ergebnis war zunächst mal ein tiefe Wunden schlagender, roher und Gift spritzender Sound, der nicht mehr viel mit der relativ glattproduzierten Nevermind-Produktion aus den Händen Butch Vigs zu tun hatte. Dem Label war die Chose aber zu ruppig, weshalb Scott Litt (R.E.M.) an Bord gebracht werden musste. Dem grandiosen Album hat es glücklicherweise nicht geschadet: In Utero zeigte Nirvana als Band, die zu mehr in der Lage war als dem Wiederholen der eigenen Erfolgsformel. Ihr Image als Posterboys des Grunge wurden sie dennoch nicht los: In Utero verkaufte sich schlanke 15 Millionen Mal.
Jimi Hendrix Experience – Electric Ladyland
Von den ersten dumpfen Trommeln und verzerrten Worten bis zu den singenden Funk-Gitarren im abschließenden Voodoo Child (Slight Return) atmet dieses Album mit jeder Note das Wort „Klassiker“. Das dritte und finale Album von Jimi Hendrix Experience ist mit über 70 Minuten nicht nur überlang; es ist das einzige, das auch von Hendrix produziert wurde. Ursprünglich nicht sonderlich geliebt, wird das Doppelalbum mittlerweile als eines der definitiven Werke der Rock-Musik und als Gipfel im Schaffen des Jimi Hendrix bezeichntet. Seine Kreuzung aus Psychedelic Rock und Blues bleibt bis heute grandios. Ebenso wie sein Cover von All Along The Watchtower, dem vorletzten Song dieses Geniestreichs.<
David Bowie – Blackstar
Nach 25 Studioalben noch mal ein überragendes Werk zu veröffentlichen, dazu sind nicht viele Künstler*innen in der Lage. David Bowie schon. Und nicht nur das: Sein Tod zwei Tage nach der Veröffentlichung von Blackstar 2016 legte offen, dass Bowie dieses Werk ganz bewusst als Schwanengesang und Abschiedsbrief konzipiert hatte. Durchzogen von debattierbaren Hinweisen auf seinen nahenden Tod, ist sein Abschied ein großes, ein erhabenes Werk, das sich ebenso jedweder Kategorisierung entzieht wie sein Schöpfer selbst.
T.Rex – Dandy In The Underworld
Wenige Monate nach der Veröffentlichung des zwölften T.Rex-Albums Dandy In The Underworld 1977 kam Frontmann Marc Bolan bei einem Autounfall ums Leben. Die Tragik dieser Ereignisse wird aus musikhistorischer Sicht noch erschwert, weil T.Rex nach zwei eher schwächeren Platten gerade wieder dabei waren, die Kurve zu kriegen. So bleibt Dandy In The Underworld als unfreiwilliger Abschied einer großen Glam-Rock-Band, die ganz offensichtlich noch einiges in petto gehabt hätte.
Leonard Cohen – You Want It Darker
Noch so ein Album, das durch seine Hintergründe eine fast schon gruselige Intensität entfaltet: Leonard Cohens You Want It Darker ist eines der düstersten Alben der Pop-Geschichte. Ein rabenschwarzer Dialog zwischen dem damals 82-jährigen Crooner und seinem vermeintlichen Schöpfer. Gerade noch rechtzeitig, wie es scheint: Das Album erschien wenige Tage vor seinem Tod. Dem zynischen und bis zuletzt humorvollen Cohen dürfte das irgendwie gefallen haben.
Nick Drake – Pink Moon
Gerade mal 28 Minuten dauert Nick Drakes letztes Album Pink Moon von 1972. Die vergisst man aber nicht allzu schnell: Spärlich und karg instrumentiert, begegnen wir einem 24-jährigen Nick Drake, der Atlas gleich die Bürde der Welt auf seinen Schultern trägt und tief melancholisch, introvertiert und von der Welt abgekehrt über seine Depression singt. All das mit seiner unvergleichlich sanften Stimme und ebenso einfachen wie sublimen Akkorden. Zwei Jahre später nahm er sich das Leben.
