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Popkultur

Zeitsprung: Am 11.7.1959 kommt Richie Sambora (Bon Jovi) zur Welt.

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Paul Drinkwater/NBC/NBCU Photo Bank via Getty Images

Anekdoten, Jubiläen und wilde Geschichten: Was an diesem Tag in der Welt der Musik passiert ist, lest ihr täglich in unserem Zeitsprung. Heute: 11.7.1959.

von Christof Leim

Richie Sambora hat als Rocker alles erreicht: Fast keine Band hat in den Achtzigern mehr Platten verkauft als Bon Jovi. Mit 27 wird er Megastar und Millionär, nach 30 Jahren quittiert er den Dienst und will lieber Solokünstler sein. Am 11. Juli feiert der Gitarrist und Sänger Geburtstag. Schauen wir auf sein musikalisches Leben zurück.

Zur Lektüre empfehlen wir Richies erstes Soloalbum Stranger In This Town:

Vielleicht ist in Perth Amboy im US-Bundesstaat New Jersey ja was im Wasser. Zumindest kommen da vor ein paar Dekaden gleich mehrere berühmte Musiker zur Welt: Am 11. Juli 1959 wird Richard Stephen Sambora geboren, drei Jahre später folgt im gleichen Ort ein Junge namens John Bongiovi. Beide werden zusammen Musikgeschichte schreiben. Ihr Kumpel Dave „The Snake“ Sabo von Skid Row tut in Perth Amboy auch seinen ersten Schrei, ebenso der spätere Bon Jovi-Keyboarder David Bryan.

Schon mit sechs Jahren spielt der junge Richie Akkordeon, aber das rockt natürlich nicht so richtig. Mit zwölf muss eine Gitarre her. Richie steht auf Blues und frühen Rock’n’Roll; Clapton, Hendrix, Beck, Page sind die klassischen und bewährten Vorbilder an den sechs Saiten. Interessanterweise hat unser Mann auch Janis Joplin als großen Einfluss für seine frühen Jahre bezeichnet. Der Glam-Faktor seines ersten Gigs hält sich jedoch in Grenzen, denn den spielt er als Teenager bei einer Tanzveranstaltung einer katholischen Jugendorganisation.

Frühe Werke & fast bei Kiss

Aber bald folgen ernsthafte Bands: Die ersten Aufnahmen macht Richie 1978 mit Shark Frenzy, und schon damals zeigt er offensichtliche Qualitäten an Gesang und Gitarre. Erst 2004 werden zwei Alben mit diesem Material offiziell veröffentlicht; anhören kann man sich das hier. Mercy heißt eine weitere Truppe, mit The Message ergattert er Anfang Achtziger sogar einen Vertrag beim Led-Zeppelin-Label Swan Song. Hier spielt der spätere Bon-Jovi-Kollege Alec John Such den Bass. Aufnahmen aus der Phase kommen erst 1995 auf den Markt, eine Hörprobe gibt es hier. Andere Station sind Duke Williams & The Extremes sowie Richie Sambora & Friends. Seine erste Tour bestreitet er im Vorprogramm von Joe Cocker.

Man merkt also: Richie Sambora zielt schon früh auf eine professionelle Musikkarriere ab und hat auch offensichtlich das Zeug dazu. Er spielt sogar mal bei Kiss vor, als die 1982 einen Nachfolger für Ace Frehley suchen. Später erklärt er, die Band sei ihm nicht bluesy genug gewesen und er habe das Engagement ohnehin nicht richtig gewollt. Paul Stanley von Kiss kommentiert das nur lapidar mit: „Ich kann mir nicht vorstellen, dass jemand zum Vorspiel nach Kalifornien fliegt, weil er das Flugzeugessen so mag. Bon Jovi haben ja eine Menge gutes Zeug gemacht, aber in meiner Sammlung steht das nicht neben Howlin’ Wolf.“ Zu gut deutsch: Richie hat den Job schlicht nicht bekommen, weil er noch nicht gut genug war oder sonstwas nicht gepasst hat. Die Leadgitarre bei den Schminkemonstern spielt schließlich Vinnie Vincent.

