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Popkultur

Die 10 ikonischsten MTV Unplugged-Momente

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Kur Cobain beim MTV Unplugged von Nirvana 1993. Foto: Frank Micelotta/Getty Images

Früher war alles besser – na ja, zumindest das Musikfernsehen. Ein Klassiker hat überdauert: das oft kopierte, aber nie erreichte MTV Unplugged. Zum Anlass der neuesten (und kontroversen) Iteration der südkoreanischen Megastars BTS schauen wir auf die 10 ikonischsten Momente aus mehr als 30 Jahren MTV Unplugged.

von Victoria Schaffrath

Hach, die guten alten Tage des Musikfernsehens. Stundenlang hockte man vor dem Bildschirm, um das eine, brandneue Video zu sehen; zwischendurch durfte man sich irgendwann durch halbgare Reality-Formate hangeln. Doch auch wenn die MTV-Sendezentrale im Laufe der Jahre so manchen Wandel erleben durfte, ein Stern ist geblieben: Den Wandel von „Alternative als Mainstream“ zur Pop- und schließlich Hip-Hop-Ära illustrierte kaum ein Format so eindrucksvoll wie das MTV Unplugged.

Vor wenigen Tagen erschien die neueste Fassung, besetzt durch das globale Phänomen BTS. Die Boyband aus Südkorea kennt man eigentlich für extravagante Modekonzepte und ausführliche Tanzeinlagen, dementsprechend groß war das Interesse an der zwangsweise reduzierten Darbietung. Nicht nur, dass ein Cover von Coldplays Fix You schon an guten Tagen eine Herausforderung darstellt – ohne Band im Hintergrund und mit (gefühltem) Original-Playback der Briten bleibt vom „unplugged“-Gedanken nicht mehr viel übrig. Schauen wir uns also lieber die ikonischsten Auftritte und Momente aus der reichhaltigen, 30-jährigen Geschichte der Sendung an.

1. Paul McCartney (1991)

Laut Produzent Alex Coletti macht das Mitwirken von Sir Paul das MTV Unplugged überhaupt erst zu dem, was es in den Neunzigern wird – nämlich ein überdauerndes popkulturelles Phänomen. Bei anderen Musikschaffenden könnte man diese Aussage als schmeichlerisch auslegen, aber bei McCartney darf man das hinnehmen. Schließlich liefert der Brite ein exzellentes Set mit Blues-Nummern, einem Cover von Ain’t No Sunshine (mit Paul an den Fellen) und enthusiastisch dargebotenen Beatles-Stücken.

 2. Eric Clapton (1992)

Als sich Clapton 1992 an ein akustisches Konzert wagt, klingt das prekär. Erst im vorigen Jahr hatte er Söhnchen Connor bei einem furchtbaren Unfall verloren, das daraus entstandene Tears In Heaven sorgt also auch ohne intimes Streicher-Arrangement für einen Kloß im Hals. Die Performance für den Musiksender bleibt unvergessen und erhält berechtigterweise einen Grammy für das Album des Jahres. Einen der besten Momente der Aufnahmen prägt jedoch die Freude: Clapton stimmt in einer Pause spontan den Blues-Klassiker Rollin’ and Tumblin an, den es von ihm zuletzt mit Cream zu hören gab. Die Kamera-Crew hält drauf.

Zeitsprung: Am 16.1.1992 spielt Eric Clapton ohne Strom & landet den größten Hit seiner Karriere.

3. Nirvana (1993)

Die strähnigen Haare, die löchrige Strickjacke, der glasige Blick: Denkt man an Kurt Cobain zurück, so stellt sich bei vielen das Bild aus dem MTV Unplugged von 1993 ein. Doch auch musikalisch bedeuten die Aufnahmen in gewisser Weise das Erbe Cobains. Die Bühne, dekoriert wie für eine Trauerfeier, bildet den Hintergrund für eine Darstellung, die auf Selbstbeweihräucherung in Form von Nirvana-Klassikern verzichtet und lieber Cover von Bowie, den Meat Puppets und den Vaselines präsentiert. Im Hinblick auf Cobains wenig später vollzogenen Freitod hinterlässt man mit All Apologies beinahe versöhnliche Töne und einen der prägenden Musikmomente der Neunziger.