Anmerkung: Natürlich ist auch Joy Divisions Closer ein mehr als grandioses und wegweisendes letztes Album. Es war aber eben erst ihr zweites, weshalb es in dieser (unvollständigen) Auflistung ebenso fehlt wie das Anarchie-Manifest Never Mind the Bollocks, Here’s the Sex Pistols, bekanntlich zugleich Debüt und letztes Album.

Popkultur
In klangvollem Gedenken: 10 essentielle Prince-Songs
Am 21. April 2016 starb Prince. Die Wundertüte des Pop war laut, schrill, exzentrisch, aber vor allem eines: ein Jahrhundertkünstler. Diese zehn Songs unterstreichen sein außerirdisches Talent.
von Björn Springorum
Um Prince in den Achtzigern zu verstehen, reicht dieses Faktum: Seinetwegen wurde der Parental-Advisory-Sticker auf Platten erfunden. Mit anderen Worten: Prince war zu sexy, zu offen, zu explizit für die USA. „Am I black or white? Am I straight or gay?“ singt er schon 1981 in Controversial. Kontroversen, sie waren ihm wohl vertraut.
Aber reicht das, um ihn ganz zu erfassen? Welche Geschichten kann man noch bemühen, um Leben und Wirken des Pop-Giganten aus Minneapolis einzufassen? Sagt es genug aus, dass er über 100 Millionen Platten verkauft hat? Oder dass er ein Ausnahmespieler an der Gitarre war? Sänger mit einer Jahrhundertstimme? Eine enigmatische Kunstfigur zwischen Funk, R’n’B, Rock, Soul, Wave und Pop, ebenso schillernd wie exzentrisch? Bringt uns irgendwie alles nicht weiter.
Lassen wir also das Einzige sprechen, das wirklich zählt: seine Musik, mit der er das 20. Jahrhundert prägte, veränderte, bereicherte. Unter den Myriaden an Songs, die Prince geschrieben hat (verteilt auf nahezu 50 Alben), die besten auszuwählen, ist eine fast schon unmögliche Aufgabe. Einigen wir uns also darauf, dass diese zehn Songs – präsentiert in chronologischer Ordnung – sinnbildlich für das Genie Prince Rogers Nelson stehen.
1. When You Were Mine
Wie um jeden Klassiker, ranken sich auch um die Entstehung von When You Were Mine von seinem dritten Album Dirty Mind (1980) mehr als genügend Legenden. Eine besagt, dass ihm diese Nummer zuflog, als er in einem Hotel in Alabama John Lennon lauschte. Eine andere, dass er in einem Hotelzimmer in Florida war und der Band gerade einen Ausflug nach Disney Land verboten hatte. So oder so steht fest: Die Musen meinten es gut mit Prince, der hier eine bisexuelle Dreiecksbeziehung süffig und sinnlich vertont. Blondie lässt grüßen.
2. Controversy
Noch delikater wird es 1981. Controversy vom gleichnamigen Album macht den schwierigen Spagat des Prince deutlich: Längst ist er ein gefragter und erfolgreicher Künstler in den USA, zur selben Zeit jedoch gerät er mehr und mehr ins Fadenkreuz der religiösen Rechten. Denen ist Prince mit seiner offen gelebten Sexualität und seinem angeblich unzüchtigen Verhalten ein Dorn im Auge, zusätzlich befeuert von dieser saftig-funkigen Nummer, mit der er sichtlich genussvoll Öl ins Fegefeuer der Empörung gießt. Nimm das, prüde Welt!
3. Little Red Corvette
Prince will nicht immer provozieren. Manchmal will er der Welt auch einfach nur zeigen, wie sich aus banalsten Ereignissen pures Popmusik-Gold schmieden lässt. 1982 zum Beispiel, als er nach einer kräftezehrenden Aufnahmesession im pinken Mercury Montclair Marauder seiner Musikerin Lisa Coleman immer wieder kurz einschläft. Jedes Mal ist ein weiterer Teil der Lyrics fertig, der elegant-rockige Song vom 1999-Album wenig später.
4. Purple Rain
1984 zeigt Prince der Popwelt dann einfach mal kurz, wie man ein perfektes, technisch brillantes und kompositorisch umwerfendes Stück Musik schreibt. Princes bekanntester Song ist zweifellos auch einer seiner stärksten, ein neunminütiges Epos, das als Destillat seiner ersten Jahre gelten darf. Und jede*n andere*n zeitgenössische*n Pop-Künstler*in vor Ehrfurcht erstarren ließ.
