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Popkultur

Zeitsprung: Am 9.10.1944 kommt John Entwistle von The Who zur Welt.

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John Entwistle
Foto: Michael Putland/Getty Images

Anekdoten, Jubiläen und wilde Geschichten: Was an diesem Tag in der Welt der Musik passiert ist, lest ihr täglich in unserem Zeitsprung. Heute: 9.10.1944.

von Timon Menge und Christof Leim

Denkt man an The Who, erscheinen vor allem Frontmann Roger Daltrey, Gitarrist und Hauptsongschreiber Pete Townshend sowie das animalische Schlagzeugspiel von Keith Moon vor dem inneren Auge. Wie so oft, rückt der Mann an den vier Saiten in den Hintergrund. Dabei hat John Entwistle nicht weniger zum Sound der Briten beigetragen als seine Bandkollegen.

Hier könnt ihr euch die größten Hits von The Who anhören: 

Nicht viele Bassisten können sich auf die Fahne schreiben, die Geschichte der Rockmusik maßgeblich beeinflusst zu haben. John Entwistle von The Who gehört definitiv zu jenem elitären Kreis. Gemeinsam mit Sänger Roger Daltrey, Gitarrist Pete Townshend und Schlagzeuger Keith Moon sprengt er immer wieder die Grenzen des damals für gut befundenen Geschmacks. Schneller, lauter, rockiger, quasi. Doch beginnen wir vorne.

Das Licht der Welt erblickt John Alec Entwistle am 9. Oktober 1944 als Einzelkind in Chiswick, einem Vorort von London. Die Ehe seiner ebenfalls musikalischen Eltern geht nach seiner Geburt schnell in die Brüche, damals stehen Scheidungen allerdings noch nicht an der Tagesordnung. Als Reaktion darauf entwickelt sich Entwistle zu einem sehr zurückhaltenden Menschen. Mancher könnte vermuten: Das bietet die beste Grundlage für eine Karriere als Bassist.


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Alles beginnt auf dem Klavier

Sein musikalisches Leben beginnt John im Alter von sieben Jahren mit Pianostunden. Das Instrument bereitet ihm keine allzu große Freude, weshalb er zur Trompete und anschließend zum Horn wechselt. In der Schule lernt der Junge seinen späteren Bandkollegen Pete Townshend kennen, und die beiden gründen eine Jazzband. Nach nur einem Gig schlagen die Musiker eine andere Richtung ein: Rock’n’Roll.

Pioniere des Classic Rock: Roger Daltrey, Pete Townshend, Keith Moon und John Entwistle.

Der Stilwechsel veranlasst Entwistle dazu, auf die Gitarre umzusteigen. Weil seine Finger recht groß geraten sind und er Gefallen an der charakteristischen Twang-Tieftongitarre von Duane Eddy findet, wechselt er abermals, diesmal zu den vier dicken Saiten. Sein erstes Instrument baut er sich selbst. Als Roger Daltrey auf den jungen Bassisten aufmerksam wird, holt er ihn in seine Band The Detours. Entwistle wiederum besteht darauf, dass auch Townshend einsteigen darf. Und tatsächlich entlässt Daltrey seine bisherigen Mitmusiker, um mit Entwistle, Townshend und Schlagzeuger Doug Sandom neu anzufangen.

Entwistle und The Who

Nach einigen Namensänderungen verpassen sich die jungen Rocker schließlich die kurze Bezeichnung, die nun wirklich jeder Musikfan kennt: The Who. 1964 räumt Sandom seinen Schlagzeughocker für Keith Moon, und eine beispiellose Karriere beginnt. Mit Alben wie My Generation (1965), The Who Sell Out (1967) und Who’s Next (1971) definieren die Briten weite Teile der Rockmusik. Ihre Werke A Quick One (1966), Tommy (1969) und Quadrophenia (1973) füllen den Begriff der Rockoper mit Leben.

Immer wieder steuert auch Entwistle wichtige Songs bei, wenn auch nicht im selben Umfang wie Hauptkomponist Townshend. Mit Whiskey Man, Boris The Spider, Someone’s Coming und Heinz Baked Beans stammen allerdings einige wichtige Who-Stücke aus der Feder des Bassisten. Unzufriedenheit stellt sich ein, weil Entwistle seine Kompositionen nicht selbst singen darf. Unter anderem deshalb veröffentlicht er 1971 als erstes Mitglied der Gruppe ein Soloalbum mit dem Titel Smash Your Head Against The Wall. Weitere Platten names Whistle Rhymes (1972), Rigor Mortis Sets In (1973), Mad Dog (1975), Too Late The Hero (1981) und The Rock (1996) folgen.

Der Ochse in der Brandung

Seine Spitznamen „The Ox“ (deutsch: der Ochse) und „Thunderfingers“ (deutsch: Donnerfinger) verdient er sich vor allem durch sein unvergleichliches und virtuoses Bassspiel. Ob mit den Fingern (sogar mit allen vieren!), mit dem Plektrum oder in Form des sogenannten Tappings: Entwistle entlockt seinem Instrument alles, was irgendwie tönt. Und: Wo seine Bandkollegen bei fast jeder Show ihr Equipment in seine Bestandteile zerlegen, hält er ruhig die Stellung und bildet quasi im Alleingang die Rhythmusabteilung der Gruppe. Manche sagen, so habe Schlagzeuger Moon mit seinem exzentrischen Spiel eher die Funktion eines Keyboarders eingenommen. 

Am 27. Juni 2002 erliegt Entwistle seiner Vorliebe für Kokain und stirbt an Herzversagen. Das sei zwar nicht durch eine Überdosis entstanden, dennoch vertreten die mit dem Fall betrauten Ärzte nach der Obduktion die Meinung, der Herzinfarkt sei eine direkte Folge des Kokainkonsums. 20 Zigaretten am Tag helfen da sicher auch nicht weiter. Die Dame, die am Vorabend einer anstehenden US-Tour in einem Hotel in Paradise, Nevada bei ihm übernachtet, findet den Musiker jedenfalls am nächsten Morgen tot im Bett. Er wird nur 57 Jahre alt.

Was der Brite für die Rockmusik geleistet hat, lässt sich schwer in Worte fassen und würde vor allem tief in die Technikkiste greifen, also fassen wir es kurz: Der Mann hat einen Großteil dessen erfunden, was zahlreiche Größen nach ihm jahrzehntelang aufgegriffen und kopiert haben, ob Geezer Butler von Black Sabbath, Cliff Burton von Metallica oder Krist Novoselic von Nirvana. Rest in peace, John!

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