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Popkultur

Zeitsprung: Am 10.4.1985 startet Madonna nach zwei Platten ihre erste Tour.

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Madonna

Anekdoten, Jubiläen und wilde Geschichten: Was an diesem Tag in der Welt der Musik passiert ist, lest ihr täglich in unserem Zeitsprung. Heute: 10.4.1985.

von Tobi Wienke und Christof Leim

Madonna gilt schon als Star, bevor sie zum ersten Mal auf Tour geht. Ihr Debüt Madonna kommt 1983 bis auf Platz acht der Billboard-Charts, die Single Holiday läuft weltweit im Radio. Like A Virgin wird 1984 noch ein größerer Hit. Doch bis auf Auftritte in New Yorker Diskotheken, in denen sie zu ihren eigenen Singles tanzt, konnte sie noch nicht viel Live-Erfahrung sammeln. Das muss sich mit zwei Hitalben auf der Haben-Seite unbedingt ändern.

Hier könnt ihr Like A Virgin anhören:

Kalkulierte Tourpromo

Der Auftritt bei den MTV Video Music Awards 1984, bei denen sie den Song Like A Virgin vorstellt, sorgt für einen hilfreichen Skandal. Madonna liegt in Brautkleid, Bustier und Handschuhen auf einer Hochzeitstorte, klettert diese hinunter, räkelt sich auf dem Boden, zeigt Strapse und haucht sexy ins Mirko – wohl kalkulierend, dass Elternverbände und andere Konservative in den USA sich empören würden. Gleichzeitig wird sie so zu einem Vorbild für Millionen von Teenagern, die ihren Look gerne kopieren. Dieser Moment bildet gleichermaßen die Geburtsstunde der Ikone Madonna – und die perfekte Promo für die erste eigene Konzertreise.

Die Virgin Tour beginnt am 10. April 1985 im Paramount Theatre in Seattle. An drei Abenden (10., 12., 13.4.) gastiert die Sängerin dort, dreimal verkauft sie den Laden aus und spielt so vor fast 9000 Menschen. Kein schlechter Start. In den folgenden zwei Monaten werden über 200.000 Fans Madonna live erleben.

Familiengeschäft

Die Aufbauten für diese Shows hat ihr Bruder Christopher gestaltet, auch ihr leiblicher Vater hat seinen Auftritt beim Gig in seiner Heimatstadt Detroit: Am Ende von Material Girl betritt Silvio Ciccone das Parkett und führt Madonna zu einem vorproduzierten Dialog zwischen Tochter und Vater von der Bühne.

Die Virgin Tour erweist sich als voller Erfolg: Sämtliche Tickets waren bereits kurz nach der Ankündigung ausverkauft. So gibt es nach 34 Minuten keinen der 17672 freien Plätze der New Yorker Radio City Music Hall mehr, für die 31000 Karten in Philadelphia benötigt Madonna gerade mal vier Stunden. Shirts und andere Fanartikel gehen ebenfalls weg wie geschnitten Brot, sodass am Ende über fünf Millionen Dollar Umsatz erwirtschaftet werden – für 1985 eine enorme Summe.

Stilikone

Natürlich wird die Sause filmisch festgehalten, und zwar bei den größten Einzelkonzerten in Detroit. Der Mitschnitt Madonna Live: The Virgin Tour klettert nach und nach bis auf den ersten Platz der Video-Verkaufscharts, wird mit Gold und Platin ausgezeichnet und entpuppt sich als erfolgreichste Musikvideokassette des Jahres 1986.

Natürlich festigt die Virgin Tour Madonnas Status als Stilikone noch mehr. Die weiblichen Fans kopieren damals ihr Outfit derart frenetisch, dass der Begriff „Madonna wannabe“ die Runde macht. Zunächst 1985 fällt er in einem Artikel des Time Magazine, später wird er sogar in den US-amerikanischen Duden – Webster’s Dictionary – aufgenommen.

Unterwäscheumsatz

Die Dessous-Industrie wiederum verzeichnet im Jahr der Virgin Tour einen Zuwachs von 40% und begründet dieses tatsächlich mit Madonnas Vorliebe, die Unterwäsche sichtbar zu tragen. Macy’s, ein großes Kaufhaus in New York, muss mehrfach Tourmerch nachordern, Accessoires wie Kruzifix-Ohrringe, fingerlose Handschuhe oder auch der ikonische „Boy Toy“-Gürtel, den die Plattenfirma Warner auf den Markt gebracht hat, verkaufen sich prächtig.

Madonna selbst gibt in einem Interview 1999 zu Protokoll, dass sie nicht vorhatte, ein Vorbild zu sein und Stereotype eigentlich ablehnt. „Zu lange wurde Frauen gesagt, was sie nicht tragen sollen, wenn sie Erfolg haben möchten. Dann kam ich, kleidete mich provokant – und war trotzdem erfolgreich. Da verstand ich, warum die Leute im Publikum aussahen wie ich.“

Die Beastie Boys sind auch dabei

Ein Vorgruppe habe es bei dem ganzen Spaß übrigens auch: Abgesehen von der Homebase New York verbindet Madonna und die damals noch recht unbekannten Beastie Boys nicht viel. Man kennt sich zwar flüchtig aus den Clubs, mehr aber auch nicht. Und sie sind auch nicht die erste Wahl für Madonnas Manager Freddy DeMann. Als er Russell Simmons, Mitbegründer des Labes Def Jam anruft, will er eigentlich Run-D.M.C buchen. Die sind allerdings zu teuer. Als nächstes fragt DeMann nach den Fat Boys, Simmons antwortet, dass sie ausgebucht seien – tatsächlich betreut er sie gar nicht. Da die Beastie Boys  mit 500 Dollar pro Abend bezahlbar sind, werden sie gebucht – und kommen bei den Madonna-Fans nicht gut an. Für die drei Rapper ist es selbst die erste richtige Tour, und sie machen ihrem Namen alle Ehre. Ihr Vorsatz, das pubertierende Publikum und seine Mütter zum Weinen zu bringen, geht auf.

Madonna und die Beastie Boys

Die Beastie Boys und Madonna im Madison Square Garden am 11. Juni 1985. Foto: Ron Galella/Ron Galella Collection via Getty Images

Täglich werden die Jungs ausgebuht – so sehr, dass DeMann die Band eigentlich rausschmeißen will. Zumindest ein Mitglied ihres Tross’ hat bereits nach dem ersten Konzert keine Lust mehr und kehrt vorzeitig Hause zurück: Rick Rubin steht beim ersten Gig der Band am DJ Pult. Tatsächlich ist es aber Madonna selbst zu verdanken, dass die Beastie Boys doch bleiben können. Warum, kann sich die Band nicht erklären – rückblickend dürfen sie ihr aber dankbar sein. Denn auch ihre Bekanntheit steigt durch diese Tour, was bei der Veröffentlichung ihres Debütalbums Licensed To Ill 1986 durchaus hilfreich gewesen sein könnte…

Zeitsprung: Am 3.3.1989 verursacht Madonna einen Skandal mit dem „Like A Prayer“-Video.

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