5. The Beautiful Ones
Sein Album Purple Rain ist mehr als der längst heilig gesprochene Titeltrack. Das sinnlich-evokative The Beautiful Ones zählt zu seinen emotionalsten Stücken – und wird in der Folge unter anderem von Mariah Carey und Beyoncé gecovert.
6. Darling Nikki
Dieser stampfenden, steril-maschinellen, kühl-erotischen Nummer, ebenfalls von Purple Rain, haben wir die Parental-Advisory-Sticker zu verdanken, die noch jede*n Jugendliche*n heiß auf eine Platte gemacht haben. Wie nonchalant-lässig Prince die Zeile „I met her in a hotel lobby, masturbating with a magazine“ singt, war für die überaus prüde Mary Gore, die Frau des ehemaligen US-Präsidenten, zumindest Grund genug, gegen „Schmutz“ wie diesen zu Felde zu ziehen und die Jugend der Welt vor Sittenstrolchen wie Prince zu bewahren.
Zeitsprung: Ab 13.5.1985 will das PMRC vor schlimmen Songtexten warnen.
7. Kiss
Als Parade 1986 erscheint, liegt Purple Rain zwei Jahre zurück. Dennoch klingt Prince in Stücken wie dem unsterblichen Kiss schon wieder wie ein vollkommen anderer Künstler. Eigentlich als Song für die Band Mazarati gedacht, doktort Prince eine Nacht im Studio an der Nummer herum, um dann festzustellen: Nö, die behalte ich lieber selbst! Gute Entscheidung: Kiss schießt in den USA auf die Eins und berauscht noch heute mit dem straighten Beat, der kurz angespielten Funk-Gitarre, den punktgenauen Vocals und herrlichem Pop-Minimalismus.
8. Sign O’ The Times
Genau ein Jahr später veröffentlicht Prince Sign O’ The Times. AIDS, Heroin, Bandenkriminalität und das Raketenabwehrprogramm der USA finden Eingang in diese unterkühlt-elektronische Nummer, die für viele zu den ganz großen Glanzmomenten des Superstars zählt.
9. Diamonds And Pearls
Wieder so ein bockstarker Titelsong. Diamonds And Pearls trägt 1991 seinen Anteil zu Princes anhaltendem Erfolg in den Neunzigern bei – mit betont massivem Drumming, markanten Keys und jeder Menge schwelgerischem Groove. Es darf durchaus aus Vorläufer zum folgenden Song gesehen werden…
10. The Most Beautiful Girl In The World
…mit dem Prince zusätzlich R’n’B in seinem eklektischen Sound Willkommen heißt. 1994 gelingt ihm sein erster und einziger Nummer-eins-Hit in den UK-Charts, ein echter Schmachtfetzen, bei dem es allerdings ordentlich Plagiatsvorwürfe hagelt. Wie ein italienisches Gericht entscheidet, hat sich Prince hier etwas zu sehr bei einem Lied von Bruno Bergonzi und Michele Vicino bedient. Passiert offensichtlich selbst den Besten.
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„Findet Nemo“ und Pfannkuchen: 6 Anekdoten, die nur aus dem Leben von Prince stammen können
Popkultur
Zeitsprung: Am 7.6.1993 ändert Prince seinen Namen in ein unaussprechliches Symbol.
Anekdoten, Jubiläen und wilde Geschichten: Was an diesem Tag in der Welt der Musik passiert ist, lest ihr täglich in unserem Zeitsprung. Heute: 7.6.1993.
von Christof Leim
An seinem 35. Geburtstag ändert Prince seinen Namen in ein unaussprechliches Symbol. Damit will er gegen seine Plattenfirma protestieren, von der er sich künstlerisch eingeschränkt fühlt. Der Rest der Welt wundert sich…
Hört hier in die besten Prince-Songs rein:
Seinen ersten Plattenvertrag unterschreibt Prince Rogers Nelson 1977. Darin einigt sich der 18-Jährige mit Warner Bros. Records darauf, die völlige kreative Freiheit zu behalten und sämtliche Alben selbst zu produzieren. Das funktioniert für alle Beteiligten gut, macht Prince zum Star und bringt Warner Millionenseller wie Purple Rain (1984) und Sign O’ The Times (1987). Deshalb stört es auch niemanden, wenn der Mann zwischendurch zum Beispiel ein fertiges Album in die Tonne kloppt und schnell mal eben ein neues aufnimmt (siehe Lovesexy, 1988). 1992 wird der Deal sogar verlängert.