4. Jimmy Page & Robert Plant (1994)

Mit viel Überzeugungskraft (und vermutlich noch mehr Gage) gelingt es MTV Mitte der Neunziger, das Unmögliche möglich zu machen: Page und Plant, wieder vereint auf einer Bühne. Drei Tage, drei Städte und jede Menge talentierte Profimusiker erlauben den Led Zeppelin-Gründungsmitgliedern, noch einmal ihre volle Strahlkraft zu entfalten. John Paul Jones fragt man jedoch nicht einmal, ob er mitspielen möchte.

5. The Eagles (1994)

Eher gefriert die Hölle, als dass Glenn Frey und Don Felder noch einmal gemeinsame Sache machen. Auf dem Stand befindet jedenfalls der Rest der Welt, als die Eagles sich 1994 noch einmal für das Unplugged Hell Freezes Over zusammentun. Weil sie dabei aber jegliche Animositäten hinter der Bühne lassen und Stücke wie Hotel California akustisch beinahe noch besser klingen als im Original, mutiert das TV-Special in Albumform zum Welterfolg und beschert den Eagles eine dazugehörige Tour, die bis heute zu den erfolgreichsten der Musikgeschichte gehört.

Zeitsprung: Am 27.5.1994 starten die Eagles ihre legendäre Reunion-Tour.

6. Oasis (1996)

In wundervoll typischer Oasis-Manier lässt Liam Gallagher den Rest der Band sitzen, als Oasis auf dem Höhepunkt des What’s The Story, Morning Glory-Hypes ihr MTV Unplugged einspielen sollen. Es kratzt im Hals, heißt es. Bruder Noel springt (ganz selbstlos, versteht sich) als Retter der Stunde ein, und Songs wie Don’t Look Back In Anger bekommen eine Meta-Ebene, die sich kein MTV-Redakteur hätte träumen lassen. Die Streicher helfen ebenfalls.

7. George Michael (1996)

Mit einem Unplugged-Konzert bietet sich eine hervorragende Gelegenheit für Cover, der auch große Namen wie George Michael nicht widerstehen wollen. Dem Bonnie Raitt-Klassiker I Can’t Make You Love Me verpasst er ebenso wie Elton Johns Don’t Let The Sun Go Down Neuanstriche, die sich sehen lassen können. Bei Freedom brillieren Michael, Band und Gospelchor jedoch besonders. Wohl auch für die anwesende Mutter des Sängers ein Genuss, für die dieses Konzert ihres Sohnes das letzte vor ihrem Tod bleiben sollte.

8. Die Fantastischen Vier (2000)

Dass die Fanta 4 nicht ganz konsequent im Rahmen des Normalen denken, weiß man eigentlich. Als die Gruppe am Scheitelpunkt der Jahrtausendwende ein akustisches Konzert in einer Tropfsteinhöhle im Sauerland plant, ahnt man aber noch nicht, wie überirdisch das Ergebnis später klingen soll. Mit Samples, die beispielsweise das Meeresrauschen von Tag am Meer live nachbilden, und Cello, Percussion und Co. verleihen die Stuttgarter ihren Songs meditative Qualitäten und dem Sauerland (gemeinsam mit Nena) musikhistorische Bedeutung.

9. Die Ärzte (2002)

Nur die Ärzte können es schaffen, aus einem MTV Unplugged zu gleichen Teilen Konzert, Kabaretteinlage und Bildungsfernsehen zu machen. Für Rock ‘n’ Roll Realschule nimmt das Trio aus Berlin (aus Berlin!) 2002 einen Hamburger Schulchor und dessen Aula in Beschlag und amüsiert sich dabei so sehr, dass man Teile des Sets auf späteren Touren samt Kostümen nachstellt. Die Jazz-Punk-Sondersendung beschert uns außerdem die beste Umbaupause seit… immer, eigentlich.