Zebrahosen waren 1984 nun mal Gesetz: Richie Sambora auf der Bühne mit Bon Jovi – Pic: Michael Ochs Archives/Getty Images

Bon Jovi & Platinalben

Aber in New Jersey startet gerade eine Band, die in den folgenden Jahren erfolgsmäßig Richtung Stratosphäre schießt: Eben jener John Bongiovi hat – nach einem Duett mit R2-D2 – mit dem Song Runaway einen Hit gelandet und nennt sich jetzt Jon Bon Jovi. In seiner Band spielt zunächst aushilfsweise Jugendkumpel Dave „The Snake“ Sabo Gitarre (ja, der von Skid Row), 1983 übernimmt Sambora den Posten. Damit beginnt eine äußerst erfolgreich Partnerschaft: Jon und Richie werden zu einem grandiosen Songwriting-Team und schreiben eine ganze Latte an Hits, die im Hard Rock gleichermaßen als Bibel, Pflichtprogramm und Lehrbuch gelten: Livin’ On A Prayer, You Give Love A Bad Name, Bad Medicine, Wanted Dead Or Alive, It’s My Life, Keep The Faith und so weiter. Kennt man. Das Debüt Bon Jovi (1984) wird zum Achtungserfolg, der Nachfolger 7800° Fahrenheit  geht 1985 nochmal in die Hose, aber mit Slippery When Wet und New Jersey (1989) landen Bon Jovi zwei Nummer-Eins-Alben hintereinander. Der Rest ist Geschichte.

So ging damals „Gitarrenheld“: Richie Sambora 1989 – Pic: Paul Natkin//Getty Images

Ein Könner mit Geschmack & Stil

Zunächst gibt Richie Sambora den klassischen Rocker mit langem Haar und Lederhose, wie es sich für diese Ära gehört. Mit dem Beginn der Neunziger klingt die Band erwachsener und frisiert sich auch entsprechend. Immer erweist sich Sambora nicht nur als ein toller Songwriter, sondern auch grandioser Sänger. Man höre sich nur die Backing-Vocals von I’ll Be There For You an. Die Gitarre spielt er virtuos, kann also schreddern und schnell spielen wie die Großen (heißt: wie alle anderen während der Achtziger, denn Eddie Van Halen hat vorgelegt. Aber Sambora bleibt immer songdienlich, melodisch und geschmackvoll. Das wiederum kann damals beileibe nicht jeder.

Als die dauertourende Band mal ein Päuschen macht, veröffentlicht Richie 1991 sein erstes Soloalbum, das empfehlenswerte Stranger In This Town, auf dem er weiter griffigen Hard Rock spielt, aber auch mehr Blues und vor allem brillantes Songwriting und viel grandiosen Gesang an den Tag legt. An dieser Stelle sei ausdrücklich der Livemitschnitt eines Solokonzertes aus San Diego empfohlen, der durch die Welt geistert. 

Privat ist er eine Weile mit Cher liiert, für die er sogar Songs schreibt, 1994 heiratet er die Schauspielerin Heather Locklear und wird 1997 Vater einer Tochter namens Ava. 2007 trennt sich das Paar. Ein zweites Soloalbum namens Undiscovered Soul erscheint 1998, Aftermath Of The Lowdown kommt 2011. Beide bieten fluffigen amerikanischen Rock der Springsteen-Richtung. Man könnte sagen: mehr Akkorde, weniger Riffs. 

Der Ausstieg

Doch leider hat Richie – Rockstar hin oder her – auch seine Probleme: „Ich habe einfach zu viel gesoffen und musste mein Leben auf die Reihe kriegen“, erklärt er nach einer Entzugskur 2007. Im Jahr darauf wird er wegen Trunkenheit am Steuer verhaftet, 2011 startet er den nächsten Gesundungsversuch und verpasst deshalb 13 Shows der laufenden Welttour. Für ihn übernimmt der kanadische Gitarrist Phil X.

2013 kommt es schließlich zum Knall: Richie Sambora tritt im April kurzfristig zum zweiten Teil der Because We Can-Tour aus zunächst nicht spezifizierten privaten Gründen nicht an, erneut springt Phil X ein. Die Ursachen werden sie so richtig dargelegt; Gerüchten, der Gitarrist sei gefeuert worden, widersprechen sowohl Richie als auch Jon. Letzterer deutet an, sein Kollege habe „Probleme“ und müsse sich helfen lassen. Sambora selbst erklärt Jahre später, er musste damals seiner Familie mehr Zeit widmen: „Meine Tochter brauchte mich, und genaugenommen brauchte ich auch sie.“ Manchmal kann man in Interviews raushören, dass Sambora nicht auf ewig nur als „Sidekick“ von Jon Bon Jovi angesehen wollte; der wiederum erklärt: „In einer Band zu spielen, bedeutet nicht lebenslänglich.“ Streit scheint es nicht (mehr) zu geben, 2018 steht beide bei der Einführung der Band in die Rock And Roll Hall Of Fame auf der Bühne.

Die Welt dreht sich also weiter, Sambora tut sich mit seiner Partnerin Orianthi zusammen, einer australischen Gitarristen, die mit Michael Jackson und Alice Cooper gespielt hatte. Unter dem Banner RSO veröffentlichen die beiden zwei EPs und das Album Radio Free America. Musik wird also weiter gemacht. Wäre auch schade.

Richie Sambora 2017 – Pic: Justin Higuchi/Wiki Commons

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