Grundlegende Meinungsverschiedenheit
Dem unglaublich produktiven Künstler liegt Anfang der Neunziger viel daran, seine unzähligen unveröffentlichten Songs – angeblich über 500 – so schnell wie möglich unter die Leute zu bringen. Verständlich, denn dafür hat er das Zeug ja geschrieben. Die Plattenfirma lehnt das jedoch ab, denn sie legt (nicht weniger verständlich) Wert darauf, nur das beste Material in die Läden zu stellen und vor allem den Markt nicht zu überschwemmen. Prince macht keinen Hehl daraus, dass ihm das so gar nicht gefällt und malt sich für öffentliche Auftritte das Wort „Slave“ (dt.: Sklave) ins Gesicht. Nur nützt ihm das nichts, denn Warner Bros. besitzen die Rechte an Princes Künstlernamen und kreativem Output, wie es für Plattenverträge völlig üblich ist. Kurz gesagt: Warner wollen nicht einfach Hunderte an Liedern raushauen, Prince will nicht nur eine Marke sein, mit der die Firma Geld verdient.
Also lässt sich unser Mann etwas einfallen: Er verkündet am 7. Juni 1993, seinem 35. Geburtstag, dass er von nun an nicht mehr den Namen Prince nutze, sondern ein Symbol, das aussieht wie ein Mashup aus den astrologischen Zeichen für Mann und Frau. „Es ist ein unaussprechliches Symbol, dessen Bedeutung nicht erklärt wurde“, heißt es in einer kryptischen Erklärung des Künstlers. „Es geht darum, in neuen Wegen zu denken.“ Prince lässt sich das Ding als „Love Symbol #2“ schützen, packt es auf das Cover seines 1992er-Albums und nutzt es fortan als Bezeichnung für sich selbst.
Ändert aber nix…
Das ist natürlich alles ein bisschen unpraktisch. Zum einen kann man das „Symbol“ nicht schreiben, weshalb Warner Floppy Disks mit einer Grafikdatei an die Medien verschickt. Außerdem weiß niemand, wie man dass denn nun jetzt aussprechen soll. MTV lösen das Problem angeblich, indem sie in ihren Sendungen immer ein metallisches „Klonk!“ einspielen, wenn das „Symbol“ genannt werden müsste. Doch es hilft alles nichts, ein Name muss her. Irgendwann einigt man sich auf „The Artist formerly known as Prince“ oder „TAFKAP“. Das ist offensichtlich ziemlich bescheuert, und für die Fans bleibt ihr Held ohnehin Prince. Vor allem aber: Der Vertrag mit Warner gilt natürlich trotzdem weiter, und juristisch, also „in echt“, heißt der Mann weiterhin Prince Rogers Nelson. Und beides weiß er auch.
Added to my collection: 3.5″ floppy given to press when Prince changed his name. Contains a font w/ one symbol in it. pic.twitter.com/mNL0eOHDGI
— Anil Dash (@anildash) 23. Juni 2014
Viele in der Musikindustrie halten die Aktion für verrückt, die Fans wundern sich, aber immerhin bringt „TAFKAP“ seinen Standpunkt deutlich zum Ausdruck. Die folgenden Alben und Singles gelten allerdings nicht als Höhepunkte seines Schaffens, die Verkaufszahlen gehen deutlich zurück.
Erst im Jahr 2000, als der Vertrag mit Warner ausläuft, nutzt Prince wieder seinen alten Namen. Statt sich erneut an eine Firma zu binden und die herkömmlichen Wege für Vertrieb und Vermarktung zu wählen, agiert er als sein eigener Herr, setzt auf das Internet und baut eigene Strukturen auf. In einem Interview mit Larry King erklärt sich Prince beziehungsweise „TAFKAP“ beziehungsweise „Klonk!“.