10. Alicia Keys (2005)

Mitte der Nullerjahre droht die Unplugged-Quelle beinahe zu versiegen. Mit einem beherzten Griff in die Tasten wagt Frau Keys, was vor ihr drei Jahre lang niemandem gelingt, und belebt das Format von Neuem. Die New Yorkerin lässt sich von Kollegen wie Adam Levine von Maroon 5, Mos Def und Damian Marley zwar unterstützen, aber nie überstrahlen. Ganz klar, ob bei Covern wie Welcome To Jamrock oder der hinreißenden Version ihrer Schöpfung If I Ain’t Got You: Alicia steckt sie alle in die Tasche. Freilich gibt es seither gelungene Unplugged-Momente, von denen aber keinem die New Yorker Coolness gelingt, die Keys während Stücken wie Unbreakable verströmt.

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Nostalgie pur: Hier gibt es MTV aus den frühen 1980ern zu sehen – mit Werbeclips!

Popkultur

Zeitsprung: Am 7.6.1993 ändert Prince seinen Namen in ein unaussprechliches Symbol.

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Anekdoten, Jubiläen und wilde Geschichten: Was an diesem Tag in der Welt der Musik passiert ist, lest ihr täglich in unserem Zeitsprung. Heute: 7.6.1993.

von Christof Leim

An seinem 35. Geburtstag ändert Prince seinen Namen in ein unaussprechliches Symbol. Damit will er gegen seine Plattenfirma protestieren, von der er sich künstlerisch eingeschränkt fühlt. Der Rest der Welt wundert sich…

Hört hier in die besten Prince-Songs rein:

Seinen ersten Plattenvertrag unterschreibt Prince Rogers Nelson 1977. Darin einigt sich der 18-Jährige mit Warner Bros. Records darauf, die völlige kreative Freiheit zu behalten und sämtliche Alben selbst zu produzieren. Das funktioniert für alle Beteiligten gut, macht Prince zum Star und bringt Warner Millionenseller wie Purple Rain (1984) und Sign O’ The Times (1987). Deshalb stört es auch niemanden, wenn der Mann zwischendurch zum Beispiel ein fertiges Album in die Tonne kloppt und schnell mal eben ein neues aufnimmt (siehe Lovesexy, 1988). 1992 wird der Deal sogar verlängert.

Grundlegende Meinungsverschiedenheit

Dem unglaublich produktiven Künstler liegt Anfang der Neunziger viel daran, seine unzähligen unveröffentlichten Songs – angeblich über 500 – so schnell wie möglich unter die Leute zu bringen. Verständlich, denn dafür hat er das Zeug ja geschrieben. Die Plattenfirma lehnt das jedoch ab, denn sie legt (nicht weniger verständlich) Wert darauf, nur das beste Material in die Läden zu stellen und vor allem den Markt nicht zu überschwemmen. Prince macht keinen Hehl daraus, dass ihm das so gar nicht gefällt und malt sich für öffentliche Auftritte das Wort „Slave“ (dt.: Sklave) ins Gesicht. Nur nützt ihm das nichts, denn Warner Bros. besitzen die Rechte an Princes Künstlernamen und kreativem Output, wie es für Plattenverträge völlig üblich ist. Kurz gesagt: Warner wollen nicht einfach Hunderte an Liedern raushauen, Prince will nicht nur eine Marke sein, mit der die Firma Geld verdient.

Also lässt sich unser Mann etwas einfallen: Er verkündet am 7. Juni 1993, seinem 35. Geburtstag, dass er von nun an nicht mehr den Namen Prince nutze, sondern ein Symbol, das aussieht wie ein Mashup aus den astrologischen Zeichen für Mann und Frau. „Es ist ein unaussprechliches Symbol, dessen Bedeutung nicht erklärt wurde“, heißt es in einer kryptischen Erklärung des Künstlers. „Es geht darum, in neuen Wegen zu denken.“ Prince lässt sich das Ding als „Love Symbol #2“ schützen, packt es auf das Cover seines 1992er-Albums und nutzt es fortan als Bezeichnung für sich selbst.