2014 jedoch setzt sich der Künstler wieder mit Warner an einen Tisch, weil sein Erfolgsalbum Purple Rain zum 30. Jubiläum neu aufgelegt wird. Das Einlenken lohnt sich, denn Prince gewinnt die Rechte an all seinen alten Platten zurück. Leider stirbt der Ausnahmemusiker am 21. April 2016 mit nur 57 Jahren.
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Zeitsprung: Am 10.5.1988 veröffentlicht Prince das kurzfristig aufgenommene „Lovesexy“.
Popkultur
Von Woodstock bis Fyre: Die größten, besten und schlimmsten Festivals aller Zeiten
Die Sonne knallt, die ersten Mega-Festivals sind schon über die Bühne gegangen. Zum Start der Freiluftsaison stellen wir Open-Air-Festivals vor, die in die Geschichtsbücher eingegangen sind – positiv wie negativ.
von Björn Springorum
Sommer, Sonne, Bier in der Hand und eine Band unter freiem Himmel sehen: Seit über 50 Jahren sind Musikgfestivals ein integraler Bestandteil des Sommers und ein Übergangsritus für unzählige Generationen. Manche Festivals sind bis heute unvergessen, manche würde man lieber sofort wieder vergessen – Bühne frei für unsere Top 10 der denkwürdigsten Festivals aller Zeiten.
Der Pionier: Monterey Pop Festival (1967)
Bei der Mutter aller Festivals denken alle immer gleich an Woodstock, und das aufgrund der Symbolkraft auch nicht zu Unrecht. Der eigentliche Pionier der Gegenkulturfestivals findet aber im Juni 1967 statt – also rund zwei Jahre vor Woodstock. In Nordkalifornien wird Musikgeschichte geschrieben, als Jimi Hendrix sein US-Debüt gibt (nur echt mit brennender Gitarre), als The mamas And The Papas, Eric Burdon And The Animals, The Who, The Byrds oder Big Brother And The Holding Company das Zeitalter von Aquarius herufbeschwören. Sogar der offizielle Werbesong San Francisco (Be Sure To Wear Flowers In Your Hair) von Scott McKenzie wird zur Legende.
Der Mythos: Woodstock (1969)
Vieles ging schief bei Woodstock. Die Organisatoren waren nicht auf die Massen vorbereitet, statt der geschätzten 50.000 kamen 400.000 überwiegend junge Menschen. Es regnete, alles versank im Schlamm, der Zaum ums Gelände wurde nicht rechtzeitig fertig, die PA war schwach und das Essen ging aus. Alles egal: Woodstock ist dennoch die Urmutter aller Festivals, der Aufschrei des jungen Amerikas gegen den Vietnamkrieg. Fast schon nebensächlich, wer da auf der Bühne spielte (unter anderem Jimi Hendrix, Santana, Jefferson Airplane, The Who, Sly & The Family Stone, Crosby, Stills, Nash & Young, Mountain, The Grateful Dead, Creedence Clearwater Revival und Janis Joplin). Als Jimi Hendrix die Nationalhymne verzerrt besessen spielte, waren nur noch 40.000 Menschen da. Der Hippietraum war bald darauf vorbei, auch Woodstock konnte ihn nicht retten. Der Mythos, der wird aber für immer derselbe bleiben.
Der Riese: Isle Of Wight Festival (1970)
Ein Jahr nach Woodstock ist der Vietnamkrieg immer noch nicht zu Ende. Also kommen auf der Isle Of Wight bei bestem englischen Sommerwetter (nasskalt, windig, grau) 600.000 Besucher zusammen – die bis dato größte Menschenansammlung in Europa. Jimi Hendrix und Joan Baez verbreiten auch in Europa ihre Botschaft des Friedens, außerdem spielen Miles Davis, The Doors, The Who, Lighthouse, Ten Years After, Emerson, Lake & Palmer, Joni Mitchell, The Moody Blues, Leonard Cohen oder Jethro Tull. Ausgerechnet nach dem Event 1970 ist erst mal Schluss mit dem Isle of Wight Festival – bis 2002.
Der Anarchist: Love-And-Peace-Festival
Die Ostseeinsel Fehmarn geht im September 1970 in die Geschichtsbücher ein: Hier spielt Jimi Hendrix sein letztes Konzert vor seinem Tod am 18. September. Der Auftritt ist allerdings lustlos, unmotiviert, überhaupt läuft auf dem Festival nichts wirklich rund: Das Wetter ist schlecht, die Organisation mangelhaft, zudem zwingen 180 Rocker der Bloody Devils die Veranstalter dazu, als Security eingesetzt zu werden. Ganz miese Idee. Procol Harum und Ten Years After sagten ab, die Besucher bauten sich aus den Türen der Latrinen Windschutz. Am Ende spielen Ton Steine Scherben (damals noch als Rote Steine). Während sich die veranstalter mit der Tageskasse aus dem Staub machten, spielte die Band Macht kaputt, was euch kaputt macht – und die Besucher nahmen das sehr ernst. Man kann also sagen, dass das desaströse Festival nicht gerade seinem Namen gerecht wurde.
Der Millionenflop: US Festival (1983)
Schon das erste US Festival 1982 von Apple-Gründer Steve Wozniak wird trotz Fleetwood Mac, The Grateful Dead, The Police oder Tom Petty zum Mega-Flop, der den Veranstalter zwölf Millionen US-Dollar kostet. Hält Wozniak nicht ab, es im nächsten Jahr gleich noch mal zu versuchen. Diesmal kamen Stevie Nicks, David Bowie oder Van Halen (die allein 1,5 Millionen US-Dollar kosteten), doch selbst die 670.000 Besucher können einen weiteren katastrophalen Flop nicht verhindern. Am Ende bricht Chaos aus, es wird randaliert, zwei Menschen sterben. Zu einer dritten Auflage kommt es nicht.
Der Hipster: Coachella (1999)
Die erste Ausgabe von Coachella ist 1999 ein massiver Flop: Die Veranstalter hofften auf 70.000 Besucher, bekamen gerade mal die Hälfte und verloren eine knappe Million US-Dollar. Am Line-Up mit unter anderem Beck, Tool, Rage Against The Machine, The Chemical Brothers und Morrissey kann es zumindest nicht gelegen haben, so oder so sah alles danach aus, dass das erste Coachella gleich auch das letzte Coachella bleiben würde. Nach zwei Jahren Pause war Coachella wieder da – und wurde dann sehr schnell das beliebteste Festival der USA. Nur Rage Against The Machine treten hier mittlerweile wahrscheinlich nicht mehr auf.
Der Gewalttätige: Woodstock 1999 (1999)
30 Jahre nach Woodstock wird das zweite Sequel des Hippe-Jahrhundertereignisses zur Katastrophe: Über 200.000 Leute kommen in den Bundesstaat New York, doch statt love, peace and music wird das Festival zum Kriegsgebiet: Essen und Getränke sind extrem teuer, die sanitären Anlagen in schlechtem Zustand, es kommt zu zahlreichen Vergewaltigen, sexueller Nötigung, Diebstahl, Plündereien, Brandstiftung und brutaler Gewalt. Der Name Woodstock wurde 1999 für immer beschmutzt
Der Kriminelle: Fyre Festival (2017)
Auch dank der Netflix-Doku ging das Fyre Festival als größter Betrug in die Festivalgeschichte ein. Gepusht von Influencern als paradiesisches Glamour-Event auf den Bahamas, fanden die Festivalbesucher Notzelte und verpackte Sandwiches statt Strandvillen und Gourmetküche vor. Das Festival wurde angesagt, Veranstalter Billy McFarland musste für sechs Jahre ins Gefängnis und wurde zu 26 Millionen US-Dollar Schadenersatz verklagt. Im April 2023 verkündete er dann tatsächlich, dass es Fyre Festival II geben soll. Das kann ja was werden.
Du willst nichts mehr in der Rockwelt verpassen? Melde dich hier für unseren Newsletter an und werde regelmäßig von uns über die wichtigsten Neuigkeiten, die spannendsten Geschichten sowie die besten Veröffentlichungen und Aktionen informiert!
Zeitsprung: Am 28.5.1983 bringt das 2. US Festival tolle Bands und verheerende Kosten.
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Zeitsprung: Am 21.4.1959 kommt Robert Smith von The Cure zur Welt.
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„Bohemian Rhapsody“: Die Geschichte des Klassikers, für den Queen alle Regeln brachen