Ändert aber nix…

Das ist natürlich alles ein bisschen unpraktisch. Zum einen kann man das „Symbol“ nicht schreiben, weshalb Warner Floppy Disks mit einer Grafikdatei an die Medien verschickt. Außerdem weiß niemand, wie man dass denn nun jetzt aussprechen soll. MTV lösen das Problem angeblich, indem sie in ihren Sendungen immer ein metallisches „Klonk!“ einspielen, wenn das „Symbol“ genannt werden müsste. Doch es hilft alles nichts, ein Name muss her. Irgendwann einigt man sich auf „The Artist formerly known as Prince“ oder „TAFKAP“. Das ist offensichtlich ziemlich bescheuert, und für die Fans bleibt ihr Held ohnehin Prince. Vor allem aber: Der Vertrag mit Warner gilt natürlich trotzdem weiter, und juristisch, also „in echt“, heißt der Mann weiterhin Prince Rogers Nelson. Und beides weiß er auch.

Viele in der Musikindustrie halten die Aktion für verrückt, die Fans wundern sich, aber immerhin bringt „TAFKAP“ seinen Standpunkt deutlich zum Ausdruck. Die folgenden Alben und Singles gelten allerdings nicht als Höhepunkte seines Schaffens, die Verkaufszahlen gehen deutlich zurück.

Erst im Jahr 2000, als der Vertrag mit Warner ausläuft, nutzt Prince wieder seinen alten Namen. Statt sich erneut an eine Firma zu binden und die herkömmlichen Wege für Vertrieb und Vermarktung zu wählen, agiert er als sein eigener Herr, setzt auf das Internet und baut eigene Strukturen auf. In einem Interview mit Larry King erklärt sich Prince beziehungsweise „TAFKAP“ beziehungsweise „Klonk!“.

2014 jedoch setzt sich der Künstler wieder mit Warner an einen Tisch, weil sein Erfolgsalbum Purple Rain zum 30. Jubiläum neu aufgelegt wird. Das Einlenken lohnt sich, denn Prince gewinnt die Rechte an all seinen alten Platten zurück. Leider stirbt der Ausnahmemusiker am 21. April 2016 mit nur 57 Jahren.

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Zeitsprung: Am 10.5.1988 veröffentlicht Prince das kurzfristig aufgenommene „Lovesexy“.

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Popkultur

Von Woodstock bis zum Fyre Festival: Die größten, besten und schlimmsten Festivals aller Zeiten

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Woodstock 1999 Header
Foto: Frank Micelotta Archive/Getty Images

Die Sonne knallt, die ersten Mega-Festivals sind schon über die Bühne gegangen. Zum Start der Freiluftsaison stellen wir Open-Air-Festivals vor, die in die Geschichtsbücher eingegangen sind – positiv wie negativ.

von Björn Springorum

Sommer, Sonne, Bier in der Hand und eine Band unter freiem Himmel sehen: Seit über 50 Jahren sind Musikgfestivals ein integraler Bestandteil des Sommers und ein Übergangsritus für unzählige Generationen. Manche Festivals sind bis heute unvergessen, manche würde man lieber sofort wieder vergessen – Bühne frei für unsere Top 10 der denkwürdigsten Festivals aller Zeiten.

Der Pionier: Monterey Pop Festival (1967)

Bei der Mutter aller Festivals denken alle immer gleich an Woodstock, und das aufgrund der Symbolkraft auch nicht zu Unrecht. Der eigentliche Pionier der Gegenkulturfestivals findet aber im Juni 1967 statt – also rund zwei Jahre vor Woodstock. In Nordkalifornien wird Musikgeschichte geschrieben, als Jimi Hendrix sein US-Debüt gibt (nur echt mit brennender Gitarre), als The mamas And The Papas, Eric Burdon And The Animals, The Who, The Byrds oder Big Brother And The Holding Company das Zeitalter von Aquarius herufbeschwören. Sogar der offizielle Werbesong San Francisco (Be Sure To Wear Flowers In Your Hair) von Scott McKenzie wird zur Legende.

Der Mythos: Woodstock (1969)

Vieles ging schief bei Woodstock. Die Organisatoren waren nicht auf die Massen vorbereitet, statt der geschätzten 50.000 kamen 400.000 überwiegend junge Menschen. Es regnete, alles versank im Schlamm, der Zaum ums Gelände wurde nicht rechtzeitig fertig, die PA war schwach und das Essen ging aus. Alles egal: Woodstock ist dennoch die Urmutter aller Festivals, der Aufschrei des jungen Amerikas gegen den Vietnamkrieg. Fast schon nebensächlich, wer da auf der Bühne spielte (unter anderem Jimi Hendrix, Santana, Jefferson Airplane, The Who, Sly & The Family Stone, Crosby, Stills, Nash & Young, Mountain, The Grateful Dead, Creedence Clearwater Revival und Janis Joplin). Als Jimi Hendrix die Nationalhymne verzerrt besessen spielte, waren nur noch 40.000 Menschen da. Der Hippietraum war bald darauf vorbei, auch Woodstock konnte ihn nicht retten. Der Mythos, der wird aber für immer derselbe bleiben.

Der Riese: Isle Of Wight Festival (1970)

Ein Jahr nach Woodstock ist der Vietnamkrieg immer noch nicht zu Ende. Also kommen auf der Isle Of Wight bei bestem englischen Sommerwetter (nasskalt, windig, grau) 600.000 Besucher zusammen – die bis dato größte Menschenansammlung in Europa. Jimi Hendrix und Joan Baez verbreiten auch in Europa ihre Botschaft des Friedens, außerdem spielen Miles Davis, The Doors, The Who, Lighthouse, Ten Years After, Emerson, Lake & Palmer, Joni Mitchell, The Moody Blues, Leonard Cohen oder Jethro Tull. Ausgerechnet nach dem Event 1970 ist erst mal Schluss mit dem Isle of Wight Festival – bis 2002.

Der Anarchist: Love-And-Peace-Festival

Die Ostseeinsel Fehmarn geht im September 1970 in die Geschichtsbücher ein: Hier spielt Jimi Hendrix sein letztes Konzert vor seinem Tod am 18. September. Der Auftritt ist allerdings lustlos, unmotiviert, überhaupt läuft auf dem Festival nichts wirklich rund: Das Wetter ist schlecht, die Organisation mangelhaft, zudem zwingen 180 Rocker der Bloody Devils die Veranstalter dazu, als Security eingesetzt zu werden. Ganz miese Idee. Procol Harum und Ten Years After sagten ab, die Besucher bauten sich aus den Türen der Latrinen Windschutz. Am Ende spielen Ton Steine Scherben (damals noch als Rote Steine). Während sich die veranstalter mit der Tageskasse aus dem Staub machten, spielte die Band Macht kaputt, was euch kaputt macht – und die Besucher nahmen das sehr ernst. Man kann also sagen, dass das desaströse Festival nicht gerade seinem Namen gerecht wurde.

Der Millionenflop: US Festival (1983)

Schon das erste US Festival 1982 von Apple-Gründer Steve Wozniak wird trotz Fleetwood Mac, The Grateful Dead, The Police oder Tom Petty zum Mega-Flop, der den Veranstalter zwölf Millionen US-Dollar kostet. Hält Wozniak nicht ab, es im nächsten Jahr gleich noch mal zu versuchen. Diesmal kamen Stevie Nicks, David Bowie oder Van Halen (die allein 1,5 Millionen US-Dollar kosteten), doch selbst die 670.000 Besucher können einen weiteren katastrophalen Flop nicht verhindern. Am Ende bricht Chaos aus, es wird randaliert, zwei Menschen sterben. Zu einer dritten Auflage kommt es nicht.

Der Hipster: Coachella (1999)

Die erste Ausgabe von Coachella ist 1999 ein massiver Flop: Die Veranstalter hofften auf 70.000 Besucher, bekamen gerade mal die Hälfte und verloren eine knappe Million US-Dollar. Am Line-Up mit unter anderem Beck, Tool, Rage Against The Machine, The Chemical Brothers und Morrissey kann es zumindest nicht gelegen haben, so oder so sah alles danach aus, dass das erste Coachella gleich auch das letzte Coachella bleiben würde. Nach zwei Jahren Pause war Coachella wieder da – und wurde dann sehr schnell das beliebteste Festival der USA. Nur Rage Against The Machine treten hier mittlerweile wahrscheinlich nicht mehr auf.

Der Gewalttätige: Woodstock 1999 (1999)

30 Jahre nach Woodstock wird das zweite Sequel des Hippe-Jahrhundertereignisses zur Katastrophe: Über 200.000 Leute kommen in den Bundesstaat New York, doch statt love, peace and music wird das Festival zum Kriegsgebiet: Essen und Getränke sind extrem teuer, die sanitären Anlagen in schlechtem Zustand, es kommt zu zahlreichen Vergewaltigen, sexueller Nötigung, Diebstahl, Plündereien, Brandstiftung und brutaler Gewalt. Der Name Woodstock wurde 1999 für immer beschmutzt

Der Kriminelle: Fyre Festival (2017)

Auch dank der Netflix-Doku ging das Fyre Festival als größter Betrug in die Festivalgeschichte ein. Gepusht von Influencern als paradiesisches Glamour-Event auf den Bahamas, fanden die Festivalbesucher Notzelte und verpackte Sandwiches statt Strandvillen und Gourmetküche vor. Das Festival wurde angesagt, Veranstalter Billy McFarland musste für sechs Jahre ins Gefängnis und wurde zu 26 Millionen US-Dollar Schadenersatz verklagt. Im April 2023 verkündete er dann tatsächlich, dass es Fyre Festival II geben soll. Das kann ja was werden.

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Zeitsprung: Am 28.5.1983 bringt das 2. US Festival tolle Bands und verheerende Kosten.

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Popkultur

45 Jahre „The Cars“: Wie eine Bostoner Band die Zukunft der Rockmusik erfand

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The Cars HEADER
Foto: Ron Pownall Photography/Getty Images

Das selbstbetitelte The-Cars-Debüt klingt ein bisschen so wie David Bowie und Queen auf einem Roadtrip durch die USA. Auch 45 Jahre nach der Veröffentlichung hat das visionäre The Cars nichts von seinem melodischen Zauber verloren.

von Björn Springorum

Die späten Siebziger sind für die klassische Rockmusik keine einfache Zeit. Links wird sie von räudigem, schnoddrigen Punk überholt, rechts scheren schon die Synthesizer aus, um Wave und Synth-Pop in Position zu bringen. Mittendrin: The Cars aus Boston, die mit ihrem wegweisenden Debüt The Cars den Verlauf der Musik ändern sollen.

Aller Anfang ist schwer

Die Bandgründer Ric Ocasek und Benjamin Orr sind damals alles andere als Greenhorns. Beide über 30, beide schon in diversen Bands in Ohio oder Michigan gewesen. Auf die synthetische Zukunft der Rockmusik haben sie aber erst mal keinen Bock: Sie spielen in der Folk-Band Milkwood, die nach Crosby, Stills And Nash duftet und 1972das Album How’s The Weather hervorbringt. Die Musikwelt interessiert sich damals dafür nicht – und das eigentlich zu Unrecht, wie man hier hören kann:

Mit Folk wird es anscheinend nichts, also versuchen sie es erst mit der Band Richard And The Rabbits und dann mit dem Akustikduo Ocasek And Orr. Man kann also auch sagen, dass sie einfach so lang alle Genres abgrasen, bis mal irgendwas auf offene Ohren stößt. Nächste Station: Cap’n Swing, ebenfalls eine weitgehend vergessene Band, in der aber immerhin auch der spätere The-Cars-Gitarrist Elliot Easton spielt. Irgendwann hat Ocasek genug vom ganzen Misserfolg und den ganzen vergeblichen Anstrengungen. Kostet ja auch Zeit und Kraft. Also holt er sich den Keyboarder Greg Hawkes in die Band und entwickelt ein neues Konzept.

Mit Rockabilly und Punk in die Zukunft

Unter den Namen The Cars gründet sich 1976 eine Band, die aus dem Rockabilly der Fünfziger, dem Minimalismus des Punk und den ungeahnten Möglichkeiten der neuen Synthesizer einen neuen Sound macht. The Cars klingen in ihren frühen Tagen stark nach David Bowie oder Queen, aber eben hinter dem Steuer eines US-amerikanischen Cabrios auf einem Roadtrip durch die Harmonien des Great American Songbook. Hier entsteht Musik, die so klingt wie die Vergangenheit und die Zukunft der Rockmusik.-

Und irgendwie funktioniert alles plötzlich ganz schnell. Am Silvesterabend 1976 spielen sie ihre erste Show auf einer Air Force Base, bei einer ausgedehnten Frühjahrstour 1977 durch New England entwickeln sie im Pink-Floyd-Stil die Songs ihres Debüts. Und die erzeugen schnell einen ordentlichen Buzz um diese neue Band: Ein Demotape wird von Bostoner Radiosendern praktisch im Loop gespielt, schnell ist auch das Interesse großer Plattenfirmen da. Hier war etwas Neues im Busch, da will niemand zu spät auf den Zug aufspringen. Aus Businesssicht sind The Cars damals schon recht clever: Sie entscheiden sich für einen Deal mit Elektra Records (damals auch die Heimat der übermächtigen Eagles), weil das Label im Vergleich zum Mitbewerber Arista Records keine New-Wave-Acts unter Vertrag hat. Man würde, so schlussfolgert die Band, folglich mehr herausstechen.

Aufgenommen wird in London

Und der Plan geht so was von auf: Nach den Aufnahmen in London mit Queen-Hitmaker Roy Thomas Baker erscheint am 6. Juni 1978 The Cars und kann bis auf Rang 18 der erbittert umkämpften US-Charts klettern. Alle Singles charten ebenfalls, aus Radios im ganzen Land dröhnen sehr bald Good Times Roll oder Just What I Needed. Aber warum eigentlich? Warum verkauft sich The Cars über sechs Millionen Mal und bekommt sechsfach Platin? Weil die Rockmusik im Wandel ist. Und The Cars als einer der Zukunftsboten auf den Plan treten.

Das Album erscheint in einer Übergangsphase, in einer Zäsur. Zwar haben AC/DC gerade erst Powerage veröffentlicht, aber zur selben Zeit kommen eben auch Kraftwerk mit ihrem Maschinenmanifest Die Mensch-Maschine und die Rolling Stones mit dem wavigen Some Girls um die Ecke. Es passiert was in der Rockmusik, das klassische Line-Up aus Gitarre, Bass, Drums wird zunehmend weniger nachgefragt. Da passen The Cars mit ihrem eklektischen Sound perfekt.

Jeder Song sitzt

Die Harmonien des Pop, die Melodien des Radio-Rock, die Extravaganz des New Wave und der Simplizismus des Punk erschaffen einen originellen, frischen, eingängigen Sound, der der Band endlich die erhoffte Aufmerksamkeit bringt. Auch nicht unwichtig: Die Songs sind allesamt grandios geschrieben und arrangiert. Und funktionieren bis heute. „Wir scherzten früher, dass wir unser erstes Album eigentlich The Cars Greatest Hits nennen sollen, so meinte Gitarrist Elliot Easton mal.

Das Spannende ist aber auch, wie brückenbauend The Cars damals sind: Die übliche Kluft zwischen Rockern und Poppern wird von ihnen mühelos überbrückt. Für Rocker ist The Cars gerade noch hart und gitarrenlastig genug, für New-Waver sind die Songs in Sachen rockiger Härte gerade noch erträglich.

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